Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 0,9970 (05:47 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 0,9827 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 144,13. In der Folge notiert EUR-JPY bei 143,64. EUR-CHF oszilliert bei 0,9768.

An den Finanzmärkten zog gestern nicht nur Risikobereitschaft, sondern Risikofreude ein

Die Aktienmärkte, allen voran die europäischen Märkte, reüssierten mit Anstiegen von deutlich mehr als drei Prozent. Hintergründe lieferten veränderte Erwartungen an Zentralbanken.

Nachdem Australiens Zentralbank nur zaudernd den Leitzins um 0,25 % erhöhte, wurde weiteres „Futter“ für mildere Zinserhöhungspolitiken durch den Chef der Banque de France geliefert. Frankreichs Notenbankchef Villeroy stellte in Aussicht, dass die EZB im kommenden Jahr den Zinserhöhungskurs verlangsamen könne. Bis zum Jahresende werde die EZB ohne Zögern das Zinsniveau auf ein konjunkturneutrales Niveau anheben. Das liegt laut Villeroy im Dunstkreis von zwei Prozent. Weitere Schritte im Jahr 2023 würden dann flexibel, möglicherweise langsamer erfolgen. EZB-Präsidentin Lagarde sagte, das Minimumziel sei es, dass die Geldpolitik die Nachfrage nicht mehr stimuliere. Damit assistierte sie Villeroy.

Der Finanzmarkt war nicht gewillt am Nachmittag der Chefin der Fed San Francisco Mary Daly Aufmerksamkeit zu schenken, die sich „falkenhaft“ äußerte. Sie forderte weitere Zinserhöhungen bis das Ziel der Inflationsbekämpfung erledigt sei.

An den Kapitalmärkten ergab sich nachfolgendes Bild. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe sank weiter auf 1,87 %. Die 10-jährigen US-Staatsanleihe rentiert aktuell mit 3,62 %.

Der USD stand unter Druck. Der Euro konnte sich zwischenzeitlich bis nahezu an die Parität befestigen. Gold legte weiter zu, während Silber gegenüber dem USD nach dem starken Anstieg zuvor geringfügig nachgab.

Kommentar: An einem Tag, an dem die Erzeugerpreise der Eurozone mit 43,3 % Anstieg einen neuen Rekordwert definierten, gelang dem französischem Notenbankchef ein rhetorisches „TTT“. TTT steht für „touch, turn, talk“ (Stilmittel der Rhetorik). Man nimmt das Thema auf, dreht es und redet dann weiter über das, was man thematisieren will. Davon losgelöst stand die Basis für eine Korrekturbewegung hinsichtlich der technischen Konstellation. Auch die Maßnahmenpakete, beispielsweise der Bundesregierung (200 Mrd. EUR), nahmen und nehmen Hitze aus dem Krisenpotpourri. Man kauft sich Zeit. Zunächst ist die aktuelle Bewegung eine Korrekturbewegung.

Ansage der OECD an Deutschland: Mutigere Innovationspolitik wagen!

Deutschland müsse der OECD zufolge eine mutigere Reformpolitik verfolgen. Das sei die einzige Möglichkeit, Führungsposition in Kernbranchen, beispielsweise der Autoindustrie, dem Maschinenbau oder der chemischen und pharmazeutischen Industrie zu verteidigen.

O-Ton: „Deutschland muss auf seinen Stärken aufbauen und eine agilere, risikotolerantere und experimentierfreudigere Innovationspolitik entwickeln, die Risikobereitschaft fördert und das Land in die Lage versetzt, in den digitalisierten und ökologischen Branchen der Zukunft eine Führungsrolle zu übernehmen.

Als Probleme am exportorientierten Wirtschaftsmodell wurde seitens der OECD eine zu starke Abhängigkeit von Energie aus Russland, eine andauernde Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, eine schleppende Digitalisierung sowie konzentrierte und störanfällige Lieferketten der deutschen Industrie genannt.

Weiter heißt es: „Die digitale und ökologische Transformation und der dadurch in der Weltwirtschaft verursachte Strukturwandel erschüttere mehrere Grundpfeiler, auf denen die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands beruhe.

