Die Strategie basiert auf einer von mir bei meinen Mandanten in der Praxis erfolgreich angewendete Investmentphilosophie, die von jedem Anleger relativ leicht umzusetzen ist.
Einführung
Wider Erwarten haben viele Aktienmärkte zum Jahresende 2020 neue Höchststände erreicht. Volkswirte und Analysten rätseln, gab es doch genügend Argumente für eine größere Korrektur.
Nun werden für 2021 neue Prognosen herausgegeben. Die Märkte werden hiernach steigen, fallen oder sich mit großen Schwankungen seitwärts bewegen.
Jeder Analyst und Börsenprofi kann seine Prognose super erklären und liefert dafür logische und nachvollziehbare Begründungen. Der Laie hat nun die Qual der Wahl, sich für eine dieser Meinungen zu entscheiden, wenn es um die eigene Vermögensanlage geht. Oft nimmt er sich der Meinung an, die seiner eigenen Einschätzung am nächsten kommt. Er fühlt sich dann bestätigt und ein wenig professionell, denn er sieht es ja genauso wie der Profi.
Meine Prognose für 2021…
Ich habe keine! Egal wie ich die aktuelle Marktlage oder das politisch-wirtschaftliche Umfeld auch betrachte. Ich würde mit einer Prognose für 2021 mindestens zu 50 % falsch liegen.
Nachrichten machen Kurse machen Nachrichten
Die Börsenprofis von morgen sind die, die uns heute großartig erklären können, warum die Kurse sich gestern so entwickelt haben wie sie sich entwickelt haben.
Dem Privatanleger bringen diese Informationen der Profis in der Regel keinen echten Mehrwert.
Im aktuellen Kurs steckt die Wahrheit
An den Aktienmärkten treffen alle Marktmeinungen – wie auch immer begründet – aufeinander. Es müssen immer Optimisten und Pessimisten vorhanden sein, denn sonst kann der Aktienmarkt nicht funktionieren.
Gäbe es nur Optimisten, könnte ich keine Aktien kaufen. Denn welcher Optimist würde seine Aktien verkaufen? Gäbe es nur Pessimisten, würde ich meine Aktien nicht loswerden. Welcher Pessimist würde denn Aktien kaufen? Gibt es mehr Optimisten als Pessimisten, steigen die Kurse. Überwiegen die Pessimisten, fallen die Kurse.
Risiken des Anlegers sind die Chancen des potenziellen Investors
Anlageberater müssen ihre Kunden umfänglich über die Risiken (meist Kursrisiken) von Wertpapieren aufklären. So verlangen es nicht nur Anlegerschutzgesetze, sondern auch der faire Umgang eines Anlageberaters mit seinen Kunden.
Doch jedes Risiko birgt auch Chancen. Jeder Investor wartet doch auf die Chance, das Produkt seiner Begierde preiswerter zu bekommen – egal ob es ein Auto, ein Haus oder eine Aktie ist. Zum Leidwesen des Verkäufers, für den das ein potenzielles Risiko ist.
Die Marktrendite kann nur einmal verteilt werden
Geben Sie drei Kindern sechs Tafel Schokolade in die Hand. Die zu erwartende Rendite für jedes Kind wären zwei Tafeln Schokolade. Logisch! Oder? Erhält nun eines der Kinder – warum auch immer – davon vier Tafeln, dann hat sich seine Rendite verdoppelt. Sein Erfolg war höher als zu erwarten (also höher als die Benchmark). Im Gegenzug muss mindestens ein Kind unter der Benchmark liegen.
Das zeigt deutlich, dass es bei einer Verteilung eines begrenzten Gutes immer mindestens einen Verlierer geben muss, wenn es einen Gewinner gibt! An den Aktienmärkten ist die Verteilung leider deutlich ungerechter.
Fondssparplan – die ideale Anlageform für den Vermögensaufbau
Das ratierliche Investieren in Aktienmärkte hat einen simplen mathematischen Vorteil. Wenn Sie regelmäßig Aktienfonds kaufe, dann erhalten Sie bei steigenden Kursen weniger, bei fallenden Kursen mehr Fondsanteile für die gleichen Anlagesummen. Cost-Average nennt man diesen Effekt.
Neben dem Effekt der ständigen Optimierung des durchschnittlichen Einstiegskurses hat diese Investitionsform vor allem einen positiven psychologischen Effekt. Sie handeln antizyklisch!
Der Cost-Average-Effekt hat jedoch auch einen Nachteil. Mit steigender Anlagesumme reduziert sich der Optimierungseffekt. Dieser wirkt sich bei einer Sparrate von 100 € auf eine bereits vorhandene (ersparte) Anlagesumme von 1.000 € höher aus als bei einer Anlagesumme von 10.000 EUR.
Doch was könnten Sie machen, wenn Sie bereits über einen höheren Betrag verfügen, den es nun gilt anzulegen?
Hier haben Sie drei Möglichkeiten, um das Timingproblem zu lösen.
