Im gestrigen Bericht wurde die aktuelle Lage an den internationalen Erdölmärkten ein wenig eingehender analysiert. Warum, so die vielerorts gestellte Frage, ist es nicht bereits vor einem lange zurückliegenden Zeitpunkt in der Vergangenheit zur Verabschiedung eines Preisdeckels für Erdöl oder andere Rohstoffe gekommen, wenn die Dinge doch so einfach lägen?!

Dass die Dinge alles andere als einfach liegen, ist den meisten Marktakteuren vollauf bewusst. Im Rahmen einer Mitte November abgehaltenen Mittelost- und Afrikakonferenz des Milken Institut konnte es sich Amerikas Ex-Finanzminister Steven Mnuchin nicht verkneifen, den jüngst durch die G7-Staaten verabschiedeten Preisdeckel für russisches Erdöl als „grotesk und das Lächerlichste, was ich jemals gehört habe“ zu bezeichnen.

Steht Gold kurz vor einer Neubewertung?

Und während sich die Lage an der makroökonomischen Front auf eine bislang ungesehene Weise verschärft, hat Zoltan Pozsar, Kapitalmarktstratege der Credit Suisse Group, kürzlich nachgelegt, um einen möglicherweise stark ansteigenden Goldpreis zu prognostizieren.

Es sind nicht so sehr Zentralbanken, die rund um den Globus ihre Goldreserven aufstocken, sondern vielmehr die antizipierbaren Reaktionen der Moskauer Kreml-Regierung auf den seit Wochenbeginn in Kraft getretenen G7-Preisdeckel für russische Erdöleinfuhren, die Zoltan Pozsar äußerst optimistisch für die weitere Goldpreisentwicklung zu stimmen scheinen.

Danach sei ein Preisanstieg des gelben Metalls auf bis zu 3.600 US-Dollar pro Feinunze möglich, falls in der Russischen Föderation demnächst die Entscheidung getroffen werden sollte, Gold gegen Erdölverkäufe zu akzeptieren.

 

In einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Mitteilung mit der Überschrift Oil, Gold, and LCLo(SP)R schrieb Zoltan Pozsar, dass seine Ausführungen mancherorts für aus der Mode gehalten werden könnten.

Nichtsdestotrotz sei es unter Berücksichtigung der zahlreichen makroökonomischen und geopolitischen Überraschungen alles andere als weit hergeholt, falls Gold in absehbarer Zeit eine Preisexplosion erleben sollte.

Staaten haben Interventionen zu einem Dauerinstrument gemacht

Gleichzeitig erweisen sich Staatsregierungen in aller Welt als dominante Entscheider in Bezug auf geld- und fiskalpolitische Entscheidungen. Kaum mehr irgendetwas oder irgendein Bereich scheint vor etwaigen Eingriffen und Interventionen des Staates gefeit zu sein.

Zoltan Pozsar weist darauf hin, dass für ein Fass Rohöl in einem unilateral festgesetzten Gegenwert von sechzig US-Dollar zu aktuellen Marktpreisen ein Gramm Gold zu bezahlen ist.

Anders ausgedrückt, haben die US-Regierung und deren politische Verbündete die Ausfuhr von russischem Erdöl an diesen artifiziellen Preis gekoppelt. Die Russische Föderation könnte nun ihrerseits auf diese Entscheidung reagieren, indem der Kreml die eigenen Erdölexporte nun möglicherweise an den Preis von einem Gramm Gold koppeln wird.

Dass eine solche Entscheidung just zu einem Zeitpunkt getroffen werden könnte, zu dem die Vereinigten Staaten ihre auf 42-Jahres-Tiefs gesunkene Strategische Petroleumreserve wieder auffüllen müssen, könnte sich aus Sicht der amerikanischen Währung als fatal erweisen.

Dem US-Dollar würde es nicht gut tun

Denn in einem solchen Fall würde es de facto zu einer „Neubewertung“ des US-Dollars in Relation zu russischem Erdöl kommen. Zoltan Pozsar gibt in diesem Zusammenhang jedoch zu bedenken, dass die Kreml-Regierung sich mit diesem Preisregime keineswegs zufrieden geben muss.

Ganz im Gegenteil könnte die Russische Föderation in Reaktion auf die durch die G7-Staaten eingeführte Ölpreisobergrenze darauf bestehen, zwei Fass des in der Heimat geförderten Öls zu einem Preis von einem Gramm Gold zu verkaufen.

Sollte eine solche Entscheidung in Moskau tatsächlich irgendwann getroffen werden, so müsste sich der Goldpreis praktisch über Nacht verdoppeln. Ausgehend von dem aktuellen Spot-Preis in Höhe von rund 1.800 US-Dollar würde es somit also zu einer Preisverdoppelung auf 3.600 US-Dollar pro Feinunze kommen.

Gleichzeitig würde die Russische Föderation wahrscheinlich weniger Erdöl fördern, dabei allerdings darauf achten, dass die globale Nachfrage nach Erdöl hoch bleibt, um nicht Gefahr zu laufen, einen Teil der heimischen Produktion schließen zu müssen.

