An der New Yorker Wall Street haben die jüngsten Warnungen von Zoltan Pozsar, wie nicht anders zu erwarten, zu einem Ausbruch von kontrovers geführten Debatten beigetragen. Im Mittelpunkt dieser Diskussionen steht selbstverständlich die Frage, ob die durch den Westen verhängten Sanktionen gegenüber der Russischen Föderation das Ableben des US-Dollars als weltweite Reservewährung zusätzlich beschleunigen werden – oder ob es sich gar um den letzten Sargnagel handeln könnte.

Nachdem man sich auch bei Goldman Sachs davon überzeugt gezeigt hat, dass die aktuelle Krise mit tektonischen Verschiebungen im globalen Währungssystem einhergehen wird, finden sich naturgemäß auch Stimmen, die solchen Sichtweisen nur teilweise etwas oder gar nur wenig abgewinnen können.

Morgan Stanley glaubt kurzfristig an keine Unterminierung des US-Dollar-Systems – langfristig jedoch schon

Auch die amerikanische Großbank Morgan Stanley hat sich in Person von James Lord, Chef der Sparte Währungshandel in Schwellenländermärkten, kürzlich zu diesen Begebenheiten geäußert.

James Lord glaubt, dass die westlichen Sanktionen gegenüber der Russischen Föderation vorerst keinen großen Einfluss auf die globale Vorrangstellung des US-Dollars zur Folge haben werden.

Allerdings müsse die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, wonach sich Zoltan Pozsars düstere Vorhersagen mittel- bis langfristig bewahrheiten werden. Der Ausschluss Russlands aus dem Finanzsystem des Westens werfe automatisch die Frage auf, ob es sich im Fall von durch Notenbanken gehaltenen ausländischen Währungsreserven noch immer um risikolose und „sichere“ Vermögenswerte handele.

Was ist noch „sicher“?

Eine solche Sichtweise, so James Lord, sei unter Berücksichtigung der aktuellen Ereignisse nicht nur mit Blick auf den US-Dollar und amerikanische Staatsanleihen, sondern auch im Hinblick auf alle anderen (und vergleichbaren) Vermögenswerte als solche gerechtfertigt.

Denn inzwischen habe sich das Risikoprofil an den internationalen Währungsmärkten nahezu über Nacht verändert, weil mittlerweile damit gerechnet werden müsse, dass staatliche Autoritäten rund um den Globus auf die Idee kommen könnten, sich zukünftig solcher oder ähnlicher Mittel, heißt also eines Einfrierens von ausländischen Währungs- oder Goldreserven anderer staatlicher Akteure, zu bedienen.

Was die Russische Föderation als solche betrifft, so sind inzwischen selbstverständlich hitzige Debatten darüber entbrannt, aus welchem Grund die russische Zentralbank angesichts einer deutlichen Verschlechterung der Beziehungen zwischen dem eigenen Land und dem Westen in den vergangenen Jahren überhaupt Währungsreserven auf Konten im Ausland vorgehalten habe, die sich nun durch die G7-Staaten leichterdings einfrieren ließen.

Jagd nach dem „sichersten“ Vermögenswert

James Lord warnt angesichts der sich neu herausbildenden Realitäten am Weltfinanzmarkt vor insgesamt drei Entwicklungen, die sich wiederum gegenseitig bedingten und aus diesem Grund aus der Perspektive einer Art des Zusammenspiels betrachtet werden sollten. Erstens werde es fortan darum gehen, den „sichersten“ Vermögenswert unter allen ausfindig zu machen.

Zweitens würden politische Allianzen auf diese Weise erschwert. Um die Vorherrschaft des US-Dollars global ins Wanken zu bringen, müsse es zur Bildung von strategischen Allianzen unter jenen die Vereinigten Staaten herausfordernden Mächten kommen, um weitere große Wirtschaftsräume an diese Bündnisse anzukoppeln.

Ansatzweise lassen sich solche Entwicklungen jedoch schon beobachten. Inzwischen scheinen sich beispielsweise die Russische Föderation und Indien über die Etablierung eines speziellen Rubel-Rupie-Mechanismus einig zu sein, um den zwischen beiden Nationen in der Zukunft abzuwickelnden Handel unter Ausschluss des US-Dollars zu ermöglichen.

In der vergangenen Woche wurde zudem publik, dass in Saudi-Arabien die Möglichkeit in Erwägung gezogen wird, an die Volksrepublik China zu lieferndes Rohöl zukünftig auf Basis des Yuans / Renminbis abzuwickeln.

