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Immer wieder muss ich mir vor Augen führen, welch revolutionäre Tat dies war und wie viel ein Mensch bewirken kann, um den Lauf der Geschichte zu beeinflussen.
Ambivalenz
Häufig frage ich mich: Inwieweit haben wir als Individuen tatsächlich die Macht, etwas zu bewirken oder zu verändern? Fühlen wir uns nicht oft machtlos, den Tatsachen ausgesetzt und nehmen Ereignisse stillschweigend hin, obwohl wir dabei ein inneres Unbehagen fühlen, ohne es detailliert beschreiben oder einordnen zu können? Wir können ja doch nichts tun, meinen wir und versinken in Lethargie.
Mir geht es nicht anders. Auch ich bin ein ambivalenter Mensch. Auch ich bin nicht immer mutig, obwohl ich es sein müsste, reagiere zeitweise unangemessen oder gehe negativen Aspekten in mir nach. Mittlerweile habe ich mich mit meinen Widersprüchen arrangiert, ich nehme sie an und versuche, mein Verhalten zu reflektieren.
Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass wohl jeder Mensch solche inneren Zerwürfnisse in sich trägt und häufig nicht weiß, wie er damit umgehen soll. Meine Erkenntnis ist, nicht dagegen anzukämpfen, sondern sie nüchtern zu betrachten und anzunehmen. Wir sind Menschen, wir sind nicht perfekt.
Teile und Herrsche
Schon immer gab es Kreise, die sich dessen bewusst waren und sich diese Ambivalenzen zu Nutze machten, um Visionen zu realisieren, die wir uns nicht im Entferntesten vorstellen können. Auch jetzt wird wieder bewusst und in ganz großem Stil Zwietracht gesät. Egal aus welcher Perspektive man es betrachtet, die Menschen werden in Angst und Panik versetzt und verharren in der Starre.
Die einen sehen derzeit keine Gefahr und vertrauen im guten Glauben der Obrigkeit, die anderen lassen alle Einschränkungen widerspruchslos über sich ergehen und wieder andere möchten aktiv dagegen vorgehen, ohne genau zu wissen, was sie gegen diese Ohnmacht, die sie beschleicht, tun sollen. Doch genau diese Zustände werden bewusst herbeigeführt, wie so oft in der Geschichte.
Heutzutage glauben wir, frei entscheiden zu können, fernab jeglicher Beeinflussung, doch tun wir das wirklich? Diese geistig indoktrinierten Barrieren sind es, die ich überwinden möchte, dieses seit Ewigkeiten bestehende, wie ein über uns schwebendes Konstrukt, das uns Menschen übergestülpt wird und uns zu den unfassbarsten Dingen verleitet.
So viele spielen das perfide Spiel mit, separieren sich, lassen sich mental vergiften, hassen und verachten einander, lassen sich gegeneinander aufhetzen, bis ins Mark spalten und sogar in Kriege schicken.
Werfen wir einen Blick auf unsere Gesprächskultur: Wir vertreten unsere oft unreflektierten Meinungen, Ansichten und Weltbilder mit rigider Vehemenz und stehen am Ende erneut vor einem geschichtlichen Scherbenhaufen.
Die Profiteure dieser sich wiederholenden Ereignisse sind sich dessen wohl bewusst. Die Geschichte wiederholt sich somit immer und immer wieder. Warum lassen wir das zu? Warum reagieren wir meistens genauso, wie es von uns erwartet wird, ohne dass wir das überhaupt zu realisieren scheinen?
Plädoyer
Mein Plädoyer gilt der Empathie, der Aufrichtigkeit, der Sicht aus der Vogelperspektive, des wahrhaft gegenseitigen Zuhörens und des Verständnisses, sodass wir alle irgendwann gemeinsam diejenigen erkennen und vor ein gigantisches Scherbengericht stellen, die uns Menschen all das schon so lange antun.
Wir sollten aufhören, auf ihrer Klaviatur zu spielen, uns die Unglaublichkeiten bewusstmachen und realisieren, dass wir uns schon unser ganzes Leben lang auf ihrer Bühne befinden. Erst wenn wir uns das vor Augen führen, sind wir meines Erachtens in der Lage, neue Kraft zu schöpfen und wirklich etwas zu verändern.
Mein Anspruch
Ich möchte diese festgefahrenen Weltbilder überwinden. Ein Weg, den ich gehen möchte, ist der Weg der Kunst, da ich durch sie ausdrücken, was ich nicht in Worte fassen kann. Sie ist ein Sprachrohr, ein Ausweg, die Kanalisierung einer Empfindung.
Aus diesem Grunde machte ich mich auf den Weg in die Innenstadt Wittenbergs und hielt die Leere fest, verzweifelte Hoffnungen, vereinzelten Widerstand und die unabdingbare Konformität. Ich versuchte, der ausgestorbenen Innenstadt eine Bühne zu bieten, sie einzufangen und damit zum Ausdruck zu bringen, welches Ausmaß dieser „Kult“ bereits angenommen hat.
