Folgender Fall:

Ein Mieter schließt während eines Urlaubs ein Fenster zu seiner Wohnung nicht richtig ab - es ist ein Spalt geöffnet. Während seines Urlaubs regnet es so stark, dass Wasser durch den Spalt eindringt. Als der Mieter aus dem Urlaub wiederkommt, ist das Laminat in dem Raum durch das eindringende Wasser großflächig beschädigt.

Welche Versicherung kommt dafür auf?

-        Hausratversicherung des Mieters

-        Wohngebäudeversicherung des Vermieters

-        Private Haftpflichtversicherung des Mieters

 

Die private Haftpflichtversicherung des Mieters

Laut §823 BGB muss “Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt“ den daraus entstanden Schaden ersetzen. Der Mieter hat das Fenster offen gelassen und dadurch ein Eindringen des Regenwassers verschuldet.

 

Nur, wie findet man die richtige Haftpflichtversicherung? Es mag theoretisch einfach erscheinen: Die Versicherungssummen hoch genug wählen, angeben, ob man als Single oder als Paar versichert sein möchte und vielleicht noch den Verlust von Schlüsseln versichern. Aber in der Praxis stelle ich immer wieder fest, dass in neun von zehn Policen der Versicherungsschutz nicht auf die individuelle Haftungssituation abgestimmt ist. Zudem sind die meisten, vor vielen Jahren abgeschlossen Policen, nicht auf den neuesten Stand gebracht worden. Die Folge: Es besteht kein ausreichender Schutz.  

In den nächsten Zeilen gehe ich auf das Wesen und die Aufgabe einer Haftpflichtversicherung ein. Dabei beschränke ich mich auf die Privathaftpflichtversicherung, die jeden von uns betrifft.

 

Wesen und Aufgabe einer Haftpflichtversicherung

Eine Haftpflichtversicherung übernimmt den Schadenersatz, der wegen eines Personen-, Sach- oder Vermögensschadens vom Versicherten gefordert wird. Dafür werden entsprechende Deckungssummen und die Deckung möglicher Schäden vereinbart. Gleichzeitig wehrt eine Haftpflichtversicherung unberechtigte Schadenersatzansprüche gegenüber ihrem Versicherten auf eigene Kosten ab. Dazu am Ende mehr.

 

Die Kriterien

 

Der Versicherungsschutz richtet sich nach individuellen Gegebenheiten. Hier ein paar nicht abschließende Stichpunkte:

1. Paar oder Single

2. Kind(er)

3. Deckungssumme  Personen-, Sach- und Vermögensschäden, Mietsachschäden

4. Selbstbehalt ja oder nein

5. Freizeitgestaltung

6. Beruf

7. Immobilienbesitz (evtl. vermietet)

8. Woher bekomme ich Geld, wenn ich auf Schadenersatzforderungen sitzen bleibe? – Forderungsausfalldeckung

9. Freunden helfen

10. Schick mir mal eine E-Mail!

11. Kannst Du mal auf meinen Hund aufpassen?

12. Wie bin ich in der Ausübung meines Ehrenamtes versichert?

13. In welchem Land befinde ich mich gerade?

 

 

 

zu 1.

Als Paar, das in einem gemeinsamen Haushalt lebt, braucht man nur eine Haftpflichtversicherung. Selbst wenn jeder Partner eine eigene Haftpflichtversicherung besitzt, sind Haftpflichtansprüche gegeneinander ausgeschlossen. Also kann eine Haftpflichtversicherung eingespart werden. Bestehen zwei Policen, hat die mit dem älteren Versicherungsbeginn die älteren Rechte – die jüngere kann wegen Doppelversicherung sofort aufgehoben werden.

Es kann allerdings eine Ausnahme ausgeben. Ist einer der Partner verheiratet, so kann es sein, dass dieser nicht über die Haftpflichtversicherung seines Partners versichert ist. Ein Beispiel habe ich gerade erlebt, wo ein sich in Scheidung befindlicher Mann zu seiner neuen Lebensgefährtin gezogen ist. Ihre Haftpflichtversicherung schließt bedingungsgemäß seine Haftpflichtdeckung aus.

 

zu 2.

Kinder sind über Familientarife – mit Einschränkung - versicherbar. Die Voraussetzungen sind

- sie sind minderjährig, oder

- volljährig und - nicht verheiratet oder befinden sich nicht in einer eingetragenen

 Lebenspartnerschaft und

- befinden sich in der Schulzeit oder in einer unmittelbar anschließenden   Berufsausbildung.

