Erinnert sei an die Tatsache, dass Katar als potenzieller Flüssiggaslieferant aus deutscher Perspektive mittlerweile aus dem Spiel zu sein scheint. Mit großen Hoffnungen und bereit zu unterwürfigen Gesten war der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck nach Katar gereist, um dort auf eine Zusage zur Substitution von russischen Gaslieferungen zu setzen.

Da die katarische Führung aufgrund von weitläufigen Investitionen in die Expansion eines Mega-Gasfelds vor der eigenen Küste verständlicherweise jedoch lediglich an dem Abschluss von langfristigen Lieferverträgen mit neuen Kunden Interesse hegt, ist die Fokussierung der Berliner Regierung auf einen zukünftigen Ausbau der alternativen Energien in Deutschland den Ambitionen und kurzfristigen Hoffnungen von Robert Habeck in die Quere geraten.

Olaf Scholz kehrt mit leeren Händen aus Kanada zurück

Ähnlich sieht es nach dem jüngsten Besuch des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz bei Kanadas Premierminister Justin Trudeau aus. Unter Bezugnahme auf Justin Trudeau erweise sich eine kurzfristige Versorgung Deutschlands mit Flüssiggas aus dem Ahornland aus dem aktuellen Blickwinkel als nicht vorstell- beziehungsweise umsetzbar.

Denn das hauptsächlich in Westkanada geförderte Gas, so Justin Trudeau, müsse hiernach an die kanadische Ostküste transportiert werden, um dort dann in einem Anschlussprozess erst noch in Flüssiggas transformiert zu werden.

Kanada mangele es allerdings nicht nur an Pipelines für einen solchen Transport, sondern auch an einer entsprechenden Fabrik zur Gasverflüssigung an der Ostküste des Landes. Um die heimische Industrie zu den damit verbundenen Investitionen zu bewegen, seien – wen wundert es? – langfristige Lieferverträge für Flüssiggas mit Kunden in Europa notwendig.

Und da sich die deutsche Bundesregierung auf langfristige Lieferverträge aufgrund des eigens geplanten Ausbaus der heimischen Wind- und Solarenergie augenscheinlich nicht einlassen möchte, wird es auf unabsehbare Zeit auch nicht zu Flüssiggaslieferungen aus dem Ahornland kommen.

Um das eigene Gesicht zu wahren, ist zwischen Olaf Scholz und Justin Trudeau zumindest eine Lieferung von kanadischem Wasserstoff, einer Technologie, die übrigens noch in den Kinderschuhen steckt, ab dem Jahr 2025 vereinbart worden. Spötter ließen sich zu der Behauptung hinreißen, dass es sich bei dem Besuch von Olaf Scholz um eine Schlappe á la Katar 2.0 gehandelt habe.

Belgiens Premierminister De Croo gießt Öl ins Feuer der Debatten

Denn nach wie vor steht Deutschland vor dem diesjährigen Winter ohne alternative Gaslieferanten da. Dass der belgische Premierminister Alexander De Croo jetzt noch Öl ins Feuer einer ohnehin bereits sehr hitzig geführten Debatte in der Öffentlichkeit gegossen hat, macht die Dinge gewiss nicht besser, so aber doch in einem gewissen Maße ehrlicher.

Denn zu Wochenbeginn hatte Alexander De Croo gegenüber dem belgischen Fernsehsender VRT erklärt, dass sich die europäische Energiesituation auch in den nächsten fünf bis zehn Wintern als schwierig erweisen dürfte.

Allgemein ließe sich die Lage auf dem ganzen europäischen Kontinent als äußerst schwierig bezeichnen, so Alexander De Croo. In zunehmenden Bereichen der Wirtschaft scheine eine Schmerzgrenze erreicht worden zu sein.

In der Übersetzung bedeutet das, dass immer mehr Unternehmen die dramatisch gestiegenen Energiekosten anscheinend nicht mehr schultern können. Nicht nur der bevorstehende Winter werde, so Alexander De Croo, schwierig werden in Europa, sondern auch die in den nächsten Jahren folgenden Winter könnten mit ähnlichen Entwicklungen einhergehen.

