Nach Auffassung der Bundesregierung sind Betriebsrenten noch nicht ausreichend verbreitet. Möglichst viele Beschäftigte sollen in die betriebliche Altersvorsorge eingebunden werden, um damit ein höheres Versorgungsniveau durch zusätzliche Altersvorsorge zu erreichen. Deshalb sind im Betriebsrentenstärkungsgesetz Neuregelungen, das Arbeits- und Steuerrecht sowie das Versicherungsaufsichts- und Sozialrecht betreffend, formuliert.
Wesentlicher Inhalt des Betriebsrentenstärkungsgesetzes
Gemäß Gesetzesbegründung vom 30.12.2016 soll den Sozialpartnern die Möglichkeit eröffnet werden, auf tariflicher Grundlage reine Beitragszusagen einzuführen. Mindest- bzw. Garantieleistungen der durchführenden Einrichtungen sind in diesem Fall nicht vorgesehen. Diese neue Form der Betriebsrente wird im Versicherungsaufsichtsgesetz durch spezifische Finanzaufsichtsregelungen flankiert (vgl. BR-Drucksa- che 780/16, S. 25 ff.). Einkommensteuerrechtlich sollen Geringverdiener besonders gefördert werden.
Übersetzt bedeutet dies, dass sich die Beitragszusage des Arbeitgebers auf Zahlung der Beiträge beschränkt. Die Leistungsansprüche des Arbeitnehmers richten sich nicht länger gegen den Arbeitgeber, sondern gegen die durchführende Einrichtung - also den Pensionsfond, die Pensionskasse oder die Direktversicherung. Deren Leistungen sind jedoch an deren Vermögensentwicklung gekoppelt.
Mindest(renten)leistungen versprechen sie nicht. Denn dann - so die Auffassung des Gesetzgebers - muss die Kapitalanlage sehr vorsichtig gestaltet sein, damit die Mindestleistungen auf Dauer erfüllt werden können. „Eine Chance auf eine bessere Rendite geht damit verloren“ (vgl. BR-Drucksache vom 30.12.2016, 780/16, S. 26).
Keine Hoffnung mehr auf gesetzliche Rente?
Überdies ist fraglich, inwieweit Geringverdiener spürbar einkommensteuerrechtlich gefördert werden. Deren Steuersatz ist aufgrund der Steuerprogression ohnehin vergleichsweise niedrig.
Gemäß Begründung des Gesetzentwurfes soll der “potenzielle Vorteil der betrieblichen Altersversorgung gegenüber anderen Formen der zusätzlichen Altersvorsorge vor allem in ihrem strukturell kollektiven Charakter, aus dem erhebliche Kosten- und Effizienzvorteile resultieren können“ zu sehen sein. Alles verstanden?
Die Altersabsicherung ist kein Spekulationsobjekt. Sie dient dem Schutz vor Altersarmut. Sie greift spätestens ab dem Zeitpunkt, zu dem sich der Mensch sich nicht mehr selbst versorgen kann. Jetzt soll bereits ein „potenzieller Vorteil“ darin zu erkennen sein, dass aus der „zusätzlichen Altersvorsorge … Kosten- und Effizienzvorteile resultieren können“. Ist es bereits soweit, dass die Hoffnung auf ein künftiges Ereignis („resultieren können“) einen echten („potenziellen“) Vorteil darstellt? Soll das im Umkehrschluss heißen, dass andere Formen der Altersabsicherung, ins-besondere die gesetzliche Rentenversicherung, keine Hoffnung mehr zulassen - mithin unrettbar verloren sind?
Rendite steht nicht im Vordergrund
Tatsache ist, dass für den beitragszahlenden Arbeitnehmer die späteren Rentenleistungen entscheidend sind. Aus diesen muss er im Alter seinen Lebensunterhalt bestreiten. Dabei dürfte es den Durchschnittsrentner herzlich wenig interessieren, dass das Betriebsrentenreformgesetz „ … nachhaltig die Rolle der Sozialpartner stärkt“. Welche „Rolle“ diese spielen sollen, dazu ist dem Betriebsrentengesetz übrigens nur wenig zu entnehmen. Die betroffenen Arbeitnehmer könnten einen hohen Preis für ihre Teilnahme an der Komödie zahlen. Sie spielen keine Rolle - deren Bühne ist nicht das Theater, sondern das reale Leben.
Man kann es nicht oft genug wiederholen. Im Vordergrund planbarer Altersabsicherung steht nicht die Rendite. Entscheidend ist die verlässliche Absicherung gegen das Risiko von Altersarmut und Not. Diesen Anspruch aufzugeben, gegen „eine Chance“ auf bessere Rendite, kann einem Arbeitnehmer wohl kaum empfohlen werden.
Kommentare
Da ich in einem Steuerbüro habe ich über die Lohnbuchhaltung für viele Mandanten beruflich damit jede Woche zu tun (dazu behaupte ich die Dinge halbwegs seriös bewerten zu können).
Dieses Gesetz, was jetzt beschlossen worden ist, ist m.M.n. wie die Vorgänger auch ein staatlich organisiertes Konjunkturprogramm für Versicherungen, Banken und Verkäufer, man könnte auch Murks für die Versicherten sagen.
