In den Vereinigten Staaten regt sich nicht mehr nur landesweiter Widerstand gegen „woke“ Ideen, sondern auch eine wachsende Anzahl an Unternehmen zieht sich aus propagierten Agenden wie ESG (Umwelt-, Sozial- und Lenkungsinitiativen) zurück.

Erzwungenes Umdenken

Mehr und mehr Unternehmen, die sich solchen Agenden bis vor Kurzem noch verschrieben hatten, bekommen die Ablehnung unter wachsenden Teilen der Bevölkerung durch schmerzhafte Umsatz- und Gewinnrückgänge zu spüren.

Es erweckt den Eindruck, als ob sich viele Unternehmensmanagements zu einem Umdenken gezwungen sehen und wieder zur geistigen Besinnung kommen. Auch an der New Yorker Wall Street macht sich diese Entwicklung inzwischen bemerkbar.

Denn der einstige Hip-Begriff `ESG´ verwandelt sich inzwischen in sein genaues Gegenteil. Distanzierung heißt plötzlich das Gebot der Stunde. Unternehmen, welche sich dieser Agenda angeschlossen haben, erleben in diesen Tagen, wie sie im Wettbewerb zurückfallen und es sich mit Stammkunden verscherzen.

Eines der extremsten Beispiele hierfür ist nach wie vor der Brauereikonzern Anheuser Busch, welcher sich seit der Werbekampagne mit Dylan Mulvaney einem nach wie vor anhaltenden Boykott durch seine (einst) angestammten Kunden ausgesetzt sieht.

Auch wenn diese Entwicklung nicht direkt mit `ESG´, sondern vielmehr mit einem sich zuspitzenden Kulturkampf in Verbindung steht, so erweist sich der Imageschaden, den die Marke Budweiser im Nachgang dieser Kampagne hinzunehmen hat, als kaum mehr zu revidieren.

Managements und Marketing-Abteilungen, die über Jahrzehnte aufgebaute Marken in einem Handstreich zerstören, sind in unseren Tagen keine Seltenheit mehr. Unter anderem kann auch der Disney-Konzern ein Lied hiervon singen.

Sägen am eigenen Ast

Auch Banken und Investoren an der New Yorker Wall Street scheinen nun zum Einlenken bereit zu sein, da das Verständnis dafür wächst, sich den eigenen Ast abzusägen, auf dem eine große Investorenschicht bislang komfortabel gesessen hat.

Wie ein finaler Abgesang auf ´ESG´ liest sich ein Bericht des Wall Street Journals, in dem eingestanden wird, dass sich inzwischen viele Unternehmen von dem Slogan und dem damit verbundenen Negativ-Image zu distanzieren beginnen.

Es ist vor allem eine wachsende Anzahl an Investoren, welche aufgrund von schlechten oder im Vergleich zurückbleibenden Aktienperformances immer mehr Druck auf die betreffenden Managements ausübt.

Doch auch der politische Druck hat sich in den letzten Monaten teils drastisch erhöht. Es sind allen voran die republikanisch regierten Bundesstaaten, deren politische Repräsentanten sich offen gegen `ESG´ aussprechen.

Unter den Bevölkerungen dieser Bundesstaaten fallen solche Aussagen mehrheitlich auf fruchtbaren Boden. Mittlerweile sind es auch gerichtliche Verfahren, in deren Zuge Kläger den hiervon betroffenen Unternehmen ein Festhalten an `ESG´ verbieten wollen.

`ESG´ im Absturz

Im Bericht des Wall Street Journals heißt es, dass ein solches Vorgehen in einer wachsenden Anzahl von Fällen überhaupt nicht mehr notwendig sei. Denn die Begrifflichkeiten, denen sich Unternehmensvorstände in ihren jüngsten Telefonkonferenzen mit Finanzmarktanalysten bedienen, ändern sich gerade in einem rasanten Tempo.

