Bricht Spanien auseinander?

Dreieinhalb Jahre nachdem die damalige Regierung unter Carles Puigdemont die Unabhängigkeit Kataloniens proklamiert hatte, wählte Katalonien am Sonntag ein neues Parlament.

Nach den Wahlen im November 2017 geriet Katalonien wieder in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit geraten. In der autonomen Region, wie sich in Spanien die Verwaltungseinheiten nennen, vollzogen sich vor über drei Jahren <link gesellschaft-und-politik beitrag katalonien-der-separatismus-ist-nicht-vom-tisch _blank>historische Umwälzungen von einem beträchtlichen Ausmaß, nicht nur die Zukunft Spaniens betreffend. Nachdem Katalonien - nach den damaligen Wahlen - einseitig die staatliche Unabhängigkeit von Spanien proklamierte, wurde die Regionalregierung in Barcelona von Madrid entmachtet.

Konflikt zwischen Madrid und Barcelona dauert an

Die jetzige Wahl wurde nötig, da die spanische Justiz Puigdemonts Nachfolger Quim Torra im September letzten Jahres wegen Ungehorsams - was heißt, dass er sich nicht den Direktiven der Zentralregierung unterwerfen wollte - seines Amtes enthoben hatte. Der Konflikt zwischen Barcelona und Madrid dauert also an.

Der spanische Ministerpräsident, der Sozialist Pedro Sánchez, hatte auf eine Beilegung des Streits gehofft, was auch daran erkennbar wurde, dass er seinen Gesundheitsminister Salvador Illa als Kandidaten für die Sozialisten in den katalanischen Wahlkampf geschickt hat. Von der Hoffnung getragen, dass im Falle eines Wahlsieges von Illa das Dauerthema der katalanischen Unabhängigkeit zumindest mittelfristig beseitigt wäre. Der spanische Gesundheitsminister hatte sich im ganzen Land beliebt gemacht, aufgrund der von ihm konzipierten Krisenbewältigung der Pandemie.

Drei separatistische Parteien erlangen Mehrheit

Es kam anders. Jene drei Parteien, welche die Loslösung von Madrid anstreben, konnten nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen mit 74 von 135 Sitzen im Regionalparlament rechnen.

Die katalanischen Sozialisten, die eine Unabhängigkeit der wohlhabenden Region im Nordosten des Landes ablehnen, erhielten zwar mit mehr als 23 Prozent und 33 Sitzen die meisten Stimmen, können damit aber die Mehrheit der separatistischen Parteien nicht verhindern, die im Vorfeld des Urnengangs eine Koalition mit den Sozialisten ausgeschlossen hatten.

Die drei separatistischen Parteien, die zwar gemeinsam die Unabhängigkeit anstreben, unterscheiden sich ideologisch aber erheblich. Die beiden bisher in Barcelona regierenden Parteien, „Zusammen für Katalonien“ (JxC), sowie die moderatere ERC kommen auf 32 bzw. 33 Sitze. Die weit linksstehende, ebenfalls separatistische CUP, welche nicht nur Katalonien, sondern auch die anderen katalanisch sprachigen Regionen, wie Valencia und die Balearen, sowie die katalanisch sprachigen Gebiete in Frankreich vereinen und zu einem Staat formieren möchte, kam auf neun Sitze.

Sollten sich diese drei Parteien auf eine Koalition einigen können, hätte diese vier Sitze mehr als die bisherige Regierung. Als Favorit auf dem Posten des katalanischen Regierungschefs gilt der ERC-Politiker Pere Aragonés, ein 38jähriger Jurist.

Die Wahlbeteiligung war allerdings sehr gering. Von den 5,5 Millionen Wahlberechtigten, gaben nur 54,4 % ihre Stimme ab. Die Frage, wie die Wahlen bei einer höheren Beteiligung ausgegangen wäre, kann natürlich nicht geklärt werden. Fest steht aber, dass die katalanische Gesellschaft in einer Frage zutiefst gespalten ist: In neuen Meinungsumfragen sprachen sich fast 50 % gegen eine totale staatliche Unabhängigkeit von Spanien aus, rund 45 % befürworteten sie.

Die spanische Justiz im Kampf gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen

Die spanische Regierung ging 2017 hart gegen die Separatisten-Führer vor. Der damalige Regionalpräsident Carles Puigdemont konnte nicht belangt werden, denn er war im Herbst 2017 - zusammen mit anderen Politikern - vor einer Festnahme ins Exil nach Belgien geflüchtet. Das alles spielte sich wohlbemerkt innerhalb der Grenzen der EU ab.

Die spanische Justiz hatte in der Zwischenzeit einen zeitweise zurückgezogenen internationalen Haftbefehl gegen ihn wieder aktiviert, um ihm doch noch in Spanien den Prozess zu machen. Puigdemonts Nachfolger Quim Torra sagte: "Die Regionalregierung und ich lehnen diese Urteile als ungerecht und undemokratisch ab." Man werde weiter auf eine katalanische Republik hinarbeiten. Das war der Grund für diese neuen Wahlen. 

"Was bedeutet das konkret für mich!?"

Madrid wird weiter versuchen, den katalanischen Separatismus einzudämmen, denn dieser gefährdet die Stabilität des Königreiches. Neben Katalonien gibt es auch starke separatistische Tendenzen im Baskenland und in Galizien. Bis heute hat Madrid daher die Unabhängigkeit des Kosovos nicht anerkannt, um Separatisten im eigenen Land keinen Vorwand zu liefern, sich selbst auf die völkerrechtswidrige Abspaltung der ehemals serbischen Provinz berufen zu können. Wie erfolgreich diese Bemühungen sein werden, wird die Zukunft weisen…

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