Geschäftsmodell und Absatzmärkte

Nach Analysen eines Hidden Champions bzw. eines Infrastrukturkönigs widmen wir uns mit ConocoPhillips (Kürzel COP) einem Kunden genannter Unternehmen und gleichzeitig einem prominenten Player aus der Öl- und Gasindustrie.

Eine weitere Analyse eines Unternehmens aus der Branche hat gute Gründe. Einerseits das Sentiment, welches für den Ölsektor gerade pessimistisch, im besten Fall ignorant ausfällt. Das KI-Thema und die Stärke der bekannten Tech-Titel stiehlt den meisten anderen Branchen aktuell schlichtweg die Show.

Andererseits deutet sich eine – zumindest temporäre – Verschnaufpause bei Nvidia & Co. an. Die Neugewichtung des Nasdaq 100 könnte hier als Inizialzündung für eine Sektorrotation fungieren. In den letzen Monaten links liegen gelassene Branchen wie Öl und Gas oder auch der Pharma- bzw. Biotech-Bereich könnten davon profitieren.

Deshalb muss eine ConocoPhillips nun nicht von jetzt auf gleich steigen wie der Blitz. Wer in den nächsten Wochen damit beginnt, Positionen bei Unternehmen in der Branche bzw. ETFs auf selbigen aufzubauen, könnte mittel- bis langfristig aber viel Freude daran haben.

Wenn Interesse der Leserschaft besteht, kann ich demnächst auch einen weiteren Branchenwert analysieren, vielleicht auch einen europäischen wie Total, OMV oder BP. Lassen Sie mich dies gerne in den Kommentaren wissen.

 

Nun aber zu COP. Der Konzern gehört zum Who-is-Who der globalen Öl- und Gasindustrie und ist in der Exploration sowie Förderung von Öl und Gas tätig.

Gemessen an der Marktkapitalisierung gehört COP zu den Größen der Branche

 

Gefördert wird an Standorten in Nordamerika (u.a. Alaska, Texas), Norwegen, dem mittleren Osten (Lybien, Katar), sowie der Asien-Pazifik-Region (Australien, China, Malaysia). Die Hälfte der Einnahmen stammt aus dem Verkauf von Öl. 44 Prozent des Umsatzes wird mit Erdgas bzw. Erdgaskondensat (NGL) generiert.

Quelle: Factsheet Unternehmenshomepage

 

Im Gegensatz zu Konkurrenten wie Shell oder Total hat man übrigens kaum Ambitionen, in erneuerbare Energien zu investieren.

Dem Unternehmen steht Ryan Lance seit 2012 als CEO vor. Bill Bullock, der bereits seit 1986 für COP tätig ist, bekleidet die Rolle des Finanzvorstands.

 

 

Quelle: terminal.stock3.com

Wir können es kurz machen: Solange der Kurs oberhalb von 100 bzw. 96 Dollar bleibt, sieht der Chart bullisch aus mit mittelfristigen Kurszielen bei 138 Dollar. Unter genannten Unterstützungen kann es zügig Richtung 85 bzw. 80 Dollar gehen.

 

Quelle: terminal.stock3.com

Sowohl COP (hellblau) als auch Chevron (grün) konnten Exxon (lila) sowie den Branchenindex Dow Jones Oil & Gas (violett) hinter sich lassen. Der Grund für die Outperformance bei COP liegt vor allem in der klugen Neuaufstellung in den letzten Jahren. Darauf gehen wir folgend noch ein

 

Bewertung

Die Bewertung von Rohstoffkonzernen ist immer so eine Sache. Wenn man es sich als Analyst einfach machen will, zieht man das aktuelle KGV von 8,6 als klares Kaufargument hervor.

Allerdings ergibt sich dieses aus der Marktkapitalisierung dividiert durch den Gewinn der letzten 12 Monate. Wer weiß aber schon, wo der Ölpreis in den nächsten 12 Monaten notieren wird? Sinkt dieser rapide, sinkt der Gewinn. Sinkt der Gewinn, steigt das KGV ‚über Nacht‘ deutlich an und vom vermeintlichen Schnäppchen ist nicht mehr viel übrig.

