Zu früh gefreut – Aprildaten schlechter als erwartet

Dass eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, zeigen die momentan aus dem Reich der Mitte eingehenden Konjunktur- und Wirtschaftsdaten. Deutlich wird, dass viele Analysten die zum Ende des 1. Quartals zwischenzeitlich ein wenig nach oben tendierenden Daten auf Basis eigener Hoffnungen missinterpretiert haben.

Nicht nur die chinesischen Einzelhandelsabsätze im Monat April kamen deutlich unterhalb der Konsensschätzungen unter Analysten herein. Auch die Industrieproduktion enttäuschte, während die Fahrzeugabsätze im April um 16,6 % einbrachen und sich somit bereits den elften Monat in Folge als rückläufig erwiesen.

Abverkauf von US-Staatsanleihen immer wieder Thema – Diskussion erneut entbrannt

Und nun verschärft sich nach den jüngsten gegenseitigen Zollanhebungsohrfeigen auch noch der Handelskrieg zwischen den Vereinigten Staaten und China. Vielerorts wird darüber sinniert, welchen Vergeltungsmaßnahmen sich die Pekinger Regierung abseits der Erhöhung eigens verhängter Strafzölle auf US-Wareneinfuhren bedienen könnte.

Ein kontrollierter Abverkauf von gehaltenen US-Staatsanleihen wurde und wird in diesem Zusammenhang immer wieder genannt, auch wenn eine solche Entscheidung aus Sicht der Pekinger Regierung mit nicht unerheblichen Risiken verbunden wäre. China hält nach wie vor amerikanische Staatsanleihen in einem Gesamtvolumen von 1,1 Billionen US-Dollar.

Vielerorts als „Nuklearoption“ bezeichnet, erhalten solche Überlegungen momentan neue Nahrung, nachdem ein chinesischer Journalist zu Wochenbeginn via Twitter bekannt gab, dass Professoren und Gelehrte des Landes zurzeit einen Austausch über die Möglichkeit eines Abverkaufs von US-Staatsanleihen pflegten.

Peking könnte Option alleine zur Verteidigung des Yuan-Werts ziehen

Amerikas Regierungsanleihemarkt hat mittlerweile ein Volumen von knapp 16 Billionen US-Dollar erreicht. Auch an den internationalen Finanzmärkten wird die „Nuklearoption“ derzeit kontrovers diskutiert, mit dem Grundtenor, dass im aktuellen wirtschaftspolitischen und geopolitischen Umfeld keine Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden dürfe.

Analysten weisen mehrheitlich darauf hin, dass sich Peking der „Nuklearoption“ nicht einmal so sehr aufgrund des Wunsches einer Vergeltung gegenüber den Vereinigten Staaten bedienen könnte. Gesetzt den Fall, dass es tatsächlich dazu käme, stünde vielmehr die Verteidigung der eigenen Währung im Vordergrund allen Handelns.

Abverkauf auch für China risikoreich!

Fakt ist, dass der Offshore-Yuan im laufenden Monat um 2,6 % auf 6,9225 pro US-Dollar nachgegeben hat, womit die „magische Marke“ von 7 schon wieder nicht mehr weit entfernt ist. Bei Threadneedle Investments wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass ein Abverkauf von US-Staatsanleihen aus Sicht Chinas nicht ohne Risiken vonstatten gehen würde.

Ich bin auf die Gründe in einem meiner letzten Berichte zu diesem Thema bereits eingegangen, und möchte mich deshalb an dieser Stelle nicht wiederholen. Trotz allem wird die „Nuklearoption“ bei Threadneedle keineswegs ausgeschlossen, da es Peking in diesem Fall verstärkt darum gehen würde, die Entwicklung der eigenen Währung zu kontrollieren.

Nach Yuan-Absturz kam es bereits 2016 zum Abverkauf von 15 % der gehaltenen Bonds

Dies werde insbesondere dann der Fall sein, falls der Yuan/RMB – ähnlich wie in 2015/2016 – unter einen massiven Abgabedruck gegenüber dem US-Dollar geraten sollte. Ein Verkauf von bislang gehaltenen US-Staatsanleihen werde dann sogar wahrscheinlich. Bei Macquarie Securities wird diese Ansicht geteilt.

