Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0529 (05:18 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0382 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 133,82. In der Folge notiert EUR-JPY bei 140,90. EUR-CHF oszilliert bei 1,0206.

Finanzmärkte: Fester Euro, hoppla!

Gestern lieferte der Finanzmarkt interessante Entwicklungen. Risikoaversion nahm zu, erkennbar an schwachen Aktienmärkten. Aber der klassische Reflex, dann USD-Liquidität zu suchen, fiel aus. Der USD zeigte zwischenzeitlich markante Schwäche. Der Euro konnte sich in der Spitze bis auf 1,0601 befestigen, obwohl hinsichtlich der EZB-Politik herbe Enttäuschung am Markt herrschte. Wir nehmen diese Entwicklung zur Kenntnis und verweisen auf unsere Einlassungen, dass die Diskomfortzone der US-Notenbank bei der Bewertung des USD gegenüber dem Euro bei circa 1,00 – 1,03 liegt. Es gibt solche und solche Marktteilnehmer. Freie Märkte sind klasse.

An der internationalen Zinsfront tut sich viel. Die SNB hat außer der Reihe gestern die Zinsen um 0,50 % auf nun -0,25 % angehoben. Die Bank of England hat den Zinserhöhungszyklus mit einem Schritt um 0,25 % auf 1,25 % fortgesetzt. Die Bank of Japan hat sich einer Zinserhöhung heute früh verweigert (-0,10 %) mit der Folge erneuter JPY-Schwäche nach zwischenzeitlicher Erholung gestern. Als Fazit lässt sich ziehen, dass die EZB stärker unter Lieferdruck kommt.

IEA: 2023 Rekordnachfrage - Angebotsproblem

Die Internationale Energieagentur IEA erwartet laut aktuellem Ausblick im kommenden Jahr einen historischen Rekord bei der Ölnachfrage mit 101,6 Millionen Fass pro Tag. Die Nachfrage aus China würde zu dieser Entwicklung beitragen. Das Angebotsproblem würde fortbestehen, da die Sanktionen gegen Russland, die am 5. Dezember 2022 voll in Kraft treten, eine Verkürzung der Produktion zur Folge hätten. Die Produktmärkte (Benzin, Diesel etc.) würden eng bleiben.

Kommentar: Die Begriffe Rekordnachfrage und Angebotsproblem implizieren fortgesetzten Inflationsdruck und absehbar keine Entlastung über Basiseffekte in der Inflationsberechnung.

Problem Gaslieferungen: Gazprom erklärt

Gazprom sieht keine Lösung für die Lieferstörungen via Nord Stream 1. Laut Gazprom (und Siemens) fehlten zur Reparatur der Gas-Kompressoren Ersatzteile, die von Kanada wegen der Sanktionen nicht geliefert werden könnten. Bundeswirtschaftsminister Habeck hat diesen Schritt als rein politisch motiviert bezeichnet.

Kommentar: Herr Habeck liegt richtig. Es ist politisch motiviert, da die Motivation zu historisch einmaligen Sanktionen die Grundlage dieses Problems ist. Die Verantwortungsfrage für dieses Dilemma sollte nicht via Narrativ Gazprom zugeschoben werden. Aktuell finden Gespräche mit der Regierung Kanadas statt, die belegen, dass es Gazproms Einlassungen nicht an Sachlichkeit mangelt. Nebenbei bemerkt, Nord Stream 2 böte sich als Alternative an. Da sind die Kompressoren nagelneu. Gilt es der Regierung, Schäden für uns abzuwenden? Die Folgen des Problems lassen sich charttechnisch abbilden.

EZB: Villeroy mit Verbalakrobatik

Der Preisschub sei laut Chef der BDF Villeroy umfassender und beträfe nicht nur Energie. Die Geldpolitik könne daher nicht darüber hinwegsehen. Die Inflation sei breiter angelegt. Bei Dienstleistungen und Industriegütern stünde die Teuerung bei mehr als drei Prozent. Daher hätte die EZB einen Prozess der Normalisierung ihrer Geldpolitik eingeleitet.

