Jedes Unternehmen hat einmal klein angefangen. Am Beginn steht oft eine frische Idee oder der Einstieg in einen neuen lukrativen Markt. Marktanteile werden hinzugewonnen, Kapazitäten erweitert und es wird gewachsen, was das Zeug hält. In dieser Phase tun Unternehmen gut daran, ihre Erlöse unverzüglich wieder ins Geschäft zu reinvestieren.

Irgendwann kommt aber der Tag, an dem man nicht mehr das gesamte erwirtschaftete Kapital benötigt, um weiter zu wachsen. Ein Teil der Einnahmen fließt auch weiterhin in die Aufrechterhaltung bzw. den Ausbau der Geschäfte. Der Löwenanteil der Einnahmen steht allerdings zur freien Verfügung, was Unternehmenslenker mit der Frage konfrontiert: Wohin mit der Kohle?

Bloß raus damit

Eine Möglichkeit bestünde in der Akquise eines Konkurrenten. Oder warum nicht gleich in eine komplett neue Branche einsteigen, um das Geschäft zu diversifizieren? Aber Vorsicht! Beide Varianten bergen nicht unerhebliche Risiken.

So gehen Übernahmen stets mit dem Risiko einher, einen zu hohen Kaufpreis auf den Tisch gelegt zu haben. Zudem könnten sich die erhofften Synergien nicht einstellen, wie man es sich ursprünglich erhofft hatte. So hat sich beispielsweise der Zahlungsabwickler FIS erst im Jahr 2019 den Konkurrenten Worldpay für satte 43 Milliarden Dollar einverleibt. Vier Jahre und eine erfolglose Integration später verscherbelte man jüngst einen 55-Prozent-Anteil für 11,7 Milliarden Dollar an einen Finanzinvestor. Daraus ergibt sich ein enormer Abschlag auf den ursprünglichen Kaufpreis – im Grunde den Aktionären zustehendes Geld, das unwiederbringlich verloren ist.

Quelle: terminal.stock3.com

Je größer die Übernahme, desto höher die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolges


Der Einstieg in eine neue Branche ist ebenso risikobehaftet. Je stärker sich die Branche, in der man gedenkt, Fuß zu fassen, von der Branche, aus der das jeweilige Unternehmen kommt, unterscheidet, desto höher fällt das Risiko aus. Ein Beispiel dafür wäre der Kauf von Nokias Handysparte durch Microsoft für 5,44 Milliarden Euro im Jahr 2013. Mangels Erfolge wurde die Sparte 2015 bereits wieder dichtgemacht, tausende Mitarbeiter entlassen und 7,6 Milliarden Dollar abgeschrieben. Schlussendlich handelte es sich dabei um ein Milliardengrab für Microsoft.

„Piss it away“

Die Investorenlegende Peter Lynch prägte für derlei strategische Meisterleistungen den Begriff Diworsification. Von ihm stammt auch das Zitat: „The more cash that builds up in the treasury, the greater the pressure to piss it away”. Frei übersetzt: Je mehr Geld in der Kasse liegt, desto größer wird der Druck, dieses mit beiden Händen aus dem Fenster zu werfen.

In diesem Licht betrachtet scheint es wesentlich sinnvoller, wenn Unternehmen sich stattdessen dazu entscheiden, ihre Gewinne den Aktionären zugutekommen zu lassen. Dies kann auf zwei Arten geschehen. Per Dividendenausschüttungen oder per Rückkauf eigener Aktien. Den Vor- und Nachteilen beider Varianten widmen wir uns nun folgend. Starten wir mit den Dividendenausschüttungen.

Dividendenzahlungen – Regelmäßig klingelt die Kasse

Auf die meisten Anleger wirken Unternehmen, die regelmäßig Dividenden ausschütten, wie ein Magnet. Das hat auch gute Gründe. Denn bei Unternehmen, die regelmäßige Ausschüttungen durchführen, lassen sich auch zwischenzeitliche Schwächephasen beim Kursgeschehen allein schon aus psychologischer Sicht leichter aussitzen. Denn das menschliche Gehirn ist süchtig nach Belohnungen.