Inzwischen scheint es also auch unter europäischen Politikern zu dämmern, dass sich eine über viele Jahrzehnte auf dem europäischen Kontinent erbaute Gasinfrastruktur nicht einfach mal über Nacht durch andere Lieferanten ersetzen lassen wird.

Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz mag diese Einsicht gewonnen haben, wie die nachfolgende Überschrift eines Berichts in der Berliner Zeitung vom 9. Juli mutmaßen lässt.

Link: https://www.berliner-zeitung.de/news/scholz-prognostiziert-jahrelange-energieknappheit-fuer-deutschland-li.244973

Im Gegenteil deuten die jüngst getätigten Aussagen des belgischen Premierministers De Croo darauf hin, dass eine komplette Transformation der europäischen Energieinfrastruktur einen Zeitraum von mehreren Jahren in Anspruch nehmen wird.

Den Ast abgesägt, auf dem es sich jahrzehntelang komfortabel sitzen ließ

Aus aktueller Sicht lässt sich nicht mehr ausschließen, dass die europäischen Energiepreise in den Zustand einer Hyperinflation versetzt zu werden drohen, falls ein solcher Prozess nicht längst begonnen haben sollte.

Wahrscheinlich werden sich nur noch die uninformiertesten Zeitgenossen über die heutige Entwicklung wundern. Denn was die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie die Brüsseler Führung unter Berücksichtigung der gegenüber Russland verhängten Sanktionen unternommen haben, lässt sich mit dem Absägen des eigenen Astes, auf dem über viele Jahre komfortabel gesessen wurde, vergleichen.

Eigentlich nur Ungarn war so clever, um sich neben diplomatischen Kanälen zum Moskauer Kreml auch russische Pipeline-Gaslieferungen komplett offen zu halten. Dass der russische Energieriese Gazprom zu Wochenbeginn bekanntgegeben hat, die Pipeline Nord Stream 1 aufgrund von erneuten Wartungsarbeiten zwischen dem 31. August und dem 2. September herunterfahren zu wollen, hat in Berlin und Brüssel Befürchtungen vor einem möglicherweise kompletten Gaslieferstopp aus Russland vor dem bevorstehenden Winter genährt.

Kommt der nächste große Energiepreisschub erst noch?

Allein diese Ankündigung hat dazu geführt, die europäischen Gas- und Strompreise zu Beginn dieser Woche auf jeweils neue Rekordhochs zu befördern. Inzwischen haben die Gaspreise in Europa ein durchschnittliches Niveau von knapp 280 Euro pro Megawattstunde erreicht, was fünfzehn Mal höher liegt als in einem gewöhnlichen Sommer.

Energieanalysten warnen unterdessen davor, dass die Gaspreise an den europäischen Börsen vielleicht erst richtig abheben werden, falls es tatsächlich zu einem längeren Gaslieferstopp durch die Russische Föderation zum Ende des diesjährigen Sommers kommen sollte.

In einem solchen Fall sei damit zu rechnen, dass die Gaspreise in Europa auf über 400 Euro pro Megawattstunde klettern werden. Selbstverständlich bleiben all diese Entwicklungen nicht ohne Folgen. Denn inzwischen zeichnet sich aus Sicht der Eurozone und der EU eine tiefe Rezession ab.

Der belgische Premierminister Alexander De Croo findet auf diese Herausforderungen augenscheinlich keine andere Antwort, als an Solidarität und gegenseitige Unterstützung auf dem europäischen Kontinent zu appellieren.

Aufrechterhaltung der Energiesicherheit: Politisches Totalversagen!

Dass Politiker von ihren Wählern einst in Ämter gewählt wurden, damit diese – neben anderen Ansinnen – für die Aufrechterhaltung der allgemeinen Energiesicherheit sorgen sollen, scheint über die Entwicklungen in der Ukraine in den meisten Hauptstädten Europas in diesen Tagen in Vergessenheit geraten zu sein.

Allein die infantile Annahme, dass sich ein exorbitanter Anteil von etwa 45 Prozent an russischen Erdgaslieferungen an die Europäische Union zügig würde ersetzen lassen, spricht für ein zunehmendes Maß an Realitätsverlust auf politischer Ebene.