- Einmalanlage (Sie legen alles auf einmal an = volles Timingproblem)
- Einmalanlage + ratierliche Anlage (Ein Teil wird sofort – der Rest ratierlich investiert)
- ratierliche Anlage (Anlage erfolgt über einen zeitlich begrenzten Sparplan.)
Semiaktive Investmentstrategie mit rollierendem Sparplan – Ein Beispiel mit einer Investitionssumme von 30.000 EUR
Wir nehmen zur Demonstration einen allseits bekannten Fonds – den BGF World Gold. Dieser Fonds investiert nicht in physisches Gold, sondern vorrangig in Goldminen. Dieser Fonds kann für Goldinteressierte durchaus eine Ergänzung oder gar Alternative zum physischen Gold sein, da sich die Entwicklung des Goldpreises und die von Goldminen stark ähneln, wobei Goldminenwerte sich im Vergleich zum Goldpreis oft gehebelt entwickeln. Auch ein von vielen Anlegern gefürchtetes Goldverbot dürfte bei einem Goldminenfonds nicht zum Tragen kommen.
Die Volatilität des Fonds wird auf 10-Jahresbasis mit 30 % angegeben. Damit ergibt sich um die 200-Tagelinie als vereinfachter Mittelwert eine Schwankungsbreite von +15 und -15 %. Diese Schwellenwerte dienen als einzige Orientierungsmarken für ein aktives Handeln. Gehandelt wird jeweils nur am 5. oder 15. eines Monats (Sparplantermine der Depotbank meiner Mandanten).
Sie müssten sich also nur zweimal im Monat (jeweils kurz vor den Handelsterminen) mit der Anlage beschäftigen.
Anlagebeginn war der 05.11.2011.
Begonnen wird die Investition mit der Einrichtung von zwei Fondssparplänen in Höhe von monatlich jeweils 200 € - jeweils zum 5. und 15. des Monates. Laufzeit unbegrenzt.
Sinkt der Fondspreis unter die 15 %-Schwelle der 200-Tage-Linie, werden einmalig 20 % investiert (in diesem Beispiel 6.000€)
Steigt der Fondspreis über die 15 %-Schwelle der 200-Tagelinie, wird der halbe Anteilsbestand veräußert.
Steigt der Fondspreis um weitere 15 % - also über die 30 %-Schwelle der 200-Tagelinie, wird wieder der halbe Anteilsbestand veräußert.
Die Grafik zeigt, dass mit dieser Strategie innerhalb der letzten zehn Jahren nur 14 Mal aktiv gehandelt werden musste.
Das Ergebnis
Die folgende Grafik zeigt den Erfolg dieser Strategie gegenüber einer Einmalanlage.
Möglicher Einwand
Nun könnten einige Leser meinen, dass der Vergleich ja hinke, da der benutzte Zeitraum von zehn Jahren gezielt genutzt wurde, um das Ergebnis zu schönen. Würde man den Start auf 2014 legen – also ein Jahr, in dem der Fonds seine Tiefstkurse erreicht hatte, dann wäre die Einmalanlage klar besser und das Ergebnis könnte ganz anders aussehen.
Dem ist auch so!
Doch schauen Sie selbst…
Erstaunlicherweise ist die Performance beider Strategien fast identisch. Ein Vorteil ist dennoch klar ersichtlich: Bei der Einmalanlage wären Sie heute noch zu 100 % investiert. Bei der Sparplanstrategie hingegen nur noch zu knapp 16 %. Der Rest ist freie strategische Liquidität.
Meine Mandanten waren in den zehn Jahren zu keiner Zeit zu 100 % in dem Fonds investiert!
„Was heißt das für mich konkret !?“
Ein ratierlicher Investmentprozess mit semiaktivem Ansatz hat bei klar formulierten Regeln den Vorteil, dass Sie bei einem vergleichsweise geringen Aufwand Ihr Depot gut managen können. Sie müssen nur bereit sein, sich zweimal im Monat die Kurse anzusehen, um eine Entscheidung zu treffen.
Diese Strategie kann man bei fast jedem Fonds anwenden, vorausgesetzt, dieser ist sparplanfähig. Sie könnten mit dieser Strategie auch ein gut diversifiziertes Depot mit mehreren Fonds managen. Sie müssten lediglich die Schwellwerte anpassen, die abhängig von der Volatilität Ihrer Fonds sind. Über die Höhe der monatlichen Sparraten passen Sie die Strategie Ihren Bedürfnissen (Anlagebetrag und Risikoneigung) an.
Je höher die Volatilität des Fonds ist, desto erfolgreicher dürfte diese Strategie sein.
Da bei einer Fondsanlage die Kosten (Ausgabeaufschläge und Kickbacks) eine nicht unerhebliche Rolle spielen, ist ein Partner, der Ihnen Fonds zu Nettokonditionen (ohne Ausgabeaufschlag und möglichste mit Kickbackerstattung) und/oder eine große Auswahl an sparplanfähigen ETF’ s anbieten kann, sehr hilfreich.