Wenn die Kasse dank Dividendenausschüttungen regelmäßig klingelt, tun wir dadurch also nicht nur unserem Konto etwas Gutes, sondern auch unserer Psyche.

Mit dem Kauf von Aktien, bei denen es zu regelmäßigen Ausschüttungen kommt, unterstützen wir damit auch einen der wichtigsten Aspekte, um an der Börse nachhaltig erfolgreich zu sein – dem langfristigen Investieren.

Wie lukrativ es da sein kann, möglichst langfristig an Bord eines Dividendenzahlers zu sein, zeigt das Beispiel Fastenal, einem Hersteller bzw. Händler von industriellem Bedarf.

Quelle: sentieo.com (interaktiver Chart)

Die individuelle Dividendenrendite

Zu den Höchstkursen im Jahr 2008, kurz vor Ausbruch der Finanzkrise, bezifferte sich die Dividendenrendite von Fastenal auf magere 1,5 Prozent. Hätte man die Aktie aber damals gekauft und bis zum heutigen Tag gehalten, läge die aktuelle individuelle Dividendenrendite heute bei sagenhaften neun Prozent.

Denn dank eines robust laufenden Geschäfts, hohen Margen sowie einer geringen Verschuldung konnte die Dividende kontinuierlich erhöht werden. Aufgrund einer geringen Ausschüttungsquote konnte man die Ausschüttungen über die Jahre sogar überproportional steigern. So wurde die Ausschüttungsquote (Payout Ratio), welche angibt, wie viel vom jährlichen Gewinn in Form von Dividenden ausgeschüttet wird, kontinuierlich erhöht.

Noch besser wäre es natürlich gewesen, wenn man während der Finanzkrise Fastenal-Aktien zugekauft hätte. Hätte man beispielsweise nicht zum Hoch der Finanzkrise gekauft, sondern perfekt das 2009er Tief bei 6,60 USD erwischt, ergäbe sich dadurch heute eine individuelle Dividendenrendite von sagenhaften 18 Prozent. Natürlich ist es eine unrealistische Wunschvorstellung, das absolute Tief zu erwischen. Allerdings soll diese Rechnung zeigen, was mit gut ausgewählten Dividendenaktien an Renditen möglich ist.

Die Dividendenrendite ist nebensächlich

Anhand des Beispiels Fastenal lässt sich auch gut aufzeigen, worauf es beim Investment in Dividendenaktien ankommt. Dabei ist nicht die Höhe der Dividendenrendite ausschlaggebend. Ganz im Gegenteil kann eine besonders hohe Dividendenrendite sogar ein Alarmzeichen darstellen, wie in diesem Beitrag aufgezeigt. Andere Faktoren sind hier wesentlich wichtiger. Die Zutaten für künftige Dividendenchampions lauten:

  • Ein Geschäftsmodell frei von Substitutionssorgen

  • Stetig steigende Umsätze und Gewinne

  • Stabile bzw. steigende Margen

  • Eine gemäßigte Ausschüttungsquote

  • Stabile Ausschüttungen auch in Krisenzeiten


Wenn man Aktien kauft, von denen man sich regelmäßige und fortlaufend steigende Ausschüttungen erwartet, sollten diese Bedingungen erfüllt sein. All diese Faktoren begünstigen die zwei wichtigsten Triebfedern von positiven Dividendenentwicklungen: Kontinuität und laufende Erhöhungen.

Quelle: sentieo.com (interaktiver Chart)


Um dies zu verdeutlichen, eignet sich ein Vergleich zwischen dem Rohstoffunternehmen Aurubis und der guten alten Siemens. Sogar inmitten ausgewachsener Wirtschaftskrisen schaffte es Siemens bisher, in den schwarzen Zahlen zu verbleiben. Dadurch konnte man die Dividende auch beispielsweise während der Finanzkrise zumindest stabil halten.

