Über rund zwei Jahrzehnte hatte es Japan mit einer weitläufig hartnäckigen Deflation zu tun, die nach dem Immobilien- und Börsencrash Ende der 1980er beziehungsweise zu Beginn der 1990er Jahre in der Folge nicht mehr enden wollte.

Seitdem die Bank of Japan in der vergangenen Dekade unter die kontrollierende Fuchtel der Tokioter Regierung geraten ist und die japanische Notenbank in diesem Zuge ihre politische Unabhängigkeit eingebüßt hat, haben sich die Dinge seit diesem Zeitpunkt in ihr Gegenteil verkehrt.

Von einem Extrem ins andere

Plötzlich durchlebt das Land eine inflationäre Entwicklung, die sich vor einigen Jahren noch kaum ein Beobachter vorzustellen wagte. Wie in vorherigen Berichten zu diesem Thema ausgeführt, erweist sich die Bank of Japan als letzte große Zentralbank der Welt, die bislang keine Signale bezüglich einer Beendigung ihres exorbitanten QE-Programms ausgesendet hat.

Wie in der Vergangenheit gemutmaßt, haben sich „Abenomics“ und der Hang zu einer ungehemmten elektronischen Gelderzeugung in den vergangenen Jahren desaströs auf den Außenwert des japanischen Yens ausgewirkt.

Der anhaltende Yen-Absturz befeuert wiederum die heimische Inflation, weil sich vor allem die Einfuhren von Energieerzeugnissen und anderen Rohstoffen im Zuge dieser anhaltenden Entwicklung signifikant verteuert haben.

Hinzu gesellt sich die Tatsache, dass sich das Zinsgefälle zwischen Japan und den Vereinigten Staaten (und anderen großen Wirtschaftsräumen) in den letzten Monaten deutlich ausgeweitet hat.

Die Repräsentanten der Bank of Japan möchten vielleicht den Eindruck erwecken, als ob diese Entwicklungen aus ihrer Sicht zu vernachlässigen und nicht allzu ernst zu nehmen sind.

Doch wer neben der im Außenwert abschmierenden Währung auch die Zinsentwicklung an den japanischen Staatsanleihemärkten (JGB-Märkten) nicht aus den Augen verliert, nimmt wahr, dass die heimische Finanzmarkthütte Feuer gefangen zu haben scheint.

Inflation bereitet der Bank of Japan Probleme

Ablesen lässt sich das unter anderem anhand der Tatsache, dass die heimische Inflation sich jetzt seit mehr als einem Jahr über dem durch die Bank of Japan anvisierten Inflationsziel von zwei Prozent befindet.

Selbstverständlich lastet diese Entwicklung wie ein Pfund Blei auf der allgemeinen Kaufkraft der japanischen Bürger, worunter wiederum der heimische Konsum leidet. Es folgt ein Blick auf den gestrigen Verlauf der japanischen Währung, die mit knapp 151,7 Yen pro US-Dollar aus dem Handel ging.

In diesem Zuge sank die japanische Währung auf ihre zu Beginn der 1990er Jahre gegenüber der amerikanischen Währung ausgebildeten Tiefs.

Es wird jetzt interessant, weil die Zinsen im 10-jährigen JGB-Bereich im gestrigen Handel zeitgleich in Richtung der 1-Prozent-Marke marschierten. Irgendetwas wird nach der gestern abgehaltenen Zinssitzung der Bank of Japan, die mit dem Hinweis auf möglicherweise über die Schwelle von einem Prozent hinaus steigende Zinsen im 10-jährigen Bereich einherging, wohl bald passieren müssen.

Hektische Maßnahmen bestimmen das Bild

Gewiss kann es sich die Tokioter Regierung aus finanzieller Perspektive und angesichts eines exorbitanten Staatsschuldenbergs nicht leisten, allzu lange tatenlos dabei zuzuschauen, wie die langfristigen Zinsen an den JGB-Märkten weiter steigen, während die heimische Währung zeitgleich weiter abschmiert.

Wahrscheinlich nicht von ungefähr sind die allgemeinen Zustimmungswerte des japanischen Premierministers Fumio Kishida – wie bereits gestern berichtet – über die letzten Monate in den Keller gerauscht.

Um hierauf zu reagieren, hatte die Tokioter Regierung in der letzten Woche angekündigt, Japans private Haushalte und Unternehmen für deren gestiegene Lebenshaltungs- und Produktionskosten „kompensieren“ zu wollen.

Es kann sich nach all dem in den vergangenen Jahren Erlebten bestimmt nur um eine gute Neuigkeit handeln, wenn die japanische Regierung nun das Füllhorn über ihren Bürgern und Unternehmen auszuschütten gedenkt, um die zunehmenden Bedenken an den internationalen Finanzmärkten zeitgleich beiseite zu wischen (Vorsicht: Ironie!).

