Geschäftsmodell und Absatzmärkte

Capgemini ist ein in Frankreich beheimateter IT-Beratungskonzern. Das Unternehmen unterstützt seine Kunden bei Digitalisierungsvorhaben, beispielsweise beim Weg in die Cloud oder bei der Entwicklung von neuen digitalen Applikationen. Auch bei der oft mühseligen Migration zu Salesforce oder SAP unterstützt man seine Kunden, aber auch bei der Entwicklung neuer Produkte sowie der Schärfung der Marke. Zudem bietet man Outsorcing-Lösungen an und unterstützt bei der Installation und Instandhaltung von IT-Infrastrukturen.

Die Hälfte der rund 360.000 starken Belegschaft beschäftigt man in Indien. Denn dadurch profitiert man von einer Lohnarbitrage im Vergleich zu lohnkostenintensiven Industrieländern.

Dieser Umstand ist in der Branche so üblich, sodass sich die Finanzindustrie eine eigene Kennzahl ausgedacht hat. Mit der Kennzahl „Offshore leverage“ kann festgestellt werden, wie stark ein Unternehmen aus der Branche auf diese Lohnarbitrage setzt.

Quelle: Homepage Unternehmen

Capgemini ist stark europa-lastig. Vor einer Investition sollte man sich also überlegen, ob man den Wirtschaftsstandort Europa positiv sieht. Optimisten könnten allerdings einwerfen, dass sich die strukturelle Schwäche des europäischen Marktes sogar positiv auf die Geschäfte von Capgemini auswirken könnten. Schließlich besteht bei strukturellen Nachteilen (u.a. durch teure Energie) insbesondere in Europa massiver Bedarf nach Lösungen, mit denen sich die Effizienz steigern lässt und Kosten einsparen lassen.

Der Konzern wird seit 2020 von Aiman Ezzat gelenkt, welcher bereits seit 2005 in unterschiedlichen Rollen (u.a. als CFO und Chief Operating Officer) für den Konzern tätig ist. Carole Ferrand bekleidet den Posten des CFO seit 2018.

 

 

Quelle: terminal.stock3.com

Die Aktie befindet sich seit Ende 2021 im Abwärtstrend. So wirklich Lust auf fallende Kurse scheinen die Bären aber auch nicht zu haben. Das übergeordnete Chartbild bleibt deshalb weiterhin bullisch. Aktuell stützt das Unterstützungscluster bei 155 Euro, welches sich aus 200-Wochen-Schnitt, 38er Fibonacci Retracement und einer horizontalen Unterstützung bildet.

Bei Kursen unterhalb dieser Zone wäre die Falltür bis in den Bereich um 120 Euro geöffnet. Oberhalb von 175 Euro erhöhen sich die Chancen für den Start der nächsten übergeordneten Aufwärtsbewegung.

Quelle: terminal.stock3.com

Mit IT-Consulting lässt sich gutes Geld verdienen, aus Unternehmens- wie auch aus Aktionärssicht. Der aus Performancesicht Klassenbeste ist Accenture. Aber auch Capgemini muss sich keineswegs verstecken. Eine performance-technische Enttäuschung bleibt weiterhin Cognizant.

Bewertung

Quelle: sentieo.com (interaktiver Chart)

Angenommen, dass das Unternehmen seine Gewinne in ähnlicher Weise steigern kann, wie es in den letzten fünf Jahren der Fall war (p.a. 20 Prozent), sollte man mit der Aktie auf lange Sicht eine ordentliche Rendite einfahren können.

Da die Aktie derzeit rund 15 Prozent unterhalb des langfristigen Bewertungsschnitts notiert, stehen die Chancen für eine Outperformance aber auch bei nur halb so hohen jährlichen Gewinnsteigerungen gut.

Quelle: https://www.ophiram.com.au/

 

Allerdings muss man dafür auch verstehen, dass sich Kurse niemals synchron mit der Gewinnentwicklung fortbewegen. Langfristig ist dies zwar eine Tatsache, wie die Grafik veranschaulicht. Kurzfristig sind Aktienkurse jedoch stets das Opfer des wandelnden Sentiments, also von Angst und Gier.

Künftige Rendite könnte bei der Aktie aber auch von der Dividendenfront herstammen. Aktuell beläuft sich die Dividendenrendite auf rund zwei Prozent. Angenommen, die Dividende würde auch in den kommenden zehn Jahren um durchschnittlich 12,5 Prozent p.a. angehoben, wie bisher, ergäbe sich bei einem Kauf zum aktuellen Kurs in zehn Jahren eine persönliche Dividendenrendite von 6,4 Prozent.

Bilanz und Verschuldung

Die Verschuldung ist durch zwei größere Käufe in den letzten Jahren angestiegen. Durch die Übernahme von Altran (Produktentwicklung für Industriekonzerne) im Jahr 2020 sowie Igate (Stärkung Nordamerika-Geschäft) im Jahr 2015 ist man heute jedoch wesentlich breiter aufgestellt als zuvor.

Auch hat man gezeigt, dass man die Schulden abtragen kann und dies auch künftig weiter fortsetzen möchte.

 

Die Kehrseite der Übernahmen besteht in einer hohen Goodwill-Position, welche das Eigenkapital sogar in den negativen Bereich drücken würde, falls man den Goodwill vollständig vom Eigenkapital abziehen würde. Das stellt leider ein Manko in der Bilanz dar.