Kommentare
1. Können Sie ein einfaches Tool empfehlen mit dem ich automatisch die Volatilitätsschwellenwerte (hier die +/-15%) im Chart anzeigen lassen kann?
2. Sind die Einmalanlagen spontane Erhöhungen des Sparplans (Vorteil: keine Extragebühren bei Aktionssparplänen) oder zusätzliche Käufe zum Sparplan? Wenn Ersteres, welcher Broker ist so flexibel die Sparrate ganz kurzfristig anzupassen?
Ich bin seit Okt.19 in Dirk Müllers Fond investiert.
Eingestiegen knapp unter 104 Euro, seit dem immer in Minus.
zu 1.
Ich habe hier das Angebot der Tradesignal GmbH genutzt. "Tradesignal Online" gibt es mit Einschränkungen auch als kostenfreie Version. Diese reicht für den beschriebenen Zweck aus.
Hier gibt es neben vielen charttechnischen Analysetools auch die Möglichkeit, sich mit etwas Geschick seinen eigenen Indikator zu basteln. Der hier verwendete Indikator ist der DIX.
Sollten Sie dazu Fragen haben, können Sie ggf. direkt auf mich zukommen.
zu 2.
Bei den "spontanen Erhöhungen des Sparplans" handelt es sich um Einmalanlagen - zusätzlich zum Sparplan.
Um Kosten zu sparen, sollten Sie sich eine Depotbank suchen, die prinzipiell keine Ausgabeaufschläge berechnet und/oder ein umfangreiches Angebot an sparplanfähigen ETF anbietet.
Freundliche Grüße
Andreas Borsch
In meinem Artikel habe ich versucht, interessierten Lesern eine praktikable und umsetzbare Strategie nahezubringen. Der dafür benutzte Fonds diente rein zur Demonstration dieser Strategie.
Diese Strategie kann somit (entsprechend angepasst) bei allen sparplanfähigen Wertpapieren angewendet werden.
Freundliche Grüße
Andreas Borsch
vielen Dank für die Antwort. Doch noch eine Frage: Sie haben das Szenario beschrieben, dass nachdem die 30% Linie nach oben überschritten wurde, nochmals verkauft wird. Ist dies auf der negativ Seite ebenso zu sehen? Wieviel sollte man zusätzlich investieren, wenn der Verlust unterhalb der doppelten Volatilität (hier -30%) liegt?
Sie haben die 30% am Anfang Ihrer ersten Investition ermittelt und dann 6 Jahre mit diesen Daten weiter investiert.
1. Ist es aber nicht so, das sich die Berechnung der Volatilität der letzten 10 Jahre immer wieder verändert. Wäre es deshalb nicht besser, einmal pro Jahr 01.01. die Volatilität neu zu bestimmen?
2. Sind in Ihrem Beispiel auch die 25% KAP herausgerechnet worden, die bei jedem Verkauf fällig werden?
MfG
vielen Dank für ihre Nachfrage. Typische Antwort - Das hängt davon ab.
In diesem Fall hatte ich keinen Nachkauf initiiert, da zu diesem Zeitpunkt (siehe Signalgebung 2013) die strategischen Liquidität nach zwei Sonderkäufen bereits auf unter 50% abgebaut war und nur noch für 2,5 Jahre Spardauer reichte. Ausreichend Liquidität für den Sparplan hatte bei diesem Mandanten immer Vorrang.
Das ist ja das Schöne an dieser Strategie. Sie kann jedem Anlegerbedürfnis angepasst werden.
die 10 Jahres-Vola nicht aus den Augen zu verlieren, ist richtig. Diese dürfte sich jedoch nicht so schnell ändern. Wie sich z.B. die akt. 1-Jahres-Vola des BGF World Gold von 48% in den nächsten Jahren auf die trägere 10 Jahres-Vola des Fonds auswirken wird, ist ungewiss. Das werden wir sehen. Bei einer Änderung von ein paar Prozent müssen deshalb die Schwellwerte m.E. nicht gleich angepasst werden.
Die Strategie kann selbstverständlich in alle Richtungen ausgebaut und verkompliziert werden.
Das sollte jedoch nicht das Ziel sein! Je weniger und klarer die Regeln, desto eher ist die Strategie auch für den Laien umsetzbar.
MfG
Andreas Borsch
vielen Dank für die Antworten. Denken Sie, dass es bei einer Volatilität von 18% noch gut funktioniert? Gibt es eine Untergrenze aus Ihrer Erfahrung.?
LG
Sicher hinkt der Vergleich, obwohl ich den Ansatz gut finde.
Es passt für 11-21 und 14-21
Die Zukunft kennt KEINER, auch nicht die Vola....
Nur gerade einen Goldminenfond als Beispiel?
Der könnte bei galoppierender Inflation explodieren, oder bei Zinserhöhungen, Deflation...kollabieren
Und dann in dieser Zeit 84% Cash, muß jeder selbst wissen.
Grundsätzlich finde ich eine Honorarberatung gut, nur ich frag mich immer wieder,
wenn alle Berater so viel Know How haben, wieso beraten Sie noch.
Gruß
Di