Ferner ließe sich damit rechnen, dass ein größerer Teil des russischen Erdöls auch weiterhin – über Indien – nach Europa, anstelle der Vereinigten Staaten, exportiert würde. Wie dem auch sei, so wäre eine potenzielle Öl-Gold-Kopplung nicht nur mit einem fulminanten Anstieg des Goldpreises verbunden.

Vielmehr würde sich im gleichen Atemzug auch der Wert der gewaltigen Goldreserven der Russischen Föderation samt dem in der Heimat abgebauten Goldes verdoppeln. Auch andere Goldabbauländer, allen voran auf dem afrikanischen und lateinamerikanischen Kontinent, würden von einer solchen Entscheidung hochgradig profitieren.

Ein Blick an die Papiergoldmärkte

Falls der Goldpreis auf diese Weise eine schlagartige Neubewertung erfahren sollte, würden die im Futures-Handel aktiven Banken unter aller Voraussicht Probleme bekommen. Denn unter diesen Banken wird allgemein nicht davon ausgegangen, dass Regierungen wieder zu einem System zurückkehren werden, dass eine Bezahlung von Gütern gegen Gold oder andere Rohstoffe vorsieht.

Unter den an den Papiergoldmärkten aktiven Banken würde es sofort zu einer weitreichenden Liquiditätsknappheit kommen, wie Zoltan Pozsar warnt. Denn vielerorts herrscht unter diesen Marktakteuren die Praxis vor, gehaltene Over-the-Counter-Derivate durch Futures-Positionen abzusichern.

Zoltan Pozsar treibt die Sorge um, dass es vielleicht schon vor der Jahresendwende zu extremen Bewegungen der Preise an den Goldmärkten kommen könnte. Falls dem so sein sollte, würde es zu einer weitläufigen Mobilisierung von Reserven unter einer Vielzahl von Marktakteuren kommen, was wiederum einen hochgradigen Stress an den Repo-Märkten zur Folge hätte.

Auch riskante Vermögenswerte wie Junkbonds oder Aktien dürften dann unter einen enormen Abgabedruck geraten. Abzuwarten bleibt also, auf welche Weise die Russische Föderation auf die zu Wochenbeginn in Kraft getretene Preisobergrenze für russisches Erdöl reagieren wird.

Der Moskauer Kreml hatte zuvor schon mehrfach angekündigt, sich einem solchen Regime nicht unterwerfen zu wollen, was selbst dann gelte, falls es in Reaktion auf diesen Schritt zu einer Drosselung der Erdölförderung in der Heimat kommen sollte.

Zoltan Pozsar spricht einen sehr wichtigen Punkt an. Denn es ist wahr, dass die sogenannten Bullionbanken stets von der Annahme ausgegangen sind, dass Staatsregierungen Gold nicht mehr zu einem Zahlungs-, Transaktions- und Abwicklungsmedium machen würden.

Ist tatsächlich noch alles unter Kontrolle?

Doch die gewaltigen Probleme, denen Staatsregierungen jetzt ins Auge blicken, ließen sich kürzlich erst anhand des in Großbritannien durch das Regierungskabinett von Liz Truss verabschiedeten Mini Budgets, das nur temporär Bestand hatte, beobachten.

Der daraufhin einsetzende Ausverkauf am britischen Bond- und Währungsmarkt führte Beobachtern glasklar vor Augen, dass Regierungen augenscheinlich nicht mehr alle Dinge unter Kontrolle zu haben scheinen.

Vielmehr wurde deutlich, dass Staatsregierungen manchmal auch völlig unverantwortliche Entscheidungen, die unabsehbare Konsequenzen haben können, treffen. Hin und wieder feuern getroffene Entscheidungen auch wie ein Bumerang zurück, was sich nun schon seit einiger Zeit anhand der durch die Europäische Union gegenüber Russland verhängten Sanktionen beobachten lässt.

Meldungen aus Ghana lassen aufhorchen

Abschließend soll heute noch auf eine kürzlich publizierte Ankündigung des afrikanischen Landes Ghana eingegangen werden. Wie zuvor schon in Simbabwe, soll Gold danach unter Umständen auch in Ghana wieder zu einem offiziellen Zahlungsmittel aufsteigen.

Bezug wird unter anderem auf eine Vielzahl von Berichten, in denen es heißt, dass die Regierung des zweitgrößten Goldproduzenten auf dem afrikanischen Kontinent gegenüber den großen Minenunternehmen angeordnet habe, zukünftig einen Anteil von zwanzig Prozent des im Land abgebauten Goldes direkt an die ghanaische Zentralbank zu verkaufen.

Denn mittlerweile gehen unter den Regierenden in Ghana Überlegungen um, Gold zukünftig gegen Erdöl einzutauschen. An den Papiergoldmärkten ist diese Ankündigung ganz gewiss nicht vorbei gegangen.

Vielmehr muss damit gerechnet werden, dass Leerverkäufer an den Papiergoldmärkten ihre Positionen schneller eindecken werden als vormals angenommen. Gleichzeitig steht an den Goldmärkten immer weniger physisches Metall zum Eingehen von diversen Geschäften zur Verfügung.

