Ach, Sie riestern noch? Ist ja keine Schande! 16,5 Millionen Leute tun das auch. Allerdings liegt ein Fünftel der Verträge brach und wird nicht mehr bespart. In der letzten Woche wurde gefragt, ob diese viel gelobte und noch mehr beworbene Riester-Rente vor dem Aus stehen könnte. Zumindest müsste die reformiert werden.

Wie schon der „legale Betrug“ mit der kapitalbildenden Lebensversicherung taugte auch Riester vor allem für die Finanzindustrie. Die langte bei den Kosten so kräftig zu, dass die staatlichen Zuschüsse (das Geld der anderen) nicht weg waren, sondern nur andere hatten. Diese staatlichen Zuschüsse waren aber eine Art von Beruhigungspille oder Fangprämie für das Sparervolk, nachdem SPD und Grüne ihre Agenda 2010 unters Volk brachten und die sozialen Errungenschaften mangels Masse und Möglichkeit eingedampft wurden.

Okay, niemand konnte sich damals vorstellen, dass die EZB den Zins auf null senken könnte. Auch das brach dem Modell das Rückgrat. Mal schauen, was man sich demnächst ausdenkt, worauf die Leute hereinfallen dürfen.

Zahlen nach Lust und Laune

An dieser Stelle erinnern wir uns an unseren Wirtschaftsminister Peter Altmaier, wie er noch im November seine neue Wirtschaftsprognose für 2021 in die Kameras reckte. Das mit der V-förmigen Erholung war ja wie erwartet eine Fata Morgana, auch Peterchens Mondfahrt genannt. Die Wirtschaft würde sich in diesem Jahr um 4,4 Prozent erholen, hieß es da.

Das neue Jahr war keinen Monat alt, schon hielt Altmaier wieder neue Papiere mit neuen Prognosen ins Licht der Öffentlichkeit. Das BIP würde jetzt nur noch um drei Prozent wachsen. Außer es kommt anders. Seltsamerweise kommt es immer anders. Dabei ist es noch nicht mal klar, wie es im Februar weitergeht oder eben nicht weitergeht - und ob die Novemberhilfen endlich im Februar gezahlt werden - oder erst im kommenden November.

Kaum Kaufregung bei Karstadt

Wir kennen nicht den BIP-Anteil von Karstadt-Quelle-Galeria-Friedhof, Pardon Kaufhof… aber er muss doch gewaltig sein. Sonst würden die früheren Giganten des gepflegten Einkaufens keine Staatshilfe bekommen. Nein? Und nein, man wird das Geld wieder zurückzahlen, hieß es. So sagt man das bei allen geldlichen Vertragsverhandlungen am Beginn.

Nicht, dass die Innenstädte noch mehr veröden, wenn die früheren Konsumtempel dichtmachen, wofür der Konsumkonzern nichts kann und deshalb mit oder an Corona umkommen könnte. Vielleicht hätten sie ohne dieses Virus und den staatlich angeordneten Lockdown eine bessere Zukunft haben können. Das Thema wird uns wahrscheinlich noch im nächsten Jahrhundert beschäftigen.

Und? Haben Sie schon Ihren Impftermin? Ach, Sie kommen nicht mal in das entsprechende Internetportal im Land, in dem wir zwar digital abgehängt aber gut und gerne leben? Das lohnt auch nicht. Was soll da schon verimpft werden, wenn nicht viel geliefert wird. Man hatte uns das ganz anders angekündigt wie so vieles in der EU.

Das ist das Nervige, auch in Sachen Impfstoffen, dass die Verantwortlichen, die nachweislich vieles schöngeredet aber versagt haben, einfach nicht mit dem Schönreden aufhören können. Das machen sie so geschickt, dass die Leute immer wieder auf sie hereinfallen, selbst über die nächste Wahl hinaus. Okay, bei Ursula von der Leyen hatten wir gar keine Wahl, doch es gibt es immer genügend Leute, die den Fernseher einschalten, obwohl sie dringend eine echte Flasche Baldriantropfen einnehmen sollten.

Die da oben verkaufen den Leuten Prognosen, jonglieren mit Glaskugeln, lassen rosa Buchstaben regnen und baden sich in Optimismus. Ja, sie schaffen es sogar, einer toten Kuh noch ein Ersatzeuter zu verkaufen, während sie im Nebel stochern und Geige spielen. Wann wird gesungen? Der Börse ist das egal.

Im Reich der Disruptionen

Unter der Rubrik „Keine Ahnung, eine Meinung reicht“ wird derzeit auch über die „Jungen Wilden“ in den Zockerhochburgen der Spielkasinos diskutiert, auch Börse genannt. Wir wissen längst, wer zuerst hofft und am Schluss gewinnt. Ich weiß gar nicht, ob das noch die alte Börse ist.

