Die Profitabilität eines Unternehmens lässt sich mit vielen verschiedenen Kennzahlen messen. Jede Kennzahl hat ihren ganz eigenen Charme, jedoch gilt hier dasselbe wie bei allen anderen Kennzahlen: Es sollte stets das „Gesamtpaket“ begutachtet werden. Auch ist es wichtig, stets Profitabilitätskennzahlen unter Branchenkonkurrenten zu vergleichen. Die Seite reuters.com schafft hier Abhilfe. Als Beispiel füge ich die Vergleichszahlen vom Autobauer BMW ein: https://www.reuters.com/finance/stocks/financial-highlights/BMWG.DE

Den heutigen Anfang macht die bereits oft erwähnte Eigenkapitalrendite.

Eigenkapitalrendite

Bei dieser simplen Kennzahl (englisch ‚return on equity‘) wird der Gewinn durch das Eigenkapital geteilt. In einem bildhaften Beispiel würde das so aussehen: Ein Bekleidungsgeschäft hat keinen Cent an Verbindlichkeiten und weist ein Eigenkapital von 500.000 Euro auf (= Gebäudewert, Möbel, Geräte und Waren). Damit wird ein jährlicher Gewinn von 50.000 Euro erzielt, was einer Eigenkapitalrendite von zehn Prozent entspricht.

Nehmen wir in einem weiteren Beispiel an, dass das Bekleidungsgeschäft seine Aktiva, also Gebäude, Inventar usw. zu 80 Prozent per Bankkredit finanziert hätte, was einem Eigenkapital von 100.000 Euro bei Verbindlichkeiten von 400.000 Euro entspricht. Dies würde oberflächlich gesehen zu einer hervorragenden Eigenkapitalrendite von 50 Prozent führen. Was aber, wenn die Geschäfte einmal nicht mehr so gut laufen und es irgendwann zu Verlusten kommt? In diesem Fall wäre das Eigenkapital schnell aufgezehrt - der Laden müsste Insolvenz anmelden.

Somit stellen wir fest, dass im Kontext der Eigenkapitalrendite stets die Verschuldungsstruktur und die Krisenresistenz des Geschäftsmodells beachtet werden muss.

Gesamtkapitalrentabilität

In diesem Zusammenhang macht ein prüfender Blick auf die Gesamtkapitalrentabilität Sinn, die neben dem Eigenkapital auch die restlichen Posten der Passiva, inklusive der gezahlten Zinsen, mitberücksichtigt. Weist ein Unternehmen eine hohe Eigenkapitalrendite bei gleichzeitig geringer Gesamtkapitalrendite auf, so findet sich der Grund meist in einer hohen Verschuldung und geringer Eigenkapitalausstattung.

ROCE (return on capital employed)

Hier wird der Gewinn vor Zinsen und Steuern durch das ‚gebundene‘ Kapital (englisch ‚capital employed‘) geteilt. Unter „capital employed“ versteht man das gesamte Kapital, das dem Unternehmen von den Kapitalgebern zur Verfügung gestellt wurde. Hier werden neben dem Eigenkapital (= Aktionäre) auch die langfristigen Finanzverbindlichkeiten (Banken und Anleihen) hinzugezählt. Der ROCE drückt somit aus, wie hoch das eingebrachte Kapital verzinst wird. Als grobe Faustregel kann man bei Werten um zwölf Prozent von einem guten ROCE sprechen, wobei es hier natürlich immer margenspezifische Unterschiede gibt.

Die drei Margenarten

Quelle: morningstar.com (Full Key Ratios Data - profitability)

Bruttomarge

Hierbei (englisch ‚Gross profit margin‘) werden vom Umsatz lediglich die direkt mit der Herstellung der Güter verbundenen Kosten abgezogen. Alle restlichen Betriebsausgaben wie Verwaltungskosten oder Kosten für Forschung und Entwicklung werden bei der Bruttomarge nicht berücksichtigt. Die Bruttomarge gibt einen ersten groben Eindruck über die Profitabilität eines Unternehmens und wird speziell bei Wachstumsunternehmen herangezogen, die gerade in der Anfangsphase hohe Ausgaben für Marketing und Wachstum aufzuwenden haben.

Operative Marge

Bei dieser Marge (englisch ‚operating margin‘) werden alle Kosten bis auf Zinsen und Steuern berücksichtigt. Die operative Marge wird gern herangezogen für den Vergleich von Unternehmen mit unterschiedlichen Steuersitzen. So wird der Steuervorteil eines in der Schweiz ansässigen Unternehmens herausgerechnet, um dessen Profitabilität mit der eines in Deutschland ansässigen Unternehmens vergleichen zu können.

Nettomarge

In der Nettomarge (englisch ‚net profit margin‘) werden schließlich sämtliche Aufwendungen berücksichtigt. Die Nettomarge errechnet sich somit ganz einfach aus der Division von Nettogewinn durch Umsatz. Schlussendlich wiegt also diese Marge am schwersten.

Nehmen wir beispielsweise an, dass ein Unternehmen auf einen Umsatz von 100 Euro eine stattliche operative Marge von 30 Euro erzielt. Allerdings wäre genanntes Unternehmen extrem hoch verschuldet. Nach Abzug der Fremdkapitalzinsen von 25 Euro würde lediglich ein Gewinn von fünf Euro übrigbleiben, was einer Nettomarge von gerade mal fünf Prozent entspräche. Befindet sich genanntes Unternehmen überdies mit seinen Konkurrenten in einer Spirale aus Preiskämpfen, ist dann der Weg in die roten Zahlen nicht mehr weit. Unter anderem veranlassen solche Überlegungen gerade Value-Investoren, einen großen Bogen um Unternehmen mit verschwindend geringen Margen zu machen.

Hiermit endet diese kleine Artikelserie zur Fundamentalanalyse. Ich hoffe, Sie hatten Spaß beim Lesen und können den Erkenntnisgewinn zukünftig für Ihre eigenen Analysen nutzen.

Ihr

Christof von Wenzl

Quellen: morningstar.com, reuters.com

Hier geht es zum ersten Teil der Serie

Hier geht es zum zweiten Teil der Serie

Hier geht es zum dritten Teil der Serie

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