Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0923 (07.33 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0884 im europäischen Handel markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 111.97. In der Folge notiert EUR-JPY bei 122.35. EUR-CHF oszilliert bei 1.0872.

Die Wolken ziehen sich über dem UK zusammen. Zuletzt schwächten sich die Wirtschaftsdaten deutlicher als erwartet ab. Die durch die Abwertung des Pfundes eingeleitete Scheinblüte der Konjunktur geht in die Herbstphase.

Wir freuen uns, dass die Brexit-Agenda der EU regelbasiert ausfällt. Nachdem das UK seit 1984 latent mit Extrawürsten beliefert wurde, darf der Brexit nicht auch noch diese Qualität haben, da der Rest der Gemeinschaft letztlich dafür aufzukommen hat. Der Prozess soll weder hart noch weich sein, sondern lediglich den Regeln entsprechen, denen das UK durch die Mitgliedschaft zugestimmt hat.

Wir freuen uns, dass dieser Konsens innerhalb von nur 15 Minuten in Brüssel möglich war. So etwas ist man im vielschichtigen Politorchester der EU nicht wirklich gewohnt.

Das UK ist auf externe Finanzierung dank massiver Leistungsbilanzdefizite angewiesen. Die öffentliche Haushaltslage ist deutlich prekärer als in der Eurozone. Die Basis für weitere Herabstufungen der Bonität sind gegeben. Standard & Poors hatte bereits nach dem Brexitvotum die Bonität um zwei Stufen verringert. Mehr kann kommen.

Die konjunkturellen Aussichten als auch die Aussichten der gesellschaftlichen Stabilität hellen sich in dem UK perspektivisch nicht auf. Die aus London gelieferte Verbalakrobatik klingt eher wie das Rufen im dunklen Wald. In Wahlumfragen bröckelt der Vorsprung der Konservativen deutlich. Der Vorsprung ist jedoch noch ausgeprägt.

Die Daten aus der Eurozone, die in dem Berichtszeitraum seit Freitag veröffentlicht wurden, zaubern ein Lächeln auf die Lippen eines jeden sensiblen und sachlich orientierten Marktteilnehmers.

Die Geldmenge M-3 der Eurozone legte per März sportlich um 5,3% (Vormonat 4,7%) im Jahresvergleich zu. Die Kreditvergabe an Unternehmen stieg um 2,3% nach zuvor 1,9%. Die Kreditvergabe an Privathaushalte nahm um 2,4% nach zuvor 2,3% zu. Aber auch die Verbraucherpreise lieferten positive Nachrichten an den Kreis der Inflationsfetischisten, die 2% Preisinflation mutig als Preisstabilität (0% nicht mehr, nicht weniger!) deklarieren. Warum ist Preisstabilität eigentlich nicht bei 3% oder 4% angesiedelt?

Es gibt sicherlich vermeintlich wissenschaftlich orientierte Analysten, die sich auch für derartige Gefälligkeitsgutachten hergeben würden.

Laut vorläufigen Berechnungen stiegen die Verbraucherpreise per April um sportliche 1,9% nach zuvor 1,5%.

Fakt ist, dass die finanzielle Repression, der die Bürger der Eurozone ausgesetzt sind, massiv zugenommen hat. Als das Preisniveau der Eurozone bei -0,2% oszillierte lag der Leitzins bei 0%. Ergo gab es einen Realzins von +0,2%. Jetzt liegt der Realzins bei -1,9% bei dem höchsten Wachstum der Eurozone seit 2011…

Gut, der EZB-Rat sieht das alles ganz anders. Stellen Sie sich auf mehr finanziellen Schmerz an dieser Front des Finanzsektors ein!

Es ist wahrscheinlich nicht die einzige Frontlinie. Es mag bei EUR-USD eine Frontlinie im Dunstkreis von 1.0950 geben oder vielleicht beim Goldpreis bei 1.290 USD. Es mag so sein oder eben auch überhaupt nicht, aber die Gedanken haben Charme und sind bezüglich der jüngeren Preisentwicklung anekdotisch bisher unbestechlich…

Die Daten aus den USA waren weitgehend prekär:

Beginnen wir mit der positiven Überraschung, natürlich einem Sentimentindikator. Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Universität Michigan legte per April im Monatsvergleich leicht von 96,9 auf 97,0 Punkte zu. Die Konsensusprognose bei 98,0 Zählern wurde verfehlt. Gleichwohl ist das Niveau hinsichtlich der Historie der letzten 10 Jahre als hoch zu klassifizieren. So weit, so gut!

Kommen wir zu den negativen und enttäuschenden US-Daten:

Die erste Schätzung des US-BIP per 1. Quartal 2017 (es werden maßgeblich nur Daten der ersten sechs Wochen verarbeitet) lieferte mit einem prognostiziertem Wachstum von nur 0,7% in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung eine herbe Enttäuschung. Die Prognose lag bei 1,2%. Mit der Berücksichtigung der Daten der letzten sechs Wochen des Quartals kann das nach Adam Riese übrigens kaum besser werden.

In dem Quartal der überbordend ansteigenden Sentimentindikatoren ergab sich damit das schwächste Wachstum seit dem 1. Quartal 2015. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen…

Diese historisch einmalige Divergenz zwischen realer Entwicklung und Sentiment wird Wirtschaftsforscher in den kommenden Dekaden beschäftigen…

Die persönlichen Einkommen legten in den USA per März um nur 0,2% zu. Die Prognose lag bei 0,3%. Die beiden Vormonatswerte wurden jeweils um 0,1% nach unten revidiert. Das war für das erste Quartal bezüglich der Erwartungen ernüchternd.

Die Entwicklung der privaten Ausgaben per März war mit einem Anstieg um 0,3% auskömmlich. Der Blick auf das erste Quartal lieferte aufaddiert einen Rückgang um 0,1%. Das ist für eine vom Konsum getriebene Konjunktur wenig erbaulich.

Hinsichtlich der Volatilität auf Monatsbasis macht es Sinn, sich den Durchschnitt der letzten drei Monate als Trendindikator anzusehen. Die Aussage ist eindeutig und belegt im Rahmen der in historisch einmaliger Form anziehenden Indices des Verbrauchervertrauens gleichzeitig die Verweigerung der Konsumenten an den Kassen der Anbieter der USA!

In der US-Baubranche kam es bei den Bauausgaben per März mit einem Rückgang auf Monatsbasis um 0,2% zu einer Enttäuschung. Die Prognose lag bei +0,4%. Dennoch bewegt sich das Niveau der Bauausgaben auf hohem Niveau. Diese Branche trägt zum US-Wachstum bei.

Der industrielle Sektor verliert aber unerwartet stark an Dynamik. Der viel beachtete ISM-Index für den Sektor Produktion sank unerwartet von zuvor 57,2 auf 54,8 Punkte. Die Prognose war bei 56,5 Zählern angesiedelt. Die Realität der "Cash-Flows" holt das Sentiment offensichtlich bei den Einkaufsmanagern früher ein als bei den US-Verbrauchern.

Nach diesen vielen bitteren Daten für die USA, bedurfte der Finanzmarkt einer Unterstützung durch das Prinzip Hoffnung. Dieses Prinzip wurde erneut, wie bereits im Vorquartal, von der Federal Reserve Atlanta bedient. Die Erstprognose für das BIP des 2. Quartals liegt bei äußerst sportlichen 4,3%! Wir nehmen diese analytische Leistung staunend zur Kenntnis.

Aktuell ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Erst ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0550-1.0570 dreht den Bias zu Gunsten des USD.

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