Wärmere Wintertemperaturen als zuvor allgemeinhin erwartet haben den Energiemärkten ein wenig Luft verschafft und mit dazu beigetragen, die Preise für Erdöl und Gas unter Druck zu setzen. Andererseits erweckt es den Eindruck, als ob in den letzten Wochen vor allem aus den europäischen Gaspreisen ein gehöriges Element der Spekulation entwichen zu sein scheint.

Die europäischen Gaspreise setzten ihren Abwärtstrend zu Beginn des neuen Jahres fort. An der niederländischen Energiebörse TTF sank der Gaspreis-Future im gestrigen Handel auf unter 74 Euro pro Megawattstunde. Seit Februar 2022 sanken TTF-Futures auf ein neues Tief, und werden in etwa wieder zu Preisen gehandelt, die vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges bezahlt wurden.

Handel entspricht keiner Einbahnstraße

Von jenen Ende August erreichten Allzeithochs im Bereich von knapp unter 350 Euro pro Megawattstunde befinden sich die TTF-Futures inzwischen wieder meilenweit entfernt. Vom damals erreichten Hochpunkt bis heute beläuft sich der Preisrückgang auf satte 75 Prozent.

Der oben aus dem TTF-Gaspreisverlauf ersichtlich werdende „Christbaum-Chart“ und die plötzlich einsetzende Preistalfahrt an den europäischen Gasmärkten lassen einmal mehr erkennen, dass es sich hinsichtlich des Handels an den Energie- und Rohstoffmärkten um keine Einbahnstraße handelt.

Während Analysten saisonal zu warme Wintertemperaturen auf dem europäischen Kontinent und erste Anzeichen für eine Entspannung an der Angebots- und Versorgungsfront für den rasanten Preisrutsch an der niederländischen Energiebörse TTF verantwortlich machen, sind die Importe von Flüssiggas zuletzt auf neue Rekordniveaus geklettert.

Parallel hierzu befinden sich die europäischen Gaslagervorräte (von durchschnittlich 83,5 Prozent) für die aktuelle Jahreszeit auf ziemlich hohen Niveaus.

Im Spannungsfeld der Ungewissheiten

Trotz allem befinden sich die Energiemärkte nach wie vor in einem Spannungsfeld der Ungewissheiten. Einerseits ist es erfreulich, dass äußere Umstände dabei geholfen haben, die Lage an der Gaspreisfront in diesem Winter nicht eskalieren zu lassen.

Andererseits haben sich die dunklen Wolken über der geopolitischen Front nicht verzogen, sondern es erweckt ganz im Gegenteil den Eindruck, als ob es im neuen Jahr zu noch mehr Ungemach als zuvor im geopolitisch/geostrategischen Bereich kommen könnte als im nun abgelaufenen Jahr 2022.

Allen voran die globalen Energiepreise werden hierauf wohl abermals auf eine sehr sensitive Weise reagieren. Was die Geopolitik an Ungewissheiten bereithält, ist an der wirtschaftlichen Front inzwischen zu einer zunehmenden Gewissheit geworden.

Denn führende Wirtschafts- und Konjunkturindikatoren deuten mehr und mehr auf das Einsetzen einer baldigen Rezession in weiten Teilen der Welt hin. Zuletzt hieß es aus dem Bankenbereich, dass sich gut ein Drittel aller Länder unserer Welt bereits in einer Rezession befinden würden.

Nicht alle Rohstoffpreise gleichsam betroffen

Selbstverständlich lastet momentan auch dieser Ausblick auf den Energiepreisen, allen voran Erdöl und Erdgas. Sollte es zu einer deutlich sinkenden Weltnachfrage nach Rohöl und Gas kommen, wonach es zurzeit nicht aussieht, so könnten die Energiepreise weiter sinken.

