Geschäftsmodell und Absatzmärkte

Marketaxess bietet die führende Tradingplattform für US-Unternehmensanleihen, welche von Institutionellen Anlegern genutzt wird. Besonders stark ist man im Markt für Hochzinsanleihen (High Yield). 30 bis 40 Prozent des gehandelten Volumens kommen inzwischen aber von europäischen und Schwellenländeranleihen. Und mit dem Kauf von LiquidityEdge und MuniBrokers in den Jahren 2019 und 2021 hat man sein Geschäft um den Handel mit US-Staats- und Kommunalanleihen erweitert.

Lizenzeinnahmen, beispielsweise durch die Bereitstellung von Preisdaten, sowie Hilfe bei der Erfüllung von Compliance-Richtlinien, erweitern das Geschäft.

Es sind die Netzwerkeffekte, die bei Marketaxess für einen Burggraben sorgen. Über 2.000 Kunden nutzen inzwischen die Plattform. Und je mehr Händler die Plattform nutzen, desto höher auch die entsprechende Liquidität auf der Handelsplattform.

Das erhöht die Chancen auf eine erfolgreiche Abwicklung von Deals, gleichzeitig sinken durch eine hohe Liquidität auch die Kosten und das Risiko, mit einem Anleihe-Trade den Kurs zu stark in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen. Dadurch werden weitere Händler angezogen, und so weiter und so fort.

Da der Markt für Unternehmensanleihen illiquide und dadurch schwieriger zu handeln ist, als beispielsweise am Aktien- oder Futures-Markt, lechzen Händler regelrecht nach liquiden Systemen wie jenen von MarketAxess.

In so einem Markt, der von Netzwerkeffekten geprägt ist, ist man also gut beraten, sich an die Marktführer anzuhängen. Denn die durch die Netzwerkeffekte entstehenden Fliehkräfte potenzieren sich mit der Zeit. Währenddessen geraten die kleineren Konkurrenten über kurz oder lang in Schwierigkeiten.

Der Konzern bringt fortlaufend neue Innovationen auf den Markt, wie Open Trading. Über diese Funktion können auf der Plattform Kursnotierungen angefragt werden, auf welche Händler der Gegenseite ihre Angebote anonym abgeben können. Dieses ‚Vorfühlen‘, ohne sofort ein Geschäft eingehen zu müssen, kommt inzwischen bereits bei einem Drittel aller Geschäfte zum Einsatz.

Das Geschäftsmodell ist stark antizyklisch. So profitiert man besonders stark, wenn sich Aktienmärkte in Stresszuständen befinden. Dazu kommen wir noch später.

Dem Unternehmen steht Chris Concannon seit April 2023 als CEO vor. Bis 2019 war dieser bei CBOE Global Markets als Chef des operativen Geschäfts tätig, danach in derselben Rolle bei Marketaxess bis zum Wechsel auf den Chefsessel.

Das Amt hat dieser vom zurückgetretenen Richard McVey übernommen, welcher das Unternehmen im Jahr 2000 gegründet hat und nun als Chairman fungiert. Christopher Gerosa, seit 2015 im Unternehmen, ist Finanzvorstand.

 

 

Quelle: terminal.stock3.com

 

Quelle: terminal.stock3.com

 

Die Emporkömmlinge Marketaxess sowie Tradeweb weisen eine deutlich dynamischere fundamentale Entwicklung als große Dickschiffe wie CBOE oder ICE auf. Die Aktie von Tradweb scheint eine Option für Prozykliker zu sein, Antizykliker setzen auf Marketaxess.

Bewertung

Quelle: sentieo.com (interaktiver Chart)

Regelrecht unanständig hohe Margen und Kapitalrenditen könnten dafür sorgen, dass der Kurs der Aktie trotz hoher Bewertung langfristig weiter gen Norden marschieren wird
 

Die Aktie weist einen deutlichen Bewertungsaufschlag gegenüber dem Marktschnitt auf. Deshalb muss man aber nicht automatisch von einer Überbewertung ausgehen. Denn für den Aufschlag gibt es gute Gründe:

  • Burggraben durch Netzwerkeffekte

  • Antizyklisches Geschäftsmodell

  • Überdurchschnittliche Margen

  • Schuldenfreie Bilanz

  • Starke Dividendensteigerungen

  • Langfristig stabile Wachstumsraten

Deshalb darf nie der Fehler gemacht werden, solche Aktien nur deshalb nicht zu kaufen, weil sie teurer als der Marktschnitt sind. Dafür muss man wissen, dass der Marktschnitt aus einem Mix aus hochwertigen, qualitativ minderwertigen sowie bestenfalls durchschnittlichen Unternehmen entsteht. Aus guten Gründen werden schwächere Unternehmen mit deutlichen Abschlägen taxiert, wovon der Schnitt nach unten gezogen wird.

