Wie in meiner Berichterstattung zu diesem Thema bereits angesprochen, hatte der Oberste Gerichtshof des Landes angesichts einer sich im ganzen Land ausweitenden Protestwelle anhand eines Urteils verfügt, dass die abrupten und durch die nigerianische Zentralbank forcierten Bargeldeinschränkungen gegen die Landesverfassung verstoßen.

Die jetzigen Probleme sind nicht einfach vom Himmel gefallen

Mit diesem Urteil erging damals die gerichtliche Anordnung, von dieser Gangart abzulassen, um bis Ende des laufenden Jahres nach Lösungen zu suchen, wie sich die konträren Ansichten und zunehmenden Konflikte zwischen der Regierung und Zentralbank auf der einen sowie der Bevölkerung und den Gewerkschaften auf der anderen Seite politisch lösen lassen können.

Selbstverständlich sind diese zunehmenden Konflikte und eine sich in der gesamten Nation enorm schnell ausweitende Gewaltwelle, in deren Zuge unter anderem auch Banken bis auf den Grund niedergebrannt wurden, nicht einfach so vom Himmel gefallen.

Eigentlich hatten die großen Gewerkschaften des Landes in einem gemeinsam verkündeten Pakt zuletzt noch versucht, Nigeria mittels eines landesweiten Ausstands samt Bestreikung der regionalen Zentralbankniederlassungen vollkommen zum Stillstand zu bringen.

Zuvor sorgfältig geplante Aktivitäten der Streikaufrufer mussten allerdings aufgrund einer eklatanten Unterversorgung mit Bargeld kurzfristig abgesagt werden. Nichtsdestotrotz sind die Unruhen in manchen Regionen des Landes bis heute nicht zur Ruhe gekommen.

Erinnert sei daran, dass die Funktionsfähigkeit der nigerianischen Wirtschaft nach wie vor in hohem Maße auf einen informellen Sektor und Millionen von Wirtschaftssubjekten in diesem Bereich angewiesen ist, in dem alltägliche Bargeldgeschäfte nicht wegzudenken sind, weil diese überhaupt erst den Grundstein für einen reibungslosen Angebots- und Nachfragezirkel an den regionalen Märkten des Landes legen.

Potenzieller Zusammenbruch der Versorgungsmärkte wurde nicht adressiert und einfach hingenommen

Wer wie die nigerianische Zentralbank der heimischen Wirtschaft abrupt eine große Menge an Bargeld entzieht, nimmt unverdrossen einen Zusammenbruch der Versorgungsmärkte in vielen Regionen des Landes in Kauf.

Selbstverständlich hängt auch in Nigeria alles mit allem zusammen. Wer einen Schritt zurück trat, um sich das große Gesamtbild ein wenig genauer zu betrachten, erkannte frühzeitig, dass die Einführung des eNaira, jene durch die nigerianische Zentralbank zuvor lancierte CBDC oder digitale Zentralbankwährung unter der Bevölkerung überhaupt nicht angenommen, geschweige denn genutzt wurde.

Und wenn Du nicht folgst, so wende ich eben Gewalt an. Summa summarum lässt sich behaupten, dass die Pläne zur Einführung einer digitalen Zentralbankwährung in Nigeria gescheitert sind.

Übrigens auch ganz interessant in diesem Zusammenhang war ein jüngstes Interview mit dem deutschen China-Experten Frank Sieren, das es sich lohnt, in Gänze zu hören. Gefragt danach, wie denn der eYuan im Reich der Mitte angenommen werde oder funktioniere, antwortete Frank Sieren: „Überhaupt nicht.“

Ein Wolf, der auch im Gewand eines Wolfs daherkommt

Wie Ron DeSantis, der Gouverneur von Florida, jüngst in seiner Rede zu der mittlerweile gesetzlich in seinem Bundesstaat verbotenen Einführung einer digitalen Zentralbank durch die Federal Reserve Bank öffentlich erklärte, handele es sich im Fall von CBDCs nicht einmal um einen Wolf, der im Schafspelz, sondern um einen Wolf, der als lupenreiner Wolf daherkäme.

Immer mehr Menschen auf unserer Erde scheinen dies inzwischen verstanden zu haben. Wer, wie die nigerianische Zentralbank, den Menschen im eigenen Land hierüber die existentielle Lebensgrundlage entzieht, braucht sich am Ende nicht wundern, wenn nur noch die wenigsten mitmachen.