Versicherungsschutz besteht oft auch, wenn einer Lehrzeit unmittelbar ein Studium folgt.

Um sicher zu gehen, sollten Sie sich dies allerdings bei Unklarheit im Einzelfall von einer Versicherung schriftlich bestätigen lassen.

 

Es gibt allerdings eine Ausnahme. Kinder unter 7 Jahren sind nicht deliktfähig – bei Schäden im Straßen- und Schienenverkehr unter 10 Jahren. Sie sind für angerichteten Schaden nicht verantwortlich und können nicht haftbar gemacht werden. Dies gilt auch für deliktunfähige Erwachsene.

Angenommen, ein deliktunfähiges Kind hat einen Schaden verursacht (z.B. in der Nachbarschaft oder in der Familie). Häufig sind dies Lackkratzer oder auch ganze Gemälde an Autos. Da Kinder bis 7 bzw. 10 Jahren nicht haftbar gemacht werden können, kann der Geschädigte auf seinem Schaden sitzen bleiben. Damit Eltern diese Schäden nicht auf die eigene Kappe nehmen müssen (wer will sich schon mit seinem Nachbarn herumärgern), lässt sich eine Deliktunfähigkeitsklausel einschließen. In diesem Fall verzichtet der Versicherer auf eine Prüfung, ob die Aufsichtspflicht verletzt wurde. Denn nur, wenn die Eltern oder die Aufsichtspflichtigen die Aufsichtspflicht verletzt haben, würde die Haftpflichtversicherung der Eltern leisten müssen. Wurde die Aufsichtspflicht nicht verletzt, sind auch diese nicht haftbar zu machen.

Mit Einschluss der Deliktunfähigkeitsklausel wird sich der Versicherer nicht auf eine Deliktunfähigkeit von versicherten Personen berufen, soweit dies der Versicherungsnehmer wünscht und ein anderer Versicherer (z. B. Sozialversicherungsträger) nicht leistungspflichtig ist. Damit entfällt eine womöglich lange Auseinandersetzung mit dem Versicherer.

 

zu 3.

Was ist ein Personenschaden, was ein Sach- und was ein Vermögensschaden? Hierzu ein Beispiel:

Sie fahren mit dem Fahrrad um eine Häuserecke und fahren einen Unternehmer um. Dieser liegt kurze Zeit später mit einem Splitterbruch in der rechten Schulter im Krankenhaus. Die Genesung dauert ein Jahr, auch danach ist die Schulter noch nicht wieder voll belastungsfähig. Der Unternehmer verklagt Sie auf Schmerzensgeld = Personenschaden; der Anzug musste aufgeschnitten werden = Sachschaden; Verdienstausfall = Vermögensschaden.

Prüfen Sie einmal in Ihrer Police, wie hoch die Deckungssumme für Vermögensschäden ist. Idealerweise sollte sie so hoch sein wie die Deckungssumme bei Personen- und Sachschäden.

Wohnen Sie zur Miete? Stellen Sie sich vor, Sie rutschen in der Dusche aus und reißen beim Festhalten die Duschkabine oder die Armaturen ab. Oder Sie lassen sich Badewasser ein und erhalten den berühmten Anruf der Freundin… Sie lassen eine Kerze brennen… Achten Sie in jedem Fall auf den Einschluss von Mietsachschäden! Auch wenn Sie in einem Hotelzimmer übernachten, sich Dinge leihen oder mieten stellen Sie sicher, dass in Ihrer Haftpflichtversicherung Mietsachschäden versichert sind. In Bedingungen sollte explizit erwähnt sein, dass auch Versicherungsschutz für bewegliche gemietete, geliehene oder geleaste Sachen gilt. 

 

zu 4.

Ein Selbstbehalt macht aus zweierlei Gründen Sinn:

1.     Er führt dazu, dass die Versicherung weniger Beitrag für den Versicherungsschutz verlangt. Man spart Geld.

2.     Er zwingt einen in eine saubere Schadenquote. Warum ist das wichtig? Es erhält den Versicherungsschutz:

Bei kleinen Schäden, die öfter entstehen können, überlegt man auch mal, diese über die Haftpflichtversicherung zu deckeln. Reicht man diese aber bei der Haftpflichtversicherung ein, ist schnell eine Schadenhäufigkeit erreicht, die einem Versicherer die Kündigung erlaubt. Entstehen zum Beispiel 3 Schäden innerhalb von 5 Jahren, ist so ein kritischer Punkt erreicht. Die Versicherung kündigt aufgrund einer zu hoher Schadenquote. Man steht ohne Versicherungsschutz da.