Im Gegensatz dazu konnte Aurubis dank eines Rohstoffbullenmarkts von 2001 bis 2008 die Dividenden zwar deutlich erhöhen. Mit Beginn des Rohstoffbärenmarktes im Jahr 2008 war man aber dazu gezwungen, die Dividende wieder zu kürzen. Heute liegen die Dividendenausschüttungen nur unwesentlich oberhalb des Hochs aus dem Jahr 2009. Siemens konnte die Ausschüttungen seither dagegen um 170 Prozent steigern.

uelle: new.siemens.com

Finanzseiten, aber auch Unternehmen selbst geben Investoren die Möglichkeit, den ‚Total Return‘ anzeigen zu lassen. Hierbei werden die Dividendenausschüttungen dem Kurs hinzuaddiert. Bei Siemens ergibt sich ein tadelloses Bild

Der größte Nachteil von Dividendenausschüttungen

Dividendenausschüttungen haben aber auch einen wesentlichen Nachteil. Und dieser besteht in der steuerlichen Komponente, denn Dividenden unterliegen der Quellensteuer. Bevor Dividenden auf dem Anlegerkonto gutgeschrieben werden, holt sich erst einmal der Fiskus seinen Anteil. Handelt es sich um einen ausländischen Titel, gesellt sich ein weiteres Finanzamt dazu und will ebenfalls ein Stück vom Kuchen abhaben. Je nach staatlichen Steuerregelungen kann man zwar einen Teil der vom ausländischen Fiskus einbehaltenen Steuern wieder zurückverlangen.

In der Regel tun sich dieses bürokratische Unterfangen jedoch nur die wenigsten Anleger an. Bis auch die Hausbank ihre Gebühren eingefordert hat, kann es dadurch vorkommen, dass bis zum Schluss von einer Dividendenausschüttung von 100 Euro nur noch die Hälfte übrigbleibt.

Wenn man bedenkt, dass vom Kapital, welches aus einer Unternehmensbilanz in Form von Dividenden fließt, dadurch die Hälfte versandet, handelt es sich bei Dividendenzahlungen um ein denkbar unökonomisches Geschäft.

Aktienrückkäufe – Gleich in doppelter Hinsicht positiv

Das ist auch der Hauptgrund dafür, warum ich persönlich ein sehr großer Freund von Aktienrückkäufen bin. Zwar sollen auch Aktienrückkäufe in den USA in Zukunft mit 4 anstatt einem Prozent versteuert werden. Damit haben Rückkäufe gegenüber Dividenden hinsichtlich der steuerlichen Thematik aber immer noch die Nase vorn.

Aktionäre werden in diesem Sinne also so gut wie steuerneutral am Unternehmenserfolg beteiligt. Zwar fließt kein Cent auf das Anlegerkonto. Dieser profitiert aber von einer zunehmend rückläufigen Anzahl an ausstehenden Aktien. Anhand der Aktie des Personalvermittlers Robert Half International lässt sich die Kraft von kontinuierlichen Aktienrückkäufen aufzeigen.

Der Konzern ist bekannt dafür, neben Dividendenausschüttungen seine Aktionäre auch in Form von Aktienrückkäufen zu belohnen. Betrug die Anzahl ausstehender Aktien im Jahr 2008 noch 152,5 Millionen Stück, waren es Ende 2022 nur noch rund 109 Millionen Stück. Damit hat man die Anzahl an ausstehenden Aktien um rund 28 Prozent reduziert. Die Erlöse müssen dementsprechend heutzutage auf deutlich weniger Aktien aufgeteilt werden, als es noch im Jahr 2008 der Fall war. Das hat einen größeren Einfluss, als man sich im ersten Moment vorstellen mag. Die folgende Tabelle zeigt die Auswirkung deutlich auf.