Wer hier investiert, muss also davon überzeugt sein, dass der Ölpreis mittel- bis langfristig mindestens stabil bleibt bzw. steigt. Entgegen dem werbewirksamen Getrommel für erneuerbare Energien bzw. deren Aufstieg zeigt angehängte Grafik klar, dass der Bedarf an Kohlewasserstoffen nach wie vor zunimmt.

 

Gleichzeitig haben die tiefen Preise für selbige auf der einen sowie dank ESG der eingeschränkte Zugang zu günstigen Projektfinanzierungen auf der anderen Seite dazu geführt, dass in den letzten Jahren kaum investiert wurde. Spätestens, wenn die Weltwirtschaft früher oder später wieder voll in Fahrt kommt, könnte das Angebot der steigenden Nachfrage nicht schnell genug folgen können, wodurch der Ölpreis anziehen könnte.

Quelle: https://www.naturalgasintel.com/u-s-eps-reining-in-capex-while-international-operators-spending-more/

 

Das Umfeld für Investitionen in den Sektor könnte also schlechter sein. Zudem ermöglicht es das rigide Kostenmanagement COP, seine Aktionäre fürstlich zu belohnen. So möchte man dieses Jahr 11 Milliarden Dollar in die Hand nehmen, um Aktien zurückzukaufen und Dividenden auszuschütten. Dank eines günstigen Kostenprofils sollte diese Politik auch bei niedrigeren Ölnotierungen auf einem stabilen Fundament stehen. Unterm Strich möchte man jährlich 30 Prozent des operativen Cashflows direkt den Aktionären zufließen lassen.

Da abgesehen von den LNG-Assets in Katar (North Field) und Texas (Port Arthur) keine großen Investitionen geplant sind, kommen die Gewinne den Aktionären zugute. Die für das laufende Jahr prognostizierte Dividendenrendite beziffert sich auf 2,9 Prozent

Bilanz und Verschuldung

Bisher war ich nie ein großer Freund des Ölsektors. Das liegt zum einen daran, da man vollständig vom Ölpreis abhängig ist. Manager von Ölmultis können einen noch so guten Job machen. Wenn der Ölpreis nicht mitspielt, bleibt es brotlose Kunst. Noch klarer gegen ein Engagement sprach für mich aber die durch die Bank zu hohe Verschuldung bei den Unternehmen aus der Branche.

Die Ölpreishausse der letzten Jahre hat den Unternehmensbilanzen aber sichtlich gutgetan. Heute sind viele Energieunternehmen bilanziell wesentlich stabiler aufgestellt als vor noch einigen Jahren.

So hat ConocoPhillips seine Nettoverschuldung von 24 Milliarden Dollar im Jahr 2016 auf inzwischen nur noch sieben Milliarden Dollar herunterfahren können.

Zudem hat das Unternehmen sein Geschäft in den letzten Jahren konsolidiert bzw. umgebaut. Krankende und teuer produzierende Assets wurden verkauft, Qualitäts-Assets gekauft. Mit dem Kauf von Concho Resources und Shell’s Permian-Assets (Ölquellen v.a. in Texas) im Jahr 2021 ist zwar kurzfristig die Verschuldung angestiegen. Allerdings konnte diese durch die vorteilhaften Ölpreise zügig reduziert werden.

Die Schulden befinden sich bereits auf einem akzeptablen Niveau. Bis 2026 möchte man die Verschuldung weiter zurückfahren

Profitabilität

Durch den Umbau konnte man die durchschnittlichen Produktionskosten deutlich senken. So verursacht die Produktion eines Fasses Öl heute nur noch 32 Dollar an Kosten. 2016 betrug die Kostenquote noch 40 Dollar.

Dadurch hat sich die Marge merklich erhöht und man kann auch mit niedrigeren Ölpreisen in den schwarzen Zahlen verbleiben.

Die Reserven konnte man gleichzeitig deutlich erhöhen. Diese reichen nun für über 30 Jahre. Noch 2016 waren es lediglich 18 Jahre. Hilfreich hierbei ist allerdings auch der höhere Ölpreis, welcher dazu führt, dass bisher unwirtschaftliche Ölquellen nun auch profitabel ausgeschlachtet werden können.