Kommentar: Villeroy liegt richtig in seiner Einschätzung. Auch das Thema Preis/Lohnspirale steht auf der Agenda (siehe Datenpotpourri Lohnentwicklung der Eurozone). Warum wurde dann aber gestern nicht agiert, um den Märkten nicht nur Verbalakrobatik und Kosmetikkasten, sondern Maßnahmen analog zur SNB zu liefern? Damit hätte man existierende Glaubwürdigkeitsdefizite in Teilen konterkarieren können.

Ein Blick Richtung Athen:

Bundesfinanzminister Lindner weilte in Athen. Das Sorgenkind von gestern, macht wegen der Reformpolitik (Aristoteles) kaum noch Sorgen. Der Großteil griechischer Schulden (60 %) liegt bei öffentlichen Investoren. Die durchschnittliche Laufzeit der Verschuldung liegt bei mehr als 18 Jahren. Damit wirkt sich bis dahin auch die Niedrigzinspolitik aus (Durchschnitt weltweit circa acht Jahre). Griechenlands Wirtschaft wächst. Primärüberschüsse stehen nach Corona wieder auf der Agenda.

Kommentar: Die Entwicklung in Griechenland belegt, dass alles an Struktur hängt. Die Struktur bedingt die Konjunktur. Diese wiederum wirkt auf die „Cash-Flows“. Das Beispiel Griechenland sollte uns als Mahnung dienen. Die Energiestruktur ist elementar für die Ökonomie, den Lebensbaum Kapitalstock, der Grundlage aller „Cash-Flows“ ist. Wer diese Struktur beschädigt, erntet negative Konjunkturfolgen und dem folgend negative Einkommensentwicklungen, was Folgen für die politische Stabilität forcierte.

Strukturen zu zerstören, geht schnell. Strukturen wiederaufzubauen, ist zeitintensiv und mühsam (Athen).

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Gestern lieferte die Schweizer Nationalbank das, was man auch tags zuvor von der EZB hätte erwarten dürfen. Die SNB erhöhte den Leitzins außerplanmäßig um 0,50 % von -0,75 % auf -0,25 %. Ich sende einen freundlichen Gruß Richtung Zürich. Gestern haben darüber hinaus die Zentralbanken von Jordanien (Leitzins von 3,25 % auf 3,75 %), von Botswana (Leitzins von 1,65 % auf 2,15 %) und von Taiwan (Leitzins von 1,375 % auf 1,50 %) Zinsen erhöht.

Japan: Bank of Japan verweigert sich einer Zinserhöhung

Die Bank of Japan hat den Leitzins auf der heutigen Sitzung unverändert bei -0,10 % belassen. In der Folge setzte JPY-Schwäche ein.

Eurozone: Messbarer Kaufkraft- und Wohlstandsverlust

Die Arbeitskosten legten in der Eurozone per erstem Quartal im Jahresvergleich um 3,2 % nach zuvor 1,9 % zu. Die Löhne nahmen im Jahresvergleich im ersten Quartal um 2,7 % nach zuvor 1,5 % zu. Die Divergenz zwischen der Preisinflation (per Mai 8,1 %) und dem Lohnanstieg darf man als Kaufkraft- und Wohlstandsverlust klassifizieren.

UK: Zinserhöhung um 0,25 % auf 1,25 %

Die Bank of England erhöhte den Leitzins erwartungsgemäß um 0,25 % auf jetzt 1,25 %. Die Entscheidung wurde von allen neun Mitgliedern des MPC mitgetragen.

USA: Fissuren am Immobilienmarkt nehmen zu

Die Neubaubeginne sanken per Mai (auf das Jahr hochgerechnete Fassung) um 14,4 % nach zuvor +5,5 % (revidiert von -0,2 %) auf 1,549 Mio. Objekte (Prognose 1.701 Mio.). Das war der schwächste Wert seit 10/2021. Baugenehmigungen fielen um 7,0 % auf 1,695 Mio. (Prognose 1,785 Mio.). Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich in der Berichtswoche per 11. Juni auf 229.000 (Prognose 215.000) nach zuvor 232.000 (revidiert von 229.000). Der Philadelphia Fed Business Index ging per Juni von zuvor 2,6 auf -2,2 Punkte zurück (Prognose 5,5).

Russland: Devisenreserven legen leicht zu

Die Devisenreserven legten in der Berichtswoche per 10. Juni von zuvor 591,3 auf 594,6 Mrd. USD zu.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0870 - 1.0900 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg

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