Interessant ist hingegen die Beobachtung, dass sich beispielsweise der Kupferpreis nahezu unbeeindruckt ob des Ausblicks auf eine globale Rezession im Jahr 2023 gibt. Dabei erweist sich „Dr. Copper“ nun schon seit langer Zeit als ein aufmerksam beobachteter Trendindikator, der auf die Beschaffenheit und den Zustand der Weltwirtschaft schließen lässt.

Der Kupferpreis hat seit seinem im März 2022 erreichten Hoch bei etwa 4,90 US-Dollar pro Pfund bis heute zwar um etwas mehr als einen US-Dollar – und somit gut 22 Prozent – nachgegeben. Nichtsdestotrotz scheint sich der Kupferpreis nach einer vielleicht bereits abgeschlossenen Preiskorrektur auf einem relativen hohen Niveau stabilisiert zu haben.

Es bleibt abzuwarten, auf welche Weise sich die in den vergangenen Tagen publizierten (globalen) PMI-Daten, beziehungsweise die Einkaufsmanagerindizes auf den weiteren Verlauf der Preisbildung an den Rohstoffmärkten auswirken werden.

China: Vorerst ist mit keiner Erholung im produzierenden Gewerbe zu rechnen

So zeigte sich anhand dieser veröffentlichten Daten, dass die Industrie- und Fabrikaktivitäten in der Volksrepublik China angesichts der stark steigenden Covid-Infektionen im Reich der Mitte im Monat Dezember stark gesunken sind.

Parallel hierzu zeigt sich, dass die brenzlige Situation an den tendenziell weiter rückläufigen Immobilienmärkten des Landes noch keineswegs ausgestanden ist. Vielmehr wirken sich eine extrem hohe Verschuldung und tendenziell weiter rückläufige Preise an den Apartment- und Häusermärkten in China inzwischen merklich negativ auf die Investitionsbereitschaft unter Investoren aus.

Die ökonomischen Entwicklungen in der Volksrepublik China bleiben im Jahr 2023 also auf eine aufmerksame Weise zu beobachten. Um noch einmal auf die Lage an den Kupfermärkten zurückzukommen, so warnen Rohstoffanalysten vor sich abzeichnenden Lieferengpässen und möglichen Angebotsknappheiten im Kupfersektor.

Es dürfte dieser Faktor sein, der sich momentan stützend auf den Kupferpreis auswirkt. Denn so reduzierte sich beispielsweise die Kupferproduktion in Chile, dem weltweit führenden Kupferproduzenten, in den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 um knapp 6,8 Prozent im Vergleich mit der Vorjahresperiode.

Im selben Zeitraum hielten landesweite Proteste unter Minenarbeitern in Peru an, wodurch es im Lauf des vergangenen Jahres zu teils ebenfalls empfindlichen Produktionsrückgängen im Kupfersektor gekommen war.

So warnte Trafigura, eines der weltweit größten Rohstoffhandelshäuser, vor Kurzem davor, dass die globalen Kupfervorräte auf rekordtiefe Niveaus gesunken sind. Danach reichten die weltweiten Kupfervorräte gerade einmal für gut fünf Tage aus, um die aktuelle Weltnachfrage zu befriedigen.

Was sich im laufenden Jahr ebenfalls stützend oder vielleicht sogar preistreibend auf die Kupfermärkte auswirken könnte, ist eine kürzlich veröffentlichte Prognose des Minenriesen Glencore. So wird bei Glencore mit Blick auf das Jahr 2023 mit einem Angebotsdefizit in Höhe von rund fünfzig Millionen Tonnen an den Kupfermärkten gerechnet.

Allein hieran lässt sich erkennen, dass es trotz aller Rezessionssorgen auch schlagende Argumente dafür gibt, weswegen die Preise an den internationalen Rohstoffmärkten trotz eines trüben Weltwirtschaftsausblicks nicht zwangsläufig weiter (oder noch stärker) sinken müssen.