Niedrigere Ölpreise sorgen nicht mehr so schnell für ein Abrutschen in die Verlustzone. Die Entwicklung des Aktienkurses hängt trotz alledem aber noch immer am Ölpreis

Wachstum

Die allen Unkenrufen zum Trotz steigende globale Öl- und Gasnachfrage spielt COP in die Karten. Dazu gesellt sich inzwischen auch die geopolitische Komponente. Gerade die USA profitieren vom westlichen Embargo gegenüber Russland und können dadurch Marktanteile für sich gewinnen.

 

Mit den LNG-Projekten Port Arthur (LNG-Terminal in Texas) sowie der Beteiligung am Erdgasfeld North Field (NFE/NFS) vor der Küste Katars erschließt man zudem einen wichtigen künftigen Wachstumsmarkt. Die LNG-Kapazitäten werden sich in den kommenden Jahren verdoppeln.

Konkurrenz

Das größte Problem von Rohstoffunternehmen ist die Abhängigkeit vom zugrundeliegenden Preis der verkauften Rohstoffe. Man kann sich nicht von seiner Konkurrenz abheben, denn das Produkt ist und bleibt dasselbe. Es gewinnt letzten Endes der, der am günstigsten liefert. Aus diesem Grund ist der Branchendruck hoch, die Etablierung eines Burggrabens ausgeschlossen.

Risiken

Die größte Chance, jedoch auch das Hauptrisiko stellt ganz klar die Entwicklung der Öl- und Gaspreise dar. Da COP kein Hedging betreibt, nimmt der Konzern die Fluktuationen der Energiepreise 1:1 mit. Das bietet Chancen, bedeutet aber zugleich auch Risiken.

Der Ausbau des LNG-Portfolios bietet Chancen, sorgt aber auch für Risiken. Verzögerungen und Kostenexplosionen bei LNG-Projekten müssen einkalkuliert werden.

Für ein Eventrisiko sorgen schließlich mögliche Umweltkatastrophen, die von ConocoPhillips ausgehen.

Porter’s Five Forces

Die mangelnde Möglichkeit, sich von seinen Konkurrenten zu unterscheiden, ruft eine maximale Branchenrivalität hervor, die Abhängigkeit vom Öl- und Gaspreis eine maximale Abnehmermacht.

Durch den Ausbau des LNG-Geschäfts ist man zudem von der Inflation bei Personal- und Rohstoffkosten abhängig. Allerdings, wenn die Preise von Rohstoffen auf breiter Front steigen, steigt in Folge dessen auch der Ölpreis, womit das Unternehmen auch wieder mehr Gewinn macht. Die Lieferantenseite wird deshalb mit nur zwei Punkten versehen.

Neue Konkurrenz ist im reifen Markt nicht zu befürchten. Die großen Konzerne sind dafür zu etabliert.

Das Substitutionsrisiko wird mit einem Punkt versehen. Über viele weitere Jahre wird der Bedarf an fossilen Energieträgern Bestand haben bzw. tendenziell sogar steigen.

Da der Konzern keinerlei Anstalten macht, sich abseits von fossilen Energieträgern breiter aufzustellen, wird beim Faktor Substitution ein Risikopunkt vergeben. Ob sich die Strategie auszahlt, wird sich zeigen.

ConocoPhillips hat sich über die letzten Jahre neu aufgestellt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Weniger Schulden, höhere Margen und mit den Investitionen in LNG eine Portion Wachstumsfantasie. Dazu gesellen sich Aktienrückkäufe und stabile Dividenden, die die Story abrunden. Für Investoren, die auf Öl setzen und zwischenzeitlich stärkere Schwankungen aushalten, ist die Aktie ein Kauf.

 

Herzlichst

Ihr

Christof von Wenzl

 

Quellen: sentieo.com, morningstar.com, www.conocophillips.com, terminal.stock3.com, wikipedia.de, statista.de, www.naturalgasintel.com

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten vier verfügbaren Quartale berechnet.

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