Ähnliche Beobachtungen ließen sich über die vergangenen Wochen übrigens auch im Silberbereich machen, nachdem bekannt wurde, dass Investoren einen wachsenden Grad an physischen Beständen aus den Tresoren abgezogen haben.

Vielleicht mag so manchem angesichts der aktuellen Entwicklungen auch wieder bewusst geworden sein, dass Gold sich seit nun schon mehr als fünftausend Jahren als zuverlässigster Wertspeicher der Welt erwiesen hat. Warum sollte es aus heutiger Sicht also plötzlich anders sein?!

Analysten geben sich überzeugt, dass viele Nationen nur noch ein kurzfristiges Interesse daran hegten, neue Handelsgeschäfte auf Basis des US-Dollars abzuschließen. Das in den US-Dollar und andere große Papierwährungen gesetzte Vertrauen scheint mittlerweile doch recht angeschlagen zu sein.

Sollten sich zwei Parteien wie Ghana und eine erdölproduzierende Nation tatsächlich schon bald auf ein Geschäft, das Erdöllieferungen gegen eine Bezahlung in Gold vorsähe, einigen, so würde eine solche Entscheidung ganz offen mit dem Hegemonialanspruch der Vereinigten Staaten kollidieren.

US-Dollar-System: Immer unpopulärer!

Nichtsdestotrotz muss damit gerechnet werden, dass die aktuellen Umstände immer mehr Nationen zum Begehen von neuen Pfaden zwingen könnten, weshalb das US-Dollar-System als solches – und damit auch die globale Macht der Washingtoner Regierung – ins Kippen geraten könnte.

Der Prozess der De-Dollarisierung, der sich ohnehin nicht mehr aufhalten lässt, würde sich wahrscheinlich nochmals ein Stück weit beschleunigen. Angesichts der durch die Federal Reserve Bank verursachten US-Dollar-Schwemme muss sich darüber auch niemand wundern.

Zwischen den Jahren 1944 und 1971 war das globale Währungssystem an den US-Dollar gekoppelt – und der US-Dollar wiederum an Gold. Im Jahr 1971 änderte sich das, nachdem US-Präsident Richard Nixon die Entscheidung getroffen hatte, die Konvertierbarkeit des US-Dollars in Gold zu beenden und das sogenannte Goldfenster zu schließen.

Alles, was seit diesem Zeitpunkt noch Bestand hatte, war ein gegenüber dem Rest der Welt durch die US-Regierung abgegebenes Versprechen, einen nicht mehr durch Gold gedeckten US-Dollar nicht weiter abzuwerten.

Selbstverständlich wurde dieses Versprechen nicht eingehalten. Im Gegenteil haben frei gegeneinander floatende Währungen einen Abwertungswettlauf in Gang gesetzt. Dass sich die Federal Reserve Bank in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder aufs Neue ihrer elektronischen Gelderzeugungsmaschine bediente, führte dazu, dass auch andere Nationen sich eines solchen Instruments bedienten, um frei nach dem Vorbild der 1930er Jahre einer sogenannten „Beggar-thy-Neighbor“-Strategie nachzugehen.

Diese Tatsache hatte den ehemaligen Finanzminister Brasiliens, Guido Mantega, bereits im Jahr 2010 – und somit kurz nach dem Beginn von QE durch die Federal Reserve Bank – auf den Plan gerufen.

Guido Mantega warnte damals vor einem weltweit einsetzenden Währungskrieg, in welchem sich Exportnationen mittels einer Abwertung ihrer eigenen Währungen Absatzvorteile auf Kosten ihrer Wettbewerber zu verschaffen erhofften.

Dass dieser Prozess inzwischen sehr weit fortgeschritten ist, lässt die Prognose von Zoltan Pozsar in Bezug auf eine erneut einsetzende Hinwendung zu Rohstoffabsicherungen samt des Ausblicks auf ein möglicherweise auf diverse Rohstoffe begründetes „Bretton Woods III“-Währungssystem durchaus nachvollziehbar erscheinen.

Denn das allgemeine Vertrauen in die durch nichts gedeckten Fiat- und Papierwährungen sinkt weltweit. Die jetzt zu beobachtende Inflation trägt ihr übriges Schärflein zu diesem Transformations- und Umbruchprozess bei.

Dass die in diesem Jahr ihren bisherigen Höhepunkt erreichenden Einfrierungen und / oder Konfiskationen sowohl von Währungsreserven wie auch privatem Kapital im US-Dollar-, Canada-Dollar-, Pfund-, Yen- und Eurowährungsraum massiv an Vertrauen gekostet haben, ist selbstredend.

Der US-Dollar wird zudem aus Sicht von vielen Nationen immer unattraktiver, weil die US-Regierung den Reservestatus des US-Dollars in Form einer gezogenen Waffe missbraucht. Ganz nach dem Motto, wer nicht hören will, muss fühlen. Lange wird dies ganz offensichtlich nicht mehr gut gehen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht auf der Seite von kitco.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Got physical gold (or silver)? Mehr fällt mir dazu nicht ein. Allen Lesern sei ein schönes und erholsames Wochenende gewünscht!

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