Bei Griechenland ist aber alles anders, erst Recht, da es sich um ein Euro-Mitgliedsland handelt. In der Eurozone gelten andere, nämlich politische Gesetze. Kredite müssen weiter gewährt werden, um die Folgen eines ansonsten drohenden Grexit zu vermeiden.
Was passiert bei Griechenland ante Euro-portas?
Denn nach Grexit und damit nach Wiedereinführung einer Schwachwährung würde Griechenland seine Urlaubsorte und Köstlichkeiten europa- und weltweit zu Schnäppchenpreisen anbieten, um seiner Ökonomie wieder Leben einzuhauchen. Zügig würden sich andere angeschlagene Euro-Länder fragen, warum sie noch im Euro bleiben, wenn man zuschauen muss, wie Touristen z.B. nach Kreta abwandern und Euro-teure, eigene Südfrüchte zu verderblichen Ladenhütern werden. Zypern oder Portugal hätten nach Grexit ein vitales Interesse an einem Ausstieg, zumal dann der Exit-Bann gebrochen wäre. Und warum sollten im Zuge der Austreteritis Länder wie Spanien, Italien oder Frankreich noch im Währungsraum bleiben? Deren Landsleute sind schon längst vielfach der Meinung, dass es ihnen in der guten alten Vor-Euro-Zeit besser ging als heute. Am Ende wäre Deutschland allein im Euro-Haus. Und unser transatlantischer „Freund“ Trump wird die europäische Zwietracht noch vergrößern, indem er versucht, noch weitere Staaten mit zuckersüßen bilateralen Abkommen auf seine dunkle Seite der Handels-Macht zu ziehen. Hier werden die Briten gerne den advocatus diaboli spielen, die kein Interesse mehr an einem geeinten Europa haben.
Die Erwartung, dass abwertende, Ex-Euro-Länder dann noch ihre auf Euro lautenden Schulden zurückzahlen können, ist eine Illusion. Deutschen Steuerzahler, die ja auch Wähler sind, wären nicht amüsiert, wenn sie für viele Mrd. ausfallender Kredite bluten müssten. 2010 wäre ein Grexit noch zu vertretbaren Bedingungen möglich gewesen und hätte vor allem gezeigt, dass die Eurozone ihre Stabilitätskriterien nicht mit Füßen tritt. Doch wer politisch zu spät kommt, den bestraft das finanzpolitische Leben: Heutzutage wäre der Grexit der erste fallende Dominostein. Nicht zuletzt ist Griechenland mit seiner EU-Außengrenze bei der Lösung der Flüchtlingskrise von großer Bedeutung. Da lässt man ein Land nicht gerne gehen. Mittlerweile ist Griechenland finanz-, aber auch allgemeinpolitisch Europa-systemrelevant. Griechenland bleibt Mitglied im Euro-Club.
Wunder gibt es immer wieder- Bei Katja Ebstein ja, bei Griechenland nein!
Als Gegenleistung für neue griechische Kredite fordern die harten Stabilitätshunde für 2018 einen Primärüberschuss im Staatshaushalt - d.h. ohne Zins- und Tilgungsleistungen - von 3,5 Prozent zur Wirtschaftsleistung. Das ist eine sinnbefreite Kennzahl, denn der Schuldendienst eines Landes gehört zur finanzpolitischen Realität dazu. Ein Unternehmen sagt ja auch nicht, vor Kosten sehen wir super aus. Ohnehin ist dieser Wert für Griechenland nicht zu schaffen. Eher läuft das gesamte griechische Kabinett die 100 Meter-Strecke unter 10 Sekunden. Übrigens, so einen exzellenten Wert erreichte die Eurozone insgesamt zuletzt in der Hochkonjunktur vor der Finanzkrise und danach niemals auch nur annähernd wieder. Schon ein vom IWF geforderter Primärüberschuss von 1,5 Prozent wäre eine großartige Finanzleistung. Und hinter vorgehaltener Hand weiß das auch jeder Politiker.
