Eine solche Bereinigung gab es schon lange nicht. Die Schwächsten erwischt es zuerst. Bei der momentanen Ebbe sieht man, wer alles nackt baden war. Und niemand weiß, wann die Flut kommt. Eine Art von Bereinigung wäre ohnehin irgendwann passiert - auch ohne Corona. Dieser Feind ist unsichtbar aber mächtig genug, um Mister Market aus seinem Gefängnis freizulassen.

Jede aufgesparte und mit noch mehr Geld weggedruckte Rezession wäre milder gewesen als das, was wir gerade erleben. Aus dieser Fallhöhe von der Treppe gestoßen zu werden ist vielleicht sogar zu hoch. Auch für die, die man wirklich braucht. Jetzt kommt eben alles auf einmal.

Das Ende der Zombifizierung

Mit gebührendem Abstand betrachtet, werden die Zombies sichtbar, die so lange Zeit mit Nullzinsen und Subventionen künstlich überleben konnten. Nach nur wenigen Wochen schreien sie nach weiteren Subventionen, die heute Rettungsschirm genannt werden.

In Zeiten, in denen die Leute nur das Nötigste kaufen, was es teilweise gar nicht gibt, sind Mode, Prestige und anderer Schnickschnack out. Der Pleitegeier kreist zuerst über denen, ohne die sich die Welt später problemlos weiterdrehen wird. Wir erleben das Platzen einer Blase, die man „Peak XXL“ nennen könnte. Die Welt braucht nicht so viele Restaurantketten, Modefirmen, Freizeitparks, Nagelstudios, Überschwang, Dekadenz und Wegwerfwirtschaft. Dafür könnte das übrig gebliebene teurer werden...

Die Zombifizierung der Wirtschaft findet in luftiger Höhe ein jähes Ende. Ikarus´ Flügel schmelzen. Doch der Markt funktioniert. Er sortiert aus. Zumindest versucht er das. Wird er sich durchsetzen? Irgendwann wird er das. Bis dahin aber legen die Staaten Unmengen von Geld in die Gassen. Sie lassen sich von den Zentralbanken finanzieren.

Jeder möchte sich bedienen, vor allem die Zombies. Wird ihnen gegeben, werden sie später noch größere Summen einfordern und bis zu diesem Zeitpunkt den Schaden maximieren. Dafür gibt es ja nach einer Zeit des Zauderns auch die Corona-Bonds, den Corona-Soli und viele andere Begrifflichkeiten aus der Welt des Framings. Oder der Überschwang wird kontrolliert oder auch unkontrolliert abgewickelt.

Vater Staat und Großväterchen Frost

Dass ein Staat systemrelevante Unternehmen wie die Lufthansa stützt, kann man ja verstehen. Aber es kommen auch Hilferufe von großen Konzernen, die bis vor kurzem noch Rekordgewinne gemacht haben. So wollte beispielsweise Adidas keine Mieten mehr zahlen. Nach einer Entschuldigung geht es jetzt offenbar um Milliardenkredite über den Staat. Was soll das? Warum gehen solche Unternehmen nicht an den Markt und borgen sich dort das Geld von Investoren, vielleicht für einen etwas höheren Zins? Ähnliches bei Puma.

Wahrscheinlich, weil mit dem Staat die besten Geschäfte zu machen sind. Er hat immer die Hände in den Taschen der verbliebenen Steuerzahler, und wenn diese leer sind, den Zugang zur Zentralbank. Auf etwaigen späteren Schulden bleibt der Steuerzahler sitzen. Oder die Zentralbank.

Es ist erstaunlich, wie schnell das Geld offenbar weg ist. Vielleicht gab es auch für Millionen Leute schon lange keine Chance, etwas zur Seite zu legen, während führende Experten mantrahaft darauf beharrten, dieser Boom sei unendlich groß. Nur hatten Millionen keinen Schlüssel für diese Party. Die anderen haben ihr Geld auch ausgegeben, weniger um die Wirtschaft anzukurbeln, sondern mehr in der Überzeugung, dass sie es sich verdient hätten und sie im Hier und Heute leben.

Wie geht es weiter? Niemand weiß es, auch wenn viele so tun. Gehen wir vom sich selbst überholenden Aufschwung direkt in die größte Depression aller Zeiten? Wir wissen es nicht. Glauben Sie keiner Prognose. Die wird morgen schon wieder korrigiert und entpuppt sich als Be(un)ruhigungspille, Wunschgedanke oder reinweg Mumpitz.

Und die Dividenden?

Bis neulich noch wurde die Dividende als neuer Zins umdeklariert. Und was sehen wir hier? Für das laufende Jahr wurden die Dividenden von Unternehmen aus dem DAX, MDAX und SDAX um 14 Prozent auf 44 Milliarden Euro gestrichen, so die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Stand 31.03.2020. Niemand kam bis vor ein paar Wochen auf die Idee, dass die Dividenden auch erwirtschaftet werden müssen und notfalls ausfallen können.

Nach der Krise

Sicher ist nur: Diese Krise wird irgendwann vorbei sein. Doch wer ist dann noch mit was dabei? Als ich am Sonntag mit dem Rad über einen geschlossenen Golfclub fuhr, war es erstaunlich, wie groß so ein Anwesen doch sein kann. Es saßen nur ein paar Enten herum. Die waren ebenso erstaunt über so viel Ressort für sich ganz allein - und auch die inzwischen schon gewachsene Höhe des Qualitätsrasens, der ihnen gar nicht schmeckt. Auf den langen Strecken zwischen grünen Flächen, blühenden Kirschbäumen und frischer und stiller Luft fragte ich mich, was nach dieser Krise kommen mag...

Werden sich die Leute als Erstes ein neues Auto kaufen oder einen Brotbackautomaten? Werden sie sich in den Flieger setzen und Urlaub auf Mallorca machen? Oder werden sie sich ein neues Rad für den Weg zur Arbeit kaufen, wenn sie noch welche haben? Werden sie die Restaurants überrennen oder zuerst den Friseur? Wird bald wieder in den vielen Fitnessclubs geschwitzt oder mehr gelaufen? Werden sie sich neue Smartphones bestellen oder erst einmal das Geld zusammenhalten – für die nächste Welle? Geht es gleich mal wieder ins Kino oder in anderes Gedrängel? Und wie dreht sich die Welt dann weiter? Wir wissen es nicht.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Mister Market macht seinen Job. Corona hat ihn freigelassen. Corona hat viele Binsenbauten aus unserer Wohlstandsblase nur angepustet. Umfallen tun sie jetzt von selbst. Wenn sie dürfen.

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