Die Region, die über einen immensen Reichtum an natürlichen Ressourcen verfügt, sowie aufgrund ihrer geographischen Lage von höchster Bedeutung ist, steht im Brennpunkt der geopolitischen Neuorientierung des globalen Machtgefüges.

Regionale Großmacht Iran

Der strategische Rückzug der USA aus der Region, welcher durch die Flucht der US-Truppen aus Afghanistan einen vorläufigen Höhepunkt fand, aber schon vorher im Gange war, hat ein strategisches Vakuum geschaffen, welches von Europa nicht genutzt wurde, da sich der Kontinent - zum eigenen Nachteil - im geostrategischen Schlepptau Washingtons befindet.

Interessant ist hierbei eine Analyse der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), einem einflussreichen transatlantischen Think Tank, welcher dem Iran diagnostiziert, dessen Staatsgebiet sich zwischen den beiden Gewässern auf über 1,6 Millionen Quadratkilometer erstreckt - also in etwa der fünffachen Fläche des Territoriums der Bundesrepublik -, sich zu einer regionalen Großmacht entwickelt zu haben.

 

 

Das Internetportal German Foreign Policy com schreibt bezüglich des Positionspapieres der DGAP:

Wie es in dem DGAP-Positionspapier heißt, hat in den vergangenen Jahren besonders Iran im Bestreben, sich "zur stärksten Macht am Persischen Golf auf[zu]schwingen", Erfolge erzielt. So sei es Teheran gelungen, "mit seiner Zermürbungstaktik im Jemen und regelmäßigen Angriffen auf arabische Einrichtungen - seien es Ölanlagen an Land oder Schiffe in internationalen Gewässern - nicht nur Saudi-Arabien in Schach" zu halten, sondern "durch seine enge Zusammenarbeit mit Kuwait, Oman und Katar auch eine umfassende Annäherung zwischen den Golfstaaten" zu verhindern. Mehrere arabische Golfstaaten, etwa die Vereinigten Arabischen Emirate, hätten zwar den "merklichen Einflussverlust der Schutzmacht USA" durch eine gewisse Kooperation mit Israel ("Abraham-Abkommen") auszugleichen versucht, hätten sich aber dennoch veranlasst gesehen, "klare Signale an Teheran" zu übermitteln, "dass sie eine Einigung mit ihrem Nachbarn einer Konfrontation auf allen Ebenen vorziehen würden". Iran wiederum habe seine Bündnisse mit den schiitischen Milizen im Irak, mit der libanesischen Hisbollah, den jemenitischen Huthi und Syriens Präsident Bashar al Assad konsolidieren können und gehe auch deshalb gestärkt aus den harten Machtkämpfen der vergangenen Jahre hervor.“

Diese Entwicklung ist insofern bemerkenswert, als dass sich die Islamische Republik seit über 40 Jahren in einer Frontstellung mit den USA befindet und bei der iranischen Bevölkerung nur geringe Sympathien besitzt.

Washington geht - Peking kommt!

Während die Macht der USA vor Ort also schwindet, baut die Volksrepublik China ihre Vormachtstellung in der Region weiter aus. Peking ist zum wichtigsten Wirtschaftspartner Teherans avanciert, besonders als Einkäufer von Öl und Gas, während mit Russland enge militärische Kooperationen geschmiedet wurden, zur Umsetzung gemeinsamer geopolitischer Interessen, beispielsweise in Syrien oder bei der Bekämpfung des sogenannten Islamischen Staates in der Region.

Die ökonomische Partnerschaft mit China wurde im Frühjahr dieses Jahres vertraglich abgesichert, basierend auf der starken Nachfrage Pekings nach den natürlichen Ressourcen Irans, wodurch die Folgen der drakonischen Sanktionen der USA gegenüber der Islamischen Republik erheblich abgeschwächt werden, als auch durch das „Seidenstraßen-Projekt“ der Volksrepublik, mit dem die Region rund um das Kaspische Meer infrastrukturell erschlossen wird und weiter in die eurasischen Boom- und Zukunftsregionen integriert wird.

Um das Kaspische Meer ist längst wieder jenes „Great Game“ entbrannt, bei der Erschließung der unermesslichen Gasreserven, wie im 19. Jahrhundert. Über diese Epoche schrieb der amerikanische Schriftsteller Tom Reiss, in seinem Buch Der Orientalist:

Und alle entdeckten sie Öl, viel Öl. In Baku war es gar nicht nötig, danach zu bohren, das Öl lag in schwarzen Lachen, ja manchmal riesigen Seen direkt unter der Erdoberfläche, und gelegentlich war der Fluss des Rohöls sogar so stark, dass ganze Häuser am Ufer des Kaspischen Meeres davon hinweggespült wurden. Sehr schnell wurde der einstige, von Mauern umgebene Karawanen-Vorposten zum Zentrum der aufblühenden Ölindustrie in der Welt, und lieferte mehr als die Hälfte des weltweit geförderten Rohöls. Und aus dem Profit entstand eine fantastische Stadt des 19. Jahrhunderts mit extravaganten Villen, Moscheen, Kasinos und Theatern, die alle erbaut wurden, als Baku der Sitz der Rothschilds, der Nobels und dutzender so genannter einheimischer muslimischer Ölbarone war..."

Quelle: Wikipedia

 

 

Heute hingegen, nehmen westliche Mächte, gar Europäer, dort nur eine Randposition ein, obschon die Geschehnisse dort das Schicksal des Kontinents in den nächsten Jahrzehnten nachhaltig beeinflussen werden. 

Das Great Game

Die Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres, neben Russland und Iran auch Aserbaidschan, Turkmenistan und Kasachstan, vor allem aber auch die Volksrepublik China und die Türkei, bilden heute dort die Achsen der Macht.

Dieser Tage wurde in den iranischen Hoheitsgewässern des Kaspischen Meeres ein neues riesiges Gasfeld entdeckt. Westliche Experten knüpfen die Perspektiven für eine Erschließung und Ausbeutung des gleichnamigen Feldes an langfristige Abkommen des Irans mit China und Russland. Russische Experten räumen ein, dass China das iranische Gas für seine Interessen und nicht für einen Export nach Europa nutzen werde. Das Great Game geht weiter!

"Was bedeutet das konkret für mich!?"

In dem erwähnten Positionspapier der DGAP wird die Sorge zum Ausdruck gebracht, dass die EU bei der dramatischen globalen Machtverschiebung, die sich unter anderem durch die mangelnde Präsenz am Kaspischen Meer und dem Persischen Golf verdeutlicht, ins Hintertreffen geraten wird. 

Die DGAP warnt, mit Blick auf die "Neuordnung" der Welt stelle sich die Frage, "wessen Ordnung überdauern wird". Was das Positionspapier allerdings nicht erwähnt, ist die Tatsache, dass diese Konstellation durch die einseitige Ausrichtung auf die Vorgaben Washingtons entstanden ist. Ferner besteht wenig Anlass darauf zu bauen, dass die neue Bundesregierung, schon gar nicht unter einer unbedarften Außenministerin Baerbock, dazu in der Lage sein könnte, neue Impulse zu starten. Berlin müsste dazu außenpolitisch mehr Frankreich wagen, was zur Stunde im besten Fall aber wie Zukunftsmusik klingt.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"