Als Maßnahmen schlägt die OECD vor, die Dateninfrastruktur zu verbessern, um Industriedaten innovativer einzusetzen. Es wurde der Abbau bürokratischer und administrativer Barrieren für innovative Klein- und mittelständische Unternehmen sowie Start-ups angemahnt. Der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen gegenüber Unternehmen sollte Priorität eingeräumt werden. Um den Wissenstransfer zu verbessern, sollte die Bundesregierung die Zusammenarbeit von Hochschulen mit der Industrie stärken, indem sie den Aufbau von Fonds für Ausgründungen anregt.

Kommentar: Die von der OECD vorgeschlagenen Maßnahmen sind zielführend. Die Kritik ist sachlich unbestechlich. Deutschland lebte seit mehr als 15 Jahren in einer Phase, wo politisch mehr verwaltet als gestaltet wurde. Wir haben dieses Dilemma in diesem Report zu Zeiten als es nicht politisch opportun war (!) immer konstruktiv thematisiert (Problem medialer und gesellschaftspolitischer Opportunismus, partiell Phlegma). Wir brauchen elementare neue Strukturen (Aristoteles), wir brauchen Leistungswillen in der Gesellschaft, wenn dieser Standort eine gute Zukunft haben soll. Wir brauchen grundsätzlich eine Politik, die den berechtigten eigenen Ansprüchen der Bürger Deutschlands und der EU gerecht wird. Letzterer Satz bezieht sich sowohl auf Berlin als auch auf Brüssel.

Ohne Öl geht nichts

Heute steht das OPEC+ Treffen auf der Agenda. Man ist seitens dieser Organisation nicht bereit, bei massiven Kaufkraftverlusten der Transaktionswährungen, allen voran dem USD, nachhaltigen Preisverfall bei den Ölpreisen tatenlos zuzusehen.

In den letzten Tagen wurde zunächst über Kürzungen der Ölfördermengen in einem Volumen von 1,0 bis 1,5 Millionen Fass pro Tag am Markt diskutiert. Aktuell zentriert sich die Diskussion auf eine Kürzung um zwei Millionen Fass pro Tag.

Die neu geplanten Sanktionen seitens der G-7 Länder gegen Russland werden laut US-Finanzministerium zunächst auf Rohöl und später auf Diesel und andere Produkte abzielen. Die Preisdeckel seien noch nicht vereinbart worden.

Kommentar: Ohne Energie geht nichts. OPEC+ ist bei dem massiven Kaufkraftverlust westlicher Währungen sich selbst gegenüber verpflichtet, die eigenen Interessen zu verteidigen. Ob das G-7 Sanktionskonstrukt bei fossilen Brennstoffträgern gegen Russland ultimativ zu geringeren Preisen führt, wird seitens Experten kontrovers diskutiert. Ich bin trotz US-Drucks skeptisch.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Erzeugerpreise mit neuem Rekordwert (J)

Die Erzeugerpreise legten per August im Monatsvergleich um 5,0 % (Prognose 4,9 %) nach zuvor 4,0 % zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 43,3 % (Prognose 43,1 %) nach zuvor 38,0 % (revidiert von 37,9 %).

 

USA: JOLTS Report überrascht negativ

Der Auftragseingang der Industrie verzeichnete im Monatsvergleich per August keine Veränderung nach zuvor -1,0 %. Das entsprach der Prognose.

Im JOLTS Report, der Auskunft über angebotene, aber unbesetzte Stellen am US-Arbeitsmarkt gibt, kam es per August zum größten Einbruch außerhalb der Corona-Pandemie. Die Zahl verringerte sich von 11,17 Mio. (revidiert von 11,24 Mio.) auf 10,05 Mio. (Prognose 10,78 Mio.). Gleichwohl ist das Niveau unbesetzter Stellen unter historischen Maßstäben hoch.

 

Südkorea: Preisanstieg gegenüber Westen milde

Die Verbraucherpreise legten im Jahresvergleich per September um 5,60 % nach 5,70 % zu.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0300 – 1.0330 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg

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