Vor dem langen Osterwochenende wurde hier schon einmal auf die sich in der Volksrepublik China ausweitenden Covid-Lockdowns eingegangen. Seitdem hat sich die Situation vor Ort erwartungsgemäß noch verschlimmert.

Hiervon betroffen sehen sich neben Millionen von Chinesen, die ihre Häuser und Wohnungen in urbanen Metropolen wie Shanghai nicht mehr verlassen dürfen allen voran einmal mehr die Liefer- und Wertschöpfungsketten, die in wichtigen Teilen des Landes zurzeit nahezu brach liegen oder schweren Störungen ausgesetzt sind.

Die Sorgen wachsen

Eine wachsende Anzahl an Kommentatoren und Beobachtern an den Finanzmärkten zeigt sich überaus besorgt ob dieser Entwicklung, weil die absehbaren Auswirkungen auf die globalen Lieferketten verheerend und vorherige Unterbrechungen im Verlauf dieser Corona-Krise in deren Intensität gar zu überbieten drohen.

Als es zuvor im Mai des vergangenen Jahres zu einer ähnlichen Entwicklung im Reich der Mitte kam, ließ sich beobachten, dass die ökonomischen Aktivitäten im riesigen Container-Terminal Yantian im Seehafen von Shenzhen auf nur noch rund dreißig Prozent der vorher gemessenen Werte gesunken waren.

Zum selben Zeitpunkt wurden Hunderttausende Seefrachtlieferungen nicht gelöscht, so dass sich Güter und Waren aller Art in Fabrikhallen und Lagerhäusern türmten. Resultat war, dass Containerfrachtschiffbetreiber eine Einfahrt in Shenzhen zum damaligen Zeitpunkt mieden, wo sich die Schiffsstaus und Entladewartezeiten nicht selten auf mehr als eine Woche summierten.

Es dauerte damals mehrere Wochen, bis der Seehafen seinen Betrieb wieder vollständig aufnahm, was im selben Atemzug einen massiven Rückstau im Bereich der bis dahin nicht entladenen Gütertransporte verursachte.

Abermals enorme Rückkopplungseffekte zu erwarten

Die hieraus resultierenden Folgen blieben in unserer global vernetzten Welt selbstverständlich nicht auf die Volksrepublik China beschränkt. Vielmehr sorgten die mit dieser Situation vor Ort in Zusammenhang stehenden Rückkopplungseffekte dafür, dass sich in der Folge enorme Schiffsstaus auch in den Seehäfen der Vereinigten Staaten und in Europa bildeten.

Da sich die Transitzeiten aus diesem Grund mancherorts mehr als verdreifachten, ließen sich die hieraus resultierenden Folgen anhand von so manchen Engpässen und Produktknappheiten im westlichen Einzelhandel ablesen.

Der Unterschied zum vergangenen Jahr lässt sich aus heutiger Sicht anhand der Tatsache ausmachen, dass sich nun – anders als damals – ein komplettes urbanes Zentrum, das sich darüber hinaus mit dem gesamten Rest des Welthandels vernetzt sieht, durch die chinesischen Behörden stillgelegt sieht.

In Shanghai leben nicht nur knapp dreißig Millionen Einwohner, sondern die Metropole an der Ostküste des Landes erweist sich zudem auch als eines der wichtigsten Finanzzentren weltweit. Bobachter warnen davor, dass die zurzeit über Shanghai verhängten Maßnahmen noch bei Weitem restriktiver seien als seinerzeit im Falle Wuhans.

Vorbereitungen auf das sich abzeichnende Tohuwabohu laufen

Während momentan vor Ort fast alles stillsteht und nahezu alle wirtschaftlichen Aktivitäten zu einem Halt gekommen sind, bereiten sich Seefrachttransporteure und die Betreiber von Containerfrachtschiffen nun bestmöglich auf jenes Chaos vor, das unter aller Voraussicht vor Ort ausbrechen wird, wenn die Covid-Restriktionen durch die Behörden wieder aufgehoben werden.

Denn dann werde es zu einer bislang ungesehenen Bewegung von momentan brach liegenden Gütern kommen, wodurch es in den Seehäfen an Chinas Ostküste zum möglichen Ausbruch eines heillosen Tohuwabohus zu kommen droht.

Nichtsdestotrotz wird bei der spanischen Bank BBVA davon ausgegangen, dass die Behörden Chinas auch zukünftig an deren bislang verfolgten „No-Covid-Strategie“ einschließlich einer Verhängung von Lockdowns festhalten werden. Aus momentaner Sicht sei damit zu rechnen, dass die derzeitige Situation noch mindestens bis in den Monat Juni hinein anhalten wird.

