An den Aktienmärkten dominieren bestimmte Themen für einige Jahre den Gesamtmarkt. Für die kommende Dekade sollten sich die Anleger ein neues Hauptthema suchen. Die folgende Liste zeigt die Modethemen der letzten sieben Jahrzehnte.

1950er Jahre: Europäische Aktien

1960er Jahre: Nifty Fifty

1970er Jahre: Schwellenländer

1980er Jahre: Japanische Aktien

1990er Jahre: Internet/Telekommunikation

2000er Jahre: Emerging Markets/Rohstoffe

2010er Jahre: US-MegaCaps

Die Auswirkungen auf die größten Treiber dieser Trends sind in der Regel nicht schön. Eine recht zuverlässige Daumenregel hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung ehemals dominierender Aktien besagt folgendes: 80 % dieser Titel fallen ausgehend vom Allzeithoch um mindestens 50 %. Die Hälfte fällt sogar um mindestens 80 %. Das klingt dramatisch, ist aber realistisch.

Der folgende Chart zeigt den Verlauf der Cisco Aktie. Der Konzern ist ein Mitglied der ewigen Ruhmeshalle der besten Aktien aller Zeiten. Das verhinderte jedoch nicht den starken Einbruch, in dessen Verlauf die Aktie auf lediglich ein Zehntel ihres Allzeithochs fiel. Aus einer Million wurden so in wenigen Jahren 100.000 Dollar.

 

Nun mag man denken, so ein Absturz sei für jemanden, der die Cisco Aktie zu Beginn für umgerechnet sieben Cent erworben hat, doch verkraftbar. Das mag sein, ist allerdings eine fragwürdige Haltung, denn eine der besten Aktien aller Zeiten über lange Zeit zu halten, um dann 90 % der Gewinne in drei Jahren wieder abzugeben, dürfte eine erhebliche mentale Belastung darstellen.

Zu all dem kommt das Eingeständnis, die Gewinne nicht seinen überschätzten Fähigkeiten, sondern doch nur einem außergewöhnlichen Bullenmarkt zuschreiben zu müssen. „Genius is a rising market“ heißt es daher ebenso schön wie zutreffend.

In Deutschland machten viele Anleger vergleichbare Erfahrung mit zahlreichen Trümmerwerten des „Neuen Marktes“. Der Einbruch der Cisco Aktie und das Ende des beeindruckenden Trends hatte übrigens nichts mit einem Einbruch der Geschäftstätigkeit zu tun. Sowohl die Umsätze als auch die die Gewinne von Cisco stiegen in der dargestellten Schwächeperiode deutlich an.

Disruptive Technologien? Nein, auch diesmal ist nicht alles anders

Jüngere Anleger, die bisher nur das letzte Jahrzehnt auf dem Buckel haben, mögen den Kopf schütteln. Schnell finden sich Argumente, warum das nicht wieder geschehen könne und warum es dieses Mal bei der nun auserwählten Assetklasse oder Aktie anders sein müsse, die älteren Anleger dies aber nicht verstünden. Technologischer Wandel, eine neue Zeit, etwas disruptives, bla bla bla. Ersparen Sie sich viel Ärger und viele Verluste. Gehen Sie nicht davon aus, dass es dieses Mal anders kommt. Grund zur Sorge ist dies aber für aufgeschlossene Anleger nicht, denn auch andere Sektoren beheimaten interessante Aktien.

Die vermeintliche Machtdemonstration von Big Tech dürfte sich schnell als Schuss in die eigenen Füße entpuppen. Manche Geschäftsmodelle sind gefährdeter als viele denken, viele bewegen sich auf dünnem Eis und haben nun angefangen, wie wild darauf herumzuhüpfen, weil sie sich für mächtig oder gar unverwundbar halten.

Während jedoch Chiphersteller wie AMD oder NVIDIA wirkliche Technologie-Unternehmen sind, ist der technologische Mehrwert von doch recht simplen Plattformen wie Facebook oder Twitter nahe Null und leicht ersetzbar. Die Angst vor der doch eher schlichten App von „Parler“ als Twitter-Konkurrent zeigt dies deutlich.

Weg vom www. – Die Zukunft des Internets ist dezentral!

Die hastige und plumpe Ausübung der Macht durch eine Handvoll zentraler Anbieter, seien es Cloud-Plattformen oder App-Stores wird die schon begonnene Bewegung in Richtung Dezentralisierung weiter forcieren und den zentralen Anbieter langfristig das Fundament entziehen. Dies wird sich auch auf die Nutzung des Internet auswirken.

