Zum Wochenabschluss empfiehlt es sich, die geopolitische Lage im Nahen und Mittleren Osten nicht aus den Augen zu verlieren. Denn hier tut sich momentan einiges. Während Joe Biden über das Scheitern einer Wiederinstandsetzung des Nuklearabkommens mit dem Iran (JCPOA) spricht, verdichten sich parallel die Anzeichen für eine Intensivierung der militär- und handelspolitischen Zusammenarbeit zwischen Teheran und Moskau.

Gleichzeitig hat das Jahr 2022 die sich vertiefenden Gräben offenbar werden lassen, welche sich zwischen den Vereinigten Staaten und deren wichtigsten Verbündeten in der Region des Mittleren Ostens, namentlich Saudi-Arabien, auftun.

Ein weltpolitisches Tauziehen

Dass in dieser Gemengelage eine zukünftige Erweiterung der sogenannten BRICS-Nationen (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) geplant ist, um Anwärter wie den Iran und Saudi-Arabien in diesen Kreis der BRICS+-Nationen aufzunehmen, spricht allein schon eine deutliche Sprache hinsichtlich des Tauziehens, das gerade auf der politischen Weltbühne um eine Neuverteilung der Macht stattfindet.

Die aktuellen Entwicklungen deuten zukünftig weniger auf eine uni- als vielmehr auf eine sich sukzessive herausbildende multipolare Weltordnung hin. Insbesondere die BRICS-Länder wie auch viele der Nationen, die sich geografisch dem globalen Süden zugehörig fühlen, scheinen sich für die nächsten Jahre eine ganze Menge vorgenommen zu haben, was in einer Intensivierung der Kooperation und Zusammenarbeit untereinander gipfeln dürfte.

Der Kreis der BRICS+ wird insofern daran arbeiten, sich in der Zukunft als Gegengewicht zu den westlich dominierten G7-Staaten zu etablieren. Der anhaltende Krieg in der Ukraine droht den sich bereits seit vielen Jahren auftuenden Graben zwischen den Vereinigten Staaten und deren Verbündeten sowie der Russischen Föderation zu vertiefen.

Das Ende der Globalisierung, wie wir sie bisher kannten?

Dass sich allein schon aus diesem Grund neue (Zweck-)Allianzen bilden, ist nachvollziehbar und verständlich. Insbesondere der globale Handel wird sich unter diesen Voraussetzungen verändern. Sollte es zu neuen Blockbildungen auf der Welt kommen, welche sich bereits abzuzeichnen beginnen, so lässt sich davon ausgehen, dass der Prozess der Globalisierung wie dieser sich über die letzten drei Jahrzehnte und somit nach dem Mauerfall gestaltet hat, einem Ende ins Auge blickt.

Unter all jenen, die mit einer solchen Entwicklung rechnen, befindet sich unter anderem auch BlackRock-Chef Larry Fink. Es besteht Anlass zu der Vermutung, dass eine Neukalibrierung der weltweiten Liefer- und Wertschöpfungsketten und eine potenzielle Aufrechterhaltung der durch den Westen verhängten Sanktionen eine tendenziell inflationäre Wirkung nach sich ziehen wird.

Hinzu gesellt sich der Ausblick auf sich intensivierende Handelskriege. Die USA und China stehen in diesem Hinblick an vorderster Front. Doch auch die Europäische Union rührt aus Solidarität mit den Amerikanern mit in diesem Kessel, selbst wenn dies bedeuten mag, die eigene Region von überlebenswichtigen Energielieferungen aus der Russischen Föderation abzukoppeln.

Ein vom Westen unabhängiges Finanzsystem im Osten und globalen Süden?

Parallel hierzu wird in den BRICS-Ländern an der Etablierung eines eigenen Finanzsystems gearbeitet, welches, wie Zoltan Pozsar im laufenden Jahr mehrfach verdeutlichte, physische Rohstoffe wieder weitaus stärker in die zukünftige Gelddeckung einbeziehen wird als es in der jüngeren Vergangenheit der Fall gewesen ist.