Dennoch, zur utopischen Zielerreichung werden weitere Steuererhöhungen sowie Sozial- und Rentenkürzungen gefordert. Die Hellenen werden förmlich ausgepresst wie griechische Zitronen. Ich dachte immer, einem nackten Mann könne man nicht in die Tasche greifen. Doch scheint Europa den Schlager „Wunder gibt es immer wieder“ von Katja Ebstein wörtlich zu nehmen. Leider hat man mit Kaputtsparen noch nie Wachstum erzielt, womit der angestrebte Primärüberschuss noch irrealer wird.
Die Schulden Athens von über 300 Mrd. Euro mit einem Verhältnis von etwa 180 Prozent zur Wirtschaftsleistung sind für Athen untragbar hoch und mit eigenen griechischen Bordmitteln niemals mehr zurückzahlbar. Und dabei wurden die Kreditzinsen bereits atomisiert. Auch müssen die Schulden erst getilgt werden, wenn viele der heutigen Euro-Politiker längst in Pension sind und z.B. Rosen aus Athen züchten.
Um das Euro-Land Griechenland von der Intensivstation zu holen, müsste man Staatsschulden rigoros streichen. Der IWF hat diese Lösung immer angemahnt und ansonsten mit dem Ausstieg aus weiteren Kredithilfen gedroht. Doch wird man sich einmal mehr auf einen stinkendfaulen Kreditkompromiss einigen, der mindestens bis nach den Bundestagswahlen auch den IWF im Boot hält. Als Alibi wird man kleinste griechische Reformschritte feiern wie die Heldentaten von Odysseus.
In der Eurozone kommt Griechenland auf keinen grünen Oliven-Zweig
Auch wenn man Griechenland in dieser Sekunde alle Schulden streichen könnte, würde es ab der nächsten Sekunde wieder anfangen, kräftig neue Schulden anzuhäufen. Das liegt nicht an den Griechen. Die eigentliche Ursache für die Malaise ist Griechenlands Euro-Wettbewerbsunfähigkeit. Es fehlen die industriellen Standortqualitäten. Das Land liegt weit ab vom Schuss, von den Industriezentren Mitteleuropas. Damit hat man schon einmal ein großes Transportkostenproblem. Daneben ist es in Griechenland im Sommer zu heiß, um - wie in Mitteleuropa üblich - durchzuarbeiten. Und der Einbau von Klimaanlagen machte die Produktion in Griechenland noch unwirtschaftlicher. Genau diesem volkswirtschaftlichen Anpassungsdruck konnte man damals noch mit Abwertungen der Drachme wirksam begegnen. Heute sitzt Griechenland in der Euro-Falle.
Diese Vorteile kommen z.B. Polen, Tschechien oder Ungarn jedoch zugute, die auch noch nahe am Industriekernland Deutschland liegen. Es ist eine Lebenslüge von Euro-Politikern, dass das Land im Korsett der Eurozone konkurrenz- und überlebensfähig werden könnte. Eher fahren Frau Merkel und Herr Trump gemeinsam in Urlaub.
Bei der Griechenland-Frage geht es am wenigsten um Griechenland
Und da hilft auch keine wirtschaftsfreundlichere Regierung in Athen. Man hat zu lange nur gekleckert und nicht richtig geklotzt. Jetzt ist die Geduld der griechischen Bevölkerung für Reformen aufgebraucht. Und Privatisierungen zu aktuellen Schnäppchenpreisen, um dem Staat einmalig Geld einzubringen, würden der Regierung den Vorwurf einbringen, Staatsvermögen zu verschleudern.
Und ebenso sollten die aktuell hochgelobten Wirtschaftswachstumsraten nicht überschätzt werden. Es geht nicht darum, einen kurzen Sprint, sondern einen Marathonlauf erfolgreich zu bestehen.
