Mit dem heute beginnenden BRICS-Gipfel in Südafrika sind weitreichende Erwartungen an zu verkündende Veränderungen im internationalen Finanzbereich verknüpft. Es wird sich in den nächsten drei Tagen zeigen, inwieweit dieses Gipfeltreffen den weltweit hoch gesteckten Erwartungen gerecht wird.

An den globalen Finanzmärkten ist die Erwartungshaltung naturgemäß am größten. Denn die Staatsführungen der in Südafrika versammelten BRICS-Länder haben schon seit Monaten auf zu verabschiedende Mechanismen hingewiesen, mittels denen der US-Dollar im Verlauf der nächsten Jahre als Weltreservewährung abgelöst werden soll.

Den US-Dollar langfristig abschießen

Selbstverständlich werden solcherlei Bestrebungen auch in den Vereinigten Staaten selbst auf aufmerksame Weise verfolgt. So führte beispielsweise US-Geheimdienstanalystin Rebekah Koffler in einer Kolumne auf der Seite von Fox News aus, dass der Staatenblock der BRICS-Nationen das Ziel verfolge, den Weltreservestatus des US-Dollars zu beenden.

Die Staatsführungen des im Jahr 2009 formierten Staatenblocks der BRICS-Nationen (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) versammeln sich ab heute in Johannesburg zum inzwischen fünfzehnten Male im Rahmen eines großen Gipfeltreffens.

Neben der erwarteten Verkündung von Strategien zur zukünftigen Umgehung des US-Dollars im internationalen Handel steht auch die mögliche Aufnahme von neuen Beitrittskandidaten in den Staatenblock der BRICS im Fokus der internationalen Beobachter.

Nachdem der südafrikanische BRICS-Botschafter Anil Sooklal erst kürzlich die Aussage getroffen hatte, dass die Tage einer US-Dollar-zentristischen Weltordnung vorüber und diese neuen Realitäten anzuerkennen seien, sind die allgemeinen Erwartungen an den BRICS-Gipfel noch einmal gestiegen.

Wer auf die Beschaffenheit des aktuellen Welthandelssystems blickt, erkennt, dass es sich um ein multipolares Handelssystem handelt, in dem die westlichen Staaten nicht mehr einzig und allein den Takt angeben. Auch anhand des anhaltenden Krieges in der Ukraine zeigt sich das.

Der Prozess der De-Dollarisierung nahm in den letzten eineinhalb Jahren weltweit an Fahrt auf, was vor allem am Einfrieren der russischen Währungsreserven im westlichen Ausland nebst der Nutzung des US-Dollars in Form einer Waffe gegenüber politisch anders denkenden Nationen lag.

Mittlerweile scheint sich jedermann auf der Welt die Frage zu stellen, wann das eigene Land zum nächsten Russland, zum nächsten Iran oder zum nächsten Venezuela avancieren könnte. In einem meiner vorherigen Berichte zu diesem Thema hatte ich darauf aufmerksam gemacht, dass sich die Verhängung von US-Sanktionen im Verlauf der letzten zwanzig Jahre auf mehr als 9.000 verzehnfacht hat.

Eine wachsende Anzahl von Nationen ist augenscheinlich nicht mehr dazu gewillt, den USA diese aggressive Vorgehensweise vorbehaltlos durchgehen zu lassen oder Entscheidungen dieser Art einfach zu akzeptieren.

NDB im Fokus

Um das US-Dollar-System herauszufordern werden die BRICS-Nationen momentan voll und ganz auf ihre im Jahr 2014 gegründete Neue Entwicklungsbank (New Development Bank / NDB) setzen müssen.

Hierbei handelt es sich um einen internationalen Kreditgeber nach Art des Internationalen Währungsfonds, der in seiner Darlehensvergabe auf Schwellen- und Entwicklungsländer  fokussiert ist.

Erst kürzlich kündigte die NDB an, fortan auch Kredite auf Basis des brasilianischen Reals, des südafrikanischen Rands und der indischen Rupie zu vergeben, wodurch eine multipolare Finanzordnung unterstützt und gestärkt werden soll.

Dilma Rousseff, die Chefin der im chinesischen Shanghai ansässigen NDB, teilte neulich mit, sich momentan mit den Anträgen zu einer NDB-Neuaufnahme von rund fünfzehn Staaten zu befassen. Vier bis fünf dieser Anträge sollen laut ihrer eigenen Aussage im laufenden Jahr bewilligt werden.

Neben den fünf BRICS-Nationen gehören bislang auch Ägypten, Uruguay, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bangladesch zu den NDB-Mitgliedern. Die Aufnahme von neuen Mitgliedern soll laut Dilma Rousseff auch angesichts des verfolgten Ziels einer stärkeren geografischen Diversifizierung der NDB-Mitgliedsländer erfolgen.

Im laufenden Jahr wird die NDB zwischen acht und zehn Milliarden US-Dollar an Krediten vergeben, von denen ein Anteil in Höhe von 30 Prozent auf Basis von lokalen Währungen vergeben werden soll.

