Schon am kommenden Freitag, den 1. Februar 2019, tagen die Finanzminister von Bund und Ländern erneut und suchen einen Weg, wie Millionen von Immobilienbesitzern in Deutschland neu für ihren Grundbesitz besteuert werden sollen. Mieter wird es ebenso treffen.
Der Wille, die Angelegenheit kurzfristig zu Ende zu bringen, scheint vorhanden. Das Bundesverfassungsgericht will eine Lösung bis Ende des Jahres. Es muss die Frage geklärt werden, ob Immobilien nur nach der Fläche oder auch nach dem Wert besteuert werden sollen. Es geht um 14 Milliarden Euro kommunale Einnahmen pro Jahr.
WAM versus WUM
Im Bundesfinanzministerium werden für die beiden in der Diskussion stehenden Modelle die Abkürzungen "WAM" (wertabhängiges Modell) und "WUM" (wertunabhängiges Modell) verwendet.
Der Bundesfinanzminister wirbt für das Mietenmodell, das sogenannte wertabhängige Modell (ich berichtete am 10.12.): Er plant eine Grundsteuer, die sich aus den Komponenten
• Nettokaltmiete,
• Wohnfläche,
• Baujahr,
• Grundstücksfläche und
• Bodenrichtwert
errechnet.
Für selbstgenutzte Wohnimmobilien müssen Eigenheimbesitzer künftig eine "fiktive" Miete angeben. Dies soll auf der Grundlage des Mikrozensus des Statistischen Bundesamts geschehen. Insgesamt müssen 36 Millionen Wohngebäude, Häuser und Grundstücke einzeln bewertet werden.
Aus Sicht der Länder Bayern und Niedersachsen, der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, der FDP und der Immobilienverbände handelt es sich dabei um ein bürokratisches Monster. Sie präferieren das wertunabhängige Modell "WUM", mit dem die Steuer pauschal nach der Fläche berechnet wird. Der Aufwand für das Scholz-WAM sei enorm und es drohten Mehrbelastungen für Mieter in gefragten Gegenden, lautet die Kritik.
Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW meint, dass der notwendige Verwaltungsaufwand in keinem Verhältnis zum Grundsteueraufkommen stünde. "Darüber hinaus drohen in den sowieso schon belasteten Ballungsräumen massive Grundsteuererhöhungen", so Gedaschko.
"Selbstnutzer erzielen durch steigende Vergleichsmieten weder Einnahmen, noch profitieren sie von einer Wertsteigerung ihres Hauses. Es wäre daher völlig falsch, private Eigenheime auf der Grundlage einer fiktiven Miete zu besteuern", ergänzte der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF), Johannes Schwörer.
Olaf Scholz hält dagegen, dass "WAM" das Modell sei, das am ehesten die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine zeitgemäße und sozial gerechte Besteuerung erfülle. Gerecht ist es aus seiner Sicht deshalb, weil die im Wert weit höher anzusetzende Immobilie im Zentrum einer Großstadt bei diesem Modell höher besteuert würde, als die ähnlich große, aber im Wert viel geringere Immobilie auf dem Land. Der Deutsche Städtetag unterstützt dieses Modell.
Mehrbelastung für Mieter
Die Grundsteuer wird bisher über die Nebenkosten umgelegt. Das sind bei 100 Quadratmetern durchschnittlich 19 Euro pro Monat. Für Mieter in gefragten Gegenden könnten jährlich Mehrkosten in beträchtlicher Höhe anfallen.
Die SPD-Fraktionschefs von Bund und Ländern haben wiederum beschlossen, dass die Umlage auf die Miete ganz untersagt werden soll. Dafür müsste aber das Mietrecht geändert werden. Eine verzwickte Situation für die SPD. Wäre die Grundsteuer nicht mehr umlagefähig, dürften Vermieter versuchen, die Belastungen über höhere Kaltmieten auszugleichen. Das zwänge den Gesetzgeber erneut auf den Plan und er müsste mit weiteren Mietpreisbremsen dagegen halten. Eine Endlosspirale würde losgetreten, bei der es keine Gewinner gäbe.
Verfassungsrechtlich höchst bedenklich
Der Zentrale Immobilien Ausschuss ZIA hat dazu bereits ein Rechtsgutachten bei Professor Gregor Kirchhof in Auftrag gegeben. Kirchhof meint, dass Eingriffe in die zahlreichen bestehenden Mietverhältnisse "angesichts der ausgeübten Eigentümer- und Vertragsfreiheit verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen" seien. Das Gutachten kommt unter anderem auch zu dem Schluss, dass das von Scholz präferierte "WAM" in Zügen "gleichheitswidrig" sei und das Grundgesetz verletze.