In der Griechenland-Frage befindet sich Europa in einem kolossalen Dilemma: Einerseits setzte ein ökonomisch durchaus überlegenswerter Grexit mittlerweile die gesamte Eurozone politisch aufs Spiel. Andererseits muss die weitere griechische Mitgliedschaft im Euro-Club mit neuen Krediten finanziert werden, deren Rückzahlung eine finanzpolitische Illusion ist.
Europa wird sich für den griechischen Verbleib entscheiden. Das hat absolute Priorität. Damit schwebt das (sozial-) politische Damoklesschwert weiter über Griechenland. Man denkt nicht an die Griechen, sondern nur an sich. Mit diesen (Stabilitäts-)Täuschungen müssen Eurozone und EU leben.
Und Brüssel lebt gut damit: Für jeden kommt einmal die Stunde der Wahrheit und dann heißt es lügen, lügen, lügen.
Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG:
Kommentare
Die Frage war: Wollt ihr aus dem Euro raus und dann mit der Drachme den Schuldenschnitt durch die Entwertung machen...??
Die Antwort war: Wir wollen im Euro bleiben und TROTZDEM einen Schuldenschnitt...!!
Das ist Kindergartenniveau...!!
Für nahezu fast jeden Austritt ist der Zug vor ein paar Jahren bereits abgefahren. ESFS, ESM... alles zu kurz gedacht ! Dank Brexit besitzen die Nordländer bald keine Sperrminorität mehr in der EU (und nicht nur in der Eurozone) ! Für 2018 haben die EU-MED-Staaten bereits genügend Sitzungsvorlagen angekündigt, dass einem Angst und Bange werden kann...
Spanien kauft trotz Pleite alles an spanischen Staatsanleihen auf was geht und gibt sie in der gleichen Sekunde an die EZB weiter... Sie leihen sich bei der EZB die Kohle, um damit die eigenen Schuldverschreibungen zurückzukaufen und um sie dann wiederum bei der EZB im QE-Programm zu lagern. Die Deutsche Bundesbank ist wiederum verpflichtet, diese anteilig bei der EZB zu halten. So hat die Deutsche Notenbank zwar bei Ausfall eine Forderung gegenüber der EZB, aber NICHT mehr gegenüber dem spanischen Staat ! Italien, Griechenland, Portugal... Jacke wie Hose...
Über diesen Weg wurden bislang 50 % des Auslandsvermögens der BRD "beliehen"... Davon merkt Lieschen Müller erst dann etwas, wenn die Blase platzt und ihre Lebensversicherung, Pensionsrücklage, Rente... futsch bzw. neu bewertet ist...
Hinzu kommen die Targetsalden...
Da fängt keiner bei Null wieder an und hat sich entschuldet.... Und bis dahin hat auch die Austeritätspolitik keiner Wirtschaft geholfen....
Es geht darum, möglichst viele Staats- oder auch Privatschulden in der EZB zu parken und das Spiel endet abrupt, sobald der erste systemrelevante Ausstieg erfolgt ist. Alle Schulden, die dann nicht bei der EZB geparkt wurden, müssten nämlich auch in der neuen Währung beglichen werden. Die bei der EZB ausgelagerten Schulden müssten/sollten/könnten dann zwar genauso zurückgefordert werden, aber von wem denn...?? Die Gläubigerländer haben eine wertlose Schuldverschreibung gegenüber einem EZB-System, welches dann nicht mehr existiert oder noch besser, nur noch aus den Gläubigerstaaten besteht...
Es ist immer das gleiche Prinzip des Betruges... man kann keine Sachwerte fälschen.... man fälscht nicht mal einen Nominalwert wie das Geld... man fälscht etwas, was diesen Nominalwert darstellt... und man fälscht nicht durch komplizierte Manipulation, sondern durch simple Vermehrung einer Abbildung dieses Nominalwertes...