Nachdem es im Oktober zur ersten Bondemission auf Rupien-Basis kommen wird, soll sich dies nun auch bald auf Basis des südafrikanischen Rands und des brasilianischen Reals wiederholen. Der NDB würde somit die Möglichkeit gegeben, eigene Kredite auch auf Rand-, Real- und Rupien-Basis zu vergeben.

Kredite auf Basis des chinesischen Yuans / Renminbis werden durch die NDB bereits vergeben. Den BRICS-Mitgliedern soll aus diese Weise der Zugang zu den jeweils in den einzelnen Ländern kursierenden Währungen erleichtert werden.

Mit dieser Vorgehensweise verbundenes Ziel sei es laut NDB-Führung, die Währung eines BRICS-Mitgliedslandes zur Finanzierung von Projekten in anderen BRICS-Mitgliedsländern zu nutzen.

Beispielsweise würden sich anzustoßende Projekte in Südafrika auf diese Weise auf Basis des chinesischen Yuans / Renminbis finanzieren lassen – und nicht mehr wie zuvor mittels einer Aufnahme von US-Dollars.

Bislang hat die NDB Kredite zur Finanzierung von nachhaltigen Infrastrukturprojekten in einer Gesamthöhe von knapp 34 Milliarden US-Dollar an ihre Antragsteller vergeben. Der Löwenanteil dieser Darlehenszusagen wurde auf Basis des US-Dollars vergeben. Allerdings nimmt der Anteil der auf Basis von Lokalwährungen vergebenen Kredite beständig zu.

Dilma Rousseff zeigt sich indes davon überzeugt, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Denn in den NDB-Mitgliedsländern ließen sich so nicht nur Wechselkursrisiken minimieren, sondern auch Schwankungen in der amerikanischen Zinspolitik umgehen.

Bei der wachsenden Nutzung von Lokalwährungen handele es sich laut Dilma Rousseff nicht um eine Alternative zum US-Dollar, sondern vielmehr um eine Alternative zu einem bislang unipolaren System.

Dieses unipolare und sich anhand der US-Dollar-Dominanz manifestierende System werde durch ein multipolareres System abgelöst. Finanzkommentator Jim Rickards macht darauf aufmerksam, dass einer womöglich zu verkündenden Neuaufnahme von einzelnen Staaten in den BRICS-Club in den nächsten Tagen hohe Aufmerksamkeit zukommen wird.

Kommt es zur Verkündung einer Neuaufnahme von Beitrittskandidaten?

Immerhin haben die Staatsführungen der BRICS-Nationen knapp 70 weitere Länder zu einer Teilnahme an ihrem BRICS-Gipfel in Johannesburg eingeladen. Unter diesen Nationen haben mehr als zwanzig Staatsführungen ihr Interesse an einer potenziellen Aufnahme in den Club der BRICS bekundet. Sieben dieser Nationen haben bereits ihre offiziellen Aufnahmeanträge eingereicht.

Ganz vorne auf der Liste der potenziellen Aufnahmekandidaten befindet sich Saudi-Arabien. Neben der Russischen Föderation spricht sich auch China zugunsten einer Aufnahme von Saudi-Arabien in den BRICS-Club aus.

Jim Rickards verweist auf die Tatsache, dass das Reich der Mitte der weltgrößte Abnehmer von saudischem Erdöl ist, weshalb eine formale Allianz zwischen den beiden Nationen Sinn ergeben würde.

Hinzu kommt, dass sich Saudi-Arabien und die Russische Föderation unter den drei größten Erdölförderländern der Welt befinden. Den weiteren Platz nehmen die USA ein. Sollte Saudi-Arabien dem BRICS-Staatenblock beitreten, könnte es durchaus sein, dass die BRICS-Länder zusammen noch mächtiger als die Organisation OPEC+ werden.

Brasilien steht einer Neuaufnahme von neuen Mitgliedsländern bislang wenig aufgeschlossen gegenüber. Verständlich ist das, wenn bedacht wird, dass in dem südamerikanischen Land die Befürchtung gehegt wird, zukünftig an Einfluss innerhalb des Staatenbundes zu verlieren.

Die Russische Föderation und die Volksrepublik China werden es Brasilien allerdings gewiss schmackhaft zu machen wissen, zumindest Saudi-Arabien in den Staatenbund einzugliedern. Ob es hierzu im Rahmen des heute begonnenen BRICS-Gipfels kommen wird, bleibt für den Moment abzuwarten.

Des Weiteren wird der Plan zur potenziellen Lancierung einer gemeinsamen Handelswährung der BRICS-Länder die Aufmerksamkeit der internationalen Journalistenzunft gewiss sein. Denn langfristig könnte sich diese Handelswährung zu einer neuen Weltreservewährung entwickeln.

Eine neue Handelswährung – nicht ganz so schnell…

In den letzten sechs Monaten gab es zu diesem Thema eine Reihe von Verlautbarungen durch die Staatspräsidenten, Außenminister oder Finanzminister der BRICS-Nationen. Die geplante Handelswährung wird weder den Yuan / Renminbi noch die Rupie oder den Rubel beinhalten.