Ein von westlichen Institutionen unabhängiges Finanzsystem wäre eine machtvolle Waffe in den Händen der BRICS-Länder sowie allen Nationen, die mit diesem Kreis assoziiert sind. Zu rechnen ist ferner damit, dass sich der Prozess der De-Dollarisierung in den nächsten Jahren auf eine massive Weise beschleunigen wird.

Hauptgrund hierfür ist einerseits die Tatsache, dass die Washingtoner Regierung den Status des US-Dollars als Weltreservewährung mittlerweile missbraucht, die eigene Währung wie eine Art Waffe an jene Schläfen haltend, welche den eigenen Vorgaben und Plänen nicht zu folgen bereit sind.

Eine Weltreservewährung kann jedoch nur dann die ihr zukommende Rolle ausfüllen und funktionieren, wie unter anderem Jim Rogers hierzu ausführte, wenn eine Nutzung dieser Währung allen Ländern auf der Welt zu jedem Zeitpunkt zu gleichen Bedingungen offen steht. Der US-Dollar wird dieser Rolle nicht mehr gerecht.

Dass nach einem Einfrieren von Hunderten Milliarden an Währungsreserven der Russischen Föderation im Westen inzwischen offen über eine Konfiskation dieser Gelder gesprochen wird, um damit Wiederaufbauhilfe in der Ukraine zu leisten, dürfte sich, um an dieser Stelle noch einmal Zoltan Pozsar zu zitieren, als letzter Sargnagel für das bestehende Finanzsystem erweisen.

Das einstige Vertrauen in die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der westlichen Nationen, einschließlich Japans, wurde auf diese Weise auf enorme Weise untergraben, sodass damit zu rechnen ist, dass sich schon allein aus diesem Grund neue Finanzstrukturen mit dem Ziel einer Rückgewinnung von Kontrolle herausbilden werden.

In Washington sollten Überstunden geleistet werden

Vor diesem Hintergrund fällt auf, dass die Washingtoner Regierung momentan Überstunden leisten sollte, um ihre Kooperation und Zusammenarbeit mit langjährigen Verbündeten wie Saudi-Arabien mit dem Ziel einer Eindämmung der regionalen Ambitionen des Irans zu intensivieren.

Aus amerikanisch-israelisch-saudischer Sicht bleibt der Fortschritt, den der Iran über die vergangenen Jahre auf dem Gebiet der Nuklearforschung gemacht hat, keineswegs verborgen. Sollte sich der Iran eines Tages in den Besitz einer Atomwaffe bringen, wovon auszugehen ist, so dürfte sich hieran ein Atomwettrüsten in der Region des Nahen und Mittleren Ostens anschließen.

Ganz abgesehen von einem solchen Ausblick bleibt die Situation in Pakistan, das bereits über Atomwaffen verfügt, nicht aus den Augen zu verlieren, weil sich das Tauziehen zwischen den Vereinigten Staaten auf der einen sowie China und Russland auf der anderen Seite um diese politisch höchst instabile Nation, deren Volksmasse sich in beständige Unruhe versetzt sieht, intensivieren dürfte.

Ähnlich wie der Iran kommt auch Pakistan eine Schlüsselfunktion in dem durch Peking betriebenen Projekt der Neuen Seidenstraße zu. Ob die Amerikaner der Entwicklung eines massiven Ausbaus der wirtschaftlichen Kooperation und Zusammenarbeit zwischen China und diesen Ländern außer wiederholten Drohungen auch anderweitig etwas entgegenzusetzen haben, bleibt indes abzuwarten.

Zusammenarbeit zwischen Moskau und Teheran vertieft sich

Aus westlicher Sicht ist zurzeit auch eine neue „Achse des Bösen“ zwischen Moskau und Teheran am Entstehen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Teheraner Regierung vielleicht schon bald großzügige mit neuen Militärgütern seitens der Russischen Föderation ausgestattet wird.