Exakt wie im Film "Catch me if you can...", Statt Dollar nachzudrucken vermehrt man Gehaltschecks (wie Staatsanleihen...). Diese löst man nicht beim Gläubiger ein (wie der gehaltzahlenden Firma), sondern löst sie bei einem Dritten (z.B. der EZB) ein... Verrechnet der Dritte dann diese Forderungen / Guthaben, dann wird der Gläubiger geschädigt.... Kommt es aber nie zu einer Verrechnung, dann bekommt auch der Gläubiger nicht mit, dass er geschädigt wurde...! Und genau dies ist der Status Quo...! Die Verrechnung findet bislang nicht statt, da die EZB munter Targetsalden, Berge an Staatspapieren, riesige Mengen an sonstigen Anleihen verwaltet... Und jeder Schuldner versucht, seine Schulden in einem möglichst großem Umfang bei dieser Instanz unterzubringen, so lange es noch geht...
Und so verwundert es dann nicht, warum die deutsche Bundesbank stark steigend in fremden Staatsanleihen investiert ist, weil sie diese über die EZB als Forderung gegen die EZB (und nicht gegen z.B. Spanien) halten muss....
Und so verwundert es dann nicht, dass der italienische Staat 4 systemrelevante Banken rettet und die Mittel hierzu als italienische Staatsanleihen bei der EZB parkt, die wiederum gerne von deutschen Lebensversichereren gehalten werden...
Und so verwundert es dann nicht, dass Griechenland auch im nächsten Sommer wieder nicht haltbare Versprechungen abgibt, um noch eine Runde weiter umzuschulden...
Und so verwundert es dann nicht, dass es völlig belanglos ist, welcher schwarze Schwan das System zum Kippen bringt... Der Zeitpunkt ist wichtig, der Grund nicht...
Die nächste Sitzung der EU-MED-Staaten wurde nicht umsonst nach den 3 wichtigen Gläubigerlandwahlen erst in 2018 vereinbart...
Nicht umsonst endet das Bail-In-Verbot der EU am 01.01.2018...
Und ungemein praktisch ist die Tatsache, dass in 2017 und 2018 die FATCA-Abkommen umgesetzt werden.. und in der BRD die Abgeltungssteuer fallen wird...
Und gegenüber China / Trump.... ist dies dennoch alles Kleinkram...
Geht hier noch einer davon aus, dass das System mit steigender Umdrehungszahl noch weitere 10 Jahre hält...?? Ich zweifelte schon 1999, war 2007 fassungslos und werde 2019 graue Haare haben... Das waren dann 20 Jahre Staunen über finanzmathematische Kuriositäten, die nach Adam Riese und nach den Regeln der Marktwirtschaft so hätten nie über diese langen Zeiträume funktionieren dürfen !
Über diesen langen Zeitraum ist die Fallhöhe stetig gewachsen und KEINER nimmt noch an, dass sich diese Ungleichgewichte geregelt korrigieren lassen..!
In diesem Umfeld eine reelle Altersvorsorge aufzubauen halte ich für eine Illusion... Aber ich lasse mich sehr gerne eines besseren belehren...
Wir diskutieren gerne welche Renditen nach welchem System möglich sind...
Welchen Sinn macht das, wenn dank FATCA alle Vermögen erfasst werden, Kapitalertäge nicht mehr einer Abgeltungssteuer (von 25 %), sondern einer persönlichen Abgabenquote (zusammengesetzt aus Steuer, Soli, Kirche und KV...) unterliegen. Die Summe aller Einkünfte (also aus Arbeit, Kapital, Vermietung...) mit Abgaben (und nicht nur mit einer Steuer) belegt wird... Und der nicht durch den Fiskus angetastete Stock an Werten (Kapitalvermögen, Aktienvermögen, Rentenansprüche, Pensionsansprüche, Immobilienmietwert...) unter Begleitung eines Lastenausgleichgesetzes entwertet wird...?
Dann hätte man sich besser vorher entschuldet, so klein gesetzt, dass man den Standard besser halten kann, vielleicht den einen oder anderen Urlaub nicht aufgespart...
Man kann sich auch bei Russen nach dem Zerfall oder Amerikanern nach 2007 schlau machen...
Trotzdem, das imich die Zeit verwirrt, hoff ich als Mensch - ich habe mich geirrt!
Hans Thom