Wie Francois Hollande (nicht nur) den französischen Fußball kaputtmacht

In seinen Filmen war Gérard Depardieu selten einer, der vor dem Feind flüchten musste. Im wahren Leben hat er nun den Rückzug angetreten und ist vor der 75prozentigen Millionärssteuer des französischen Präsidenten Francois Hollande nach Belgien geflohen -  und zwar wie Lästermaul Harald Schmidt angesichts Depardieus jüngster Flugzeug-Eskapaden meinte, „nur einen Urinstrahl entfernt von der französischen Grenze“.

 

Nach heftigen Kritiken, insbesondere aus der französischen Politik, will Depardieu nun sogar seinen französischen Pass zurückgeben. In einem offenen Brief schreibt er, er verlasse Frankreich, „weil Sie glauben, dass Erfolg, künstlerisches Schaffen, Talent und eigentlich Differenz bestraft werden müssen.“

 

Diese Episode zeigt uns zwei Dinge. Erstens: Ein gieriger Staat, der bei der Besteuerung seiner Leistungsträger jegliches Maß verliert, schadet letztlich sich selbst und damit der Masse seiner Bürger.

 

Denn auf jeden Depardieu, der seinen Abgang mit der seinem Berufsstand eigenen Melodramatik inszeniert, kommen vermutlich mehrere Dutzend Unternehmer, die sich stillschweigend aus dem Staub machen und möglicherweise nicht nur ihre Millionen mitnehmen, sondern unter Umständen die von ihnen geschaffenen Arbeitsplätze gleich mit. Dabei muss man gar nicht darüber diskutieren, ob diese Reichen auch allesamt „Leistungsträger“ sind, sprich ob sie ihr Vermögen selbst erarbeitet haben und Jobs geschaffen haben oder ob sie beispielsweise ihr Erbe nur lasterhaft verprassen. 50 Prozent von x sind besser als 75 Prozent von nix. Die Staatsverschuldung senkt man auf diese Weise jedenfalls nicht.

 

Depardieu gebührt Respekt, dass er nicht um den heißen Brei herumredet und die überzogenen Steuersätze in Frankreich als Grund für seinen Umzug nennt. Wenn es stimmt, dass er in diesem Jahr 85 Prozent Steuern auf seine Einkünfte zahlt (vermutlich einschließlich der indirekten Steuern, sonst ist diese Zahl nicht zu erklären), dann ist hier tatsächlich die Grenze der Vernunft weit überschritten. Bei solchen Größenordnungen werden selbst die größten Patrioten eine Auswanderung erwägen. Frankreich wird durch seine Steuerpolitik der Stammtische an Attraktivität und Leistungsfähigkeit verzichten. Ein Beispiel, bei dem sich das besonders anschaulich bemerkbar machen dürfte, ist der Profifußball. Ich gehe jede Wette ein, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit der französischen Ligue 1 leiden wird, wenn sich die Steuergesetzgebung nicht ändert.

 

Kaum ein Spitzenfußballer dürfte noch bei einem französischen Verein anheuern, wenn er auf den Großteil seines Salärs drei Viertel Steuern zahlen muss. Und nicht überall gibt es so durchgeknallte arabische Sponsoren wie bei Paris St. Germain, die dem schwedischen Superstar Zlatan Ibrahimovic angeblich sein 14-Millionen-Gehalt netto garantieren und somit offenbar jährliche Kosten von mehr als 50 Millionen Euro für einen einzigen Spieler in Kauf nehmen. Schauen wir mal, wie die französischen Clubs demnächst in Champions League und Europa League abschneiden! Abzulesen ist das übrigens an einer eigenen Tabelle, der sogenannten 5-Jahreswertung der UEFA.

 

Zweitens: Eine Wirtschafts- und Währungsunion kann nicht funktionieren, wenn sich seine Mitglieder untereinander massive fiskalpolitische Konkurrenz machen. Nichts gegen Steuerwettbewerb. Doch dann muss dieser Wettbewerb auch so austariert sein, dass jedes Land auch für seine finanzielle Lage verantwortlich ist. Wenn ein Land wie Irland zuerst mit Niedrigsteuern den halben Finanzsektor der Eurozone abwirbt, dann unter den Problemen dieser Banken zusammenbricht, um schließlich von jenen Ländern gerettet zu werden, denen die Steuereinnahmen dieser Banken entgangen sind, dann zeigt das nur einen der massiven Konstruktionsfehler der Eurozone. Wenn hier Solidarität angemahnt wird, dann muss sie in beide Richtungen gelten.

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