Geschäftsmodell und Absatzmärkte

Jede zweite in Deutschland verkaufte Brille kommt vom Marktführer Fielmann, der sich durch sympathische und unaufgeregte Werbekampagnen einen Namen gemacht hat. Neben Brillen und Kontaktlinsen verkaufen die Hamburger auch Hörgeräte in ihren über 700 Niederlassungen im deutschen Sprachraum, sowie in Luxemburg und seit 2015 auch verstärkt in Italien, Polen und Slowenien.

Quelle: Unternehmen

Das Unternehmen legt auch Wert auf die betriebsinterne Ausbildung seiner Belegschaft. Mehr als 40 Prozent aller Auszubildenden im augenoptischen Handwerk in Deutschland absolvieren ihre Lehre an der Fielmann-Akademie auf Schloss Plön. Somit zieht man sich das Personal in Eigenregie heran.

Fielmann ist nicht nur in Sachen Ausbildung vertikal integriert, sondern auch bei den vertriebenen Produkten. So werden in den Niederlassungen der Hamburger Brillen designt, produziert und über das breite Filialnetz vertrieben.

Ende letzten Jahres trat Günther Fielmann als Unternehmenslenker zurück. An seine Stelle ist nun sein Sohn Marc Fielmann getreten, der vielleicht auch wieder für etwas frischen Wind und eine Portion Wachstumsfantasie in den kommenden Jahren sorgen könnte.

Quelle: Marketscreener.com

Der Löwenanteil der Umsätze wird im deutschen Heimatmarkt generiert

Die Aktie des SDAX-Konzerns ist über den Börsenplatz Xetra problemlos handelbar.

Quelle: guidants.com

Im Niemandsland - Die Aktie befindet sich in einer breiten Seitwärtsbewegung. Schöne Einstiegsareale befinden sich an der 50-Euro-Marke sowie beim März-Tief bei 41 Euro. Für kurzfristig Interessierte eignet sich das Kursareal um 60 Euro zum Einstieg. Unterhalb von 41 Euro wird es charttechnisch brenzlig.

Quelle: guidants.com

Fielmann in blau, der SDAX in rot, DAX in lila. Ein Chart sagt manchmal eben mehr als tausend Worte. Die tolle Wachstumsstory wurde von der Börse mehr als fürstlich entlohnt.

Bewertung

Bei der Aktienanalyse sollten neben den quantitativen Aspekten, wie der Bewertung oder Bilanz stets auch qualitative Aspekte beachtet werden. Diese lassen sich nicht immer an nackten Zahlen ablesen und sind deshalb meist auch nicht so einfach quantifizierbar. Nichtsdestotrotz sind solche qualitative Vorzüge von großer Bedeutung in der Aktienanalyse.

Bei Fielmann wäre so ein qualitativer Aspekt die Tatsache, dass die Familie Fielmann über die Fielmann Family Foundation über 70 Prozent der Anteile des Unternehmens hält. Familiengeführte Unternehmen zeichnen sich meist durch solide Bilanzdaten und eine konservative und umsichtige Unternehmensführung aus, was sich bei Fielmann wieder einmal aufs Neue bestätigt.

Die Aktie scheint derzeit fair bewertet, wobei natürlich auch hier das Damoklesschwert eines zweiten Shutdowns über dem Filialnetz hängt. Sollten sich die Sorgen verflüchtigen, kann es mit der Aktie auch wieder aufwärts gehen. Die Zeit der Kursvervielfachungen scheint aber vorbei zu sein, an die starken Umsatzzuwächse der letzten Jahre wird man wohl nicht mehr so leicht anknüpfen können.

In meinen Augen vollzieht der Konzern gerade die Wandlung vom Wachstumsunternehmen zum profitablen Veteranen. Starke Kursanstiege werden hier gegen stabile Dividendenausschüttungen und einen gemächlicheren Kursverlauf eingetauscht, was je nach persönlicher Anlagestrategie nicht schlecht sein muss.

Bilanz und Verschuldung

Fielmann glänzt mit einer praktisch schuldenfreien Bilanz und mustergültigen Liquiditätskennzahlen - und das trotz des miserablen ersten Halbjahrs. Wirtschaftliche Einbrüche würden natürlich auch an Fielmann nicht spurlos vorbeigehen, allerdings hat man durch die umsichtige Unternehmensführung die finanzielle Kraft, auch längere Schwächephasen zu überbrücken.

