Geschäftsmodell und Absatzmärkte

Im Jahr 2004 erzielte das Unternehmen einen Gewinn pro Aktie von 1,10 Dollar. Per 2022 waren es stolze 6,77 Dollar. Das hat natürlich auch dem Aktienkurs geholfen, der seitdem um über den Faktor 10 angestiegen ist. In einem Folgebeitrag gehen wir auf das Thema der Compounder übrigens noch einmal gesondert ein.

Nun aber zurück zu FTI und der Frage, wie dem Unternehmen dieses Kunststück gelungen ist. FTI Consulting (Tickersymbol FCN) ist ein Beratungsunternehmen, das Unternehmen in vielen Themenbereichen beratend zur Seite steht. Dazu gehören unter anderem die Bereiche Strategie, Finanzen, Risikomanagement, Recht, Technologie sowie Übernahmen und Restrukturierungen.

Da diese Themen für jedes Unternehmen relevant sind, kommen Kunden aus allen möglichen Industriezweigen. So sind 82 aller Fortune 100 Unternehmen Kunden des Konzerns, 99 der Top-100-Anwaltskanzleien sowie die 50 größten Banken der Welt. Auch Regierungen gehören zum Kundenkreis.

Zwei Drittel des Umsatzes werden in den USA generiert, der Rest entfällt auf internationale Märkte.

Steven Gunby, welcher zuvor bei der Boston Consulting Group 30 Jahre lang Erfahrung sammeln konnte, ist seit 2014 für FTI tätig und steht dem Unternehmen als CEO vor. Ajay Sabherwal ist seit 2016 Finanzvorstand und ein Meister seines Faches. So stieß er 2010 zum kurz vor dem Bankrott stehenden Konzern FairPoint Communications, an dessen erfolgreicher Neuaufstellung er einen großen Anteil hatte. Die Gläubiger von FairPoint wurden damals übrigens von FTI Consulting vertreten.

 

 

Quelle: terminal.stock3.com

Der langfristige Aufwärtstrend hat sich merklich abgeschwächt, auch kurzfristig riecht es nach Korrektur, solange die Aktie nicht über die 205-Dollar-Marke ansteigen kann. Eine Pause wäre aber nichts Verwerfliches. Auf der Unterseite bietet die Unterstützung bei 170 Dollar Halt. Darunter kann es zügig Richtung 140 Dollar gehen, wo die 200-Wochen-Linie als Unterstützung aufwartet.

 

Quelle: terminal.stock3.com

Ein Umschalten auf logarithmische Skalierung kann immer wieder erhellend sein. Hier sticht ein klar definierter Aufwärtstrendkanal seit 2020 ins Auge. Wird dieser nach unten hin verlassen, ließen sich problemlos Ziele bei 130 bis 140 und sogar 110 bis 100 Dollar identifizieren.

 

Bewertung

Quelle: sentieo.com (interaktiver Chart)

Die Aktie notiert derzeit rund 40 Prozent oberhalb des langfristigen Bewertungsschnitts. Anhand der Schätzungen für 2024 würde sich das KGV zwar auf 22,4 verbilligen. Dabei gibt es aber zwei Probleme.

Erstens stützen wir uns dabei auf Analystenschätzungen, wonach nach einem stagnierenden Gewinn im laufenden Jahr 2024 bereits wieder mit einem Gewinnwachstum von 19 Prozent gerechnet wird. In den letzten Jahren waren das zwar nicht untypische Wachstumsraten. Allerdings ist spätestens 2024 auch in den USA mit einer Rezession zu rechnen, weshalb hier mit zwischenzeitlichen Enttäuschungen gerechnet werden muss.

Zudem wäre die Bewertung auch dann, wenn diese optimistischen Schätzungen tatsächlich eintreten, immer noch ambitioniert.

Die Bewertung ist also der einzige Punkt, der in der Fundamentalanalyse negativ besetzt ist. Wer die Aktie aus Sicht von 20 Jahren kauft und tranchenweise einsteigt, sollte trotz erhöhter Bewertung immer noch eine gute Rendite einfahren können. Aus Sicht der kommenden 12 bis 24 Monate wirkt das Chancen-Risiko-Verhältnis allerdings ungünstig.