Hinzu kommt, dass es sich im Falle Shanghais zudem um eines der größten und wichtigsten Produktionszentren im gesamten Land handelt. Allen voran die Auto- und Elektronikindustrie samt deren Zuliefererunternehmen sehen sich hier beheimatet.

Da sich Shanghai ferner auch als der größte See- und Verschiffungshafen des Landes erweist, verwundert es nicht, dass vor Ort hergestellte Güter und Produkte einen Anteil von mehr als sieben Prozent in Relation zu Chinas Gesamtexporten auf sich vereinen.

Überdies werden hier rund zwanzig Prozent aller in der Volksrepublik China anlandenden Frachtcontainer gelöscht oder für den Weitertransport fertig gemacht. Dass die aktuell zu beobachtenden Bedingungen vor Ort dramatisch sein müssen, zeigt ein Blick auf die nackten Zahlen.

Nichts geht mehr im Shanghaier Hafen

Danach sehen sich momentan fast alle Lagerhäuser und Fabriken geschlossen, während sich neun von zehn Lastkraftwagen außer Betrieb sehen. Sowohl der See- als auch Flughafen von Shanghai befinden sich zurzeit lediglich im Modus eines Minimalbetriebes.

Da ankommende Frachtschiffe aufgrund eines enormen Rückstaus nicht mehr andocken dürfen, werden viele Schiffe an nicht hierfür vorgesehenen Orten geparkt, während sich deren transportiertes Frachtgut allerorten stapelt.

Hiervon betroffen sieht sich auch eine Vielzahl an Containerschiffen und Frachtgütern, die vor einer Verhängung der aktuellen Covid-Lockdowns zur Verschiffung ins amerikanische und / oder europäische Ausland vorgesehen waren.

Das Resultat lässt sich anhand einer Messung des aktuellen Ozeanverkehrs, welcher auf den einschlägigen Seerouten von China in die Vereinigten Staaten und von China nach Europa im Verlauf des letzten Monats deutlich rückläufig gewesen ist, ablesen.

In Shanghai operierenden Logistikfirmen wird der Transport von Gütern von A nach B zurzeit massiv erschwert oder durch die örtlichen Behörden fast unmöglich gemacht. Um überhaupt die Erlaubnis zu erhalten, derzeit irgendwelche Güter von A nach B zu transportieren, benötigt es die Einholung einer vorherigen Genehmigung.

Falls eine solche Genehmigung durch die Behörden erteilt wird, ist diese jedoch nur für einen Zeitraum von vierundzwanzig Stunden gültig, wonach es, falls notwendig, zur Beantragung einer neuen Genehmigung kommen muss. Diese Regelung gilt insbesondere aus Sicht von Spediteuren und sonstigen Lieferfirmen.

Massive Verkehrsstaus aller Orten

Um in die Stadt einzufahren oder deren Zentrum zu verlassen müssen die örtlichen Fahrer überdies jeweils einen negativen Covid-Test an errichteten Kontrollpunkten vorzeigen. Allein die Zeit raubende und aufwändige Kontrolle dieser Zertifikate führe unter Bezugnahme auf ansässige Spediteure zu enormen Verkehrsstaus in Richtung des Seehafens.

Unter anderem der französische Logistikkonzern Geodis hatte zuletzt mitgeteilt, dass im Großraum Shanghai aktive LKW-Fahrer momentan auf eine Wartezeit von bis zu vierzig Stunden (!) blickten, um die Erlaubnis zu erhalten, auf Autobahnen aufzufahren.

Hieraus wiederum resultierende Folge ist, dass sich die Transportkosten in und um Shanghai in den letzten Wochen teils deutlich nach oben bewegt haben. Gleichzeitig warten im Hafen ankernde Containerschiffe derzeit bis zu sieben Tage, bevor irgendwelches zu verstauende und international zu verschiffende Transportgut überhaupt die Kais erreicht.

Und während sich der Industrieausstoß in der Region in diesen Tagen empfindlich reduziert, wirkt es nicht Wunder, dass auch das zu verschiffende Frachtvolumen und die allgemeinen Exportvolumina zuletzt unter einem signifikanten Rückgang litten.

Hierin dürfte sich einer der Hauptgründe ausmachen lassen, weshalb sich die internationalen Containerfrachtpreise zuletzt merklich reduziert haben. Abermals heißt es seitens einer Reihe von Frachtschiffbetreibern, den Seehafen von Shanghai nicht mehr anzusteuern.