Bezahlen sollen es nun einmal mehr die europäischen Bürger, denen nicht nur aufgrund der explodierenden Energiepreise die eigene Lebensgestaltung mehr und mehr zur Hölle gemacht wird, sondern mittels einer politisch beschlossenen Gasumlage – wie in Deutschland – soll die Allgemeinheit auch gleich noch die großen Gasimporteur-Konzerne vor einem möglichen Kollaps „retten“.

Gerade im Bereich der abhängig beschäftigten Arbeitnehmer und Rentner zeichnet sich ab, dass der Gürtel unter diesen Betroffenen immer enger geschnallt werden muss. Wenn die Energiekosten ab Herbst massiv in die Höhe klettern werden, wird dies erstmals so richtig in den Portemonnaies spürbar werden.

Folge dürfte ein weiter zunehmender Konsumverzicht unter weiten Teilen der Bevölkerung sein, der die Wirtschaften und Unternehmen in Europa hart treffen wird. Eine tiefe Rezession in der Region dürfte inzwischen also mehr als eine ausgemachte Sache sein.

Finnlands Netzbetreiber warnt vor potenziellen Stromausfällen!

Hiobsbotschaften prasseln in diesen Tagen auch auf die finnische Öffentlichkeit ein. Nicht so sehr, weil Premierministerin Sanna Marin kein Maß beim Feiern zu kennen scheint, sondern da der finnische Netzbetreiber inzwischen ganz offen vor Stromausfällen im Land im Winter warnt.

Die finnische Öffentlichkeit solle sich auf eine solche Möglichkeit adäquat vorbereiten, wie es dort weiter heißt. Und auf welche Weise soll das geschehen? Indem sich jetzt jeder Bürger im Land ein dieselbetriebenes Stromaggregat anschafft?

Noch im Mai, als die Russische Föderation angekündigt hatte, kein Erdgas an den Nachbarn Finnland mehr liefern zu wollen, hieß es seitens „Experten“, dass Finnland diese getroffene Entscheidung gut werde wegstecken können.

Zwar bezog Finnland bis dahin einen Anteil von gut siebzig Prozent an allen Gaslieferungen aus der Russischen Föderation, doch die Beschaffenheit und die Diversität des Energiemixes würden den Finnen, so die damalige Auffassung, keine schlaflosen Nächte bereiten.

Und jetzt sehen die Dinge plötzlich doch ganz anders aus? Nun wird auf die dramatische Lage an den europäischen Energiemärkten hingewiesen, welche insbesondere im Strombereich für einen extrem hohen Grad an Unsicherheit unter den Marktteilnehmern gesorgt habe. Und eine solche Situation hat sich im Mai nicht bereits absehen lassen?

Ergänzend sei hier erwähnt, dass auch Norwegen vor Kurzem eine Reduzierung der eigenen Stromexporte in Aussicht gestellt hatte, um die heimische Versorgung mit Elektrizität über die Wintermonate sicherzustellen.

Zu einer Minimierung der norwegischen Stromexporte wird es dann kommen, falls die heimische Stromproduktion aus Wasserkraft auf kritische Niveaus sinken sollte, wonach es im diesjährigen Sommer durchaus aussieht.

Norwegens Unternehmen und privaten Verbrauchern werde definitiv Vorfahrt vor dem Ausland eingeräumt, um einem massiven Anstieg der Strom- und Energierechnungen im diesjährigen Winter entgegenzuwirken, wie es weiter hieß.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht auf der Seite von VRT.be.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Wie war das? Ein Waschlappen ist eine brauchbare Erfindung? Oder wer friert soll sich im Winter einfach zwei Pullis überziehen?

Erinnert sich noch wer an Marie Antoinette und deren Aussage „Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen?“

Wie lange das Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ unter Politikern, die jedwedes Maß verloren zu haben scheinen und aufgrund ihres eigenen Versagens hauptsächlich für die aktuelle Situation auf dem europäischen Kontinent verantwortlich zeichnen, aus Sicht der Bürger noch ertragbar sein wird, dürften der bevorstehende Herbst und Winter zeigen.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"