Nachdem verschiedene Medien des Landes schon vor mehreren Wochen nach einer Verhaftung des nigerianischen Zentralbankchefs Godwin Emefiele gerufen hatten, ist es am vergangenen Wochenende dann auch tatsächlich zu diesem Ereignis gekommen.

Staatssicherheitspolizei wollte Godwin Emefiele bereits im Dezember verhaften

Zuvor wurde Godwin Emefiele kurzerhand seines Postens enthoben, um nur kurze Zeit später durch die nigerianische Staatspolizei in Gewahrsam genommen zu werden. Angemerkt sei, dass der neu gewählte und inzwischen in sein Amt eingeführte Präsident Bola Tinubuand seinen Segen hierzu erteilte.

Godwin Emefiele, der der nigerianischen Zentralbank neun Jahre vorstand, wird ebenfalls der Vorwurf gemacht, dass die heimische Währung Naira in dessen Amtszeit mehr als 65 Prozent an Kaufkraft einbüßte, während sich die Inflation verdreifachte.

Dass Godwin Emefiele jedoch tatsächlich durch die Staatssicherheitspolizei verhaftet worden ist, zeigt, welche Risse nicht nur im politisch-gesellschaftlichen System, sondern auch innerhalb der politischen Führung des Landes zu bestehen scheinen.

Auf jeden Fall geht von den aktuellen Ereignissen in Nigeria ein kaum überhörbares Signal an den Rest der Welt aus. Politisch unabhängige Zentralbanken, die inzwischen wie ein Staat im Staate beziehungsweise wie die tatsächlichen Machthaber wirken, wurden vielerorts bislang stets als sakrosankt angesehen.

Aus eben jenem Grund schlug neben der zuvor erfolgten Suspension vor allem auch die sich hieran anschließende Verhaftung von Godwin Emefiele durch die Staatssicherheitspolizei wie eine Bombe an den internationalen Finanzmärkten ein.

Angemerkt sei, dass die Staatssicherheitspolizei bereits seit einigen Monaten gegen Godwin Emefiele ermittelte. Bereits im Dezember letzten Jahres wollte die Staatssicherheitspolizei den nun seines Amtes enthobenen Zentralbankchef aufgrund von verschiedenen Vorwürfen und Anklagen in Haft nehmen.

Die Anklage lautet: Ein Verbrecher an der Spitze der Zentralbank

Hierzu zählte neben dem Vorwurf von betrügerischen Aktivitäten auch die Annahme, dass sich Godwin Emefiele verschiedenen Wirtschaftsverbrechen, einer Unterminierung der nationalen Sicherheit des Landes sowie einer Finanzierung des Terrorismus schuldig gemacht haben soll. Damals kam es jedoch noch nicht dazu.

Die Anklage Wirtschaftsverbrechen begangen zu haben, geht auf Vorwürfe der Kriegsführung gegen eine landesweite Nutzung von Bargeld und die schwerwiegenden Konsequenzen aus Sicht der nigerianischen Bevölkerung, die hiermit verbunden sind, zurück.

In meiner eigenen Berichterstattung zu diesem Thema hatte ich unter anderem vor Augen geführt, wie es mit der nigerianischen Wirtschaft abwärts ging – und wie die Inflation im Land parallel hierzu abhob.

Was soll auch anderes geschehen, wenn ein großer Teil des heimischen Bargeldes abrupt durch die Zentralbank eingezogen oder nicht mehr nutzbar gemacht wird, ohne dabei das eigene Versprechen einer zeitnahen Substitutionen von alten Bargeldnoten durch neue zu halten?!

Viele Nigerianer sind in den letzten Wochen und Monaten auf diese Weise an den Rand ihrer wirtschaftlichen Existenz gebracht worden. Bankautomaten spuckten kaum mehr Geld aus, da die Zentralbank zudem strikte Abhebebeschränkungen im Bankensektor eingeführt hatte.

Die hierauf einsetzende Bargeldklemme im Land suchte ihres Gleichen, wenn von ähnlichen Geschehnissen in Indien im Jahr 2016 einmal abgesehen wird.

Das Vertrauen in die Institutionen und das Bankensystem ist komplett dahin

Selbst das Nationale Statistikbüro kam jüngst nicht mehr umhin, als die ökonomische Talfahrt der heimischen Wirtschaft im ersten Quartal auf die unliebsamen Effekte des Bargeldentzugs zu schieben. Parallel hierzu kletterte die heimische Inflation auf ein 18-Jahres-Hoch.

Ferner haben die Pläne von Godwin Emefiele und der Versuch einer Umsetzung mit der Brechstange zu einem Vertrauensverlust in die Funktionsfähigkeit der Zentralbank samt des heimischen Bankensystems unter weiten Teilen der Bevölkerung geführt, die sich eigentlich gar nicht mehr ausmerzen oder wieder gut machen lassen.

