Der „Statistical Review of World Energy 2020“ enthält die folgende Darstellung der Zusammenstellung des weltweiten Energiekonsums. Der Anteil der konventionellen Energieträger Kohle, Erdöl und Gas beträgt 84,3 %, aus der Wasserkraft kommen 6,4 %, die „erneuerbaren Energien“ lieferten fünf Prozent und die Kernenergie 4,3 %.

 

 

Mancher in Deutschland sieht die Zukunft allein im Ausbau der „erneuerbaren Energien“. Aber wie es mittlerweile mit vielen Ideen in der deutschen Politik ist, sollte man sich auch in diesem Fall davor hüten, diese für eine auch nur im Ansatz konsensfähige globale Meinung zu halten.

Sondermodell Deutschland – andere Länder priorisieren Sicherstellung der Versorgung

Zwar boomt in vielen Regionen des Planeten der Ausbau der Nutzung der Solarenergie. In manchen Fällen ist dies der Subventionierung geschuldet, anderswo hat es rein praktische Gründe. Aufgrund des Wachstums dieses Segments aber davon auszugehen, in allen Ländern wären die Rahmenbedingungen mit denen in Deutschland vergleichbar, wäre realitätsfremd.

In vielen Ländern ist der Ausbau der „erneuerbaren Energien“ im Gegensatz zu Deutschland nicht mit einem kategorischen Nein zur Nutzung der Kernenergie oder auch anderer konventioneller Energieträger verbunden. Dieses Nein ist - und das ist unabhängig davon, wie man zur Nutzung der existierenden Reaktortechnik steht - allein deshalb unheimlich, weil es den technischen Fortschritt in diesem Sektor de facto ignoriert, während man sich gleichzeitig über steigende Wirkungsgrade bei Solarzellen und Akkus freut, Fortschritt also offenbar zumindest generell für möglich hält.

Die deutsche Haltung ist insofern bemerkenswert, als sie die Art der Energieversorgung über die Sicherstellung der Energieversorgung stellt. Die folgende Grafik zeigt die Verläufe der realisierten Stromerzeugung in Deutschland. Im oberen Teil ist das Aggregat der Wind- und Solarenergie zu sehen, im unteren Teil der Verlauf der Atomenergie.

 

 

Die naturgemäße Zyklizität von Windkraft und Solarenergie führt dazu, dass es über ein Jahr gerechnet derzeit zwar noch zu einer - wenn auch stark sinkenden - Überproduktion an Strom kommt, gleichzeitig aber ständig Deckungslücken auftauchen, die durch Stromimporte gedeckt werden. Die folgende Grafik zeigt dies beispielhaft.

 

 

Die Abschaltung weiterer Kernkraftwerke und konventioneller Kraftwerke erhöht diese Zyklizität. Dem entgegen wirken sollen Speicherlösungen, die für eine Glättung des Verlaufs sorgen sollen.

Das Thema Netzstabilität wird immer wieder adressiert, gleiches gilt für die Versorgungssicherheit. In Deutschland erfahren diese beiden Argumente wenig Beachtung. In anderen Ländern ist das anders, und diese setzen ihre Prioritäten daher anders herum. Zunächst muss die Versorgung sichergestellt sein und dann überlegt man sich, wie man die Zusammensetzung der Energieerzeugung verändern kann, wenn man das überhaupt will.

Auch technische Fortschritte beflügeln

Diese vielerorts festzustellende Haltung sowie die technischen Fortschritte, bescheren der Kernenergie derzeit einen zweiten Frühling. Zu den derzeit laufenden 414 Reaktoren sollen rund 50 neue hinzukommen, allein Polen und die Niederlande denken derzeit über den Bau von insgesamt mehr als 15 neue Atomreaktoren nach. Zudem hat Frankreich unlängst die Laufzeit seiner Meiler auf 50 Jahre verlängert. Stets wird das Argument der „Klimafreundlichkeit“ dieser Energieform hervorgehoben.

