Nichts hat sich geändert

In diesen Tagen im Mai jährt sich zum elften Mal der Gang der damals sozialdemokratischen Regierung Griechenlands zum Internationalen Währungsfonds. Die damalige Staatsverschuldung des Landes betrug 148,3 Prozent für 2010 und 129,7 Prozent für 2009. Durch die Schuldendynamik stieg die Quote, mit Ausnahme des Jahres 2012 auf einen Maximalwert von 181,2 Prozent im Jahr 2018 immer weiter an. Danach setzte noch vor dem Regierungswechsel 2019 eine Trendwende ein. Danach kam die Corona-Pandemie.

Erneut stiegen die Schulden auf nunmehr 200,2 Prozent Ende 2020. Die OECD Zahlen zu Griechenland zeigen zudem, dass das Land im Vergleich zu Deutschland mit 56,8 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung gegenüber 75,7 Prozent erheblich weniger Berufstätige hat. Weniger Berufstätige, die ein Drittel mehr Arbeitsstunden ableisten.

Zudem hat Griechenland knapp dreimal so viele Selbstständige wie Deutschland. Knapp ein Drittel der griechischen Berufstätigen sind selbstständig, und damit in der Pandemie durch die Lockdown-Maßnahmen gefährdet. Die staatlichen Hilfspakete für Selbstständige sind in Griechenland karger ausgefallen, als in Deutschland.

Dem Land stehen also wirtschaftlich stürmische Zeiten bevor. Wobei vieles davon abhängt, ob dieses Jahr der Tourismus, die griechische „Schwerindustrie“, noch gerettet werden kann.

Die mehrfache Rettung der Piräus Bank

Die griechischen Banken wurden seit der Lehmann-Pleite gleich mehrfach gerettet. Zunächst gab es in der Weltwirtschaftskrise Staatsgarantien für die Banken, welche später vom Staat bezahlt werden mussten, da die Banken ihre Schulden nicht mehr begleichen konnten.

In der Folge des Schuldenschnitts übernahm der Staat 2012-2013 erneut die Aufgabe, die Banken zu refinanzieren. 25,5 Milliarden Euro waren nötig. Eine zweite Refinanzierung folgte 2014. 8,3 Milliarden Euro privaten Kapitals flossen in die Kassen der Banken, die dafür Aktien ausgaben. Dies wiederum minderte den Anteil der staatlichen Aktien am Gesamtaktienpaket. Die vom Staat gehaltenen Aktien hatten bei dieser Transaktion Wert verloren. 2015 wiederholte sich das Spiel mit einer erneuten Aktienausgabe von 5,3 Milliarden Euro.

Der griechische Staat hatte bis 2016 rund 45,4 Milliarden Euro in die Banken gepumpt und sich als Sicherheit für eine Rückzahlung Aktien geben lassen. Im August 2018 waren die vom Staat gehalten Wertpapiere der Banken im besten Idealfall noch rund 8,9 Milliarden Euro wert.

In Relation zur Gesamthöhe der Staatsschulden am 31.12.2021 in Höhe von 374 Milliarden Euro ist dies ein beachtlicher Betrag. Zudem steht der Staat nun auch noch für einen Großteil der faulen Kredite der Privatwirtschaft und der Verbraucher gerade. Nutznießer sind erneut die Banken, welche ihre Bücher bereinigen können. Die faulen Kredite selbst gingen an Hedgefonds, welche sie für einen Bruchteil des Nominalwerts erwarben.

Als wäre diese Belastung des Staatshaushalts noch nicht genug, prangert die oppositionelle KinAl, die Nachfolgepartei der sozialdemokratischen PASOK, nun eine weitere Schädigung der Staatsfinanzen zugunsten der Banken an.

Die Piräus Bank wird neue Aktien ausgeben, wodurch sich für den griechischen Staat nach Berechnungen der KinAl ein Schaden von mehr als zwei Milliarden Euro ergeben wird. Der Staat hält über den Hellenic Financial Stability Fund (HFSF) 61,34 Prozent der Altaktien.

Die Piräus Bank hatte nach einem Kurssturz von 24,26 Prozent (0,9480 auf 0,7180 Euro pro Aktie) am 26. Oktober 2020 dementiert, dass sie mit einer Neuausgabe von Aktien Gelder auf dem privaten Kapitalmarkt gewinnen möchte.

Nur wenige Tage später, am 13.11.2020, wurde die Empfehlung der EZB auf Ersuchen der Bank veröffentlicht, die CoCos-Zinsrückstände (Bedingte Pflichtwandelanleihe) nicht zu zahlen. Am 19. November 2020 folgte die Entscheidung des Verwaltungsrates der Piraeus Bank zu Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung für den 10.12.2020. Hauptthema der Tagesordnung war die Zerschlagung der Bank, mit einer Abspaltung ihrer Bankaktivitäten und der Gründung einer neuen Gesellschaft. Für diese sollte eine Lizenz zum Betrieb eines Kreditinstituts beantragt werden.

