Ähnlich wie der Euro und das britische Pfund kannte der japanische Yen im Verlauf der letzten Wochen nur noch den Weg nach unten. In einem der zuletzt veröffentlichten Berichte zu Japan wurde hier gemutmaßt, dass der japanische Yen nach dem Fall unter die Marke von 135 Yen pro US-Dollar neue Multidekaden-Tiefs im Bereich von 150 Yen pro US-Dollar ansteuern dürfte.

Talfahrt des Yen ungestoppt

In dieser Woche setzte sich die Talfahrt des japanischen Yen in der Spitze dann auch auf bis zu 145 Yen pro US-Dollar fort. Während die amerikanische Federal Reserve Bank ihren Leitzins in der kommenden Woche nach dem dieswöchigen Inflationsbericht wahrscheinlich um weitere 75 Basispunkte anheben wird, bedient sich die Bank of Japan nach wie vor als eine der wenigen Zentralbanken weltweit ihrer elektronischen Gelddruckerpresse, um den Zins im Bereich der 10-jährigen japanischen Staatsanleihen (JGBs) auf einem Niveau von 0,25 Prozent festzunageln.

Unter Druck gerät die Bank of Japan auf diese Weise selbstverständlich auch aufgrund des enorm wachsenden Zinsgefälles im Vergleich mit dem amerikanischen Wirtschaftsraum. Der japanische Yen bezahlt dieses Auseinanderdriften der Zinsdifferenzen zwischen den USA und Japan sowie der noch immer ungehemmten Gelderzeugungsorgie der Bank of Japan mit einer anhaltenden Talfahrt, die auf der Leerverkaufsseite über die letzten Wochen für formidable Gewinne gesorgt hat.

Bekommen Offizielle der BoJ und des Finanzministeriums kalte Füße?

Doch nun scheint am japanischen Währungsmarkt ein Punkt erreicht zu sein, an dem die Bank of Japan kalte Füße zu bekommen scheint. Nach dem Erreichen der Marke von 145 Yen pro US-Dollar berichtete die japanische Finanzzeitung Nikkei zur Wochenmitte, dass die Bank of Japan eine „Wechselkursüberprüfung“ durchgeführt habe.

Erwähnt sei, dass die Bank of Japan im Auftrag des japanischen Finanzministeriums an den Währungsmärkten interveniert, falls es zu solchen Interventionen kommen sollte. Einzelne Marktakteure wurden in diesem Zuge durch die Bank of Japan danach befragt, ab oder zu welchen Wechselkursen die japanische Zentralbank intervenieren könne.

Verbalinterventionen laufen ins Leere

Bestätigt wurde diese Vorgehensweise dann unter anderem auch durch Bloomberg. Hier wurde Bezug auf den hochrangigen Währungsoffiziellen Masato Kanda genommen, der am Mittwoch eine nur in seltenen Fällen vorkommende Verbalwarnung an die Teilnehmer an den Währungsmärkten richtete.

Auch Masato Kanda bestätigte, dass die Bank of Japan um Informationen unter den großen Marktakteuren ersucht habe, ab welchem Zeitpunkt und zu welchen Kursen Interventionen der Bank of Japan am heimischen Währungsmarkt erfolgen könnten.

Eine „Wechselkursüberprüfung“ durch die Bank of Japan erweise sich aus Sicht führender Marktakteure als ein vorzeitiger Hinweis darauf, dass Interventionen durch die Bank of Japan am heimischen Währungsmarkt bevorstehen dürften.

Unter Berücksichtigung der aktuellen Situation und des anhaltenden Verfalls des japanischen Yen wird die Bank of Japan eine Schippe drauflegen müssen. Denn die Verbalinterventionen der Notenbanker verfehlen mittlerweile ihre Wirkung.

Über den Verlauf der vergangenen Wochen hatten einzelne Mitglieder des Direktoriums der Bank of Japan wiederholt erklärt, die Wechselkursrate des japanischen Yen genau im Auge zu behalten. Diese Aussagen scheinen unter den Akteuren an den Währungsmärkten allerdings niemanden interessiert zu haben, da der japanische Yen seine Talfahrt fortsetzte.

Sollten Japans Notenbanker darauf gehofft haben, dass ihre Aussagen einen zumindest vorläufigen Boden unter der heimischen Währung einziehen würden, so lässt sich diese Strategie als gescheitert bezeichnen.

„Rote Linie“ 145?


Die jüngsten Medienleaks scheinen nun zumindest einmal einen Durchbruch der Marke von 145 Yen pro US-Dollar gestoppt zu haben. Doch wie die obige Grafik von stockcharts.com zeigt, verharrte das Währungspaar USD/JPY im gestrigen Handel nur unwesentlich unterhalb dieser Marke.

Wie dem auch sei, inzwischen deuten einige Beobachtungen darauf hin, dass sowohl die Bank of Japan als auch führende Mitglieder des japanischen Finanzministeriums besorgt darüber zu sein scheinen, welche Fall-Luke sich unter der heimischen Währung in den letzten Wochen geöffnet hat.

Die Marke von 145 Yen pro US-Dollar dürfte dabei als eine Art „rote Linie“ betrachtet werden. Wie lange wollen die Verantwortlichen in Japan auch noch dabei zusehen, wie der japanische Yen von einem Tief auf das nächste fällt?!

Ganz so einfach liegen die Dinge auf den zweiten Blick jedoch wohl auch nicht. Denn wie Goldman Sachs mitteilte, werde die Bank of Japan Interventionen an den Währungsmärkten nur nach vorheriger Absprache mit den Institutionen in den Vereinigten Staaten durchführen können.

Bringen Währungsinterventionen überhaupt etwas?