Parallel hierzu intensiviert sich die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Moskau und Teheran mit Blick auf eine Erschließung und Förderung von immensen Gasvorräten in der Region des Kaspischen Meeres. Russische Energieriesen haben im Iran, wie im laufenden Jahr berichtet, vertraglich über viele Jahre die Federführung in Bezug auf eine Ausbeutung dieser Reserven übernommen.

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, hatte unlängst darauf hingewiesen, dass Moskau dem Iran eine bislang ungesehene Unterstützung auf militärischem und technologischem Gebiet zugesagt habe. Aus diesem Grund sei damit zu rechnen, dass beide Nationen ein vollumfängliches Verteidigungsbündnis anstrebten.

Zwischen allen Stühlen

Irans Erzrivale Saudi-Arabien sitzt, ähnlich wie die Türkei, derweil zwischen allen Stühlen. Einerseits ist es das größte Anliegen des wahhabitischen Königreichs, die Ambitionen des Irans in der Region des Nahen und Mittleren Ostens so weit wie möglich einzudämmen.

Andererseits wird die saudische Führung zukünftig zu Kompromissen mit dem schiitischen Iran bereit sein müssen, falls eine Vertiefung der Kooperation und Zusammenarbeit, oder gar ein zukünftiger Beitritt beider Nationen zu der Organisation der BRICS+-Länder, zustande kommen sollte.

Innerhalb des Erdölkartells der OPEC+ haben sich die Zusammenarbeit und Feinabstimmung zwischen Saudi-Arabien und der Russischen Föderation über die vergangenen Jahre auf eine zunehmende Weise intensiviert.

Über welchen Einfluss die Kreml-Regierung, einschließlich Pekings, darüber hinaus verfügt, um Saudi-Arabien und den Iran im Sinne einer ökonomischen Zusammenarbeit und möglicherweise gar einer Beilegung von bestehenden Differenzen an einen Verhandlungstisch zu bekommen, bleibt ebenfalls abzuwarten.

Wie dem auch sei, so hatte der saudische Außenminister Prinz Faisal bin Farhan Al-Saud kürzlich davor gewarnt, dass alles möglich und denkbar sei, falls sich die Teheraner Führung in den Besitz einer Atomwaffe bringen sollte.

Saudi-Arabiens Außenminister bekräftigte in diesem Zuge seine Ansicht, in ein höchst gefährliches Stadium in der gesamten Region eingetreten zu sein. Denn auch andere Länder in der Region würden auf eine solche Entwicklung auf dieselbe Weise reagieren, weshalb sich ein potenzielles Wettrüsten vor Ort keineswegs ausschließen ließe.

Peking springt in die sich auftuende Bresche

In die USA blickend, erweckt es momentan nicht den Anschein, als ob die Washingtoner Regierung von dieser Situation zu profitieren wüsste. Ganz im Gegenteil sieht es eher danach aus, als ob die Biden-Administration den langjährigen saudischen Verbündeten nach wie vor bewusst links liegen lassen würde.

Selbstverständlich ist diese Entwicklung auch der Pekinger Regierung keineswegs verborgen geblieben. So kam es vor wenigen Tagen zu einer unerwarteten Staatsvisite des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in der saudischen Hauptstadt Riad, in deren Zuge weitläufige Handels- und Wirtschaftskooperationen zwischen beiden Ländern beschlossen wurden.

Hier und dort wird darüber hinaus gemunkelt, dass zwischen Xi Jinping und dem saudischen Kronprinzen Mohamed bin Salman auch über einen potenziellen Beitritt Saudi-Arabiens zu der Organisation der BRICS+ gesprochen worden sei.

Was sich abzuzeichnen beginnt, ist eine sich vertiefende Partnerschaft zwischen den Saudis und Peking. Der Unterschied zu der durch Joe Biden im Juli dieses Jahres angetretenen Reise nach Riad hätte kaum unübersehbarer und größer sein können. So wurde Xi Jinping in Riad als „Freund“ begrüßt und aufgenommen.