Diese Lokalwährungen sollen laut aktuellen Informationen auch in der Zukunft weiter existieren, um auf jeweils nationaler Ebene zu Konsumzwecken und Vertragsabschlüssen genutzt zu werden.

In einem langfristigen Verfahren könnten die Lokalwährungen der jeweiligen BRICS-Länder dann irgendwann durch die neu zu emittierende Handelswährung substituiert werden. Jim Rickards verweist darauf, dass diese neu zu emittierende Handelswährung nicht an einen Währungskorb gebunden wird.

Vielmehr wurde in den letzten Monaten darauf aufmerksam gemacht, damit zu liebäugeln, diese Handelswährung an einen Korb aus Rohstoffen (Erdöl, Kupfer, Eisenerz, Gold, Weizen, etc.) zu koppeln.

Unter Umständen könnte es auch bis zu einem bestimmten Grad zu einer reinen Bindung an Gold kommen. Schon John Maynard Keynes machte im Jahr 1944 die Erfahrung, dass sich die Kopplung einer Währung an einen Rohstoffkorb nicht leicht in die Realität umsetzen lässt, weshalb eine potenzielle Goldbindung das wahrscheinlichste Resultat wäre.

Aus Sicht der BRICS-Länder könnten die ehedem zu beobachtenden Komplikationen jedoch vielleicht ein wenig milder ausfallen. Denn Brasilien, die Russische Föderation und Südafrika gehören zu den größten Rohstoffproduzenten unserer Erde.

Eine Ausweitung der BRICS-Mitgliedsländer könnte sich im Hinblick auf die Stabilität der neu zu emittierenden Handelswährung als vorteilhaft erweisen. Denn schon bald könnte diese Handelswährung in fünfzehn bis zwanzig, anstelle von nur fünf Nationen unserer Erde Akzeptanz finden.

Emittiert würde die neue Handelswährung durch die NDB. Einzig und allein Indien gibt sich unter Bezugnahme auf diese Pläne noch ein wenig als Bremsklotz. Vielleicht mag das auch daran liegen, dass Indien sich nunmehr dazu in der Lage sieht, russisches Erdöl im Austausch gegen die eigene – und durch die indische Zentralbank elektronisch erzeugbare – Währung zu kaufen.

Hierbei handelt es sich um ein Privileg, das bislang allein den Vereinigten Staaten zukam. Um den Druck auf die indische Regierung zu erhöhen, hatte der Kreml kürzlich mitgeteilt, bald keine Rupien-Zahlungen gegen Erdöl mehr akzeptieren zu wollen.

Um russisches Erdöl zu erwerben, wird Indien ab dann wieder auf den US-Dollar oder Gold zurückgreifen müssen – oder es wird sich den Plänen zur Einführung einer gemeinsamen Handelswährung der BRICS-Nationen unterwerfen.

Im Rahmen des Johannesburger BRICS-Gipfels wird es über diese ungeklärten Fragen mit Sicherheit zu Konsultationen hinter verschlossen Türen zwischen den einzelnen Präsidenten der BRICS-Länder kommen.

Ausgenommen hiervon ist Wladimir Putin, der aufgrund des bestehenden internationalen Haftbefehls durch den Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag nun doch nicht zum BRICS-Gipfel anreisen wird. Anstelle dessen sendet Waldimir Putin seinen Außenminister Sergei Lawrow zum Gipfel, um dort in seinem Namen die Verhandlungen zu führen.

Wladimir Putin wird zur Erörterung von wichtigen Fragen allerdings durch Videoschalten präsent sein.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite des Senders Fox News.

"Was heißt das für mich konkret!?" (Roman Baudzus)

Es empfiehlt sich, die eigenen Erwartungen an die Resultate dieses Gipfels zunächst ein wenig tiefer zu hängen. Denn gut Ding will nun einmal Weile haben. Rechnen lässt sich damit, dass die BRICS-Nationen eine der größten Veränderungen an den internationalen Finanzmärkten seit Jahrzehnten bekannt geben werden.

Doch wie bereits der Konstrukteur einer neuen BRICS-Handelswährung, Sergej Glasjew, in Interviews erklärte, wird der Weg dorthin ein steiniger sein. Es handelt sich also um ein langfristiges Projekt, das sich nicht morgen aus der Taufe heben lassen wird.

Aufmerksamkeit ist meiner Ansicht nach eher möglichen Verlautbarungen zu einer Aufnahme von neuen Mitgliedern in den BRICS-Verbund zu schenken. Sollte Saudi-Arabien in den nächsten Tagen tatsächlich formal aufgenommen werden, so würde es sich hierbei um eine Entscheidung von Tragweite handeln, die die geopolitische Landkarte durcheinander wirbeln würde.

Ferner ist potenziellen Verlautbarungen der BRICS-Länder im Hinblick auf eine Vereinigung der Nationen des globalen Südens zu schenken. Denn eine solche Vereinigung würde die bis dato vorherrschende „regelbasierte“ Weltordnung des Westens wie auch die Vorherrschaft des US-Dollars offiziell herausfordern.

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