Selbst Konzerne und Platzhirsche wie Coca-Cola unterziehen ihre offiziellen Berichte und eigens gebildete Gremien zurzeit sang- und klanglos einer Umbenennung. In diesem Zuge komme es vermehrt zu einer kompletten Absage an `ESG´-Begrifflichkeiten.

Anstelle dessen kämen jetzt in einem wachsenden Ausmaß Begrifflichkeiten wie jene einer „verantwortungsbewussten Unternehmensführung“ zum Einsatz. Parallel hierzu schließen Finanzfirmen an der New Yorker Wall Street zunehmend ihre ESG-Fonds, da das Interesse unter Investoren an diesen Anlageinstrumenten nachlässt.

Laut einer jüngsten Teneo-Umfrage hält eine Mehrheit der Unternehmensvorstände in den Vereinigten Staaten zwar an eigens ausgegebenen Nachhaltigkeitsstrategien fest. Allerdings verändern sich das damit verbundene Marketing und die sprachlich zum Einsatz kommenden Begrifflichkeiten rasant.

Auch der Grad der Vorsicht und Umsichtigkeit habe zuletzt deutlich zugenommen. Ganz so, als ob Unternehmensmanagements erst einmal auf eine heiße Herdplatte fassen mussten, um sich die Finger an den eigenen Vorstellungen und Ideologiesichtweisen zu verbrennen, wird nun vermehrt zurückgerudert, um es sich mit den eigenen Kunden – wie im Fall Budweiser – nicht langfristig zu verscherzen.

Dass es Kunden und Endverbraucher sind, die Unternehmen ihre Umsätze und Gewinne bescheren, scheint im amerikanischen Unternehmenssektor gerade wieder neu gelernt zu werden.

Inzwischen scheint auch die Furcht vor einem möglicherweise einsetzenden Shit Storm in den sozialen Medien und einer in republikanisch regierten Bundesstaaten verfolgten Verschärfung der Regulierungsvorschriften zu wachsen.

Beobachter und Kommentatoren an den Finanzmärkten weisen darauf hin, dass es nun schon seit einiger Zeit zu einem sogenannten Reframing samt verschiedenster Anpassungen im `ESG´-Bereich durch die Unternehmen komme.

Mancherorts kommt der Verdacht auf, dass Firmenmanagements von ihren ideologischen Glaubenssätzen insgeheim dennoch nicht abzulassen bereit sind. Aufgrund des zunehmenden Widerstandes würden diese Glaubenssätze jedoch nicht mehr nach außen kommuniziert.

Mit knirschenden Zähnen würden diese Glaubenssätze nun in anderen Worten und mittels des Beschreitens von anderen Pfaden propagiert. Es empfiehlt sich ein Blick auf eine dem zuvor erwähnten Bericht des Wall Street Journals entnommenen Grafik.

Aus dieser Grafik geht die schnell schrumpfende Anzahl der Telefonkonferenzen zwischen börsengelisteten Unternehmen und Finanzmarktanalysten hervor, in denen Begrifflichkeiten wie `ESG´ zur Sprache kommen.

Warnungen aus der Politik

Wie es im Wall Street Journal weiter heißt, lasse sich der Niedergang der öffentlichen Zustimmung zu `ESG´-Initiativen unter anderem auch auf den im Jahr 2022 ausgebrochenen Konflikt zwischen Floridas republikanischem Gouverneur Ron DeSantis und dem Disney-Konzern zurückführen.

Seit diesem Zeitpunkt sei es zu wachsender öffentlicher Kritik unter politischen Vertretern im Land wie auch unter Vermögensverwaltern an diesen Initiativen gekommen. Dies zeigt sich inzwischen auch anhand von nackten Daten und Zahlen.

So haben Großinvestoren in den ersten neun Monaten des Jahres 2023 mehr als vierzehn Milliarden US-Dollar aus ESG-Fonds abgezogen. Auch bei BlackRock-Chef Larry Fink scheint diese Abstimmung mit den (Investoren-)Füßen angekommen zu sein.