Uns allen muss bewusstwerden, dass nur wir es sind, die das Rad der Geschichte erneut drehen können und diesen Phantasten entgegentreten müssen, mit allem, was wir haben. Die Kunst ist ein wichtiges Element in meinen Augen und ich wäre glücklich, wenn ich einen Teil zur positiven Entwicklung beisteuern kann.
Alle Impressionen, die Earlyhaver bei seinem Streifzug gesammelt hat, finden Sie hier auf seiner Seite: https://earlyhaver.com/2021/02/07/zeiten-wie-diese/
Vielen Dank für die Erlaubnis, den Text übernehmen zu dürfen!
Kommentare
viele Ostdeutsche sind 89 auf die Straße gegangen und haben die Honecker Regierung hinweggefegt.
Und wir wissen, wie knapp damals die Entscheidung war, werden Waffen gegen die Demonstrierenden eingesetzt oder nicht? Nur so wachen die Herrschenden auf.
Etwa 75 Prozent der Deutschen sind gegen die Weiterführung des Krieges / der Stationierung deutscher Soldaten*innen in Afghanistan. Und was passiert, die Parteien, die für eine weitere Stationierung sind, werden wieder gewählt, Medien greifen das Thema nicht auf und eine Handvoll Linke, die Position bezieht, wird nicht wahrgenommen. So wird das nichts und mit der nächsten BW Wahl werden genau die Kräfte, deren Spielball wir sind, wieder gewählt.
@Moni
Ganz zustimmen kann ich da nicht, es wird nicht gelingen so viele Menschen zu einer Aktion wie einem Putsch oder einer Revolution zu bewegen, dass diese Erfolg hätte.
1989 ist damit nicht vergleichbar, weil damals die DDR schon von allen anderen Staaten im Ostblock einschließlich der UdSSR allein gelassen wurde. Es fuhren also keine ausländischen Panzer auf (wie 1953) um den Aufstand niederzuwalzen, sonst wäre es schief gegangen.
Heute sind bereits die Polizisten so verdummt worden, dass sie mit ihren Aktionen gegen den Diensteid verstoßen und das nicht einmal begreifen.
Wenn sie sich an den Diensteid erinnern könnten, müssten sie die Regierung entmachten und alle Mitglieder festsetzen, um sie vor Gericht zu stellen. Wird aber nicht geschehen.
Ja, diese Machtlosigkeit macht auch mir zu schaffen, seit Juli klage ich gegen die Corona-Maßnahmen, inzwischen in der dritten Instanz. Kostet Geld, nicht wenig, aber ansonsten könnte ich mich selbst im Spiegel nicht mehr ansehen.
Aber es funktioniert nicht andere im Bekanntenkreis zu aktivieren, man bekommt dann Antworten wie "Lieber einen Lappen im Gesicht als einen Zettel am Zeh"
Was bleibt also noch übrig?
"Wenn Gott tödliche Seuchen schickt, will ich Gott bitten, gnädig zu sein und der Seuche zu wehren. Dann will ich das Haus räuchern und lüften, Arznei geben und nehmen, Orte meiden, wo man mich nicht braucht, damit ich nicht andere vergifte und anstecke und ihnen durch meine Nachlässigkeit eine Ursache zum Tode werde. Wenn mein Nächster mich aber braucht, so will ich weder Ort noch Person meiden, sondern frei zu ihm gehen und helfen. Siehe, das ist ein gottesfürchtiger Glaube, der nicht tollkühn und dumm und dreist ist und Gott nicht versucht."
Pfarrer Theo Lehmann schreibt zu 1989: Aus der Tasche meines Jacketts ragte eine Zahnbürste, und ich sagte zur Erklärung: „Das habe ich von Martin Luther King gelernt. Der predigte auch mal mit Zahnbürste als Zeichen, dass er bereit war, für seine Predigt anschließend ins Gefängnis zu gehen.“ Solche Predigten können allerdings nur gehalten werden, wenn der Heilige Geist das Herz festhält, während die Knie zittern.
Diese beiden Männer waren bereit, für ihren Glauben an den lebendigen Gott zu sterben. Sie stellten sich zu Gott und er stellte sich zu ihnen.
Theo Lehmann, inzwischen fast 87, hat auch heute eine klare Sicht: „Wir sind in großer Not, weil uns die Tränen über das Gesicht laufen, wenn wir vor unseren Fernsehern sitzen und die Flüchtlingszüge sehen und die Auseinandersetzungen auf unseren Straßen und die Wasserwerfer in Aktion. Wir weinen über unser Land, und wir fragen uns: Wo sind wir hingekommen, dass der Dialog verweigert und Wasserwerfer eingesetzt werden?“ Und zum Schluss sagte ich: „Wir brauchen einen Neuanfang, und die Bibel zeigt uns, wie es dazu kommen kann: Missstände benennen, Schuld bekennen. Nur so kommt es zu einer Veränderung. Veränderung ist ein Zeichen von Leben. Wo keine Veränderung mehr stattfindet, kann nur noch der Tod festgestellt werden"