Nach Joe Bidens damaliger Ankunft in Riad war lediglich ein Faust-Gruß zwischen Joe Biden und dem saudischen Kronprinzen vorgesehen, welcher auf den Grad der Unterkühlung in den politischen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Saudi-Arabien schließen ließ.

Dass es im Zuge der Staatsvisite von Xi Jinping auch zur Unterzeichnung eines strategischen Partnerschaftsabkommens zwischen Saudi-Arabien und der Volksrepublik China gekommen ist, das eine ganze Reihe von wichtigen Feldern abdeckt, wird der US-Regierung wohl böse aufgestoßen sein.

Angemerkt sei, dass der chinesische Huawei-Konzern Saudi-Arabien in der Zukunft mit Dienstleistungen aller Art im Bereich Cloud Computing versorgen wird. Auch an der technologischen Ausstattung der in Saudi-Arabien geplanten und neu zu bauenden Mega-Städte soll Huawei beteiligt werden.

Unterdessen wird Huawei in den USA ganz offen als potenzielles Sicherheitsrisiko eingestuft. So warnen Amerikas Geheimdienste davor, dass Huawei über enge Verbindungen zur Kommunistischen Partei Chinas verfüge, was Spionageaktionen hervorrufen könnte.

Die Ironie verlangt es, an dieser Stelle einmal anzumerken, dass Twitter, Facebook & Co. auf ähnliche Weise für die amerikanische Regierung aktiv sind. Die unlängst durch Elon Musk enthüllten „Twitter Files“, in denen zum Ausdruck kommt, wie eng die Kooperation zwischen amerikanischen Sicherheitsbehörden wie dem FBI und Twitter in der Vergangenheit gewesen ist, sagen eigentlich alles.

Dass sich eine intensivierende Kooperation und Zusammenarbeit zwischen Riad und Peking herauszukristallisieren beginnt, erweist sich aus Perspektive der US-Regierung indes als nichts anderes als ein (geo)politisches Desaster.

Ohnehin haben Beobachter seit dem letzten Jahr darauf aufmerksam gemacht, dass die Biden-Administration Saudi-Arabien wohl nur noch als Erdöllieferanten zu sehen scheint, der den mehrfachen Ersuchen der US-Regierung und Joe Bidens zu einer Ausweitung der eigenen Förderkapazitäten nicht nachgekommen ist und das Weiße Haus in diesem Sinne mehrmals hat auflaufen lassen.

Der anhaltende Krieg in der Ukraine hat diese Situation noch einmal stärker in den Vordergrund gerückt, weil die Energie- und Erdölmärkte durch dieses Ereignis in Mitleidenschaft gezogen worden sind.

Anders als vor wenigen Tagen der chinesische Präsident Xi Jinping war Joe Biden von seiner Riad-Reise im diesjährigen Sommer mit leeren Händen in die US-Heimat zurückgekehrt. Das sagt einiges, wenn nicht alles.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht auf der Finanzseite Zerohedge.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Wir leben in spannenden Zeiten des Umbruchs und der Transformation, woran sich auch in den nächsten Jahren nichts ändern wird. Es gilt, diese Situation anzunehmen und für sich zu akzeptieren, wenn auch ungewöhnliche und unter Umständen mitunter auch schmerzhafte Erfahrungen mit einem solchen Ereignis verbunden sein mögen.

Andererseits erweist sich jeder Umbruch aber auch als eine riesige Chance zur Erneuerung von alteingesessenen und verkrusteten Strukturen. Es ist vielleicht leichter, die aktuellen Entwicklungen auf eine solche Weise zu betrachten.

In diesem Sinne sei allen Lesern ein schönes, erholsames und geruhsames Weihnachtsfest wie auch einige wunderbare Festtage gewünscht!!

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