So fanden `ESG´-Initiativen im Investorenbrief von BlackRock im Jahr 2023 erstmals keine Erwähnung mehr. Seit dem Vorjahr ließen Investoren der öffentlichen Hand ihren Worten mittels Kapitalabzügen aus durch BlackRock verwalteten Fonds zudem auch Taten folgen.

Neben BlackRock scheinen sich auch die Kapitalverwaltungsriesen Fidelity und State Street aus ihrer `ESG´-Kommunikation in einem verstärkten Ausmaß zurück zu ziehen. Politische Vertreter des Bundesstaates Texas, darunter Justizminister Ken Paxton, werden mit den Worten zitiert, dass ein breites Umdenken im heimischen Unternehmenssektor in vollem Gang sei.

Hierfür zeichneten insbesondere die wachsenden Risiken im rechtlichen Bereich sowie die zu beobachtenden Kundenrückgänge verantwortlich. Beispielsweise sind die Umsätze mit den als „grün“ beworbenen Investmentprodukten im Verlauf des vergangenen Jahres empfindlich zurückgegangen.

Bei Goldman Sachs führte diese Entwicklung dazu, einen eigens initiierten Exchange Traded Fund (ETF) in diesem Bereich zu schließen. Finanzmarktanalysten warnen dennoch davor, dass das Angebot in diesem Produktbereich die vorherrschende Nachfrage stark überträfe.

Und so lässt sich damit rechnen, dass sich die Situation in den nächsten Monaten noch weiter verschlechtern wird. Auch die Aktienkurse der dem Sektor der grün-alternativen Energien zuzuschreibenden Unternehmen sind im vergangenen Jahr um durchschnittlich 30 Prozent in ihren Kursen eingebrochen.

Inzwischen heißt es seitens der Deutsche Bank AG, dass sogenannte Nachhaltigkeitsfonds in der Zukunft auch die Aktien von traditionellen Energieunternehmen enthalten sollten. Hier beißt sich die Katze nun also in den Schwanz.

Denn vor nicht allzu langer Zeit waren es noch eben jene Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Brennstoffe, denen der Krieg erklärt wurde. Wie sich nun abzeichnet, wird sich auf fossile Energieträger unter aller Voraussicht noch über einen langen Zeitraum nicht verzichten lassen.

Die Realität scheint also gerade in manche bislang anders denkenden Köpfe einzuziehen. Es zeichnet sich zudem ab, dass neben `ESG´ auch Begrifflichkeiten um `DEI´ (Diversion, Equity, and Inclusion) in den Vereinigten Staaten mehr und mehr ins Kreuzfeuer der Kritik geraten.

Mittlerweile beginnt sich nämlich vielerorts die Sichtweise durchzusetzen, dass es keine gute Idee zu sein scheint, beispielsweise ausbildungstechnisch unqualifiziertere Arbeitsuchende nur aufgrund ihrer jeweiligen Hautfarbe oder ethnischen Zugehörigkeit hoch qualifizierten Kandidaten vorzuziehen.

Mittlerweile wird insbesondere im amerikanischen Flugsektor davor gewarnt, dass diese Entwicklung in der Zukunft zu einer wachsenden Anzahl an Unfällen führen könnte.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite wsj.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Ziemlich schnell beginnt sich herauszustellen, dass Top-Down aufoktroyierte Ideologien und planwirtschaftliche Agenden auf einen zunehmenden Widerstand unter weiten Teilen der Bevölkerung wie auch Unternehmenskunden unter Investoren stoßen. Echo-Blasen platzen.

Wer seine im stillen Kämmerlein entworfenen (Transformations-)Ziele nicht ausreichend oder überhaupt nicht erklärt, braucht sich nicht darüber zu wundern, wenn breite Schichten in der Bevölkerung nicht mehr mitlaufen, geschweige denn folgen, möchten. Auch die deutschen Bauern-Proteste legen hierüber – auf Tiefenebene betrachtet – einmal mehr Zeugnis ab!

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