Wenn man sich die besten Werte aus einem Index herauspickt, wird man tendenziell also immer einen Aufschlag bezahlen. Dafür erhält man aber auch Qualitäten, die man bei ‚billigen‘ Aktien nicht bekommt. Und die langfristig größten Chancen bieten eben nicht die günstigen Aktien, sondern die qualitativ hochwertigen, dafür aber etwas teureren Titel.

Darauf beruhte auch der Anlageerfolg der Investorenlegende Phil Fisher. Laut ihm ist die Bewertung sogar zweitrangig, sofern man in ein hochqualitatives Unternehmen mit langfristig stabilen Wachstumsraten investiert. Auch wenn man für das jeweilige Unternehmen beim Kauf 30 Prozent zu viel auf den Tisch läge, würde dies laut Fisher den Anlageerfolg auf lange Sicht nicht schmälern.

Die Gewinnentwicklung kann sich sehen lassen. Kurzfristig herrscht Katerstimmung, da sich die hohen Gewinne aus dem Jahr 2020 nicht wiederholen ließen. Im Bild gut zu sehen ist das Überschießen im Jahr 2020, gefolgt von einem Unterschießen im Jahr 2022. Die Trendlinie zeigt aber klar, dass es in die richtige Richtung geht

Auch für Dividendenfreunde mit langem Atem gibt es hier viel zu holen. Die aktuelle Dividendenrendite beträgt derzeit zwar lediglich 1,1 Prozent. Allerdings kann mit einer Milchmädchenrechnung veranschaulicht werden, wo diese in zehn Jahren liegen könnte.

In den vergangenen fünf Jahren konnte die Dividende um über 16 Prozent p.a. erhöht werden. Nehmen wir diese Steigerungen der aktuellen Jahresdividende von 2,80 USD auch für die kommenden zehn Jahre an, ergäbe sich daraus in zehn Jahren eine Ausschüttung von 12,60 USD pro Aktie.

Bei einem Kauf der Aktie zum aktuellen Kurs ergäbe sich daraus in zehn Jahren eine stattliche individuelle Dividendenrendite von 4,6 Prozent. Diese Rechnung muss so nicht aufgehen. Dieses Rechenbeispiel soll aber eine Vorstellung davon geben, welche Renditen möglich sind, wenn man auf die richtigen Werte setzt und sich nicht von einer scheinbar unattraktiven aktuellen Dividendenrendite blenden lässt.

Natürlich geht die Rechnung auch nur dann auf, wenn man auch lange genug am Ball bleibt und sich von zwischenzeitlichen Kurskapriolen nicht aus der Position drängen lässt.

Bilanz und Verschuldung

Zwar hat man in den letzten Jahren ein paar Zukäufe getätigt. Die Grundlage des Geschäftsmodells fußt jedoch auf hauseigenen Kreationen. Das schont die Bilanz. Auch hat man für die Übernahmen nur überschaubare Summen aufgebracht.

Der Konzern verfügt dadurch weiterhin über ausreichend finanzielle Feuerkraft, um auch einmal ein paar schwächere Quartale problemlos überstehen zu können.

Profitabilität

Das Geschäftsmodell von Marketaxess verfügt von Natur aus über enorme Skalierungsvorteile. Denn mehr Handelsvolumen erhöht die Umsatzbasis, aber nicht die Kostenbasis. Das ist ein wesentlicher Grund für den Erfolg von Plattformunternehmen wie Booking.com, Amazon, Alphabet oder Meta.

Am positiven Margentrend seit 2007 erkennt man dies sehr gut. Um die Kapazitäten für eine ordnungsgemäße Abwicklung bereitzustellen, erfordert es anfängliche Investitionen in die entsprechende Hardware. Sobald diese aber erst einmal angeschafft ist, ist das Gros der Investitionen gestemmt. Ob man anschließend zehn Millionen oder zehn Milliarden Dollar an Anleihevolumen umschlägt, ist für die Kostenbasis deshalb irrelevant.

Diese Skalierungsvorteile ermöglichen problemlos Mehrausgaben für die Entwicklung von Innovationen wie KI-basierte Handelsmöglichkeiten (automatisierte Ausführungen, Preisfindung)

 

Plattformunternehmen müssen keine harten Assets stellen bzw. erneuern, um das Geschäft am Laufen zu halten. Überspitzt gesagt genügt eine gute Homepage, über die man Käufer und Verkäufer zusammenbringt. Natürlich bedarf es im Hintergrund weitaus mehr als nur einer simplen Homepage. Die Systeme müssen schnell sein, jederzeit reibungslos und fehlerfrei funktionieren. Und zuletzt muss auch regulatorischen Anforderungen genüge getan werden. Mit dem überspitzten Beispiel soll nur erklärt werden, wie derart hohe Kapitalrenditen zustande kommen können.