Denn Peking werde unter aller Voraussicht nicht untätig dabei zusehen, wie der Yuan/RMB in den Sturzflug überginge, um außer Kontrolle zu geraten. Erinnerungen an die damit verbundene Kapitalflucht sind noch recht frisch. Bereits im Jahr 2016 baute China insgesamt 188 Milliarden US-Dollar in gehaltenen US-Staatsanleihen ab, um den Yuan zu stabilisieren.

Immerhin entsprachen die damaligen Verkäufe einem Anteil von 15 % an den bis dahin gehaltenen US-Regierungsbonds. Doch Peking blieb im Angesicht einer massiv anziehenden Kapitalflucht und einem Absturz des Yuans von sieben Prozent gegenüber dem US-Dollar nicht mehr viel anderes übrig, um am heimischen Währungsmarkt zu intervenieren.

Trotz Abnahme von US-Bonds um 5 % in 2018 hält Peking doppelte Menge wie vor der Finanzkrise

Bei Threadneedle wird aktuell davon ausgegangen, dass der Yuan/RMB ohne den Abschluss eines einvernehmlichen Handelsabkommens mit den Vereinigten Staaten um weitere sieben Prozent im Außenwert fallen wird. Im Gesamtjahr 2018 büßte der Yuan/RMB rund 5,6 % gegenüber dem US-Dollar ein.

Vielleicht wird dies auch der Grund sein, weswegen Chinas US-Staatsanleihebestände in 2018 um knapp fünf Prozent sanken. Nichtsdestotrotz halten die Chinesen zum aktuellen Zeitpunkt mehr als doppelt so viele US-Staatsanleihen wie vor dem Ausbruch der globalen Banken- und Finanzkrise vor einer Dekade.  

Währungsmanipulationen, Illiquidität & Intransparenz sprechen gegen Yuan als Weltreservewährung!

Die gehaltenen US-Staatsanleihepositionen belaufen sich auf rund ein Drittel der chinesischen Währungsreserven in Höhe von 3,095 Billionen US-Dollar. Nicht selten bedient sich Peking dieser Reserven, um den Außenwert der eigenen Währung zu steuern. Hierin findet sich auch einer der Hauptgründe, warum der RMB auf Sicht nicht zu einer Weltreservewährung werden wird.

Erstens floatet die Währung nicht frei, ist daher nicht frei konvertierbar. Zweitens ist Chinas Bondmarkt im Vergleich mit den USA zu illiquide und intransparent, um Investoren rund um den Globus als echte Anlagealternative und konkurrierendes Finanzzentrum in der Welt zu dienen.

Peking wird nicht absichtlich abwerten – fehlende Einigung tut ihr eigenes

Um den Yuan/RMB zu einer Weltreservewährung zu machen, müssten die Chinesen ihren Finanzmarkt erst einmal vollumfänglich liberalisieren. Doch Peking scheint einen solchen Schritt wie der Teufel das Weihwasser zu fürchten. Wie dem auch sei, seitens Washingtons erging an Peking bereits die Warnung, den Yuan/RMB nicht bewusst abzuwerten, um auf diese Weise die höheren Strafzölle in den USA zu kontern.

Die in den Jahren 2015 und 2016 gemachten Erfahrungen mit der heimischen Kapitalflucht könnten Peking so oder so davon abhalten, den Yuan/RMB mit voller Absicht zu devaluieren. Währungsanalysten halten es mehrheitlich mit der Einschätzung von Threadneedle, laut der Chinas Währung ohne ein neues Handelsabkommen zusätzlich unter Druck geraten wird.

Drahtseilakt: Zu starker Yuan würde auf die Exporte drücken…

Um darauf zu reagieren, werde Peking überhaupt nichts anderes übrig bleiben, als US-Staatsanleihen zu verkaufen, da zur Verteidigung des Yuans/RMBs Hartwährung benötigt würde. China blickt auf einen Drahtseilakt, da ein im Außenwert zu starker Yuan die Exporte des eigenen Landes an den Rest der Welt zusätzlich unter Druck setzen würde.

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