Während die Rendite für US-Staatsanleihen knapp oberhalb von vier Prozent jährlich liegt, nähert man sich in Italien mit riesigen Schritten fast fünf Prozent p.a. an. Dauerhaft ist das nicht verkraftbar – übrigens gilt dies für beide Volkswirtschaften.

Die USA und Italien haben mehr Gemeinsamkeit als man denken mag

So ähneln sich die wirtschaftlichen Strukturen in den USA und in Italien weit mehr, als man landläufig annimmt. Bezogen auf das jeweilige Bruttoinlandsprodukt ist die Verschuldung mit rund 140 % vergleichbar. Der Aufbau neuer Schulden entwickelt sich – bezogen auf die jeweilige Staatsverschuldung und die Entwicklung der Wirtschaftskraft – ebenfalls relativ gleich. Auch ist der Refinanzierungsbedarf mit durchschnittlich sieben Jahren ähnlich.

Beide Staaten haben es – aus völlig unterschiedlichen Gründen – versäumt, die historisch günstigen Refinanzierungskonditionen während der Corona-Pandemie zu nutzen, um sich langfristig günstigste Zinsen zu sichern. Schwächer war in diesem Bereich eigentlich nur Deutschland. Dort liegt die Zinssicherung bei rund fünf Jahren, obwohl dem deutschen Staat während der Corona-Pandemie – also in Verantwortung des heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz – Staatsanleihen nahezu aus den Händen gerissen wurden.

Dies galt in den Jahren der Corona-Krise beinahe für alle Staaten und alle staatlich emittierten Anleihen. Nahezu kein Finanzminister der Welt hatte Probleme, sich zu refinanzieren. Neben großen Kapitalsammelstellen und Versicherern, Versorgungswerken oder Pensionskassen kam die seit Beginn der weltweiten Finanzkrise nahezu ungebrochene Nachfrage der internationalen Notenbanken hinzu.

Nun will aber insbesondere die EZB aus diesem Anleihekaufprogramm vollständig aussteigen und perspektivisch nicht einmal die daraus erzielten Erträge reinvestieren.

So können weder die USA noch Italien darauf hoffen, dass der ungestillte Hunger von immer weiter steigenden Staatsschulden durch Geld der Notenbanken befriedigt wird. Gleichzeitig galt für Italien die Marke der „verteufelten 4 %“ als Grenze dafür, wie lange sich die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone an den Märkten noch einigermaßen finanzieren kann.

Es kann nicht sein, was nicht sein darf

Die Zweifel sind trotz einer breit diversifizierten und mittelständisch geprägten Wirtschaft nicht von der Hand zu weisen. Aber wenn dies für Italien gilt, muss es für die USA mindestens in gleichem Umfang gelten. Diese Tatsache wagt nur niemand auszusprechen.

Eine Zahlungsunfähigkeit, ein Schuldenschnitt oder eine sonstige Art der Restrukturierung von US-Staatsschulden ist an den Kapitalmärkten undenkbar. Es wäre der Systemcrash, weil es hierbei nicht um einige 100 Milliarden Euro wie bei der vermeintlichen „Griechenland-Rettung“ geht oder um knapp drei Billionen Euro wie in Italien, sondern es steht mehr als das Zehnfache an Verschuldung zu Buche.

Die USA sind mit über 30 Billionen US-Dollar verschuldet. Da die Schulden des einen das Vermögen des anderes sind, würde ein Schuldenschnitt von beispielsweise 40 % Banken, US-Versicherer, Unternehmen und letztlich die gesamte US-Volkswirtschaft umreißen. Neben dem immensen Vertrauensverlust würden dann auch große Aktienkonzerne reihenweise zusammenbrechen. Das gesamte Finanzsystem stände nicht am Abgrund, sondern wäre einen Schritt weiter.

Aktuell ist die Situation aber ebenso gefährlich, weil Staaten wie Italien und die USA jedes Jahr einen immensen Refinanzierungsbedarf haben. Wenn diese Bedürfnisse nicht mehr gedeckt werden können, weil Gläubiger nicht von der Rückzahlungsfähigkeit überzeugt sind, droht genau diese Krise.

Italien als Anfang und Test für Europa

Wahrscheinlicher ist dies für Italien, weil es der Test wäre, ob die Eurozone mit Hilfe der EZB in der Lage wäre, diese Volkswirtschaft zu retten. Aber die Krise um Griechenland hat gezeigt, wie schnell das Vertrauen auch in andere Staaten erlischt. Durch die extreme Vergleichbarkeit wäre der Weg von Italien zu den USA nicht groß, zumal Großbritannien auch bedenklich wankt und China zumindest momentan nicht die Kraft hat, der Retter der westlichen Finanzwelt zu sein. Inwieweit dort das Interesse bestünde, im Ernstfall wirklich finanzpolitisch an die Seite der USA zu springen, ist eine große Fragestellung, da China den Bestand an US-Staatsanleihen in den vergangenen fünf Jahren bereits um rund 20 % reduziert hat.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Es braut sich also eine Krise zusammen, die von den Folgen an den Kapitalmärkten Corona und den Ukraine-Krieg weit in den Schatten stellen kann. Es lohnt sich daher, das Augenmerk darauf zu richten, wie gut sich nahezu alle Staaten bei den deutlich gestiegenen Zinsen noch refinanzieren können. Sobald man sieht, dass Neuemissionen nur noch teilweise gekauft werden, ist dies ein großes Warnsignal. Allerdings gibt es dann auch keine wirklich gute Antwort, wie man darauf reagieren soll, weil die Verflechtungen der Kapitalmärkte viel zu groß sind.

Am Ende werden Diversifikationen und Substanz Faktoren sein, die mindestens vor dem Totalausfall schützen, aber es ist dann auch sinnvoll, bestimmt Werte im unmittelbaren Zugriff haben zu können. Etwas vereinfacht formuliert kann ein bisschen physisches Gold und Silber an einem nahen und sicheren Ort nicht schaden.

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