Profitabilität

Die Hamburger können speziell beim Wareneinkauf ihren Größenvorteil ausspielen, und bekommen Brillen und Kontaktlinsen wesentlich günstiger im Einkauf als kleine Optikergeschäfte. So erklärt sich auch die ordentliche operative Marge, die in den letzten Jahren zwischen 13,8 und 18,5 tendierte. Dadurch wird jährlich ein schöner freier Cashflow erzielt, der für die Expansion und Dividendenausschüttungen zur Verfügung steht. Immerhin schüttete Fielmann in diesem Jahr 1,95 Euro pro Aktie aus, was einer Dividendenrendite von knapp drei Prozent entspricht.

Wachstum

Über 30 Prozent der Kontaktlinsen werden bereits im Online-Vertrieb verkauft. Dieser Kanal soll auch weiterhin gehegt und gepflegt werden und dem Unternehmen helfen, die Umsätze weiterhin zu steigern. Mit der Möglichkeit zu einem Online-Brillenkauf erweitert der Konzern seinen digitalen Fußabdruck. Ein weiterer Wachstumstreiber liegt in der Expansion des Filialnetzes. Im September 2019 hat man sich im slowenischen Markt eingekauft und plant weitere Markteintritte in den kommenden Jahren.

Konkurrenz

Kleine Optikergeschäfte tun sich gewiss schwer, mit Fielmann mitzuhalten. Preislich haben die Hamburger einfach enorme Vorteile auf ihrer Seite. Auch pro Filiale wird in einer Fielmann-Niederlassung wesentlich mehr abgesetzt, als beim Optiker um die Ecke.

Risiken

Die Erweiterung des Filialnetzes birgt einerseits Kursfantasie, andererseits aber auch ein zusätzliches Risikopotenzial. Nicht selten fällt Unternehmen, die auf Teufel komm raus wachsen wollen, das Geschäftsmodell durch zu hastige und nicht sauber abgeschlossene Expansionen auf die Füße. In Der Folge müssen Filialen wieder geschlossen werden, Investitionen verpuffen und es heißt „Zurück auf Los“.

Fraglos liegt auch das Risiko eines zweiten Shutdowns schwer auf dem Unternehmen, das zu großen Teilen von einem funktionierenden Filialnetz und konsumfreudigen Kunden abhängig ist. Der Online-Kanal sorgt hier zumindest für eine leichte Verbesserung.

Porter’s Five Forces

Dass Fielmann sehr viel richtig macht, erkennt man bei Begutachtung des Porter-Modells, bei dem einzig die Macht der Abnehmer zum Tragen kommt. Konjunkturrisiken und möglichen epidemiebedingten Zwangsschließungen von Zweigstellen wird hier Rechnung getragen.

Fielmann als feste Größe im deutschen Sprachraum hat deutliche Kostenvorteile im Vergleich zu kleineren Optikerketten, somit ist die Bedrohung durch neue Konkurrenten und die Branchenrivalität vernachlässigbar. Um Substitution muss man sich klarerweise auch keine Sorgen machen. Es wird immer Menschen mit Sehschwächen geben. Zuletzt sorgt Fielmann durch die vertikale Integration dafür, dass man selbst Lieferant ist und nur unerheblich von Lieferanten abhängig ist.

Bei Fielmann haben wir es mit einem konservativ geführten Familienunternehmen zu tun, das mit einer tollen Bilanz sowie einer attraktiven Dividendenpolitik zu überzeugen weiß. Konjunkturell bedingte Rücksetzer muss man bei diesem konsumabhängigen Geschäftsmodell allerdings stets einberechnen.

Herzlichst

Ihr Christof von Wenzl

Quellen: morningstar.com, marketscreener.com, www.fielmann.de, guidants.com, wikipedia.de

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten 4 auf morningstar.com verfügbaren Quartale berechnet.

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Hinweis:

Dirk Müller sowie die Finanzethos GmbH haben sich verpflichtet den Kodex des Deutschen Presserates für Finanz- und Wirtschaftsjournalisten einzuhalten. Der Verhaltenskodex untersagt die Ausnutzung von Insiderinformationen und regelt den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten. Die Einhaltung des Verhaltenskodex wird jährlich überprüft. Dies gilt auch für die für Dirk Müller oder für die Finanzethos GmbH tätigen freien Journalisten.

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