Der Glaube an eine generell rückläufige Inflation in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs ist unbegründet (Siehe Artikel „Voller Hoffnung in den Abschwung“). Wie die Vergangenheit zeigt, kann sich der Kaufkraftverlust in der Rezession sogar beschleunigen. Aktien werden zwar gerne als Allheilmittel gegen die Inflation angesehen. Wie aber war es um diese Wertpapiere in den letzten Rezessionen bestellt? Wir werfen einen Blick auf den US-Markt.

Die folgende Grafik zeigt den Gesamtertrag des US-Aktienmarktes in den Rezessionen seit den 1960er Jahren. Das Bild bestätigt die Vermutungen der meisten Anleger. Im Gegensatz zur Inflation haben die Aktien im Abschwung in der Regel einen schweren Stand, selbst wenn es Ausnahmen gibt, in denen die Papiere leicht zulegen konnten.

Zu beachten ist, dass der Abschwung der Aktien selten mit dem ersten Tag der Rezession begann und mit dem letzten endete. Ein Beispiel für ein viel länger als der eigentliche rein ökonomische Abschwung dauerndes Drama zeigte sich um die Jahrtausendwende, als nicht nur die Wirtschaft schwächelte, sondern auch die in den Vorjahren aufgebauten, teils aberwitzigen Bewertungen vieler Aktien abgebaut wurden.

 

Das Ausmaß der Probleme in den dargestellten Zeiträumen unterscheidet sich aufgrund der verschiedenen weiteren Einflussfaktoren deutlich. Von Bedeutung ist eben nicht nur die Frage, ob es einen wirtschaftlichen Abschwung gibt, sondern was diesen begleitet oder gegebenenfalls sogar ausgelöst bzw. verstärkt hat. Einen besonders harten Einschlag stellt die Phase von 2007 bis 2009 dar, als der vorherige kreditfinanzierte Boom auseinanderfiel und den Bankensektor mitsamt dem privaten Konsum mit sich nahm.

Ein solches Debakel ist mehr als nur ein üblicher zyklischer Abschwung. Es zeigt die hohen Kosten, die mit dem Versuch einhergehen, zyklische Abschwünge durch fiskalpolitische und monetäre Handlungen zu vermeiden. Die „Glättung“ des Verlaufs der wirtschaftlichen Entwicklung wurde noch kurz vor dem Einbruch als große Leistung der Politik und der Zentralbanken gefeiert. Einige Vertreter dieser Bereiche glaubten vermutlich tatsächlich daran, die Zyklizität der Wirtschaft für alle Ewigkeiten überwunden zu haben.

In der Realität hatten sie lediglich einen allfälligen Abschwung durch immer leichtere Kreditvergaben künstlich herausgezögert und das später zu lösende Problem aufgeblasen. Eine der Aussagen eines Mitarbeiters eines US-Hypothekenanbieters aus der damaligen Zeit fasst den Irrsinn gut zusammen: “Jeder soll sich ein Haus leisten können, auch derjenige, der sich keines leisten kann.” Mit leichtem Geld geht eben alles, nur leider nicht dauerhaft. Umso schwerer war der folgende Einschlag. Statt vieler kleiner Abschwünge gab es in der Konsequenz einen großen, kaum kontrollierbaren Einbruch.

Die folgende Grafik zeigt die Drawdowns, also die prozentualen Kursverluste des US-Aktienmarktes im Vergleich zum zuletzt erreichten Hochpunkt in den zurückliegenden Rezessionen.

 

Während das Verhalten von Aktien in der Rezession interessant ist, so löst es nicht das Problem der Prognose einer Rezession. In der Regel ist man schon mittendrin, wenn die zwangsläufig nachträglich gelieferten Daten diesen Eindruck bestätigen. Das Wachstum des letzten Quartals lässt sich naturgemäß erst nach dessen Ende quantifizieren. Wer keine funktionierende Zeitmaschine besitzt, kann diese Daten schwerlich als Input für die Generierung von Handelssignalen nutzen. Der Kapitalmarkt ist ohnehin schneller und zeigt etwaige Problem schon dann an, wenn die Publikationen der Wirtschaftsinstitute noch nicht einmal im Entwurfsmodus sind.

Wenn Aktienmärkte also in der Rezession tendenziell fallen, die Inflation jedoch in der Vergangenheit in Phasen des Kaufkraftverlustes mehrheitlich anstieg, dann bleiben Anlegern zwei Möglichkeiten.

Entweder sie versuchen, (a) eine Rezession und die daraus resultierenden Entwicklungen zu prognostizieren, oder (b) sie bleiben so entspannt wie möglich, halten an ihrer langfristigen Strategie fest und erinnern sich an eine wichtige Erkenntnis: „Von den letzten drei Rezessionen haben Ökonomen sieben vorhergesagt.“

Schon oft wurde die nächste Rezession oder gerne auch Depression ausgerufen. Ab und zu trat diese auch ein, manchmal sogar in einer üblen Variante, aber oftmals kam es doch ganz anders. Anleger sollten sich fragen, inwiefern sie von ihrer eigenen Prognosekraft überzeugt sind, bzw. in welchem Ausmaß sie ihr finanzielles Wohl und Wehe von Rezessionsprognosen anderer abhängig machen wollen.

Dennoch ist es wichtig für Anleger, verschiedene Informationen zu Inflation, Aktienmarktentwicklungen und Rezessionen im Hinterkopf zu behalten. Wie wir gesehen haben, ist die Inflation in vergangenen Rezessionen nicht zwingend gefallen, sondern hat mehrheitlich sogar zugelegt. In einem rezessiven und inflationären Umfeld dürften Aktien die in sie gesetzten Hoffnungen als „Inflationsschutz“ daher eher enttäuschen. Wer das weiß und nicht jedes Mal aufs Neue vom finanziellen Weltuntergang ausgeht, der kann solche Phasen zum einen mental besser durchstehen und andererseits gegebenenfalls durch Neuanlagen sogar nutzen.

Zudem ist nicht jeder Abschwung in einer Region mit einer globalen Rezession gleichzusetzen. Es muss schon einiges zusammenkommen, um eine globale Rezession auszulösen. Ob Deutschland sich beispielsweise selbst zerlegt und fleißig daran arbeitet, dauerhaft nicht mehr konkurrenzfähig zu sein, ist für die globale Wirtschaft und den globalen Aktienmarkt unerheblich.

Somit ist es für die meisten Anleger der beste Rat, nicht darauf zu setzen, die nächste Rezession, Inflation und die Reaktion der Aktienmärkte auf diese beiden – und viele andere – Einflussfaktoren vorauszusagen. In der Regel zerstören viele Privatanleger mit derartigen Eingriffen den Erfolg einer langjährigen Kapitalanlage. Der beste Weg für viele ist und bleibt daher das bewusste Treffen der Entscheidung für eine langfristige Anlagestrategie, die dann über Jahrzehnte beibehalten wird. Ein waches Auge sollte dabei stets auf die Kosten schauen.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Anleger, die sich nicht professionell mit den Kapitalmärkten beschäftigen, zahlen in der Regel viel Lehrgeld. Die wenigsten schaffen es über einen langen Zeitraum – ein paar Jahre haben keine Aussagekraft - eine weltweite Aktienanlage mit niedrigen Kosten zu schlagen. Neben Geld sparen die Anleger so auch eine Menge Nerven und Zeit.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"