Am 30.12.2020 gab die Piräus Bank die Genehmigung durch das Ministerium für Entwicklung und Investitionen bekannt. Somit konnten 60 - 70 Milliarden Euro Aktiva der Piräus Bank mit staatlicher Genehmigung in ein neues Institut einfließen und faktisch der Kontrolle durch den größten Gläubiger, dem Staat, entzogen werden. Die KinAl bemängelt zudem, dass es seitens des Staats keinerlei Vorkehrungen gibt, zu verhindern, dass die Alteigentümer der Bank diese nun für einen Schnäppchenpreis saniert zurückkaufen können.

Die Partei hat dazu eine parlamentarische Anfrage eingereicht, welche im Schatten der Corona-Pandemie kaum beachtet wird. Die Erklärung der Parteivorsitzenden Fofi Genimata bringt es auf den Punkt:

"Die Regierung deckt, wenn sie nicht sogar kooperiert, den Skandal, der sich mit der Erhöhung des Grundkapitals der Piräus-Bank entwickelt. Die Generalversammlung der Aktionäre der Piräus-Bank hat mit ihrem Segen den Managementplan zur Erhöhung des Grundkapitals der Bank gebilligt. Die Regierung hat beschlossen, den Prozentsatz der Beteiligung des HFSF zu begrenzen. Bei der Kapitalerhöhung stimmten sie im Wesentlichen Optionen zu, die dem Staat mehr als zwei Milliarden Euro Schaden zufügen werden. Die Öffentlichkeit hat über den HFSF kürzlich 2,4 Milliarden Euro für die Unterstützung der Bank gezahlt, und heute sind die von ihr gehaltenen Aktien nur noch rund 150 Millionen Euro wert.“

Laut Fofi Gennimata ist dies ein Verlust, der den Steuerzahler belastet, wenn er sieht, dass die Staatsverschuldung 205 % des BIP erreicht hat. Die marktliberale Kathimerini gibt den aktuellen Schuldenstand Griechenlands sogar mit 205,6 Prozent an.

Privatisierungen ohne Einnahmen

In diesen Rahmen passt, dass es bei der Vorzeigeprivatisierung des ehemaligen internationalen Flughafens Ellinikon, laut einer Stellungnahme der größten Oppositionspartei SYRIZA noch keinen Euro Einnahmen für den griechischen Staat gab. Trotzdem kann der neue Besitzer auf dem noch unbezahlten Grundstück, einem Filetstück der „Athener Riviera“, dreimal so groß wie das Fürstentum Monaco, bauen.

Für die von der Regierung Begünstigten ist Griechenland ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten. So bekommt die Unternehmerfamilie Bakatselos aus Thessaloniki ministerielle Unterstützung vom Vizevorsitzenden der Nea Dimokratia und Wirtschaftsminister Adonis Georgiadis. Die Familie möchte die brachliegenden Industrieanlagen von Pitsos aufkaufen. Pitsos, ein alteingesessener Küchengerätehersteller war von der Bosch-Siemens Gruppe übernommen worden. Die Produktion in Griechenland wurde eingestellt.

CEO des Familienunternehmens der Bakatselos, Pyramis, ist Nikolaos Bakatselos, gleichzeitig Verwaltungsratsvorsitzender des griechischen Netzbetreibers DEDDIE, Hellenic Electricity Distribution Network Operator. Bakatselos Lebenslauf ist eindrucksvoll. Er war unter anderem für ein weiteres Unternehmen der Familie, die Northern Greece Publishing S.A., in führender Position tätig. Das Unternehmen wurde 2015 in die Pleite geführt. 27 Millionen Schulden bei Banken, Sozialversicherern und der Öffentlichen Hand stehen zu Buche. 108 ehemalige Angestellte warten auf 3,45 Millionen Euro ausstehende Gehälter.

Dass der Unternehmer die Gunst der Stunde nutzt, um mit dem Kauf der Industrieanlage von Pitsos ein offensichtlich gutes Geschäft abzuschließen, sollte ihm nicht vorgeworfen werden. Das liegt in der Natur jedes Unternehmers.

Es sollte jedoch die Frage gestattet sein, warum eine Regierung sich nicht zuerst darum sorgt, dass Altschulden beglichen und Arbeitnehmer bezahlt werden, bevor sie eine neue Investition des Unternehmers so feiert wie Georgiadis:

Am späten gestrigen Nachmittag wurde ich von der Firma "Pyramis" offiziell darüber informiert, dass der große Schritt zur Wiedereröffnung der Einrichtungen von "Pitsos" getan wurde. Ich bin stolz darauf, dass eine weitere Initiative zur Wiederherstellung verlorener Arbeitsplätze stattfindet. Wir machen weiter!“

Wobei Georgiadis zugute zu halten ist, dass er mit dem Schlusssatz die Wahrheit spricht. Die griechischen Regierungen machen immer weiter mit ihrem Kurs in die nächste Pleite.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Im Windschatten der Corona-Pandemie steht die nächste Pleite der griechischen Staatsfinanzen in den Startlöchern.

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