Nawalny eine demokratische Alternative zu Putin?

Nachdem der russische Politiker Alexej Nawalny in Berlin medizinisch behandelt wird, ist in der Öffentlichkeit die Frage entbrannt, wer ist dieser Mann eigentlich, wobei diese Frage in den westlichen Medien nur unzureichend und lückenhaft beantwortet wird.

Wahlweise wird der Kreml-Kritiker dabei als „Korruptionsbekämpfer“ und „gefährlichster Gegner“ von Wladimir Putin bezeichnet, bei der Beschreibung seiner politischen Agenda bleibt es aktuell in den Medien schwammig. Aussagen, über die politische Zielsetzung, wie sie noch vor einigen Jahren im MDR getätigt wurden, werden dabei momentan unter den Tisch gekehrt.   Unter der Überschrift“ Russland "Nawalny macht offene Fremdenfeindlichkeit hoffähig", wurde 2017 auf der Homepage des Senders ein Interview veröffentlicht, mit dem Journalisten Nikolai Klimeniouk. Klimeniouk äußerte sich damals wie folgt über den „Hoffnungsträger“. "Nach der russischen Invasion in Georgien 2008 sprach er sich beispielsweise für ein noch härteres Vorgehen gegen das Land aus. Alle georgischen Bürger sollten doch aus Russland deportiert und "das Hauptquartier der Nagetiere" mit Marschflugkörpern zerstört werden. Nawalnys Rhetorik ist übrigens voll von Tiervergleichen. Er schreibt in einem Blogeintrag: "Die gesamte nordkaukasische Gesellschaft und ihre Eliten teilen den Wunsch, wie Vieh zu leben. Wir können nicht normal mit diesen Völkern koexistieren."

https://www.mdr.de/nachrichten/osteuropa/politik/nawalny-kritisch-klimeniouk-100

Eine russische Kollegin behauptete neulich, Nawalny sei der Björn Höcke von Russland, was etwas übertrieben klingt, denn so wie Nawalny hat sich der AfD-Politiker öffentlich nie aufgeführt.:“ Nawalny hat seine politische Karriere in der liberalen Intellektuellenpartei »Jabloko« begonnen. Schnell stieg er bis in deren politische Führung auf, wurde allerdings 2007 wegen »Nationalismus« ausgeschlossen. Wie ein Teilnehmer der entsprechenden Sitzung im Radiosender Echo Moskwy berichtete, soll er auf den Ausschluss mit dem Ausstrecken des rechten Arms und dem Ruf »Ruhm für Russland« (»Slawa Rossii«) – die Parole ist wörtlich identisch mit dem ukrainischen Faschistengruß »Ruhm der Ukraine« – reagiert haben. Zuvor war er als »Beobachter« von Jabloko auf den alljährlich veranstalteten »Russischen Märschen« gewesen und dort auch aufgetreten. Hauptparole des rechten Aufmarsches war damals: »Schluss mit dem Durchfüttern des Kaukasus«. Sich selbst bezeichnete er seinerzeit als »normalen russischen Nationalisten«, wahlweise auch als »Nationaldemokraten«. Schreibt dazu Reinhard Lauterbach in der Jungen Welt.

Alternativen zu Putin?

Erstaunlich, während in der innenpolitischen Auseinandersetzung schon wesentlich weniger geschehen muss, um als Rassist oder ähnliches tituliert zu werden, faselt man bei Nawalny um den heißen Brei, anstatt zu benennen, dass es sich bei diesem Mann um einen gefährlichen großrussischen Chauvinisten handelt.  Hier wird ein wunder Punkt berührt, nämlich nach der Frage, durch wen man im Westen eigentlich Wladimir Putin als russisches Staatsoberhaupt zu ersetzen gedenkt, angesichts der Polemik gegenüber Putin. Die Alternativen sind rar, zumindest wenn man nicht möchte, dass zwischen Smolensk und Wladiwostock das Chaos ausbricht, im größten Flächenstaat der Erde. In Frage kämen neben Nawalny - auch das nur sehr unwahrscheinlich - der kommunistische „Erdbeermagnat“ Pawel Grudinin, von der kommunistischen Partei als „roter Kapitalist“ vermarktet. Dann der Ultranationalist Wladimir Schirinowski, der für die Liberaldemokratische Partei (LDPR) antritt und bekannt ist für seine Ausfälle, verbalen Entgleisungen und schrillen Auftritten. Die westlich-liberale Opposition ist in Russland völlig chancenlos. Aussichten auf breitere Resonanz hat nur eine nationale Opposition, sei es von links (Nazbol) oder von rechts (z.B. Nawalny).Die Tatsache, dass es sich angesichts dieser politischen Rahmenbedingungen bei Putin um einen wesentlich erträglicheren Staatsmann handelt, wird dabei umgangen, da diese nicht ins geopolitische Chaos passt, welches der Westen mit seiner Stoßrichtung in die Weiten des eurasischen Raums, verursacht hat.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Was nun wirklich zu der Vergiftung von Alexej Nawalny geführt haben mag, die ganze Wahrheit wird kaum ans Licht kommen. Winston Churchill, der Josef Stalin mit einer Mischung aus Bewunderung und Faszination begegnete, zumindest bis zum Ende des 2. Weltkrieges, beschrieb einmal die inneren Vorgänge der Machtzirkel in Moskau als ein Rätsel, welches sich mit Geheimnis und Mysterium umgibt „A riddle wrapped in a mystery inside an enigma“.Über 100 Jahr zuvor formulierte Napoleon Bonaparte, dessen geopolitische Formulierungen noch heute gestochen scharf erscheinen: “La Russie, cet immense pays, sera toujours gouverné par son poids et par le hasard.“ – „Russland, dieses riesige Land, wird stets durch sein gewaltiges Eigengewicht und durch den Zufall regiert werden.“ Aber zu solchen historischen Reflexionen ist die heutige politische Klasse des Westens nicht mehr fähig.

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