Wie uneinsichtig und selbstüberzeugt beziehungsweise fernab der Realität Menschen wie Godwin Emefiele auf das durch sie verursachte Leid blicken, zeigt, dass der geschasste Zentralbankchef seinen anvisierten Bargeldaustausch bis vor Kurzem noch als vollen Erfolg bezeichnet hatte.

Vielleicht wird Godwin Emefiele im Gefängnis jetzt einmal ausreichend Zeit dazu haben, aus seiner geistigen Blase zu entkommen, um auf dem Boden der Realität anzukommen. Aktuelle Ereignisse in Nigeria legen ferner Zeugnis darüber ab, dass der landesweite Zwang zu einer verstärkten Nutzung des eNaira vollends gescheitert sein dürfte.

Vollauf durchschaut!

Als noch viel schlimmer aus Sicht der herrschenden Klasse dürfte sich die Tatsache erweisen, vollauf durch die heimische Bevölkerung durchschaut worden zu sein. Und hieran zeigt sich letzten Endes dann doch die Macht, über die wir als Bevölkerungsmasse in ihrer Gesamtheit verfügen.

Es braucht nur ein lautstarkes und unüberhörbares NEIN!, um die wenigen an der Staatsspitze vor unlösbare Probleme zu stellen.

Die aus aktueller Sicht als gescheitert zu bezeichnenden Pläne zu einer zwanghaften Nutzung des eNaira werden angesichts der Ereignisse in Nigeria auch auf alle anderen Nationen auf dem afrikanischen Kontinent ausstrahlen.

Staatsführungen auf dem gesamten Kontinent werden die jüngsten Ereignisse in der größten afrikanischen Volkswirtschaft gewiss aufmerksam beobachtet haben. Eine weitflächige Nutzung des eNaira ist und musste allein schon daran scheitern, da von den geschätzt 225 Millionen Nigerianern bis dato nur bis zu vierzig Millionen überhaupt über ein Mobiltelefon verfügen.

Viele Menschen im Land verfügen bis dato nicht einmal über ein Bankkonto. Nachdem der heimischen Wirtschaft seit dem vergangenen Jahr mehr als die Hälfte des Bargeldangebots durch die Zentralbank entzogen wurde, sahen sich in nur kurzer Zeit Millionen von Menschen im informellen Wirtschaftssektor vor ein Hungertuch gestellt.

Selbst jene Nigerianer, die über ein Smartphone verfügen, und sich die Applikation zu einer Nutzung des eNaira heruntergeladen haben, nutzten die digitale Zentralbankwährung in ihren alltäglichen Zahlungstransaktionen fast überhaupt nicht.

IWF gesteht Scheitern ein

Und so heißt es in einem Ende Mai veröffentlichten Strategiepapier des Internationalen Währungsfonds, dem im Hinblick auf eine Lancierung von digitalen Zentralbankwährungen weltweit eine zentrale Rolle zufällt, dass die Akzeptanz des eNaira unter der nigerianischen Bevölkerung „enttäuschend niedrig“ ist.

Lediglich ein Anteil von zwei Prozent unter allen Nutzern, welche sich die Applikation zur Nutzung des eNaira auf ihr Smartphone heruntergeladen haben, nutzte das digitale Geld auch tatsächlich im alltäglichen Zahlungsverkehr.

Ein Anteil von mehr als 98 Prozent unter allen heruntergeladenen Applikationen wurde durch deren Anwender hingegen nicht ein einziges Mal genutzt. Der Anteil der wöchentlichen Nutzung des eNaira in Relation zur ausstehenden Geldmenge M3 lag seit dessen Einführung bei gerade einmal verschwindend geringen 0,0018 Prozent!

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite nakedcapitalism.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Anhand des nigerianischen Beispiels zeigt sich, dass es durchaus möglich ist, den Plänen der herrschenden Klasse „vor den Koffer zu scheißen“. Wiederholt sei gesagt, dass das ganz einfach ist.

Ein lautstarkes NEIN und eine nicht zu erschütternde Ablehnungshaltung im Hinblick auf eine potenzielle Nutzung einer (programmierbaren) digitalen Zentralbankwährung unter einem ausreichenden Teil der Bevölkerung reichen, um solche Plänen den Garaus zu machen und diese bereits zu Beginn auf den Müllhaufen der Geschichte zu befördern.

Afrika macht es vor – Europa muss es nur nachmachen!

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