Jetzt sucht man sich natürlich eine neue. Diese aber fragt nach Vorschäden und kalkuliert anhand derer einen möglichen Versicherungsschutz. In der Praxis sind jetzt zwei Dinge möglich:

1.     Der Versicherer lehnt den Antrag ab.

2.     Der Versicherer macht ein Angebot über einen höheren Beitrag und evtl. einen höheren Selbstbehalt.

Meistens gibt der Versicherer ein Angebot ab. Das Ergebnis ist oft – im Verhältnis zur vorherigen Haftpflichtversicherung – ein höherer Beitrag in einem vielfach höheren Selbstbehalt.

 

zu 5.

Haben Sie Hobbys, die nicht jeder hat…zum Beispiel Kiten, Surfen, Segeln, Modelboote, Modelautos, Segelfliegen…?

Prüfen Sie, ob Schäden aus dem Ausüben dieser Hobbys in Ihrer Haftpflichtversicherung gedeckelt sind!

Ein Kunde, zum Beispiel, war sich nicht bewusst, dass seine 6 benzinbetriebenen Modellautos mit 15 PS Leistung nicht über seine Privathaftpflicht versichert sind. Der Versicherer lehnte sogar einen Einschluss der Modellautos ab. Er musste in einen Verein eintreten.

 

zu 6.

Sind Sie angestellt und haben Schlüssel für das Büro Ihres Arbeitgebers? Dann lassen Sie den Verlust dieser versichern! Oder hat Ihnen Ihr Arbeitgeber Codekarten ausgehändigt? Dann prüfen Sie, ob diese den Schlüsseln gleichgesetzt sind!

Private Schlüssel, z.B. von gemieteten Wohnungen, Häusern, Hotelzimmern sind oft im Basisschutz enthalten – aber überprüfen Sie dies vorsichtshalber. 

 

zu 7.

Besitzer von vermieteten Immobilien müssen prüfen, ob diese im Rahmen Ihrer Privathaftpflichtversicherung versichert sind. Teilweise sind diese in Bedingungen bis zu einer bestimmten Anzahl von vermieteten Wohneinheiten und Bruttojahresmiethöhen versichert – manchmal aber nur dann, wenn diese vermieteten Wohneinheiten sich im selbstgenutzten Heim befinden.

Oft ist aber eine zusätzliche Absicherung über eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht notwendig.

Eine zusätzliche Absicherung gilt auch für Bauherren, die Ihr Eigenheim umbauen und festgelegte Bausummen überschreiten - dann über eine zusätzliche Bauherrenhaftpflichtversicherung.

 

zu 8.

Was denken Sie, wie viele Menschen in Deutschland nicht haftpflichtversichert sind? Schätzungen gehen von 1/5 der Bevölkerung aus.

Nehmen wir einmal an, Ihnen wird ein Schaden zugefügt und der Schädiger ist nicht haftpflichtversichert. Woher kommt das Geld für den Schaden? Haben Sie eine Forderungsausfalldeckung vereinbart, kommt der Versicherer für den Schaden auf. Voraussetzung dafür ist, dass ein Gericht die Schadenersatzpflicht des Schädigers bestätigt und es festgestellt wird, dass dieser nicht zahlen kann. Schließen Sie zusätzlich eine Rechtsschutzversicherung für Forderungsausfalldeckung in die Haftpflichtversicherung ein (Kosten 0 bis 5 EUR pro Jahr), um nicht auf den Gerichtskosten sitzen zu bleiben.

 

zu 9.

Haben Sie schon mal jemandem beimUmzug geholfen? Bevor Sie die Tiffany-Lampe oder den Flachbildfernseher auch nur berühren, lesen Sie vorher nach, ob  Gefälligkeitsschäden versichert sind. Ist dies nicht der Fall, bieten Sie sich lieber zum Brötchen schmieren oder Bier öffnen an. Denn die Beschädigung von Sachen im Rahmen von Gefälligkeitshandlungen ist nicht unbedingt versichert.

 

zu 10.

Wie oft versenden Sie E-Mails mit Anhang, den Sie nicht selbst entworfen haben? Der Empfänger öffnet die E-Mail und hat von Ihnen einen Virus bekommen. Sie waren sich dessen zwar nicht bewusst, aber müssen wir etwaigen Schaden aufkommen! Achten Sie auf die Mitversicherung von Internetschäden!

 

zu 11.

Heute weiß jeder, dass ein Hundebesitzer eine Tierhalterhaftpflichtversicherung braucht. Was aber, wenn Sie auf einen fremden Hund aufpassen? Dieser ist nur dann versichert, wenn Sie in den Versicherungsbedingungen lesen, dass auch das Hüten von fremden Hunden versichert ist.

