Die weltweite Corona-Pandemie nahm in China ihren Ursprung. Dort wird sie auf vermutlich tragische Weise auch ihren Schlusspunkt setzen. Nachdem wir nahezu global 2020 und 2021 unter dem Eindruck der weltweiten Pandemie standen, schien China so etwas wie die Insel der Glückseligkeit zu sein – zumindest was die Infektionen, schweren Verläufe und Todesfälle betraf.

Diese „Glückseligkeit“ war jedoch teuer erkauft. So hat man das Corona-Virus in China nur um den Preis von massiven Freiheitsbeschränkungen, Abriegelungen ganzer Städte und einer Politik, die nur in autokratischen Staaten durchsetzbar ist, im Griff behalten.

Aber selbst Menschen, die eine nahezu lückenlose staatliche Überwachung gewohnt sind und Freiheit anders definieren müssen, waren nicht bereit, längerfristig diese Eingriffe zu akzeptieren. Überraschend schnell hat die chinesische Führung dann den Protesten nachgegeben und die Corona-Auflagen massiv gelockert.

Nun treffen diese Lockerungen aber auf eine – weder durch Impfungen noch durch überstandene Infektionen – kaum mit dem Corona-Virus in Berührung gekommene Gesellschaft, die in Folge der in den 1970er bis 1990er Jahren geltenden Ein-Kind-Politik überaltert ist. Die damit verbundenen Gefahren für das Gesundheitssystem werden schon jetzt deutlich.

Kliniken sind überlastet, das Personal ist selbst infiziert und die Versorgung mit Medikamenten ist ebenfalls eingeschränkt. Nun droht China eine Pandemie in Zeitraffer. Was einige Staaten also gut in ein bis anderthalb Jahren umgesetzt haben, wird China nun in wenigen Wochen durchleben. Die damit verbundenen Arbeitsausfälle, Krankheitstage und Todesfälle drohen, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt zu lähmen.

Deswegen überrascht der Schritt nun gerade umso mehr, weil schon die aktuelle Krankheitswelle in Staaten wie insbesondere Deutschland zeigt, wie anfällig die Menschen, das Gesundheitssystem, aber auch der Arbeitsmarkt infolge der Corona-Pandemie insgesamt ist. Wenn zwölf Prozent der arbeitenden Bevölkerung krankheitsbedingt fehlen, ist dies insbesondere in Produktionsunternehmen nicht aufzufangen.

In China drohen zum Jahresanfang 2023 eher doppelt so hohe Krankheitsstände. Wenn in vielfach personalintensiv produzierenden Unternehmen ein Viertel der Belegschaft krankheitsbedingt fehlt, wird dies China in eine Rezession stürzen, von der sich die Volkswirtschaft über das gesamte Jahr 2023 nicht erholen wird. Dies wiegt umso schwerer, weil die Weltwirtschaft auf ein funktionierendes China angewiesen ist.

Die Zinspolitik der US-Notenbank war viel zu aggressiv und wird die Wirtschaft nachhaltig beeinträchtigen. Die EZB reagiert auf die konjunkturellen Warnhinweise und die spürbar nachlassende Inflation viel zu zögerlich und wird, offenkundig um ein Exempel zu statuieren, ihren restriktiven geldpolitischen Kurs nicht nur fortsetzen, sondern möglicherweise ausweiten.

China wäre hier mit gutem Wirtschaftswachstum und einer sehr mäßigen Inflation ein gutes globales Korrektiv gewesen. Darauf sollten Anleger im Jahr 2023 nicht hoffen.

Vielmehr sollte man die derzeitige Ruhe an den Kapitalmärkten eher als Phase des Luftholens vor dem nächsten Sturm verstehen, da sich die Lieferkettenproblematik 2023 wieder verschärfen wird, die Nachfrage aus China stark rückläufig sein könnte und bestimmte Waren und Güter sich deutlich verteuern.

Positiv ist allerdings, dass der Effekt auf die Inflation sehr gering bleiben wird. Diese wird sich eher normalisieren, weil die Nachfrage nach den preistreibenden, industriell benötigen Rohstoffen nachlassen wird und sich daher – trotz der Fortsetzung des Krieges in der Ukraine – dort die Preise in der Breite eher entspannen. Dies wird dann auch den Druck der Notenbanken deutlich reduzieren. Möglicherweise beginnt dann sogar im letzten Drittel des Jahres 2023 eine Phase, in der die Leitzinsen wieder gesenkt werden.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Für Anleger bedeutet dies konkret, dass man insbesondere auf der Aktienseite nicht voll investiert sein darf, sondern einen nennenswerten Teil des „Pulvers“ trocken halten sollte, aber insbesondere auf der Zinsseite erhebliche Chancen bestehen.

Wenn drei Jahre laufende Anleihen von DAX-Konzernen 2,5 % oder länger laufende Nachrangpapiere aus dem erstklassigen Segment sechs bis sieben Prozent jährliche Rendite bieten, sind dies teilweise Chancen, die sich so am Aktienmarkt im kommenden Jahr nicht bieten werden.

Für den Erfolg auf der Aktienseite wird 2023 auch die kluge Auswahl von entsprechenden Einzelwerten interessant sein, aber wesentlich wird die weitere Zinspolitik mit einem Stopp der komplett an den Zielen vorbeigehenden Leitzinserhöhungen und eine schnelle Überwindung der unvermeidlichen Überlastung des chinesischen Gesundheitssystems mit Corona-Patienten sein.

 


 

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