Allein seit 2019 hat man 12 Prozent aller ausstehenden Aktien zurückgekauft. Das befördert das Gewinnwachstum pro Aktie, was sich wiederum positiv auf den Aktienkurs niederschlägt

 

Um seine Aktionäre am Unternehmenserfolg zu beteiligen, setzt FTI nicht auf Dividendenausschüttungen, sondern voll und ganz auf Aktienrückkäufe. In den Augen und Ohren von Dividendenfreunden mag das zwar wie blanke Blasphemie wirken. Persönlich bin ich aber ein großer Freund dieser Strategie. Warum dies so ist, beschreibe ich in einen eigenen demnächst erscheinenden Beitrag auf cashkurs.com.

Bilanz und Verschuldung

ttoverschuldung liegt im Rahmen und ist kaum der Rede wert. Beim Eigenkapitalaufbau kommt das Unternehmen ebenfalls sehr gut voran.

Das ist insofern bemerkenswert, da Aktienrückkäufe sich unmittelbar negativ auf die Eigenkapitalentwicklung auswirken. Bei Aktienrückkäufen fließt nämlich Cash aus der Bilanz, die mit dem Geld zurückgekauften Aktien werden aber sofort aufgelöst. Praktisch gesprochen fließt also Geld aus der Bilanz, ohne dass dafür dementsprechende Vermögenswerte in der Bilanz wieder eingebucht werden. Die logische Folge ist ein Rückgang des Eigenkapitals.

Aus Sicht der Aktionäre macht der Schritt aber Sinn, da es einen Unterschied macht, ob ein Jahresgewinn auf eine Million oder nur 800.000 Aktien aufgeteilt werden muss.

Profitabilität

Das Personal stellt den wichtigsten Vermögenswert des Unternehmens dar. Von der Lohninflation wurde der Konzern deshalb in Mitleidenschaft gezogen. Auch gestiegene Preise für Flugtickets und Hotels wirken sich zwischenzeitlich margenbelastend aus. Zusätzlich hat man das Personal gegenüber dem Vorjahr um 14 Prozent aufgestockt. Bis man die neuen Berater eingearbeitet hat und diese mit eigenen Fällen beauftragen kann, dauert es stets seine Zeit. Die daraus resultierende geringere Auslastung sorgt ebenfalls für zwischenzeitlichen Margendruck.

Allerdings kommunizierte der CEO im letzten Earnings Call ganz klar, dass man dies willentlich in Kauf nimmt. Man könne den Personalaufbau zum kurzfristigen Wohle der Margen zwar eindampfen. Auf lange Sicht würde man damit aber unnötigen Schaden anrichten. So käme das Unternehmen gerade jetzt an gute Talente, die in wirtschaftlich stabilen Zeiten nicht verfügbar waren. Zudem holt man Talente von Unis auch in diesem Herbst wieder mit ins Boot, um seinen guten Ruf als verlässlicher Arbeitgeber unter Universitätsstudenten nicht zu beschädigen.

Es sind also Investitionen für die Zukunft, die kurzfristig eben Geld kosten. In den Ohren von langfristig orientierten Investoren klingt dies sehr gut. Kurzfristig denkende Anleger und Analysten, welche nur von Quartal zu Quartal denken, werden natürlich enttäuscht.

Abgesehen von der kurzfristigen Thematik sehen wir bei FTI ein stabiles Margenbild mit stolzen Margen. Das durch die gestiegenen Zinsen möglicherweise leidende Beratungsgeschäft hinsichtlich Firmenübernahmen könnte durch ein erstarkendes Geschäft mit Restrukturierungen aufgefangen werden.

Das Management sagte explizit, dass man die kurzfristig gestiegenen Kosten nicht vollumfänglich an den Endkunden weiterleiten wollte. Indes sorgt der Personalaufbau für eine zwischenzeitlich schlechtere Auslastung. Auf längere Sicht sollten sich beide Faktoren aber mittelfristig wieder abschwächen und die Margen wieder steigen können

Wachstum

Wie an der Schnur gezogen wächst das Unternehmen umsatz- und gewinnseitig. Genau Aktien mit diesen Merkmalen sind es, die in die Depots der Anleger gehören.

Im Grunde ist es ganz simpel. Unternehmen, die bereits über viele Jahre ihr Können bewiesen haben, werden dies in der Regel auch künftig tun. Im Gegensatz dazu gelingt nur einem Bruchteil von schwachen Unternehmen ein nachhaltiger Turnaround.

Warum sollte man sich das Leben also unnötig schwermachen und auf Unternehmen setzen, die bereits in der Vergangenheit nur fundamental negative Entwicklungen vorweisen konnten?

