Liebe Leserinnen und Leser,

die seit einigen Wochen deutlich hervorgetretene Divergenz zwischen den auf vielen Ebenen einbrechenden Wirtschaftsdaten und auf der anderen Seite immer weiter kletternden Kursen an den Aktienmärkten, könnte sich langsam etwas aufheben – zumindest sah es nach der EZB-Ratssitzung so aus. Wurde bisher jedes Festhalten an der Niedrigzinspolitik mit einem fröhlichen „Weiter so!“ gefeiert, schien die ausdrücklich durch Konjunktursorgen und deutlich eingetrübte Prognosen getroffene Entscheidung, die Leitzinsen mindestens bis 2020 nicht zu erhöhen, das Anleiheaufkaufprogramm aufrecht zu erhalten und zusätzliche Langfristkredite zur verdeckten Staatsfinanzierung zu vergeben, diesmal zu viel des Guten.

Graf Draghi, der Schreckliche

Das führte in zweierlei Hinsicht zum Schreckmoment. Einerseits nach dem Motto: Wenn solch ausufernde Mittel nötig sind, ist wohl doch nicht alles eitel Sonnenschein – auf der anderen Seite stiegen die Befürchtungen, dass die europäische Notenbank nun nichts mehr im Köcher und damit „ihr Pulver verschossen“ hat, um auf weitere wirtschaftliche Hiobsbotschaften zu reagieren. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Nutzen der verstärkten Kreditvergabe begrenzt ist – die Pferde also nicht mehr saufen und das „All-you-can-eat-Buffet“ links liegen gelassen wird.

Futter für die Immo-Blase, Entwarnung bei Wirecard

Im deutschen Leitindex ging es nach der Sitzung am Donnerstag zumindest erstmal bergab, ein Einbruch der chinesischen Exportzahlen um über 20 Prozent im Vergleich zum Vormonat gab den Anlegern den Rest- und so verlor der Dax nach drei erfolgreichen Wochen in den letzten Handelstagen 1,2 Prozent im Wochenverlauf. Nicht von ungefähr kommt es, dass die Immobilienbranche - in dieser Woche allen voran die Aktie des größten deutschen Wohnungsunternehmens Vonovia – jubiliert, profitiert sie aktuell vom billigen Geld noch am meisten, freilich auf Kosten einer sich immer weiter aufpumpenden Preisblase.

Auch Wirecard konnte in dieser Woche mit über fünf Prozent Kursgewinn brillieren, nachdem Konzernchef Markus Braun am Freitag twitterte: "Ich bin überzeugt, dass der Markt sich sehr bald wieder auf die starke operative Entwicklung und die Innovationen von Wirecard fokussieren kann", und damit nach Analystenmeinung ein absehbares Ende der internen Untersuchungen in Singapur in Aussicht stellte. Spätestens am 4. April soll dann der Abschlussbericht vorliegen – wir sind gespannt!

Das Gefecht ist lange nicht vorüber – Italien als Achillesferse

Auch die asiatischen und amerikanischen Indizes, in den letzten Wochen getragen von der Hoffnung auf die Belegung des über allem schwebenden Handelskriegs zwischen den USA und China, kamen unter Druck. Hier braucht es nun langsam etwas Fleisch am Knochen, denn inzwischen wird die Einigung erwartet und bereits immer weiter eingepreist, so dass das Überraschungsmoment jetzt schon auf der Unterseite liegt.

Beispielsweise die Klage des größten chinesischen Unternehmens Huawei gegen die amerikanische Regierung zeugt jedoch davon, dass dieser Kampf noch lange nicht ausgefochten ist. Wie es an dieser Stelle genau weitergeht, vermag angesichts der schwankenden Stärke der unterschiedlichen Interessensgruppen niemand zu sagen.

Spannend in dieser Hinsicht sind ganz sicher die Ambitionen der Italiener, sich der der neuen Seidenstraße anzuschließen, zu beobachten, was naturgemäß nicht im Sinne der Amerikaner sein kann. Und so verwundert es wenig, dass Bloomberg prompt vor einer sich anbahnenden Rezession warnt, die OECD ihre Erwartungen mit Schmackes einstampft und die EU ihren drohenden Zeigefinger hebt.

Mit der tatsächlich überbordenden Staatsverschuldung Roms sowie den bekannten Problemen der mit faulen Krediten vollgepumpten italienischen Banken, bietet dies ein großes Einfallstor, um an der immerhin drittgrößten Volkswirtschaft in Europa einen Hebel anzusetzen, der EU-Europa und dem Euro noch so einige Probleme bescheren kann…

Bevor wir diese Themen weiter vertiefen, wünschen Ihnen an dieser Stelle zunächst ein schönes und erholsames Wochenende - sowie natürlich viel Erkenntnisgewinn beim Lesen unserer Beiträge!

Herzlichst,

Ihre Cashkurs Redaktion

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