Geschäftsmodell und Absatzmärkte

Der US-amerikanische Medizintechnikkonzern Abiomed produziert Implantate, die Patienten mit plötzlich auftretenden schwerwiegenden Herzproblemen unterstützen. Die Produkte sind wahre Lebensretter, und da macht es gleich doppelt Freude, darüber zu schreiben – sei es aus Investorensicht oder auch in menschlicher Hinsicht.

In vielen Fällen kann so Patienten, deren Herz schlapp machen, kurzfristig mit Abiomed’s patentierten Impella-Implantaten geholfen werden, bis sich Körper und Herz wieder erholen. In vielen Fällen können die Implantate nach wenigen Tagen wieder entfernt werden.

Die Produkte haben sich zuletzt auch bei COVID-19-Patienten bewährt. Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA hat im Eilverfahren sogar eine Notfall-Autorisierung für die Verwendung von Impella-Implantaten für COVID-19-Patienten mit auftretendem Herzversagen erteilt.

Auch beim Thema Digitalisierung gehört man zu den Vorreitern. Abiomed bietet für viele Produktlinien eine Fernüberwachung von Patienten an. Behandelnde Ärzte haben so die Möglichkeit, Annomalien frühzeitig zu erkennen und die nötigen Schritte einzuleiten.

Quelle: marketscreener.com

Die Servicesparte steckt zwar noch in den Kinderschuhen, holt aber sukzessive auf. Das Gros der Absätze wird in den Vereinigten Staaten generiert. Die massiven Zuwachsraten in Übersee bezeugen, dass Abiomed‘s Produkte weltweit sehr gefragt sind

Die Aktie sollte mangels Handels in Europa an der Heimatbörse Nasdaq gehandelt werden.

Quelle: guidants.com

Reif für eine Konsolidierung - Der Bereich zwischen 250 und 280 Dollar stellt ein starkes Bollwerk der Bären dar. Für einen Einstieg sollte zumindest ein Rücklauf an die 200-Tage-Linie abgewartet werden. Der Bereich zwischen 150 und 180 Dollar eignet sich ebenfalls als Einstiegsareal.

Quelle: guidants.com

Nicht von schlechten Eltern - Sogar der Nasdaq-Healthcare-Index, der sich in den vergangenen zehn Jahren vervierfacht hat, sieht im Vergleich zum Vervielfacher Abiomed alt aus.

Quellen: morningstar.com

Bewertung

Ausgefeilte Produkte, die für einen tiefen Burggraben sorgen, stramme Wachstumsraten, eine hohe Profitabilität und dazu eine fast makellose und schuldenfreie Bilanz - Abiomed wirkt wie die eierlegende Wollmilchsau. Nur dumm, dass das auch der Markt weiß und die Aktie leider nicht mehr so günstig zu haben ist wie noch vor wenigen Wochen. Aber welche Aktie ist das derzeit schon. Krise, welche Krise?

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen rechtfertigen selbstverständlich die allseits hohen Bewertungen. Den Hauch Ironie möge man mir übrigens verzeihen. Die aktuellen Bewertungsdaten im Vergleich zum Fünf-Jahres-Schnitt würden zwar eine Unterbewertung erkennen lassen, wohlgemerkt wird die aktuelle Bewertung aber auf die vergangenen Gewinne berechnet. Das tatsächliche KGV wird aufgrund der derzeitigen Krise effektiv wohl wesentlich höher zu beziffern sein.

Anstatt des KGVs oder des Kurs-Cashflow-Verhältnisses KCV empfiehlt sich auch die Berechnung der sogenannten Cashflow-Rendite, im Englischen ‚Free Cash Flow Yield‘. Dabei wird der freie Cashflow pro Aktie durch den Aktienkurs dividiert. Alternativ kann natürlich auch der gesamte Cashflow durch die Marktkapitalisierung dividiert werden.

Als Ergebnis erhält man den ‚Zinssatz‘ in Form von freiem Cashflow, den man für die Investition in die Aktie erhält. Bei Abiomed ergibt sich somit eine Cashflow-Rendite von 2,3 Prozent, was im Verhältnis betrachtet nicht gerade günstig ist. Als Faustregel kann man von einer günstigen Bewertung sprechen, wenn der Wert mindestens fünf bis sieben Prozent erreicht, was bei der derzeitigen Bewertung vieler Aktien allerdings einer Utopie gleicht.