Es könnte durchaus sein, dass eine solche Maßnahme schon bald, nämlich im Rahmen eines demnächst bevorstehenden Staatsbesuchs des chinesischen Staatschefs Xi Jinping in Riad, verkündet werden könnte. Mit einer solchen Entscheidung dürfte wohl auch die Gewissheit wachsen, dass Saudi-Arabien eine militärische Protektion durch Russland und China genießen würde.

Was sollte andere Akteure noch von ähnlichen Entscheidungen abhalten?

Sollte es tatsächlich zu einer solchen Bekanntgabe kommen, so würde sich automatisch die Frage stellen, was andere große Erdölimportnationen noch davon abhalten sollte, ähnliche Schritte in Erwägung zu ziehen.

Andererseits wird vielerorten darüber spekuliert, was die Moskauer Kreml-Regierung noch davon abhalten sollte, in der Zukunft ebenfalls auf einer Bezahlung von eigens gelieferten Rohstoffen auf Basis des Rubels – oder des Yuans / Renminbis – zu bestehen.

Eine potenzielle Umstellung der Bezahlung von eigenen Rohstofflieferungen an den Rest der Welt auf Basis des Rubels würde der momentan angeschlagenen Heimatwährung wohl einen massiven Schub verleihen.

Drittens, so James Lord von Morgan Stanley, zeichne sich ab, dass im Ausland veranlagte Währungsreserven und Vermögenswerte nun durch Zentral- und Privatbanken in einem beschleunigten Tempo in deren jeweilige Heimatnationen repatriiert werden dürften – womit Zoltan Pozsars Warnungen in diesem speziellen Punkt geteilt werden.

Gold wird plötzlich allerorten gehuldigt

Auf welche Weise würde sich ein solcher Prozess abspielen? Und welcher Vermögenswert würde automatisch ins Zentrum der allgemeinen Betrachtungen rücken? Ganz Recht, James Lord stellt in Aussicht, dass es sich bei diesem Vermögenswert um Gold handelt, das in der jeweiligen Heimat erworben und dort zukünftig sicher gelagert werden wird.

Nur eine sichere Lagerung von Gold in der jeweiligen Heimatjurisdiktion werde es möglich machen, immerfort und zu jedem Zeitpunkt Zugriff auf diese Reserven zu haben. Hierbei handelt es sich um einen Aspekt, den Goldbugs seit Jahren hervorgehoben haben, um darauf hinzuweisen, dass nur auf physische Weise privat vorgehaltenes oder eingelagertes Gold (oder Silber) Sicherheit vor einer sich abzeichnenden Krise an den Währungsmärkten bieten würde.

Nur Bares ist Wahres?

Selbst ausländische Währungsreserven, heißt also US-Dollars, Euros, Yens oder Yuans / Renminbis würden laut des Strategen von Morgan Stanley schon in absehbarer Zukunft unter aller Voraussicht in zunehmender Form mittels physischer Banknoten in Tresoren von Noten- und Geschäftsbanken verwahrt werden.

Selbstverständlich brächten Änderungen dieser Art die ein oder andere Herausforderung mit sich, wenn sich die Dinge um Transaktionen großen Umfangs drehen werden, so James Lord. Unter anderem an solchen Erwartungen zeigt sich, dass die ausgesprochenen Warnungen des Zoltan Pozsar durchaus ernst genommen werden.

Immerhin handelt es sich bei dem Verfasser um einen hochrangigen Akteur im Dienste von Morgan Stanley – und nicht um irgendeine kleine oder vernachlässigbare Finanzbude. Zoltan Pozsar wird durch James Lord ebenfalls in dessen Sichtweise unterstützt, wonach es Chinas Yuan / Renminbi sein werde, der aufgrund der aktuellen Geschehnisse rund um die Russische Föderation zukünftig am stärksten profitieren dürfte.

Yuan / Renminbi potenziell größter Profiteur der Diversifikation

Denn es werde in nächster Zeit unweigerlich zu einer zunehmenden Diversifikation der ausländischen Währungsreserven unter den Zentralbanken kommen, in deren Zuge der global gehaltene Anteil des Yuans / Renminbis in Relation zu den restlichen Währungsreserven bis zum Jahr 2030 auf rund zehn Prozent zulegen könnte.

Aktuell liegt dieser Anteil bei etwas mehr als 2,5 Prozent. Selbstverständlich wird dieser prognostizierte Anstieg auf Kosten des US-Dollars, Euros oder japanischen Yens vonstattengehen.