Auch der Bund der Steuerzahler warnte Scholz vor einer Vermögensteuer durch die Hintertür: "Die Grundsteuer darf am Ende keine verkappte Vermögensbesteuerung sein", sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel.
Beim wertunabhängigen Modell (WUM) würde die Bemessungsgrundlage schlicht nach Flächen ermittelt. Dieses Modell wäre sehr einfach für die Finanzämter zu handhaben, hätte aber einen großen Nachteil: Ein 250 Quadratmeter großes Eigenheim aus den 1970er-Jahren in Sachsen-Anhalt würde steuerlich behandelt wie eine 250 Quadratmeter große Villa in einer der besten Lagen Münchens.
Kompromiss in Aussicht
Nun gibt es aber erste Anzeichen für einen Kompromiss. Dazu sollen Mieten und Baujahr in die Berechnung nicht mehr mit einfließen.
Demnach verblieben zur Berechnung nach dem dann abgespeckten Scholz-Modell noch
• die Wohnfläche
• die Grundstücksfläche
• und der Bodenrichtwert
Am Freitag wissen wir mehr. Sicher ist: es wird teurer.
Risikohinweis
Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken, bietet keine Anlageberatung und empfiehlt nicht den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf zukünftige Ergebnisse.
Hinweis
Dirk Müller sowie die Finanzethos GmbH haben sich verpflichtet den Kodex des Deutschen Presserates für Finanz- und Wirtschaftsjournalisten einzuhalten. Der Verhaltenskodex untersagt die Ausnutzung von Insiderinformationen und regelt den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten. Die Einhaltung des Verhaltenskodex wird jährlich überprüft. Dies gilt auch für die für Dirk Müller oder für die Finanzethos GmbH tätigen freien Journalisten.
Kommentare
wer immobil ist, der kann nicht abhauen, dem kann man sicher und konstant die Steuern abrupfen.
Ich bewohne in einer 3000 Einwohnergemeinde ein 3Familien Haus als WEG.
Danke für eine plausible Antwort.
F.Weiler
Bund - ein Bund mit wem? Oder zwischen was?
Länder - Sind Länder souveräne "Länder"?
Grundbesitz - Wenn ich bei Besitzen runterschaue sehe ich Boden, aber kein Grund wie im Meer.
Bundesverfassungsgericht - über welche Verfassung wird denn da gerichtet? das GRUNDgesetz ist keine Verfassung
aber noch kurz zum Thema:-)
"fiktive" Miete gibt es ein einigen Ländern schon. Ein absolutes Unding und bürokratischer Aufwand mit viel Potential für komische Vereinbarungen rund um die Bewertung...
fiktive Miete und Schuldzinsen für Eigenheime sollten steuerlich neutral sein.
Und wie üblich der allgemeine Hinweis:
kann man ernsthaft behaupten Eigentum zu haben wenn man für dieses Geld bezahlen muss (theoretisch ohne Grenze steigerungsfähig über den Wert des Eigentums!)?
aber die Grundsteuer ist sehr wohl ein sehr hoher Betrag bei den Nebenkosten.
?????????
ach herrje...
Offenbar können nicht alle den Unterschied zwischen einem wie hier wohlrecherchierten und toll geschriebenen Beitrag von Herr Trepnau und kleine Hinweise aus einer anderer Perspektive eines Lesers wie mir sehen.
Der Beitrag steht für sich und ich vergesse normalerweise zu erwähnen, dass ich einen Beitrag gut finde. So auch in diesem Fall.
In der Tat hätten längere Artikel von mir wenig Leser weil die meisten sich erst durch den Dschungel der Illusionen kämpfen müssen bevor man sich wieder zur Quelle rückbesinnt und die Einfachheit der Welt erkennt.
Mir geht es mehr darum Brücken zu offerieren und seltener wie bei Herr Hellmeyer ganz verdrehte Gedanken und grundsätzliche Missverständnisse aufzuzeigen. Ob man das lesen will, bleibt ja dem Nutzer überlassen...
Dann wirft Herr Juncker einen (aus aktuellem Anlass versteht sich) "Immosoli" in den Ring und wartet ab was passiert ;-) denn wie sagte er so schön "wir beschließen ein Gesetz und warten ab was passiert, wenn der Aufschrei dann nicht zu groß wird setzen wie es um.)
Da es sich dann um eine so "wichtige Entscheidung handelt" wird sogar das Volk befragt ob man es umsetzen soll oder nicht. (Aber natürlich nur wenn man vorher sichergestellt hat das die Zahl der Mieter deutlich höher ist als die Zahl der Vermiter) ja so wirds kommen ....