 

zu 12.

Helfen Sie beim DRK-Blutspenden, in der Kirche oder in einer Tafel und üben Sie diese Tätigkeit ehrenamtlich aus? Lassen Sie sich bestätigen, dass in Ihrer Versicherung ehrenamtliche Tätigkeiten versichert sind.

 

zu 13.

Jeder von uns hat einmal von Schadenfällen in den USA gehört. Sollten Sie sich oft und lange im Ausland aufhalten, stellen Sie sicher, dass Sie dort für diese Zeit versichert sind.

 

                               

Wie verhalte ich  mich im Schadenfall?

 

Nehmen wir als Beispiel den Schadenfall zu Beginn meines Beitrages. Wie sollten Mieter und Vermieter im Sinne einer sauberen Regulierung vorgehen? Oft wird nach Gefühl gehandelt. Der Mieter neigt dazu, sich rauszureden. Der Vermieter ist wegen persönlicher Beziehungen oder moralischer Beweggründe gehemmt, den Schaden beim Mieter geltend zu machen. Oft werden Schäden aufgrund persönlicher, emotionaler Bindungen nicht sauber und ordnungsgemäß dem Versicherer gemeldet. Viele bleiben dadurch auf Schäden sitzen. Handeln Sie nicht emotional! Überlegen Sie, wie der Versicherer für den Schaden leisten muss. Hier die Vorgehensweise für den oben genannten Schadenfall:

Lassen Sie alles von Ihrem Makler oder Versicherungsagenten regeln.

Haben Sie keinen Makler oder wollen sie die Regulierung selbst in die Hand nehmen, gehen Sie wie folgt vor:

1.     Machen Sie Fotos und dokumentieren Sie den Schadenhergang genau. Sind Zeugen anwesend, bitten Sie sie um eine schriftliche Stellungnahme mit deren Kontaktdaten. Bitten Sie Handwerker um eine schriftliche Einschätzung zum Schadenhergang.

2.     Der Vermieter verlangt vom Mieter, schriftlich, Schadenersatz.

3.     Der Mieter reicht den Schaden mit dem Schreiben des Vermieters bei seiner Haftpflichtversicherung zur Regulierung ein.

Dabei kommt es auf die Formulierung des Schadenfalles an. Wichtig ist, den Schadenhergang möglichst genau zu beschreiben. Dafür sollten Sie eine sehr einfache Form wählen:„…und dann war ich…und dann bin ich…und dann hab ich…“ Es kommt nicht auf eine gewählte Ausdrucksform an. Der Mitarbeiter des Versicherers soll sich den Schadenhergang genau vorstellen können. Zu oft entstehen durch zu kurze und ungenaue Formulierungen Missverständnisse, die zur Ablehnung der Regulierung führen. Reichen Sie dazu die Fotos, Kostenvoranschläge, Rechnungen, Zeugenaussagen und die schriftliche Einschätzung des Handwerkers zum Schadenhergang ein.

Je mehr Sie einreichen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass schnell Geld auf Ihrem Konto landet.

4.     Stellt der Versicherer fragen, beantworten Sie nur diese. Stellt der Versicherer geschlossene Fragen, antworten Sie nur mit ja oder nein!

 

Jetzt gibt es vier mögliche Szenarien:

1. Der Versicherer fordert weitere Unterlagen an.

2. Der Versicherer reguliert den Schaden – an den Vermieter oder direkt an den Rechnung stellenden Handwerker.

3. Der Versicherer lehnt eine Regulierung ab, weil der Schaden nicht versichert ist. Zum Beispiel wenn in dem o.g. Fall Mietsachschäden nicht versichert sind.

4. Der Versicherer lehnt eine Regulierung aus anderen Gründen ab.  

 

In Szenario 1 schicken Sie die angeforderten Unterlagen an den Versicherer

In Szenario 2 und 3 sind die Tatsachen als gegeben hinzunehmen.

In Szenario 4 stellt der Versicherer den Grund der Ablehnung dar. Ob der Versicherer sich einen Grund ausdenkt oder den Schaden nicht genau hergeleitet hat, ist dabei egal! Bleiben Sie ruhig. Sie sind im Recht! Wollen Sie alleine weiter machen, stellen Sie den Schadenhergang noch einmal detaillierter dar und beantragen Sie erneut die Regulierung. Sind Sie sich nicht sicher, schalten Sie einen auf Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt ein.

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