Eine Bereitstellung von großzügigen Steuersubventionen und Direktzahlungen in Aussicht stellend, pocht Fumio Kishida darauf, dass diese angedachte Vorgehensweise richtig sei, um die japanische Wirtschaft aus der Stagnation, oder vielleicht besser Stagflation, zu befreien.

“The Roving Cavaliers of Credit“ sind mit ihrem Latein am Ende

Nachfolgend Bezug auf eine Grafik von tradingeconomics.com nehmend, lässt sich erkennen, dass das Wachstum der japanischen Wirtschaft trotz der elektronischen Gelderzeugungsorgie der Bank of Japan über die vergangenen Jahre kaum vom Fleck gekommen ist.

The Roving Cavaliers of Credit“, hier in Anspielung auf einen aus meiner Sicht als legendär zu bezeichnenden und im Jahr 2009 publizierten Bericht des australischen Ökonomen und Professors Steve Keen, scheinen augenscheinlich am Ende ihres Lateins angekommen zu sein.

Wundern muss einen das nicht. Denn schon zu Beginn des Ben Bernank´schen Helikopter-Geldexperiments war aufmerksamen Beobachtern bewusst gewesen, dass es ab einem gewissen Zeitpunkt einen beständig steigenden Input – heißt also elektronisch erzeugte Geldeinheiten – benötigen würde, um denselben Grad an BIP-Wachstum hervor zu rufen.

Abgesehen von den Vereinigten Staaten wird dies nirgendwo auf der Welt derart deutlich wie in Japan. In Japan, wo die Bank of Japan schon seit einiger Zeit über „unlimitierte Ankäufe von langlaufenden Staatsanleihen“ spricht, und diese Drohung auch umsetzt, wird ersichtlich, auf welch eine desaströse Weise sich diese Geldpolitik auf die Stabilität des japanischen Yens samt des Erhalts der allgemeinen Kaufkraft im Land ausgewirkt hat.

Blick auf den „japanischen“ Goldpreis

Inzwischen erweckt die japanische Währung den Eindruck eines Kamikaze-Sturzbombers, der kurz vor dem Aufschlag steht.

Deutlich ablesbar wird diese Beobachtung unter anderem auch anhand eines Charts von kitco.com, aus dem der langfristige Verlauf des Goldpreises auf Basis des japanischen Yens hervorgeht. Viel muss hierzu nicht gesagt werden. Hin und wieder sprechen Charts auch ganz einfach für sich selbst.

Inmitten der sich zuspitzenden Situation bringt Premier Fumio Kishida nun „weitreichende ökonomische Maßnahmen“ ins Spiel. Wer die sich entwickelnde Situation über die letzten Jahre aufmerksam beobachtete, hat sich mittlerweile an derartige Superlative in der verbalen Kommunikation gewöhnt.

So sehen die aktuellen Pläne der Tokioter Regierung neben Steuersenkungen, die privaten Haushalten in Form eines Inflationsausgleichs zugute kommen sollen, auch eine Reihe von Steuervergünstigungen im Unternehmenssektor (in der Hoffnung auf eine Ankurbelung der heimischen Investitionen) vor.

Ob sich diese Maßnahmen mit dem zuvor verlautbarten Ziel einer in den nächsten fünf Jahren vorgesehenen Verdopplung des Verteidigungsbudgets vereinbaren lassen, sei für den Moment einmal dahingestellt.

Dass die politische Opposition den Plänen von Fumio Kishida nichts würde abgewinnen können, ließ sich erwarten. Vielmehr wird Japans Premierminister für den Versuch kritisiert, sich angesichts seiner miserablen Umfragewerte Stimmen unter Teilen der Wählerschaft erkaufen zu wollen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite der Bank of Japan.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Wie viele Konjunkturstimulierungsmaßnahmen, egal ob nun in einem deflationären oder in einem inflationären Umfeld, will die Tokioter Regierung angesichts der stark zunehmenden Probleme an den heimischen Staatsanleihe- und Währungsmärkten eigentlich noch auflegen?

Man kann es drehen und wenden wie man möchte, doch letzten Endes bestätigen die aktuellen Entwicklungen auf der Welt, dass Investoren wie Jim Rogers die Dinge zu einem bereits recht frühen Zeitpunkt korrekt vorausgesehen haben.

Mir ist dabei vor allem folgendes Statement in Erinnerung geblieben: „Sie wissen nur, wo sich der Knopf an der Gelddruckmaschine befindet.“

Eine andere im Jahr 2014 getroffene Interviewaussage von Gerald Celente lautete überdies wie folgt: „Falls alles andere scheitert, werden sie die Menschen in einen Krieg treiben.“

Angesichts der zunehmenden Spannungen und zusammenwachsenden Konflikte auf unserer Welt – samt der immer sichtbarer werdenden Probleme im globalen Finanzsystem – kann es einem bei diesen vor jeweils knapp zehn Jahren getroffenen Aussagen nur kalt den Rücken herunterlaufen.

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