Bilanz und Verschuldung

Volle Punktzahl beim Thema Bilanz. Schulden sucht man bei Abiomed glücklicherweise vergebens, was dem Konzern auch helfen wird, gut durch diese schweren Zeiten zu kommen. Falls die vollen Kassen für geschickte Übernahmen genutzt werden könnten, könnte Abiomed sogar zu den Krisengewinnern gehören. Voraussetzung hierfür wäre aber natürlich eine Abkühlung der Bewertungsniveaus am Aktienmarkt.

Profitabilität

Auch hier macht das Unternehmen eine sehr gute Figur mit einer operativen Marge von knapp 30 Prozent. Dabei ‚erschwindelt‘ sich Abiomed nicht nur einen hohen Gewinn auf dem Papier, wie man dies leider immer wieder sieht. Bewiesen wird dies durch die in gleicher Höhe ausgewiesenen freien Cashflows, die in den letzten Jahren immer weiter gesteigert werden konnten.

Die hohen Ausgaben für Forschung und Entwicklung haben sich mehr als bezahlt gemacht. Der Lohn hierfür sind exzellente Produkte, die man auch für stattliche Preise verkaufen kann. Zusätzlich leistet man sich umfangreiche Ausbildungsprogramme für Ärzte und Chirurgen und bindet damit zukünftige Kundschaft erfolgreich an sich. Ein Chirurg, der einmal mit einem System vertraut und von der Effektivität überzeugt ist, wechselt da nicht so schnell auf ein anderes System. Sie merken es, der Burggraben für Abiomed wird größer.

Quelle: Unternehmen

Wachstum

Eine Grafik sagt meist mehr als tausend Worte. Allerdings geht Corona auch nicht an Abiomed spurlos vorbei. Sämtliche Investitionen gehen aktuell in diesen Bereich, was Investitionsströme derzeit an Abiomed vorbeifließen lässt.

Gut, dass die internationale Expansion weiter forciert wird. Gerade im deutschen Markt ist man sehr aktiv mit Zweigstellen in Berlin und Aachen.

Quelle: Unternehmen

Konkurrenz

Derzeit gehört Abiomed zwar zu den Marktführern in seinem Segment. Allerdings hat man es mit finanzstarken Konkurrenten aus der Medizintechnikbranche wie Abbott Laboratories oder Medtronic zu tun. Im Umkehrschluss scheint aber auch eine Übernahme durch eines der genannten Unternehmen denkbar.

Risiken

Bei Produktneueinführungen müssen diese erst einmal strenge staatliche Genehmigungsprozesse durchlaufen. Dies ist zeitaufwändig und mögliche Probleme im Genehmigungsverfahren sorgen für ein stetes Risikopotenzial.

Ebenso kritisch wäre eine anhaltende Konjunkturschwäche. Eine lahmende Wirtschaft lässt Steuereinnahmen geringer ausfallen. Das wiederum veranlasst Staaten zu Einsparungen, auch im Gesundheitsbereich. Gerade Abiomed mit seinen kostspieligen Spezialprodukten (so ein Implantat kostet gut und gerne über 20.000 Euro) ist hiervon betroffen.

Zuletzt ist Social Distancing auch für Abiomed insofern problematisch, als dass man sich sicher schwerer tut, Ausbildungsprogramme für Chirurgen durchzuführen.

Porter’s Five Forces

Durch die hohen Forschungsausgaben hat man sich ein beneidenswertes Produktportfolio geschaffen, mit dem sich Abiomed sehr gut von der Konkurrenz (+Branchenrivalität) abzuschirmen weiß. Genehmigungsprozesse sind oft zäh und langwierig, erprobte Verfahren werden meist für Jahre und teilweise Jahrzehnte beibehalten. Somit sollte das Risiko durch Substitution bis auf weiteres unproblematisch sein. Das Risiko durch staatliche Regulierungsbehörden ist in der Branche allerdings imminent und musst stets auf dem Radar behalten werden (Abnehmer).

Abiomed und die dazugehörige Aktie haben so ziemlich alles, was das Börsianerherz höherschlagen lässt. Die Produkte sind ausgefeilt, die Bilanz ist kerngesund und hohe Zuwachsraten werden begleitet von stattlichen Gewinnen. Trotz alledem wirkt der Konzern dann doch sportlich bewertet. Ein Kursrückgang wäre da durchaus willkommen und könnte zum Einstieg genutzt werden.

Herzlichst

Ihr Christof von Wenzl

Quellen: morningstar.com, marketscreener.com, www.abiomed.com, guidants.com, wikipedia.de

Alle Kennzahlen wurden – sofern nicht anders erwähnt - auf Sicht der letzten 4 auf morningstar.com verfügbaren Quartale berechnet.

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