Wachstum

Da zwischen 60 und 65 Prozent des Handels mit US-Unternehmensanleihen nach wie vor analog stattfindet (Händler treten direkt miteinander in Kontakt), besteht noch deutliches Wachstumspotenzial.

Der Ausbau des Geschäfts mit Staats- und Kommunalanleihen sowie der Bereich europäischer und Schwellenländeranleihen ermöglicht ebenfalls Wachstumspotenzial.

Wie an der Schnur gezogen – eine Umsatz- und Gewinnentwicklung, wie sie typisch für langfristige Outperformer ist

Konkurrenz

Nicht einmal große Häuser wie ICE oder CME haben bei US-Unternehmensanleihen, Marketaxess‘ stärkstem Segment, eine Chance.

Im neu aufgenommenen Segment mit Staats- und Kommunalanleihen muss man sich aber erst beweisen.

Erwähnenswerte Konkurrenten sind daneben etablierte Konzerne wie Bloomberg oder Tradeweb Markets. Tradeweb ist ebenfalls ein starker Wert und direkter Konkurrent zu Marketaxess.

Risiken

Das Unternehmen versucht zwar fortlaufend, fixe Einkommensströme zu generieren, unter anderem durch Gebühren für die Nutzung der Plattform. Nach wie vor ist man jedoch zu 80 Prozent abhängig von Transaktionsgebühren und dadurch von einem aktiven Bondmarkt bzw. fortlaufenden Neuemissionen.

Damit handelt es sich hierbei um ein klar antizyklisches Geschäftsmodell. Steigt die Volatilität am Aktienmarkt – in der Regel während Korrektur/Crashphasen – an, fließt Geld in den Anleihemarkt, wovon Marketaxess profitiert.

Im Umkehrschluss ist das Schlechteste für Marketaxess, wenn der Aktienmarkt ‚einschläft‘ und gemütlich von Hoch zu Hoch eilt. Davon werden Kapitalströme angezogen, der Anleihebereich verliert dadurch kurzfristig an Bedeutung und die Handelsaktivität in dieser Assetklasse nimmt ab. Unter anderem auch deshalb, da in solch einer Phase Aktien- gegenüber Anleihe-ETFs der Vorzug gegeben wird.

Porter’s Five Forces

Die Netzwerkeffekte und die darauf beruhenden Fliehkräfte machen es für andere Unternehmen sehr schwierig, in den Markt einzutreten.

Um Kunden davon zu überzeugen, Marketaxess den Rücken zu kehren, würde es nicht genügen, einfach günstigere Gebühren zu verlangen. Das wichtigste Kriterium stellt eine ausreichende Liquidität auf der Handelsplattform dar. Die würde aber erst dann entstehen, wenn man eine ausreichende Zahl an Kunden gewinnen würde. Ohne eine nennenswerte Basis an Kunden ist der Eintritt eines neuen Konkurrenten von vornherein zum Scheitern verurteilt.

In der Nische der Unternehmens- bzw. High-Yield-Anleihen ist das Unternehmen führend. In anderen Bereichen, unter anderem bei Anleihen der öffentlichen Hand, muss man sich aber erst beweisen und es mit etablierten Konkurrenten aufnehmen. Der Faktor Branche erhält deshalb drei Punkte.

Substitution stellt kein Risiko dar. Einerseits, da noch genügend Wachstumspotenzial vorhanden ist. Andererseits, da man nicht müde wird, neue Innovationen, darunter auch KI-gestützter Art, zu implementieren.

Das Beste, was Marketaxess passieren kann, ist ein volatiler Aktienmarkt. Eine Börsenhausse hingegen sorgt für nur geringe Nachfrage nach Anleihen bzw. Anleihen-ETFs und Fonds. Darunter können die Ergebnisse zwischenzeitlich leiden. Dieser Umstand wird im Faktor Abnehmer abgebildet.

Das wichtigste Asset bei Marketaxess ist gutes Personal, das an neuen Lösungen tüftelt. Dieses ist aufgrund des demografischen Wandels aber rar gesät und nur mit guter Bezahlung anzulocken. Der Faktor Lieferanten gibt diese Tatsache wieder.

 

Zweifelsohne, die Aktie ist auch nach dem Rückgang kein Schnäppchen. Allerdings hat Qualität ihren Preis. Wenn man einen langen Atem mitbringt, sollte das aber kein Hindernis darstellen, um langfristig gute Renditen mit diesem Wert einfahren zu können.
 

Herzlichst

Ihr

Christof von Wenzl

 

Quellen: sentieo.com, morningstar.com, www.marketaxess.com, terminal.stock3.com

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten vier verfügbaren Quartale berechnet.

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