Die ganze Finanzbranche ist geteilt in zwei Teile: Privatanleger und "Professionelle". Das sagt das Gesetz. Und: Die einen bekommen mehr Informationen als die anderen.

Zwei Klassen-Gesellschaft

Kleinanleger haben oft großen Respekt vor professionellen Investoren. Die Situation ist vergleichbar mit dem Klerus im Mittelalter. Die Kirchen waren in der Mitte getrennt durch eine Chorschranke, die einen Bereich abteilte, zu dem  Normalbürger keinen Zutritt hatten, während die Geistlichen beide Teile betreten konnten. Man hatte hohe Achtung vor den Geistlichen und unterstellte ihnen die Nähe zu Gott.  

Heute teilt das Wertpapierhandelsgesetz (in §31a) die Finanzanleger in zwei Gruppen. Die einen dürfen nicht nur mehr Informationen bekommen, sondern auch in mehrere Arten von Finanzprodukten investieren, die dem Privatanleger verschlossen bleiben.

Die Begründung dafür ist, wie so oft, der Schutz der Kleinanleger. Man möchte die privaten Anleger vor sich selbst - vor ihrer eigenen Verantwortung - schützen. Man geht davon aus, dass Privatanleger dümmer, unerfahrener oder ungebildeter sind, als Professionelle. Aber stimmt das?

Professionelle Anleger haben auch ihre Schwächen

Als selbstständiger Fondsmanager habe ich einige institutionelle Anleger kennenlernen dürfen. Manche von ihnen sind tatsächlich hochintelligent. Dem typischen Privatanleger an Bildung und Erfahrung haushoch überlegen. Von diesen wiederum schaffen es einige Wenige, diese geistigen Ressourcen in kluges Handeln an den Finanzmärkten zu übersetzen. Andere wiederum handeln im höchsten Maße irrational. Sie verfügen über umfangreiches Wissen, hochgradig kluge Personalien, handeln aber wie ein verängstigtes Kind.

Beispielsweise wirkt die Krise aus dem Jahre 2000 (!) noch immer nach. Es ist ja durchaus klug, aus Fehlern zu lernen. Aber nur weil damals Technologie-Aktien überbewertet waren, heißt das nicht,  dass Technologie-Aktien 17 Jahre später immer noch strikt zu meiden sind.

Bei institutionellen Anlegern gibt es außerdem Moden. Die eine oder andere  Produktkategorie (zum Beispiel marktneutrale Fonds, ETFs usw.) steht oft jahrelang hoch im Kurs, bis auf einmal wieder gegensätzliche Produkte (und Anbieter) die Lieblinge sind. Mit professioneller Rationalität  hat das oft nichts zu tun.

Institutionen können, wenn sie zu groß sind, zudem oft mit typischer Trägheit aufwarten. Fintech-Innovationen kommen eher von kleineren Startups, als von etablierten Banken. Und auch wenn es darum geht, für Ihre Kunden die besten Finanzprodukte zu finden, wählen die meisten Institutionen einfach aus ihren eigenen Fonds, auch dann, wenn diese eine viel schlechtere Performance aufweisen.

Meine Erfahrungen als Fondsmanager

Wenn ich manchen Institutionen meine "Velten Strategie Deutschland" vorstellen will, vergleichen Sie gar nicht erst die Performance oder Anlagephilosophie mit dem was sie bisher kennen, prüfen gar nicht erst, ob dieser Fonds für ihre Kunden besser ist, sondern sagen so etwas wie "Wir schauen uns keine Fremdprodukte an, denn wir haben unsere eigenen Fonds".

Privaten Anlegern wiederum darf ich bestimmte Informationen, wie etwa die Performance meines Fonds, weil dieser noch neu auf dem Markt ist, gar nicht erst zur Verfügung stellen.

Das Gesetz meint es gut

… und es überlässt dem Einzelnen selbst, sich selbst als "professionell" einzuschätzen, zum Beispiel im Internet. Im Ganzen ist es richtig, mit Informationen sehr vorsichtig umzugehen und das Marktschreien zu reglementieren. Andererseits findet das Marktschreien eher still und legitim in den Bankfilialen statt - und ist dort, abseits der Konkurrenz-  nicht immer im Sinne des Kunden.

Noch schlimmer sind selbsternannte Experten, die als Internet-Heinis trotz aller Regulierung noch immer im Netz Tausend-komma-irgendwas in so und so viel Monaten als Rendite mit ihren Börsenbriefen versprechen. Die Regulierung greift bei diesen eben nicht. Und das sind keine Professionellen Investoren, sondern Bauernfänger.

Fazit

Es gelingt noch nicht, Privatanleger vor allen irreführenden Informationen zu schützen. Dennoch werden Privatanleger auch vor seriösen Informationen geschützt, die Ihnen nützen könnten. Den professionellen Anlegern mutet man mehr zu, obwohl diese auch nur Menschen mit denselben Fehlern sind. Sie haben zwar ihre Besonderheiten, aber egal ob professionell oder privat: Es gibt auf beiden Seiten dumme und kluge, mutige und ängstliche, flexible und träge. Und deshalb kann man auch als Privatanleger vieles besser machen als so manche professionelle Institution. Informieren Sie sich umfassend und entscheiden Sie dann mit gesundem Menschenverstand! Etwas Besseres haben auch "Professionelle" nicht.

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