Derzeit nutzen die normalen Anwender das „world wide web“. Viele denken, dies sei gleichbedeutend mit dem Internet, es ist aber nur ein Dienst, der auf dem Netz läuft. Dieser Dienst hängt von zentralen Servern ab, über die Webseiten nahezu beliebig abgeklemmt werden könnten. Man darf davon ausgehen, dies in den kommenden Monaten beobachten zu können. Die von einer solchen Zentralisierung ausgehende Gefahr ist seit Jahren bekannt, sollte nun aber auch von den Oberreflektierten weniger belächelt werden. Das Internet selbst ist dezentral und die Zukunft der Nutzung des Internets wird dezentral organisiert sein.

 

Derzeit steckt dies noch in den Kinderschuhen, aber wer sich Dinge wie das Interplanetary File System oder Swarm anschaut, der kann die Richtung bereits erkennen. Es ist bereits vergleichsweise einfach, dort kleinere Projekte zu realisieren.

„Section 230“: Die Vollendung der Politisierung als Katalysator für den neuen Strukturbruch

Große Trends enden nicht aufgrund einmaliger, schlechter Ergebnisse oder weil das neueste Telefon noch ein paar Schwächen hat. Große Trends benötigen einen strukturellen Bruch, einen Katalysator.

Dieses Mal gibt es viele gleichzeitig auftretenden Anzeichen für einen strukturellen Bruch, die sich unter dem Stichwort „Vollendung der Politisierung“ zusammenfassen lassen.

Twitter und Facebook haben sich durch das vorgenommene „Deplatforming“ unliebsamer Meinungen ohne Not unter ein Damoklesschwert gelegt. Die immer wahrscheinlichere Zurücknahme der Schutzklausel „Section 230“ ist wie ein latentes, nur noch nicht vollstrecktes Todesurteil. Man darf gespannt sein, wie die institutionellen Anleger dies auf den Hauptversammlungen der Firmen und in den Investment-eigenen Komitees beurteilen. Kann man das Risiko solcher Positionen noch begründen?

Werden die Verluste für Pensionskassen und Versicherungen einmal groß genug, dann werden sich auch die Juristen mit der Frage beschäftigen, wer da eigentlich was genau und auf welcher Basis entschieden hat. Wird die Schutzklausel gestrichen, sind die Geschäftsmodelle der beiden Unternehmen tot. Niemand sollte behaupten, dies sei nicht absehbar gewesen.

Rauschen im Walde – und das Sägen am eigenen Ast

Amazon hat durch das Abklemmen der Server für die Twitter-Alternative Parler das Geschäftsmodell der Cloud-Sparte AWS ohne Not langfristig in Bedrängnis gebracht. Aktionärsschützer, Aufsichtsräte und Vorstände von Firmen, die die Dienstleistungen von AWS nutzen, werden sich zukünftig fragen lassen müssen, wie sie mit dem Risiko leben können, dass ihnen über Nacht das Rechenzentrum abgeklemmt werden könnte.

Angesichts der zahlreichen Alternativen auf dem Cloud Markt, des nun offenbar gewordenen „Übernachtrisikos“ und der Schäden an der Reputation des ohnehin bei vielen nicht sonderlich beliebten Mutterkonzerns darf man mit zunehmendem Gegenwind rechnen.

Apple und Google ihrerseits haben durch die Löschung der an Platz eins stehenden Parler App die Tür zu Kartellklagen weit aufgestoßen. Erste Klagen zielen demnach auch nicht auf das vermeintliche generelle Monopol der Plattformen - wie erfolglose frühere Versuche -, denn es handelt sich bei Android und iOS um ein Duopol. Vielmehr sind die wunden Punkte die App-Stores, bei denen die Anbieter jeweils monopolistisch entscheiden, welche App verfügbar ist und welche nicht. Man darf gespannt sein, aber auf hoher See und vor Gericht sind auch große Konzerne in Gottes Hand.

Näher kommt man an das sprichwörtliche Klingeln an der Börse nicht heran.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Die zu Beginn dargestellte Tabelle der vergangenen Modethemen an den Aktienmärkten verdeutlicht zwei wesentliche Punkte. Trends kommen und gehen. Das Ende eines Trends ist für flexible Anleger nicht das Ende der Welt, das nächste Thema wartet schon.

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