Auf Schloss Elmau werden die Regierungschefs der sieben westlichen Industriestaaten – aus Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien und den USA – versuchen, den Eindruck zu vermitteln als wären sie die Herren (oder was auch immer) der Welt. Eine Dame - nämlich Ursula von der Leyen -, die aber bekanntlich weder Regierungschefin noch ein gewähltes Staatsoberhaupt ist, traf erst später ein.

Zu Beginn der Zusammenkunft ließ es sich US-Präsident Joe Biden dementsprechend nicht nehmen, die Einheit des Westens zu beschwören. Im Rahmen einer Unterredung mit dem deutschen Bundeskanzler informierte Biden darüber, welchen Vorgaben Washingtons die anderen Staaten zu folgen haben. Olaf Scholz entgegnete dem Mann im Weißen Haus:

Deutschland und die USA werden immer gemeinsam handeln, wenn es um Fragen der Sicherheit der Ukraine geht.

Diese seltsame Formulierung wurde schon wenig später vom Bundeskanzler selbst wieder ad absurdum geführt.

Scholz schert aus

Vor Beginn des Gipfels hatten die USA, Kanada und Japan verkündet, dass eine Ausweitung ihrer Sanktionen gegen Russland bevorsteht. Wie genau dieses Mal „Russland ruiniert“ werden soll, wie es Außenministerin Baerbock vor Monaten fehlinterpretiert hatte, hielten die betreffenden Staatsmänner zunächst geheim, so als handele es sich um die ultimative Wunderwaffe des Westens.

Dann platzte die Bombe, die sich aber schnell als Rohrkrepierer entpuppte. Die genannten vier G7-Länder planen "in Kürze" ein Verbot der Einfuhr von russischem Gold, ließ man verlautbaren. 

Wenig später ging Olaf Scholz auf Distanz. Gegenüber der ARD sagte der Kanzler:

"Wir diskutieren diese Frage, aber das wird auch im Kreis der Europäische Union diskutiert werden müssen. Deshalb ist das keine Sache, wo abschließend die G-7 drüber entscheiden."

Einigkeit schaut anders aus.

Natürlich war der ukrainische Präsident auch dabei. 

Selenskyi fordert und fordert

Wie üblich per Videobotschaft ratterte Selenskyj seinen Forderungs-Katalog herunter, verlangte dieses und jenes, vor allem aber, dass der Westen sein Schicksal mit dem der Ukraine verknüpft.

Die G-7 hätten ausreichend Möglichkeiten, „die russische Aggression zu stoppen“. Er forderte die G7-Staaten dabei insbesondere auf, mehr und schneller Waffen an sein Land zu liefern. In den Gesprächen am Montag forderte er die G7-Staaten auf, „alles zu tun“, um den Krieg mit Russland noch in diesem Jahr zu beenden. So sprach der ukrainische Präsident, während seine Truppen im Osten immer massiver der russischen Übermacht weichen. 

G7 ohne Plan

Darauf basierend, so zumindest die US-Regierung, wird sich die G-7 außerdem dazu verpflichten, der Ukraine bei der Deckung ihrer kurzfristigen Budgetdefizite aus der Verlegenheit zu helfen. Washington würde dafür aus dem vom US-Kongress beschlossenen Hilfspaket 7,5 Milliarden Dollar zusagen.

Die Staats- und Regierungschefs der G-7 würden zusichern, die Ukraine finanziell, humanitär, militärisch und diplomatisch zu unterstützen, „solange es nötig ist“. Diese Zusage beinhalte auch die Bereitstellung moderner Waffensysteme. Ganz generell werde man die Ukraine „so lange wie nötig“ unterstützen, hieß es in einer Erklärung – finanziell, humanitär, militärisch und diplomatisch.

Das Problem hierbei ist nur, dass die bisherigen Sanktionen des Westens zum Bumerang mutiert sind. Die russische Wirtschaft steht einigermaßen stabil da, der Rubel ist so stark wie seit Langem nicht mehr und sein Wert steigt weiter.

Außerdem stellt sich langsam die Frage, ob auch die Bevölkerungen der G7-Staaten "so lange wie nötig" den Niedergang ihrer Volkswirtschaften begutachten möchten, für einen schon verlorenen Krieg in der Ukraine.

Diese Sorge wird von führenden Politikern anscheinend noch gering getragen. Wie seine Parteifreundin Baerbock zuvor, so warnte auch der Grünen-Ko-Vorsitzende Omid Nouripour davor, in der Unterstützung der Ukraine nachzulassen. Es dürfe „nun keine Kriegsmüdigkeit einkehren“, sagte er der Funke-Gruppe. Die militärische und finanzielle Unterstützung der Ukraine müsse „auch in der nächsten Phase des Konflikts weitergehen.“

„Was heißt das für mich konkret!?“

Bei aller Einheit, die in der bayrischen Berg-Idylle nahezu krampfhaft demonstriert wird, bei allen Lippenbekenntnissen und Worthülsen, die dort reproduziert werden, bleibt doch der Eindruck hängen, die anwesenden Staats- und Regierungschef sind mit einer kommenden Wirtschaftskatastrophe konfrontiert, die sie selbst befeuert haben – und aus der sie nicht mehr herauskönnen, denn sie stecken zutiefst mit drinnen.

Schon ließ der Pressesprecher des türkischen Präsidenten, Ibrahim Kalin, kurz vor Beginn des NATO-Gipfels in Madrid in einem Interview mit Habertürk TV erklären:

"Da wir von ausländischen Energiequellen abhängig sind, entwickeln wir unsere Beziehungen zu Russland genauso wie zum Iran."

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