Gleichzeitig wies Goldman Sachs auf einen Umstand hin, der über die vergangenen Jahre hier des Öfteren in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt war. Die alles entscheidende Frage lautet: Was bringen Währungsinterventionen durch Zentralbanken eigentlich?

Bei Goldman Sachs wird darauf aufmerksam gemacht, dass Währungsinterventionen durch Zentralbanken sich in der Vergangenheit in den meisten Fällen schon nach nur kurzer Zeit verflüchtigt haben.

Mittelfristig seien Währungsinterventionen durch Zentralbanken verpufft und ohne Ergebnis geblieben. Die Bank of Japan verfügt zwar über ausreichende Währungsreserven, um etwas in den Ring zu werfen. Doch letzten Endes erweisen sich die globalen Finanzmärkte als größer und über mehr Feuerkraft verfügend.

Nicht selten werden im Zuge von Währungsinterventionen zuvor gebildete Reserven (die Bank of Japan verfügte Ende August über ausländische Währungsreserven in Höhe von 1,172 Billionen US-Dollar) verfeuert, um die Talfahrt einer Währung zu stoppen.

Andere Währungsanalysten weisen darauf hin, dass es der Bank of Japan im Fall von bevorstehenden Währungsinterventionen allein schon an Überzeugungskraft mangeln wird. Denn die fundamentale Situation an den Zins- und Bondmärkten rechtfertige die dramatische Talfahrt der japanischen Währung gegenüber dem US-Dollar.

Es könnte durchaus noch schlimmer kommen. Historisch betrachtet haben Interventionen der Bank of Japan tatsächlich niemals den gewünschten Erfolg erzielt. Ganz im Gegenteil folgten auf Interventionen am Währungsmarkt häufig noch stärkere Rückgänge des Wechselkurses des japanischen Yen.

Oder wie es bei Goldman Sachs hierzu heißt: „Wenn mit Interventionen am Währungsmarkt erst einmal begonnen wird, so wird es immer schwieriger einen Punkt für den Ausstieg zu finden.“

Die Aufrechterhaltung der Kontrolle über die japanische Zinskurve wird zudem auch mehr und mehr von den Entwicklungen in den Vereinigten Staaten abhängen. Denn dort wird an den Zins- und Währungsmärkten inzwischen mit einem Anstieg des amerikanischen Leitzinses auf vier Prozent gerechnet.

Auf welches Niveau könnte der Yen sinken?

Ob sich die Bank of Japan also schon bald auf das Vabanquespiel einer Anpassung der eigenen Zinsstrategie einlassen wird, bleibt abzuwarten. Vielleicht wird die japanische Notenbank demnächst auch schlichtweg dazu gezwungen. Die aktuelle Wirtschaftslage in Japan würde eine solche Wende zu einer schmerzhaften Tortur machen.

Sollte es zu Währungsinterventionen am japanischen Währungsmarkt durch die Bank of Japan kommen, so stellt sich die Frage, wie stark der japanische Yen in diesem Zuge gegenüber dem US-Dollar im Außenwert zulegen könnte.

Kurzfristig sehen Währungsanalysten – auch aufgrund von massiven Shorteindeckungen in einem solchen Fall – Potenzial bis zur Marke von 137 Yen pro US-Dollar.

Da es sich um eine allein durch die Bank of Japan durchgeführte Intervention handeln würde, hänge dies jedoch auch davon ab, welchen Grad der Bereitschaft die Bank of Japan an den Tag legen wird, eigens gebildete Währungsreserven im Kampf um eine Stabilisierung des Yen in den Ring zu werfen.

Sobald sich ein Ende dieser potenziellen Interventionen abzuzeichnen beginne, müsse laut institutionellen Investoren in Japan allerdings damit gerechnet werden, dass die Leerverkäufe sofort wieder zunehmen werden, um den japanischen Yen durch die Schlüsselmarke von 145 Yen pro US-Dollar auf neue Tiefs zu senden.

Die Marke von 150 Yen pro US-Dollar würde dann sofort in den Fokus von Spekulanten geraten. Umso tiefer der Yen fällt, desto stärker wird die Inflation in Japan zulegen, zumal es sich im Fall von Japan um ein rohstoffarmes Land handelt.

Andernorts wird bereits damit gerechnet, dass es im Fall einer anhaltenden Talfahrt des Yen zu einer Verabschiedung von Regierungssubventionen im den Bereichen Benzin, Diesel, Reis und Weizen kommen wird.

Denn der amtierende Gouverneur der Bank of Japan, Haruhiko Kuroda, der sich in der Vergangenheit wiederholt als Befürworter eines schwachen Yen zu erkennen gab, hat Zinserhöhungen kategorisch ausgeschlossen, um die Yen-Schwäche zu adressieren.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht der japanischen Finanzzeitung Nikkei.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

In welchem Dilemma sich Japan inzwischen befindet, zeichnet sich anhand der Zahnlosigkeit der Bank of Japan mit am besten ab. Eine eben solche Entwicklung stand zu vermuten, wenn in der Vergangenheit an dieser Stelle das ein oder andere Mal die Warnung erging, dass die Geldpolitik der Notenbanken – allen voran der Bank of Japan – eine Systemkrise auslösen wird. Es erweckt den Eindruck, als ob dieser Punkt nun immer näher zu rücken scheint.

Der nachfolgende Chart von goldseiten.de zeigt den Verlauf des japanischen Yen im Vergleich zu Gold. Warum also den US-Dollar kaufen, wenn sich anhand des japanischen Goldpreises der Kaufkraftverlust der japanischen Währung mit am besten widerspiegelt? Got gold?

Ich wünsche allen Lesern ein schönes Wochenende!

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