Blick auf den Industriebereich in Spanien und Italien

Abschließend sei noch ein Blick auf einige Konjunkturindikatoren wie die jüngst eingehenden Einkaufsmanagerindizes (PMI-Daten) geworfen. Hieran lässt sich unter Bezugnahme auf Markit Economics eine anhaltende Abkühlung der Wirtschaftsaktivitäten in weiten Teilen der Welt ablesen. Es folgt ein Blick auf ausgewählte Wirtschaftsräume in Europa.

Zwar lässt sich anhand des Charts von Tradingeconomics.com erkennen, dass sich die Aktivitäten im produzierenden Gewerbe Spaniens im Dezember auf 46,4 Punkte von 45,7 Punkten im Vormonat erholt haben.

Nichtsdestotrotz kam es im Dezember abermals zu einer Verschlechterung der allgemeinen Geschäftsbedingungen im produzierenden Gewerbe Spaniens, die jetzt bereits sechs Monate in Folge anhält.

Sowohl der Industrieausstoß als auch die neuen Auftragseingänge reduzierten sich im Monat Dezember erneut spürbar. Ein Silberstreif mag sich anhand der Produzentenpreisinflation, die im Dezember in Relation zu den letzten 24 Monaten mit am geringsten ausfiel, am Horizont abzeichnen. Nichtsdestotrotz verharrt die Verbraucherpreisinflation in vielen Bereichen der spanischen Wirtschaft nach wie vor auf sehr hohen Niveaus.

Auch in Italien ist der Einkaufsmanagerindex für das produzierende Gewerbe des Landes im Dezember den sechsten Monat in Folge, wenn auch moderater als in Spanien, gesunken. Trotz einer leichten Erholung zum Ende des vergangenen Jahres deuteten die aktuellen Daten unter Bezugnahme auf Markit Economics auf eine nach wie vor sinkende Industrieproduktion und teilweise äußerst schwache Nachfragebedingungen hin.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf jüngst eingegangene Konjunkturindikatoren auf der Seite tradingeconomics.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Während weltweit tendenziell weiter steigende Zinsen die Wirtschaftsaktivitäten in den meisten Regionen unserer Erde im laufenden Jahr noch stärker unter Druck setzen dürften, bleibt die Lage an den internationalen Rohstoffmärkten engmaschig zu beobachten.

Einerseits ist es in vielen Rohstoffbereichen über die letzten Wochen zu Preiskorrekturen oder gar dem Platzen von Spekulationsblasen gekommen. Mancherorts hat sich die Lage an den Angebotsmärkten aufgrund einer sinkenden Konsumnachfrage inzwischen auch ein wenig entspannt.

Wie der Kupferbereich anhand der heutigen Ausführungen erkennen lässt, muss dies jedoch nicht für alle Rohstoffsegmente gleichsam der Fall sein. Gleichzeitig herrscht das Gefühl vor, als ob es sich mit Blick auf die aktuelle Lage an den Rohstoffmärkten nur um ein temporäres Durchatmen handeln würde, bevor es zum Einsetzen eines nächsten großen Aufschwungs kommen könnte.

Gerade im Rohstoffsektor könnten sich momentan in mancherlei Bereichen gute Einstiegs- und Kaufchancen eröffnen. Wer in diesem Bereich dabei sein möchte, könnte momentan kleinere Beträge in ausgewählte Rohstoffanlagen wie Erdgas oder Kupfer investieren, um die weitere Entwicklung in den nächsten Wochen zu beobachten und abzuwarten.

Positionsaufstockungen empfehlen sich wahrscheinlich erst dann, wenn sich ein klareres Bild an der globalen Konjunkturfront abzuzeichnen beginnt – und falls sich der intransparente Nebel an der geopolitischen Front im Laufe dieses Jahres ein wenig lichten sollte. Nicht zu vergessen bleibt, dass es allen voran Rohstoffe sein werden, welche auf sich abzeichnende Veränderungen oder neue Ereignisse im geopolitischen Bereich mit als erste reagieren werden.

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