Da erleben wir derzeit ein filmreifes Wildwest-Szenario. Kennen Sie GameStop? Nein? Müssen Sie auch nicht. Das ist diese halbmarode US-Videokette, deren Aktien neulich noch rund zehn US-Dollar kosteten und die Hedgefonds auf ihren Untergang setzten. Dann ging es hoch auf 500 US-Dollar. Die Butze war mit 30 Milliarden US-Dollar plötzlich teurer als Deutsche Bank und Commerzbank zusammen.

Was war passiert? Der Fachmann nennt so etwas „Shortsqueeze“, das Eindecken von Leerverkäufen. Ein Unfall… wie damals bei Volkswagen – und nicht nur dort.

Normalerweise bestimmen ja die großen Adressen mit tiefen Taschen die Börsenkurse. Die Kleinen sind wie immer nur ihr Plankton. Diesmal aber haben die Hobby-Spekulanten (und nicht nur die) den Spieß umgedreht, was an die besten Zockerzeiten des Neuen Marktes erinnert.

Und das ging so: Hedgefonds wetteten im großen Stil auf den Verfall nicht nur der GameStop-Aktie. Hedgefonds borgten sich diese Aktien und verkauften sie, um diese dann später wieder billiger zurückzukaufen und zurückgeben zu können. Das gigantische Ausmaß dieser Wetten fiel auch den Kleinen auf, die sich dann im Internet verabredeten und diese Papiere begannen zu kaufen.

Der Kurs explodierte statt zu fallen, was die Hedgefonds in die Verluste trieb. Die billig verkauften Papiere kosteten plötzlich 300, 400 oder 500 US-Dollar. Die Milliardenverluste der Hedgefonds, sie sollen im Januar mehr als 70 Milliarden US-Dollar verloren haben, ließ die ersten Pleitegeier über den Zentralen der Finanzelite kreisen.

Die Lunte war gelegt und die Jagd angeblasen. Nun hat man neben Nokia und den anderen Firmen mit lustigen Börsenkürzeln auch das Silber entdeckt. Und so flossen am Freitag fast eine Milliarde US-Dollar in den weltgrößten Silber-ETF, den SLV. Der schafft dann Aktien, welche jeweils eine Unze Silber darstellen. Der SLV muss dafür in den kommenden Tagen rund 38 Millionen Unzen Silber kaufen. Das ist wirklich eine Hausnummer.

Ganz nebenbei kostete GameStop an der Börse mehr als das gesamte Silberangebot dieses Jahres. Kein Wunder, dass man auch auf die Idee kommen könnte und kommt, den Silbershorts auf diese Art und Weise die Unterhose anzuzünden mit dem Unterschied, dass es deswegen kein zusätzliches Silberangebot gibt, weil es keine großartigen Silberlager mehr gibt - im Gegensatz zu Gold.

Wenn die Nachricht von einer Knappheit im Silber die Runde macht, wird ein Silberverbraucher nicht die Produktion einstellen können und kaufen - egal zu welchem Preis. Die Industrie sitzt auf keinen nennenswerten Vorräten. Dann wird man sich diese anschaffen und den Preis damit auch beeinflussen.

Das könnte ein Spaß werden, wenn die Silberläden leer sind, Preise und auch Aufpreise auf echtes Silber explodieren. Dann könnte der an der Börse ausgewiesene Preis für eine Unze theoretisch sein, während der echte Preis wo ganz anders steht - wenn sich PapierSilber und EchtSilber preislich voneinander verabschieden. Für Notfälle hat man sich damals statt echter Lieferungen aus leeren Regalen im Terminmarkt die Möglichkeit eines Cashsettlements eingeräumt. Man sollte sich nicht zu früh freuen.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Wir leben in Zeiten der beginnenden Disruption. Auch die Großen sind verletzlich in Zeiten, wo alles mit allem und jeder mit jedem zusammenhängt. Das macht die Sache gefährlich wie Schwarzpulver und Streichhölzer. Wenn ein paar Großadressen in die Luft fliegen, hätte dies das Zeug für einen gigantischen Finanzunfall.

Es gab unterdessen erste Interventionen. Die Broker änderten plötzlich die Regeln, nicht dass der David den Goliath nochmal erledigen kann. Wenn plötzlich nur noch Verkäufe möglich sind, wer kauft dann? Sie ahnen schon.

Was lehrt uns das noch? Wenn die Großen schiefliegen, werden die Regeln in ihrem Sinne geändert. Das Plankton schaut zu. Und? In den 80er Jahren gab es so etwas schon einmal am Silbermarkt. Die Hunt-Brüder haben den Fehler gemacht, sich des Terminmarktes bedient zu haben. Dann wurden die Regeln geändert, was für die Hunts finanziell tödlich war. Aber es hat funktioniert. Und… Es lebe das Vertrauen in diese Finanzmärkte! Fortsetzung folgt.

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