Den einzigen nennenswerten Vorteil bringt die Anrechnungsfreiheit auf staatliche Leistungen bis 200€. Diese Regelung zumindest etwas zu ändern war überfällig, da vorher das reiner Betrug am Bürger war (Jemand der sonst z.B. Grundsicherung bekommen würde - bekäme die private Altersvorsorge dann noch voll angerechnet und wieder abgenommen).
Der andere Deal: Arbeitgebergarantie / Haftung fällt weg, dafür zahlt der Arbeitgeber 15% Zuschuss (bei ca. 20% gesparten Sozialversicherungsbeiträgen im Vorfeld).
Beim aktuellen und künftigen Zinsumfeld eine logische Konsequenz, da die Garantie von früheren Leistungen sich als Fass ohne Boden über kurz oder lang erweisen würde.
Diese Garantie fällt für künftige Verträge weg, dafür gibt's den Zuschuss. Es kann sich jeder denken, das das für die Firmen ein sehr guter Deal war, denn diese Garantien sind bedeutend mehr wert als die 15% Zuschuss (die ja sogar durch gesparte Sozialversicherungsbeiträge finanziert werden).
Am Ende von dem ganzen privaten Vorsorgedschungel steht volle Rentenbesteuerung, sowie der Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen - natürlich Arbeitgeber + Arbeitnehmerbeitrag den der Versicherte abdrücken darf (also ca. 18% nach heutiger Rechnung). Von irgendwelchen Inflationsraten und deren evtl. Ausgleich möchte und muss man ja schon gar nicht mehr sprechen um dieses Thema auseinander zu nehmen.
https://www.youtube.com/watch?v=tq-RA6p5mT0&t=44s
Die Anstalt hatte es eigentlich schon perfekt aufbereitet - sehr empfehlenswert.
Am Ende wird weiter gepfuscht, es werden neue tolle Vorschriften erfunden die sich toll verkaufen lassen, die noch mehr Leute zum Abschluss immer weiterer Verträge ermuntern und bei genauerem Hinsehen sich als Verar.... entpuppen.
Am Ende kann man nur dazu raten, jeder ist seines Glückes Schmied. Sich selbst um die Geldanlage bzw. die Altersversorgung zu kümmern ist alternativlos wenn man zu etwas kommen möchte.
Eine besser Möglichkeit seine spätere Rente zu sichern ist eine andere, quasi eine Hintertür im System. Wenn Sie z.B. 50 Jahre alt sind wenden Sie sich an die BfA und informieren Sie über Ihren Wunsch früher (z.B. mit 63) in Rente gehen zu wollen bei voller Rentenhöhe. Dann errechnet die BfA einen höheren Monatsbeitrag, welcher die früher eintretende Rente kompensieren soll. Die Hälfte davon bezahlt der Arbeitgeber. Und wenn dann, nach vielen Jahren der erhöhten Beitragszahlung der frühere Renteneintrittstermin kommt teilen Sie der BfA mit es sich nun anders überlegt zu haben und doch erst mit 67, 68, 69, 70,... in Rente gehen zu wollen. Die über viele Jahre erbrachte höhere Beitragszahlung wird dann voll auf eine höhere Rentenzahlung (über dem geplanten Niveau) angerechnet.
Fazit: Auf diese Weise sind höhere Einzahlungen für den Arbeitnehmer und späteren Rentner sicher, steueroptimal angelegt und im übrigen bringt die Hälfte der Mehrleistung auch noch der Arbeitgeber auf. Eine deutlich bessere Kalkulation als diese Mogelpackung mit der neuen Betriebsrente.
Es ist schon schlimm, wie ohne Not und mit falschen Grundlagen die gesetzl. Rente kaputt gemacht wurde. Gerd Bosbach hat dieses Thema sehr gut aufgearbeitet.
Eine Frage, die ich mir beim Thema demografischer Wandel immer mal wieder stelle, ob dieser nicht auch unter anderen Gesichtspunkten überbewertet ist.
Wenn man irgendwelche Studien nimmt, wird die Entwicklung meistens linear in die Zukunft fortgeschrieben und damit sehr dramatisch über die Zeit. Es müsste doch aber viel eher zu erwarten sein, dass es eine gewisse Zeit benötigt, bis der Bauch, der geburtenstarken Jahrgänge sich rauswachsen kann und die Alterspyramide zwar nicht mehr ideal wird, aber das Thema sich doch wieder entschärfen müsste. Dann wäre diese Zeit eben durch Mehrausgaben zu decken, eine Sprengung des Systems aber nicht Fall. Zu dem Thema habe ich aber noch nie was gehört.
Ganz davon abgesehen, dass die Argumentation stets die Vermeidung von höheren Beitragssätzen ist.
Wobei da natürlich vergessen wird, zu erwähnen, dass der private Beitrag auf den staatlichen draufgerechnet werden muss und wir damit bereits eine erhebliche Steigerung der Belastung haben.
Ein ganz verwegener Plan wäre natürlich eine deutliche Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze. Aber darüber wird ja nicht mal diskutiert, aus Gründen die ich hier sicher nicht erwähnen muss.