James Lord geht ebenfalls davon aus, dass die westlichen Sanktionen gegenüber Russland den Prozess der sogenannten De-Dollarisierung beschleunigen werden.

Nicht nur die Russische Föderation, sondern auch eine ganze Reihe von anderen Nationen dürften momentan darüber nachdenken, zukünftig einen wachsenden Anteil deren jeweils bilateralen Handels auf Basis von anderen Währungen – und somit unter Umgehung des US-Dollars – abzuwickeln.

Countdown zur Wachablösung hat begonnen

Kurzfristig zeigt sich James Lord von einer unmittelbar bevorstehenden Ablösung des US-Dollars als Weltreservewährung jedoch nicht überzeugt. Nichtsdestotrotz habe der Countdown zu einer Wachablösung der (noch) vorherrschenden Währung an den globalen Finanzmärkten begonnen.

Verwunderlich ist dies gewiss nicht, da sich unter allen Akteuren auf der Welt die Frage aufdrängt, ob es in der Zukunft nicht – gegenüber wem auch immer – zu einem ähnlichen Hammerschlag seitens der US-Regierung kommen könnte.

Vertrauen schafft das nicht. Vertrauen ist in der Geldanlage allerdings das Nonplusultra, das durch die US-Regierung angesichts des eigenen Handelns weltweit massiv beeinträchtigt und unterlaufen wurde.

Angemerkt sei, dass der Anteil des US-Dollars in Relation zu anderen Währungen unter der noch kurzen Präsidentschaft von Joe Biden zuletzt auf sechzig Prozent gesunken ist. Damit setzt sich ein Trend fort, der schon vor Jahren begonnen hat, und in dessen Zuge sich eine Diversifikation der durch Notenbanken gehaltenen Währungsreserven – weg vom US-Dollar – fortsetzt.

Diese Zusammenfassung von Roman Baudzus für CK*Wirtschaftsfacts basiert auf einem Bericht auf der Finanzseite Zerohegde.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Längst wird vielerorts über die Herausbildung eines neuen – und vom Westen unabhängigen – Finanzsystems in der östlichen Sphäre gesprochen. Warum auch nicht?

Schließlich wird spätestens zum jetzigen Zeitpunkt ersichtlich, dass eine multipolare Welt augenscheinlich auch voneinander unabhängige Strukturen, insbesondere auf dem Gebiet der Finanzen, benötigen wird.

Nicht nur aus Perspektive der Russischen Föderation, sondern auch aus Sicht des Reichs der Mitte, dürfte die Zeit gekommen sein, um sich aus dem für beide Nationen zu engen Korsett des bestehenden Weltfinanzsystems zu befreien.

Es könnte also durchaus der Fall sein, dass sich das westlich dominierte Weltfinanzsystem mittels des gezogenen Sanktionsschwerts gegenüber der Russischen Föderation gerade selbst mächtig ins Knie geschossen haben könnte.

Falls die Russische Föderation und die Volksrepublik China nun verstärkt mit dem Ziel einer Etablierung von zukünftig konkurrierenden Finanzstrukturen zum bestehenden Finanzsystem arbeiten sollten, was definitiv der Fall ist, so wird es in diesem Zuge nicht nur zu anhaltenden (und weitreichenden) Umbrüchen auf unserem Globus, sondern wohl auch zu einer Bildung von Parallelstrukturen zum bestehenden System kommen.

Dass sich selbst eine große Wall-Street-Bank wie Morgan Stanley inzwischen der Prognose annimmt, wonach Gold eine zunehmend wichtigere Rolle unter Berücksichtigung eines rapide in den Keller sinkenden Vertrauens in Fiat- und Papierwährungen unter einer zunehmenden Anzahl von Marktakteuren spielen wird, war vor einigen Jahren gewiss noch undenkbar.

Auch hieran zeigt sich, welchen Veränderungen sich unsere Welt gerade unterworfen sieht.

Dass auch alle anderen Rohstoffe aus Anlagegesichtspunkten interessant werden, um Geld außerhalb des bestehenden Systems zu veranlagen, mag auch anhand eines Blicks an die Märkte für Diamanten oder andere teure Edelsteine ersichtlich werden, nachdem es dort in den letzten Wochen zu teils massiven Preisrallys gekommen war.

Hierbei handelt es sich um Anlagewerte, die ich persönlich, wie unter anderem auch Gold oder andere Metalle, als mobile Hard Assets bezeichne – im Gegensatz zu Immobilien wie Häuser oder Wohnungen, die sich nicht unter dem Arm mitnehmen lassen…

 

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