Die Kursanstiege bekannter US-Firmen wie Amazon, Microsoft oder Apple verführen manche Berichterstatter zu der Aussage, ohne diese Titel sei der Aktienmarkt nur wenig erbaulich. Nun ist die Dominanz dieser Werte in denjenigen Indizes, die ihre Konstituenten basierend auf der Marktkapitalisierung gewichten, wenig überraschend. Wenn eine Aktie im Index mit 5 % gewichtet ist, muss sie deutlich weniger steigen, um den Index zu bewegen als ein Leichtgewicht, das nur mit 0,2 % im Index enthalten ist. Über die absolute Entwicklung der beiden Aktien sagt dies jedoch nichts aus. Die kleine Aktie kann doppelt so stark gestiegen sein wie die große, sie wird den Index weniger beeinflussen. In vielen Fällen ist das der Fall, denn viele von den gar nicht einmal so großen Titeln haben erkleckliche Kursgewinne zu verzeichnen, die wenig Neid auf Amazon und Co. aufkommen lassen.

Ebenso wenig wie man aus der Dominanz vergleichsweise weniger großer Titel auf die absolute Entwicklung kleinerer Titel schließen kann, sollte man den Markt generell als instabil bezeichnen, nur weil einige Titel ihm den Stempel aufdrücken. Eine oft auch deutlich unterschiedliche Entwicklung sehr großer und kleinerer Aktien ist nicht ungewöhnlich. Diesen Effekt gibt es in beiden Ausprägungen auch anders herum. In einigen Phasen laufen kleinere Titel besser, in anderen größere. Gut sehen kann man dies durch den Vergleich eines Index, der die Titel nach Marktkapitalisierung gewichtet, und einem anderen, der dieselben Titel alle gleich gewichtet.

Die folgenden Grafiken zeigen die Entwicklung der beiden Indizes „MSCI World“ sowie „MSCI World Equal Weighted“. Den ersten dominieren die bekannten Adressen, im zweiten haben alle Aktien den gleichen Einfluss auf den Index.

Der Einfluss der sehr großen Aktien auf den MSCI World ist einfach zu erkennen.

  

Beim gleichgewichteten Index spielen einzelne Werte kaum eine Rolle. Die folgende Tabelle zeigt den marginalen Einfluss der Einzeltitel.

  

Die Anteile der einzelnen Titel werden nicht täglich aneinander angeglichen, sondern in einem festgelegten Turnus. Daraus resultieren Abweichungen zu einer echten Gleichgewichtung durch zwischenzeitliche Kursveränderungen. Ob ein Titel mit 0,09 % oder 0,13 % im Index enthalten ist, spielt im großen Bild keine Rolle. Diese Daten kann jeder in binnen einer Minuten gratis im Netz finden. Die Daten zur langfristigen Entwicklung inklusive aller Ausschüttungen liegen nicht ganz so offensichtlich im Netz herum, daher folgt hier ein kurzer Überblick.

Der Blick auf die letzten zehn Jahre zeigt eine deutlich stärkere Entwicklung des marktkapitalisierten Index.

  

In den zehn Jahren davor sah das Bild allerdings genau anders herum aus.

  

Blickt man 20 Jahre zurück, so zeigt sich eine deutlich bessere Entwicklung des gleichgewichteten Index. In den letzten Jahren wurde lediglich ein Teil dieser relativ besseren Performance wieder abgebaut. Die beliebte Aussage, nur die großen Titel hätten die Indizes dominiert lässt sich so daher nur für bestimmte Zeiträume aufrechterhalten. Generalisieren sollte man sie ebenso wenig, wie man die aktuelle Entwicklung fortschreiben sollte.

  

Die in den letzten eineinhalb Jahren spürbare Dominanz sehr großer Aktien ist im großen Bild lediglich eine Gegenbewegung zur langfristig deutlich besseren Entwicklung von Aktien mit niedrigerer Marktkapitalisierung. Es wird aber mit wachsendem Börsenwert zunehmend schwieriger, schwere Titel nennenswert nach oben zu drücken. Wer den großen Aktien immer hinterherrennt, weil die Papiere und in manchen Fällen auch deren Geschäftsmodelle die vergangene Dekade dominiert haben, dem sei eine Betrachtung der weniger bekannten Wachstumstitel empfohlen.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Anleger sollten sich von den Kapitalmarktthemen mit der höchsten Medienpräsenz nicht in die Irre leiten lassen. Vor allem bei ständig wiederholten Weisheiten sollten sich interessierte Zeitgenossen lieber selbst ein Bild machen. Nicht selten führt dies sogar zu profitabel umsetzbaren Ideen.

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