Über Worldcoin haben wir zuletzt schon das ein oder andere Mal gesprochen. Auch im heutigen Bericht soll dieses Krypto-Projekt im Zentrum der Betrachtungen der heutigen Berichterstattung stehen.

Während damit geworben wird, dass Worldcoin die Privatsphäre der Bürger auf Erden verbessern und in einem bislang ungesehenen Ausmaß schützen werden, kommen andernorts, insbesondere unter Regierungsbehörden, zurzeit zunehmende Bedenken angesichts der Aktivitäten von Worldcoin auf.

Worldcoin ist in Kenia inzwischen in aller Munde

Aus der kenianischen Masai Mara zurückkommend, wo zurzeit wieder das 8. Weltwunder in Form der jährlichen Gnu-Wanderung stattfindet, legte ich kürzlich einen Stop in der Distrikt-Hauptstadt Narok ein. Es hat nicht lange gedauert, bis ich mich von einer Anzahl von größtenteils jungen Leuten umrundet sah, die beobachteten, wie ich gerade dabei war, Emails mittels meines Laptops zu checken.

Von mir als „Mzungu“ wollte diese Schar gerne wissen, was ich denn persönlich von Worldcoin halten würde. „Überhaupt nichts“, wie meine Antwort lautete. Ah, endlich spräche es mal jemand unverhohlen aus, wie die allgemeine Reaktion auf meine Antwort ausfiel.

Immerhin seien es doch schon mehr als 350.000 Kenianer im ganzen Land, die das Angebot von Worldcoin angenommen haben, um sich einem freiwilligen Iris-Scan zu unterziehen. Im Gegenzug wurde diesen freiwilligen Teilnehmern der Erhalt eines Betrages von 7.000 kenianischen Schillingen (umgerechnet etwa 45 Euro) seitens Worldcoin zugesagt.

Letzten Endes, so die Aussage dieser Youngster, drehe sich bei diesem Projekt doch alles nur um Kontrolle und Datensammlung, weshalb doch kein Mensch so blöd sein könne, auf freiwilliger Basis auf immer und ewig seine einzigartigen Personen- und Irisinformationen für Kleingeld zu verhökern.

Meine Antwort lautete, dass nun mal alles und jeder auf dieser Welt seinen Preis habe. Ich erinnerte daran, dass einfach zu viele Menschen in Kenia an oder unterhalb der Armutsschwelle leben, weshalb es insbesondere Menschen in den Unterschichten wahrscheinlich völlig egal sein wird, was eine Firma mit ihren persönlichen Iris-Informationen anzustellen gedenkt.

Im Vordergrund stehe nun mal das Angebot von 7.000 kenianischen Schillingen, was im Hotel- und Gaststättengewerbe des Landes in etwa einem halben Monatslohn entspricht. Da auch Kenia mit gestiegenen Lebensmittelpreisen zu kämpfen hat, wird ein solches Angebot vielerorts nicht auf taube Ohre gestoßen sein.

Erst denken, dann handeln…

Nichtsdestotrotz gewann ich den Eindruck, dass Worldcoin unter jungen Kenianern, die, wie meine Gesprächspartner über eine gute Bildung verfügen und in wachsender Anzahl die Universitäten des Landes besuchen, nicht auf fruchtbaren Boden zu fallen scheint.

Glücklicherweise wird erst einmal nachgedacht, bevor man sich auf ein derartiges Lockvogelangebot einlässt. Ganz offensichtlich scheint die kenianische Regierung von Staatspräsident William Ruto die Dinge auf eine ähnliche Weise zu betrachten.

Denn die Regierung in Nairobi hat der weltweit umstrittenen Firma Worldcoin ihre Aktivitäten in Kenia nun offiziell erst einmal untersagt. Begründet wurde diese Maßnahme mit der Annahme, dass es sich im Fall von Worldcoin um ein potenzielles Sicherheitsrisiko aus Sicht der kenianischen Öffentlichkeit handele.

Einmal mehr sei erwähnt, dass Worldcoin durch Sam Altman, den Vorstandsvorsitzenden von OPEN AI gegründet wurde. Um sich Worldcoin anzuschließen und nutzen zu können, müssen sich potenzielle User dazu bereit erklären, deren persönliche Iris-Informationen bei dem Unternehmen registrieren zu lassen.

Selbstverständlich handelt es sich hierbei um eine unverwechselbare und einzigartige Sammlung auf dem Weg hin zu einer digitalen Identität, die sich im Anschluss wiederum dazu nutzen lässt, um diese persönlichen Informationen mit einer durch Worldcoin lancierten Kryptowährung zu verbinden.