Profitabilität

Die Profitabilität ist ordentlich, fällt jedoch geringer aus als bei der Konkurrenz. Das liegt vor allem am zuvor erwänten „offshore leverage“, welcher bei Capgemini geringer ausfällt, als bei den vielen großen Häusern in der Branche. Denn andere Konkurrenten beschäftigen mitunter bis zu 80 bis 90 Prozent ihrer Mitarbeiter in Ländern mit attraktiven Lohnniveaus.

Der Grund für den niedrigeren „offshore leverage“ ist der Europa-Fokus. Im Gegensatz zum angelsächsischen Raum tat man sich in Europa lange Zeit mit dem Gedanken schwer, beim IT-Service beispielsweise auf aus Indien tätige Berater zu setzen. Diese Skepsis schwindet aber zusehends, weshalb man bei Capgemini diesen Leverage künftig weiter wird ausbauen können. Das kann man bereits an den steigenden Margen in den letzten Jahren erkennen.

Wachstum

Das Management hat sich im Zeitraum 2020 bis 2025 ein Umsatzwachstum zwischen sieben bis neun Prozent zum Ziel gesetzt. Die operative Marge soll derweil auf 14 Prozent leicht ansteigen.

Zunehmende Möglichkeiten zur Lohnarbitrage sowie die anhaltend strukturelle Nachfrage nach Digitalisierungslösungen sollten dem Unternehmen bei diesem Unterfangen helfen.

Seitdem der neue CEO das Ruder übernommen hat, kann das Unternehmen überproportional wachsen. Schützenhilfe gab hier natürlich auch die Pandemie, wodurch vielen Konzernen erst klargeworden ist, wie wichtig eine stabile digitale Infrastruktur ist

Konkurrenz

Der unangefochtene und hochprofitable Platzhirsch ist Accenture (WKN: A0YAQA). Die Bewertung bei der kleineren Cognizant (WKN: 915272) wäre zwar interessanter, der Chart sieht hier aber sehr dürftig aus. Auch die indische Infosys (WKN: 919668) gehört zur Konkurrenz und ist wie Accenture deutlich üppiger bewertet.

Neben diesen großen Playern ist der Markt stark fragmentiert. Statista zufolge beziffert sich der IT-Service-Markt auf satte 1,1 Billionen Dollar. Capgemini kommt hier lediglich auf einen Marktanteil von zwei Prozent. Potenzial auf der Oberseite scheint also genügend vorhanden zu sein.

Da es sich bei Capgemini‘s Kunden in der Regel um große Konzerne (Enterprises) handelt, profitieren die Franzosen vom Faktor hoher Switching-Kosten.

Denn je größer der Kunde, desto schwieriger wird es, von einem IT-Dienstleister zu einem anderen zu wechseln, wenn die Lösungen des etablierten Anbieters Teil der Systeme und Arbeitsabläufe des Kunden geworden sind.

Risiken

Von zyklischen Abschwüngen sind auch IT-Dienstleister betroffen. Auf lange Sicht kann es sich zwar kein Konzern leisten, die Digitalisierungszügel zu lange schleifen zu lassen, denn in dem Falle stünden auch Marktanteile zur Disposition.

Kurzfristig können Konjunktureinbrüche jedoch für eine Aufschiebung von Aufträgen sorgen. Das hat man bei Capgemini in diesem Jahr bereits beobachten können. Nach einem Umsatzwachstum von 12, 15 und 21 Prozent in den Jahren 2020, 2021 und 2022 soll der Umsatz im aktuellen Jahr zwischenzeitlich um lediglich vier Prozent zulegen.

Schuld daran ist zweifelsohne das schwache Europageschäft. Dieses Thema bzw. Risiko wurde bereits erwähnt.

Porter’s Five Forces

Der Abhängigkeit vom Europageschäft wird beim Faktor Abnehmer Rechnung getragen.

Die Abhängigkeit von Personal findet sich im Faktor Verhandlungsmacht der Lieferanten wieder. So könnte durch eine erstarkende indische Wirtschaft auch das Lohnniveau ansteigen, woraus ein rückläufiger Arbitrageeffekt resultieren könnte. Die hartnäckige Inflation sorgt bereits jetzt für steigende Lohnforderungen.

Innerhalb der Branche muss man sich vor kleinen Konkurrenten nicht fürchten. Auch gegen andere große IT-Beratungsunternehmen weiß man sich zu wehren. Auch deshalb, da man mit seinen Kunden vielfach Partnerschaften pflegt, die Jahrzehnte zurückreichen. Auch Switching-Kosten sorgen für einen Burggraben.

Die Bedrohung durch neue Konkurrenz bzw. Substitution wird mit jeweils einem Punkt versehen, da es sich erst noch herauskristallisieren muss, inwiefern die Künstliche Intelligenz die Branche umkrempeln wird. Handelt es sich dabei um ein Hilfsmittel, um effizienter zu werden, auf weniger Personal angewiesen zu sein und neue Lösungen anbieten zu können? Oder kommen Microsoft und andere Konzerne mit eigenen KI-Lösungen um die Ecke und machen Capgemini künftig verstärkt Konkurrenz?

Die Aktie des IT-Beratungsunternehmens befindet sich nun schon seit geraumer Zeit im Korrekturmodus. Dadurch hat sich die Bewertung relativiert. Für langfristig denkende Investoren könnte dies eine Gelegenheit darstellen.

 

Herzlichst

Ihr

Christof von Wenzl

 

Quellen: sentieo.com, morningstar.com, Capgemini.com, terminal.stock3.com, www.ophiram.com.au

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten vier verfügbaren Quartale berechnet.

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