Blutige Grenzkonflikte

Hervorgerufen durch einen pakistanischen Luftangriff mit mehreren Toten entbrannten zwischen den Sicherheitskräften beider Länder schwere Kräfte. Die in Kabul herrschenden afghanischen Taliban ließen verlautbaren, dass die Kämpfe am Dienstag bereits wieder eingestellt wurden. Gemäß dem afghanischen Verteidigungsministerium hatten afghanische Grenztruppen als Vergeltung für den Luftangriff pakistanische Militärposten entlang der Grenze mit "schweren Waffen" attackiert.

AfPak – die Gefahr ist real

Afghanistan und Pakistan sind schicksalhaft miteinander verbunden. Hierfür gibt es drei Gründe: das demographische Gewicht Pakistans, sein Einfluss auf die Paschtunen im Süden Afghanistans und die geographische Nähe der beiden Länder. Die Armee Pakistans steht unter einem enormen Druck, ebenso die politische Klasse. In der Bevölkerung wächst der Unmut. Des Öfteren starben pakistanische Truppen durch „friendly fire“, kamen Zivilisten durch US-Drohnen ums Leben und wurde die Souveränität Pakistans verletzt.

Bruce Riedel, ein früherer CIA-Analyst und maßgeblicher Schöpfer von Obamas Strategie für Afghanistan und Pakistan (AfPak), warnte schon vor Jahren davor, dass der pakistanische Staat Dschihadisten zum Opfer fallen könnte. Atomwaffen in deren Händen wären ohne Frage eine der größten Bedrohungen für die Weltgemeinschaft überhaupt.

Die Gefahr ist real, denn die Talibanisierung der pakistanischen Gesellschaft hat dramatische Ausmaße angenommen. Die urbane Mittelschicht droht zwischen den Extremen aufgerieben zu werden. Die Inkompetenz der Regierung ist diesbezüglich auch wenig hilfreich. In den westlichen Medien werden die Taliban häufig als einheitlicher, monolithischer Block porträtiert. Dabei gibt es große Differenzen zwischen den Terrorgruppen.

Zwar hatten sich die afghanischen Taliban teilweise auf pakistanisches Territorium zurückgezogen, wo es zu einem Austausch kam, zur gegenseitigen Unterstützung und zur gemeinsamen Planung von Terroranschlägen - bis zur Flucht der Amerikaner und ihrer westlichen Alliierten aus Kabul.

Wikimedia - File:South Asia UN.png

 

Die pakistanischen Taliban aber haben ein ganz anderes soziales Netzwerk und eine andere politische Zielsetzung als ihre Verbündeten in Afghanistan. Die paschtunische Volkszugehörigkeit − die Paschtunen sind eine indoarische Ethnie, die auf beiden Seiten der Grenze lebt − spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.

Die pakistanischen Taliban haben das Ziel, ein islamistisches System in Pakistan zu errichten. Sie haben Stützpunkte im Punjab, in Sindh und anderen Regionen Pakistans. Die pakistanischen Taliban setzen sich schon lange nicht mehr nur aus Paschtunen zusammen, sondern haben sich zu einer nationalen Bewegung entwickelt, in der man alle Volksgruppen findet. Anders in Afghanistan: Dort gehören mehr als 90 Prozent der Taliban der Volksgruppe der Paschtunen an.

Der Sturz vom Imran Khan

Seit dem Sturz vom Premierminister Imran Khan, der eine geopolitische Neuorientierung Pakistans vorgenommen hatte, haben sich die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarstaaten systematisch verschlechtert. Im August letzten Jahres veröffentlichte das investigative Portal The Intercept eine diplomatische Geheimdepesche, welche deutlich machte, wie Washington Druck auf Pakistan ausübte, um Khan aus dem Amt zu jagen.

Die US-Regierung fungierte so, weil Khan die Sanktionen gegen Russland aufgrund des Angriffskrieges gegen die Ukraine nicht unterstützte.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Insofern sind die sich verschlechternden Beziehungen zwischen Kabul und Islamabad als Kollateralschaden der gescheiterten Sanktionspolitik des Westens gegenüber Russland zu betrachten - wohlgemerkt aus der Perspektive Washingtons. Diese Kollateralschäden bleiben aber nicht auf diese Region begrenzt, sondern werden auch in Europa immer sichtbarer, wie der ökonomische Niedergang der Bundesrepublik symbolisiert.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"