Nachdem ich bereits am 28.11. des vergangenen Jahres mit dem Beitrag USA wollen Sanktionen gegen an Nordstream 2 beteiligte Baufirmen verhängen über das aggressive Vorgehen der US-Administration zur Verhinderung oder zumindest zur Verzögerung des Gaspipeline-Projekts berichtete, zeigt sich nun, laut dem Moskauer Medienunternehmen RosBusinessConsulting (rbc.ru) und RIA Novosti, eine der größten staatlichen Nachrichtenagenturen in Russland, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist.

Laut RIA Novosti sind angeblich weitere US-Sanktionen gegen das Pipeline-Projekt geplant. Diese sollen nicht nur die am Bau beteiligten Unternehmen, sondern auch jene Unternehmen treffen, die Gas aus der Pipeline beziehen werden.

Der Vertreter des deutschen Konzerns Uniper, ein Partner von Gazprom, äußerte gegenüber dem Handelsblatt, dass das Unternehmen die Situation genau beobachten würde. „Wir wissen, dass die Amerikaner entschlossen sind, die Verwirklichung von Nord Stream 2 zu verhindern.

Es fehlen noch 150 km

Zur Fertigstellung und Inbetriebnahme der Versorgungsleitung nach Deutschland fehlen nur noch 150 Kilometer. Deshalb glaubt die Bundesregierung, dass sie immer noch innerhalb einer angemessenen Zeit abgeschlossen werden kann, und unterstützt das Projekt weiterhin offiziell.

Zwischenzeitlich hat Shell - trotz der US-Sanktionen - seine weitere Unterstützung für Nord Stream 2 angekündigt.


Der Betreiber der Pipeline ist die Nord Stream-2 AG. Deren Gründer ist Gazprom. Seine Partner sind die französische ENGIE, die österreichische OMV, der britisch-niederländische Shell, die deutsche Uniper Dea und Wintershall. Die US-Sanktionen sollen angeblich auch auf die Geschäftspartner von Gazprom ausgedehnt werden.

Bereits im Dezember verhängten die USA Sanktionen gegen Unternehmen, die beim Bau der Leitung mitwirken. Daraufhin hat das Schweizer Unternehmen Allseas sein Verlegeschiff abgezogen. Von den insgesamt 1234 Kilometer zu verlegenden Rohren fehlen noch 150. Da das russische Verlegeschiff erst ausgerüstet und aus dem fernen Osten angefahren werden muss, verzögert sich die Fertigstellung voraussichtlich bis Ende 2020.

Blauäugigkeit im Außenministerium

RIA Novosti schreibt, dass die Bundesregierung laut Außenminister Maas in Kontakt mit den amerikanischen Partnern in allen wichtigen bilateralen und internationalen Fragen sei. Ebenso sei die Position der Bundesregierung bekannt: Sie lehnt aus prinzipiellen Gründen jede Form von exterritorialen Sanktionen ab. Dies wurde RIA Novosti auf Anfrage zumindest so mitgeteilt.

Das deutsche Außenministerium ist der Ansicht, dass die Einigung über den Gas-Transit zwischen Russland und der Ukraine Washington deutlich macht, dass die neue Gaspipeline keine Bedrohung für den Transit durch die Ukraine darstellt und dass Washington daher seinen Kurs ändern könnte.

Wenn man weiß, dass es den USA bei den Sanktionen nicht um die Ukraine, sondern um den Verkauf des eigenen teuren Fracking-Gases geht, ist die Sichtweise des Außenministeriums an Blauäugigkeit nicht mehr zu übertreffen. Die USA sind gegen russisches Gas für Europa. Dabei ist es vollkommen nachrangig durch welche Pipeline es geliefert wird.

US-Regierung entscheidet allein

Gegenüber RIA Novosti äußerte der Senator Ben Cardin, Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, dass es viele Sympathien für weitere Sanktionsmaßnahmen gebe. Sein Kollege Chris Koons wies darauf hin, dass der US-Senat in der Mehrheit zwar gegen die Pipeline Nord Stream 2 sei. Die Implementierung von Sanktionen unterläge jedoch ausschließlich der Regierung.

Potenzial zur Unterbindung des Betriebs

Der Senior Director Dmitry Marischenko der Abteilung für Natürliche Ressourcen und Rohstoffe-Agentur von Fitch erklärte RIA Novosti gegenüber, dass mögliche weitere Sanktionen der USA die Fertigstellung nicht verhindern können. Unter Umständen könnten sie aber den späteren Betrieb unterbinden. Nach der Einigung zwischen Russland und der Ukraine zum Gastransit, die von den USA als Bedingung gestellt wurde, gibt es eigentlich keine Argumente mehr für eine Verschärfung der Sanktionen.

Nord Stream 2 hat eine Gesamtkapazität von 55 Milliarden Kubikmetern Gas, das im Jahr von der Küste Russlands durch die Ostsee nach Deutschland transportiert werden kann. Die europäischen Partner - die britisch-niederländische Royal Dutch Shell, die österreichische OMV, die französische Engie und die deutsche Uniper und Wintershall - finanzieren das Projekt zusammen zu 50 %, also mit 4,75 Milliarden Euro.  Die andere Hälfte der Finanzierungskosten entfällt auf Gazprom.

Polen, Lettland und Litauen agieren ebenfalls gegen die neue Gasleitung. Die USA wollen ihr Frackinggas nach Europa liefern. Sie bezeichnen das russische-europäische Nord Stream 2-Projekt als bedrohlich für die Energiesicherheit Europas. 

US-Präsident Donald Trump hat am 20. Dezember den Verteidigungshaushalt für das Jahr 2020 unterzeichnet, der unter anderem die Sanktionen gegen die Pipeline Nord Stream 2 und den "Türkisch-Thread" beinhaltet. Die USA verlangten von den am Bau beteiligten Unternehmen, die Arbeiten sofort zu stoppen.

„Was heißt das konkret für mich!?“

Die Energieversorgung des Industriestandortes BRD steht auf dem Spiel. Wie sich aus meinen Analysen der Bundesbankberichte, die hier auf Cashkurs.com veröffentlicht sind, schon seit Anfang letzten Jahres ankündigt, ist der Produktionseinbruch nun Realität.

Wird der deutschen Industrie keine zuverlässige und kostengünstige Energie geliefert, dann wird der Industriestandort einer zweifelhaften Klimaangst geopfert. Nachdem Wind und Sonne den Bedarf nicht decken können, liegt die Hoffnung auf Nord Stream 2. Die Bundesregierung nebst ihrem Außenministerium scheint jedoch auch hier restlos überfordert zu sein.

Letztlich wird die Energieversorgung der EU zwischen dem russischen und amerikanischen Präsidenten ausgehandelt werden müssen. Ob - und wie eng - Putin und Trump sich abstimmen, ist schwer zu beurteilen.

Allerdings ist die Umsetzung von Trumps Friedensplan für den Nahen Osten eine Voraussetzung dafür, die US-Truppen sukzessive dort abziehen zu können. Trump wird im Nahen Osten ohne das Einverständnis Putins nichts erreichen können. Auf dieser Basis bleibt die weitere Entwicklung nach den US-Präsidentschaftswahlen abzuwarten. Als Anleger sollte man bis dahin deutsche Industriepapiere meiden.

Hier geht es zu meinem aktuellen Video.

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