Quelle: sentieo.com/eigene Darstellung

Die überproportionalen Gewinnanstiege pro Aktie wirken sich auch positiv auf das KGV aus, woraus wiederum Kursanstiege resultieren. Dementsprechend ist es auch nicht verwunderlich, dass sich bei RHI auch der Aktienkurs überaus positiv entwickelt hat.

Wenn es ein Unternehmen zudem schafft, eigene Aktien dann zu kaufen, wenn diese sogar deutlich unterbewertet sind, verstärkt sich der positive Effekt zusätzlich. Hierfür ist Meta ein aktuelles Paradebeispiel. Während die Aktie im Jahr 2022 um nahezu 80 Prozent abverkauft wurde, kaufte Meta knapp fünf Prozent aller ausstehenden Aktien zurück. Vom Jahresende 2022 bis zum letzten Quartal kaufte man weitere 3,3 Prozent zurück. Durch die günstigen Kaufkurse hat man das Maximum aus den aufgelegten Rückkaufprogrammen herausgekitzelt. Bestandsaktionäre freuen sich.

Die Nachteile von Aktienrückkäufen

Allerdings gibt es auch Nachteile und nicht jedes Unternehmen, welches eigene Aktien zurückkauft, ist automatisch ein Investment wert. Ganz im Gegenteil. Wenn ein Unternehmen trotz hoher Verschuldung weiterhin eigene Aktien zurückkauft, beispielsweise um zu kaschieren, dass die Geschäfte stagnieren, spricht dies gegen ein Investment.

Ein Beispiel dafür wäre das vor einiger Zeit vorgestellte Negativ-Beispiel Newell Brands. Das Unternehmen leidet unter stagnierenden Umsätzen und Gewinnen, versucht dies jedoch mittels Aktienrückkäufen zu kaschieren. Und das, obwohl das Unternehmen einen Schuldenberg von fünf Milliarden Dollar mit sich schleppt. Da man zusätzlich man noch mehr für Dividendenzahlungen ausgibt, als Gewinne erzielt werden, lässt sich der Schuldenstand kaum abtragen.

Aktienrückkäufe machen also nur dann Sinn, wenn ein Unternehmen seine Schulden bereits vollständig abgetragen hat bzw. über eine nur unwesentliche Verschuldung verfügt.

Ein weiterer Nachteil ist die Tatsache, dass sich durch Aktienrückkäufe das Eigenkapital reduziert. Kauft ein Unternehmen eigene Aktien zurück, fließt Geld aus der Kasse. Damit die Aktienrückkäufe Sinn machen, müssen die Aktien nach dem Kauf jedoch unverzüglich aufgelöst werden. Ansonsten würde sich auch nicht die Anzahl an ausstehenden Aktien reduzieren. Cash fließt also aus der Bilanz, im Gegenzug wird dafür aber kein neuer Vermögenswert in die Bilanz eingebucht, wodurch das Eigenkapital zurückgeht.

Aktienrückkäufe oder Dividenden?

Abschließend stellt sich die Frage, welche Art von Gewinnbeteiligung aus Sicht der Aktionäre nun idealer ist. Für beide Modelle gibt es gute Argumente und ein Richtig oder Falsch gibt es in diesem Zusammenhang nicht. Vielmehr hängt es von den persönlichen Präferenzen eines jeden einzelnen Investors ab.

Im besten Fall haben wir es mit einem Unternehmen zu tun, welches auf beide Modelle setzt. Regelmäßige Dividendenzahlungen helfen dabei, Zeiten mit mauer Kursentwicklung zu überbrücken. Aktienrückkäufe sorgen derweil für überproportionale Ergebnissteigerungen, welche zudem kursstützend wirken.

 

Herzlichst

Ihr Christof von Wenzl

 

Quellen: sentieo.com, terminal.stock3.com, new.siemens.com

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