Im Fall von FTI sollte das Wachstum auch künftig anhalten. Der Bedarf an Beratungsdienstleistungen wird gewiss nicht schrumpfen. Die Welt wird fortlaufend komplexer, Regularien nehmen zu und Rechtsstreitigkeiten gehören auch künftig zur Tagesordnung. Potenzial scheint es also genügend zu geben. Allein mit der Bewältigung neu eingeführter Klima-, Umwelt- oder ESG-Richtlinien haben Kunden von FTI alle Hände voll zu tun und damit natürlich auch FTI selbst.

Zudem bietet man über Partnerschaften auch verstärkt KI-unterstützte Lösungen, u.a. zur Erkennung von vertraglichen Schwachstellen bei Rechtsstreitigkeiten. Auch dieses Thema sollte dem Unternehmen wachstumsseitig helfen.

Konkurrenz

Die Consulting-Branche ist stark fragmentiert mit vielen kleinen sowie großen Konkurrenten wie Accenture, PwC, Gartner oder der zuletzt vorgestellten Exponent. Die soliden Umsatzanstiege zeigen, dass man sich im Markt behaupten kann. Das liegt auch am sehr guten Ruf, den man sich über die Jahre aufgebaut hat.

Auch scheint man in der Branche klug genug zu sein, sich das Leben gegenseitig nicht mit Preiskämpfen schwer zu machen. Weil man wahrscheinlich genau weiß, dass man aus diesem Teufelskreis, einmal angekurbelt, nicht mehr herauskommt. Bei nicht wenigen zu restrukturierenden Kunden wird genau dies der Beginn der Probleme gewesen sein.

Risiken

KI wurde zuvor kurz als möglicher Umsatzbringer erwähnt. Es muss sich aber zeigen, ob KI nicht im Gegenteil sogar für neue Konkurrenz sorgt. So könnten Unternehmen aus anderen Branchen, aber mit besserer KI-Kompetenz in den Markt strömen. So schnell wird das nicht passieren. Auch da gerade bei schwerwiegenden Entscheidungen, wie sie FTI begleitet, noch auf den Faktor Mensch gesetzt wird. Trotzdem muss man das Thema im Hinterkopf behalten.

Da man sogar in Krisenzeiten robust wachsen bzw. die Geschäfte zumindest stabil fortführen konnte, scheint das konjunkturelle Risiko nur bedingt relevant zu sein.

Für eine zwischenzeitlich schwächere Umsatzentwicklung könnte ein wirtschaftlicher Einbruch jedoch allemal sorgen, was wiederum Gift für die durchaus ambitionierte Bewertung wäre.

Porter’s Five Forces

Das Substitutionsrisiko durch KI haben wir diskutiert. Unmittelbare Sorgen muss man sich deshalb noch lange nicht machen. Denn in diesem Business hat der Faktor Vertrauen einen hohen Stellenwert. Und den bietet eben ein Berater, zu welchem ein Kunde eine gute Beziehung pflegt. Zudem bietet FTI auch selbst bereits KI-gestützte Lösungen an. Trotzdem muss man das Thema auf dem Radar haben. Der Faktor ‚Neue Konkurrenz‘ wird ebenfalls von dieser Seite her gespeist.

Der Branchendruck fällt indes ebenfalls nicht allzu hoch ins Gewicht. Die Konkurrenz ist zwar stark. Man ist aber nicht so dumm, dass man Leistungen zu Dumpingpreisen anbietet, um Marktanteile zu gewinnen.

Die Abnehmer haben durchaus eine Macht und könnten sich andernorts vergleichbare Lösungen bzw. Expertise ins Haus holen. Allerdings kocht auch die Konkurrenz nur mit Wasser. Der Drang zu einem Wechsel ist dementsprechend unausgeprägt.

Die Personalkosten, welche im Faktor Lieferanten abgebildet werden, stellen das größte Risiko dar. Einerseits ist es das Risiko, in einem engen Arbeitsmarkt nicht die Talente zu bekommen, die man benötigt. Andererseits die fortlaufend steigenden Gehaltsforderungen. Die Arbeitnehmer sitzen in diesem Sinne schlichtweg am längeren Hebel. Mit Zeitverzögerung lassen sich diese steigenden Kosten jedoch an den Endkunden weitergeben.

Bei der Aktie von FTI Consulting handelt es sich um einen klassischen Compounder, welcher bei Schwäche aufgestockt werden kann. Anleger mit langem Atem sollten mit dem Wert viel Freude haben.

 

Herzlichst

Ihr

Christof von Wenzl

 

Quellen: sentieo.com, www.ir.fticonsulting.com, terminal.stock3.com

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten vier verfügbaren Quartale berechnet.

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