Diese Verknüpfung findet dann mittels der durch Worldcoin angebotenen Smartphone-App World App statt. Ganz so als hätten es die jungen Leute, mit denen ich in Narok zuletzt sprach, nicht bereits selbst durchschaut, hat Kenias Regierung verlautbart, nicht mehr länger tatenlos dabei zuschauen zu wollen, wie die eigenen Landsleute „als Meerschweinchen in einem großen Experiment“ durch einen global aktiven Konzern missbraucht werden.

Technologieaffin, ja – dumm, nein

Was Kenia anbelangt, so wurde mir mitgeteilt, dass es hauptsächlich die in Slums wie Kibera in Nairobi lebenden Einwohner des Landes gewesen seien, die von dem Angebot seitens Worldcoins regen Gebrauch gemacht hätten, um sich brav und ordentlich in der Schlange zu einem Iris-Scan einzureihen, und in diesem Zusammenhang die privatesten und persönlichsten aller Daten für ein Handgeld wegzugeben.

Ähnlich wie der jüngste Feldversuch einer CBDC-Lancierung in Nigeria, der aufgrund eines eklatanten Bargeldentzugs und einer Reihe von anderen drakonischen Maßnahmen in der Verhaftung von Ex-Zentralbankchef Emefiele endete, erwies sich Kenia aus Perspektive von Worldcoin als eine der wichtigsten Testnationen auf dem afrikanischen Kontinent.

Grund hierfür mag unter anderem sein, dass in Kenia eigentlich fast alle Leute über ein oder mehrere Mobiltelefone verfügen und sich darüber hinaus auch sehr offen für technische Neuerungen zeigen. Bitcoin ist hier vor Ort beispielsweise in aller Munde, was wahrscheinlich auch mit dem Gedanken verknüpft sein dürfte, der Regierung in Nairobi Steuern vorzuenthalten, die viele Einwohner des Landes für zu hoch oder auch für hochgradig ungerechtfertigt halten.

Darüber hinaus lässt sich überall im Land beobachten, wie der elektronische Transaktions- und Bezahldient mpesa einer Nutzung von Bargeld mehr und mehr vorgezogen wird. Vor einigen Jahren emittierte auch die kenianische Zentralbank neue Banknoten, um die umgehenden und weitläufig unter Matratzen gehorteten Altbanknoten aus dem Verkehr zu ziehen.

Wer damals alte gegen neue Banknoten eintauschen wollte, musste den hiesigen Banken erst einmal in schriftlicher Form erklären, woher Beträge oberhalb eines willkürlich festgesetzten Schwellenwertes denn stammten, um einen Tausch von hohen Bargeldbeträgen genehmigt zu bekommen.

Summa summarum stehen Kenianer einer Nutzung von technologischen Neuerungen aufgeschlossen und stets mit einer gewissen Neugier gegenüber. In Sachen Worldcoin scheint dies unter informierten Beobachtern, die durchaus zahlreich sind, hingegen anders zu sein.

Kenianisches Innenministerium schaltet sich ein

Das kenianische Innenministerium hat inzwischen auf die Aktivitäten von Worldcoin reagiert. So heißt es in einer jüngst verabschiedeten Verordnung des Innenministeriums, dass dem Unternehmen Worldcoin die eigens betriebenen Aktivitäten im Land fürs Erste verboten werden.

Es darf fortan auch zu keinen Iris-Scans unter kenianischen Staatsbürgern mehr kommen, deren finanzielle und wirtschaftliche Armut durch einen Konzern ausgenutzt wird, um mittels der Zusage eines Handgeldes an die wichtigsten und persönlichsten aller Daten zu gelangen.

Ist solch ein Iris-Scan erst einmal erfolgt, lässt sich eine solche Entscheidung nicht mehr rückgängig machen. In der Verordnung des kenianischen Innenministeriums wird deshalb auf einen Mangel an Authentizität und Legalität angesichts dieser Aktivitäten hingewiesen.

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an die Distribution einer personenspezifischen Huduma-Nummer, die jedem Kenianer durch die Regierung in der vergangenen Dekade zugeteilt wurde. Diese personenspezifische Nummer war hauptsächlich dazu vorgesehen, alle Bürger des Landes in administrativen Angelegenheiten per Mausklick zu verifizieren sowie deren Einkommens- und Steuerdaten mit dieser personenspezifischen Nummer zu verknüpfen.

Ich bin mir gerade nicht vollauf sicher, doch ich meine, dass diese Sache damals bis vors Oberste Gericht ging. Wenn ich mich gerade nicht irre, hatten die Richter am Obersten Gerichtshof dieses Projekt der Regierung für nicht verfassungskonform erklärt.

Ich werde mich hierüber gerne noch einmal schlau machen, oder hierüber das ein oder andere Gespräch während meines momentanen Aufenthalts führen, um Ihnen die einzelnen Zusammenhänge lückenlos und detailgetreu präsentieren zu können.