Offenbar hat die Kernenergie weltweit mehr Freunde als der deutsche Sonderweg. Einige der Freunde dürften auch hierzulande für einigen Wirbel sorgen, denn zu den Befürwortern eines Ausbaus der Kernenergie gehören der so genannte „Weltklimarat“ IPCC sowie der omnipräsente Bill Gates.

Der Darstellung in einigen Medien zufolge handelt es sich bei ihm ja um den gefühlt ersten Universalgelehrten nach Alexander von Humboldt. Neben Klima und Weltgesundheit hat er daher folgerichtig nicht nur bei vorgenannten Themen stets auch die betriebswirtschaftliche Seite im Blick. Mit der TerraPower hat Gates gleich das passende Unternehmen zum vorgeschlagenen Energiewandel gegründet (zur Webseite von TerraPower).

Auch US Präsident Biden befürwortet den Ausbau der Kernkraft in den Vereinigten Staaten. Ganz dicke kommt es für manchen deutschen Mustereuropäer freilich von der EU Kommission. Deren „Clean Energy Package“ sieht flächendeckende Laufzeitverlängerungen sowie den Bau von einhundert neuen Kernkraftwerken in den nächsten dreißig Jahren vor.

Klimawandel als Dauerargument

Das Argument für den Ausbau der Kernenergie ist bei allen das Gleiche: Der Klimawandel, was auch sonst. Da dieses Thema trotz Ruhetagen und sonstigen Euphemismen für Freiheitsentzug immer noch auf der Agenda aktueller und möglicherweise künftiger Regierungsparteien steht, darf man gespannt sein, ob sich die Protagonisten hierzulande gleichzeitig als Klimahelden und Kernkraftgegner positionieren werden und wenn ja, wie sie das anstellen. Schon der Ausbau der Windkraft stellt manches deutsche Urgestein des echten Natur- und Umweltschutzes wie etwa die sympathischen Vogelschützer des NABU (https://www.nabu.de/news/2019/10/27093.html) vor eine Zerreißprobe.

Sollte der Ausbau der Kernenergie den Plänen der genannten Institutionen folgen, dann wäre dies auch ein relevantes und vor allem langfristiges Signal für den Uranmarkt. Wie Kobold, pardon Cobalt, wird auch dieses Metall nicht an jeder Ecke und nach Maßgabe des deutschen Arbeitsrechts gefördert. Erste Lebenszeichen sendet bereits der Kursverlauf der Uraninum Participation Corp., eines Anlagevehikels, das ausschließlich in Uranoxid und Uranhexafluorid investiert. Gleiches gilt für relevante Unternehmen des Sektors wie Cameco und Nexgen.

 

 

Das Potential des Themas Nuklearenergie lässt sich nicht anhand der deutschen Politik beurteilen. Unabhängig davon, ob man diese Energieform befürwortet oder ablehnt, ist es angeraten nicht einfach auf einer Meinung zu beharren, sondern sich weiter zu informieren.

Welche Änderungen gab es in der Reaktortechnik? Können neue Reaktoren vermeintlichen „Atommüll“ wiederverwerten? Welche Risiken gibt es weiterhin, welche Problem wurden behoben, welche nicht? Egal wie man zu dem Thema stehen mag, die Diskussion um die Nutzung der Kernenergie wird auch in Deutschland an Fahrt gewinnen.

Durch die breit angelegte Unterstützung der Atomenergie durch globale Institutionen dürfen Anleger übrigens davon ausgehen, sowohl die Hersteller von Kerntechnik als auch die Versorger, die ihren Strom mit Atomkraftwerken produzieren, zukünftig in ihren „Nachhaltigen Investmentfonds“ wiederzufinden. Wer das nicht möchte, sollte sich seine Anlageprodukte noch einmal genauer anschauen.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Für Anleger fällt auch das Thema Atomkraft in die Kategorie des im vorigen Artikel behandelten Themas Energie. Investoren sollten aufgeschlossen gegenüber Themen sein, auch wenn sie in Deutschland politisch verbrannt sind. Energie ist ein globales Thema, und ob Deutschland Kernkraftwerke hat oder nicht ist für die globale Betrachtung irrelevant.

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