Ich könnte mir jedenfalls vorstellen, dass die Regierung in Nairobi nicht dazu gewillt gewesen ist, eigene Pläne in dieser Hinsicht vor dem Obersten Gericht scheitern zu sehen, um jetzt einem privaten Konzern mir nichts Dir nichts die Erlaubnis zu erteilen, personenspezifische Daten im Land zu sammeln – und dann auch noch außerhalb des Regierungsapparates zu verwalten.

Und so wird in der Verordnung des kenianischen Innenministeriums denn auch auf Bedenken im Hinblick auf den persönlichen Datenschutz, die Sicherheit im Bereich von Finanzgeschäften sowie die allgemeine Sicherheit per se hingewiesen.

Ermittlungen laufen

In einem ersten Schritt hatten sowohl die Kommunikationsbehörde als auch die Datenschutzbehörde Alarm geschlagen, darauf hinweisend, dass das Unternehmen Worldcoin die persönliche Zustimmung der Bürger des Landes zur Sammlung und Verwaltung von deren personenspezifischen Daten gegen das Angebot von Geldkompensationen einhole.

Beide Behörden hatten diese offerierten Kompensationen als „Anreize“ zur freiwilligen Freigabe von personenspezifischen Daten bezeichnet. Die diesen Freiwilligen angebotenen 7.000 kenianischen Schillinge übersetzten sich in 25 Worldcoins pro Person.

Des Weiteren weisen die kenianischen Behörden darauf hin, dass nur wenige Menschen in Kenia über die Hintergründe des Geschäftsmodells von Worldcoin aufgeklärt seien.

Allein die Aussicht auf den Erhalt von 25 Worldcoins in einem Gegenwert von 7.000 kenianischen Schillingen (gratis) stünde aus diesem Grund im Vordergrund der Entscheidung unter den meisten Teilnehmern, an dem Projekt teilgenommen zu haben.

Das Verbot eines Weiterbetreibens der Aktivitäten von Worldcoin – und unter anderen Akteuren in diesem Bereich – soll so lange aufrechterhalten werden, bis die kenianischen Behörden zu einer abschließenden Analyse und den daraus resultierenden Ergebnissen gelangt sein werden, ob und inwieweit es sich im Fall von Worldcoin um eine Gefahr für die Öffentlichkeit und die Sicherheit des Landes handelt.

Während es in Kenia mehr als 350.000 Einwohner sind, die sich gegen den Erhalt eines Handgeldes freiwillig zu einem Iris-Scan bereiterklärt haben, sollen es weltweit momentan fast drei Millionen Menschen sein, die sich hierzu entschieden haben.

Seitens Alex Blania, Vorstandsvorsitzender bei Tools for Humanity, dem Mutterkonzern von Worldcoin, hieß es hierzu, mit den kenianischen Behörden in allen Belangen kooperieren zu wollen, um das verhängte Verbot hinsichtlich der individuellen Verifizierung von Personen im Rahmen des Projektes World ID erst einmal zu akzeptieren.

Fragen und Bedenken der lokalen Behörden sollen geklärt werden, um die eigenen Aktivitäten irgendwann wieder aufnehmen zu können. Ferner sähe sich der globale Rollout von Worldcoin durch die Entscheidung der kenianischen Behörden nicht beeinträchtigt.

Vielmehr werde es darum gehen, Behörden weltweit zu vermitteln, dass Worldcoin ein Projekt sei, in dessen Zuge die Privatsphäre der Nutzer an oberster Stelle stünde. Kenia ist jedoch nicht das einzige Land auf Erden, das große Bedenken aufgrund der vorangetriebenen Aktivitäten von Worldcoin hegt.

Auch die Regulierungs- und Aufsichtsbehörden in Frankreich, Deutschland oder auch Großbritannien hatten zuletzt mitgeteilt, sich mit den Aktivitäten von Worldcoin zu befassen, um in diesem Zuge zu eruieren, ob durch die Aktivitäten von Worldcoin neben lokalen unter Umständen auch supranationale Datenschutzbestimmungen verletzt werden.

Alfred Mutua, hochrangiges kenanisches Regierungsmitglied hat zu diesen Entwicklungen seine ganz eigenen Ansichten. „Lassen Sie uns dafür sorgen, dass damit aufgehört wird, unsere kenianischen Landsleute als Meerschweinchen zu missbrauchen und deren personenspezifische Daten zu sammeln.“

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite theverge.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Überlegen Sie sich gut, wem Sie Ihre personenspezifischen Daten anvertrauen und ob Sie überhaupt jemals bereit dazu sein werden, sich einem Projekt wie Worldcoin anzuschließen. Denn deren Zukunft beginnt gerade. Die Bürger rund um den Globus haben es selbst in der Hand, ob sie diesen Trends folgen oder ihnen Einhalt gebieten wollen.

Es sei allen Lesern ein schönes Wochenende gewünscht!

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