Moeller-Maersk lässt aufhorchen

So hat unter anderem der zweitgrößte Seefrachtschiffbetreiber der Welt, Moeller-Maersk, vor dem Osterwochenende mitgeteilt, keine Frachtbuchungen im Bereich von Kühllieferungen sowie von bestimmten Gasen und entflammbaren Flüssigkeiten für die Destination Shanghai mehr anzunehmen.

Nach dieser Ankündigung wird an den internationalen Seefrachtmärkten davon ausgegangen, dass auch andere Betreiber und Schifffahrtslinien diesem Beispiel folgen werden, um zur Verfügung stehende Schiffe temporär stillzulegen und / oder ganze angebotene Seerouten in Richtung des asiatischen Kontinents auf Eis zu legen.

Unter Bezugnahme auf den auf Frachtbuchungen spezialisierten Anbieter Freightos seien die zu bezahlenden Frachtraten von Asien in die Vereinigten Staaten seit dem Covid-Ausbruch in der Volksrepublik China im März um etwa sieben Prozent gesunken.

Um sich dieser Entwicklung entgegenzustemmen, werden viele Ozeantransporteure ihre angebotenen Kapazitäten unter aller Voraussicht reduzieren. Hierzu wird es wohl vor allem dann kommen, falls die Covid-Lockdowns in der Volksrepublik China anhalten sollten und die Nachfrage im internationalen Transportsektor aufgrund dessen noch einmal deutlich nachlassen würde.

Prognosen auf der Angebotsseite sind das Papier nicht wert…

Auf der Angebotsseite lässt sich der hierdurch verursachte Rückstau in dessen Gesamtheit momentan kaum ermessen. Denn wenn sich die Aktivitäten auf den Weltmeeren erst einmal wieder normalisieren werden, ist mit einer Flut an Waren-, Güter- und Produktlieferungen zu rechnen, die auf ein begrenztes Transportangebot treffen werden. Dass die Lieferketten rund um den Globus hierdurch zusätzlich unter Druck geraten werden, steht für viele Experten und Beobachter bereits zum jetzigen Zeitpunkt fest.

Dass sich, anders als im Jahr 2020, nun auch Flughafen-Terminalbetreiber wie Shanghai Eastern Airlines Logistics, davon ausgeschlossen sehen, aufgrund von wenigen festgestellten Covid-Fällen unter den eigenen Mitarbeitern Containerfracht zu entladen oder an das Ausland zu versenden, wird den allgemeinen Frachtbetrieb zusätzlich negativ beeinträchtigen.

Zudem heißt es seitens anderen Flughafen-Terminalbetreibern, dass die örtlichen Lagerhäuser und Abstellflächen schon zum jetzigen Zeitpunkt in Gänze ausgelastet seien. Diese Situation hat mittlerweile dazu geführt, dass ausländische Fluggesellschaften wie Qatar Airways ihre Frachtflüge nach Shanghai temporär ausgesetzt haben.

Selbstverständlich sind international aktive Frachtguttransporteure bereits auf umliegende Flughäfen in der Volksrepublik China ausgewichen. Hierzu gehören beispielsweise Shenzhen, Peking, Zhengzhou oder auch der Seehafen von Ningbo.

Nur um daraufhin festzustellen, dass auch die dort verfügbaren Kapazitäten inzwischen rapide abgenommen haben und weiter sinken. Hinzu kommt, dass sich auch die Flüge am Flughafen von Zhengzhou um fünfzig Prozent reduziert haben. Noch schlimmer sei aus aktueller Sicht nur noch, dass unter anderem, für Shanghai bestimmtes Transportgut momentan nicht dorthin – oder an andere finale Auslieferungsorte – transportiert werden dürfe.

Auf diese Weise bildeten sich zurzeit Güterrückstaus in fast allen wichtigen Regionen an der Ostküste des Landes. Zumindest ist es Kunden (in der Volksrepublik China) gestattet, in Zhengzhou oder anderen Flughäfen in benachbarten Regionen angekommene Transportgüter mittels LKWs abholen zu lassen.

Dies gilt unter anderem auch für den zweiten Shanghaier Flughafen Hongqiao International. Nichtsdestotrotz mangelt es ferner fast allerorten auch an ausreichendem Personal. Die am International Airport von Zhengzhou beschäftigten Arbeiter werden zurzeit dazu verpflichtet, über einen bestimmten Zeitraum auf dem Flughafengelände zu verbleiben.

Das Personal darf den Arbeitsplatz in einem bestimmten Zeitraum also nicht verlassen, um sicherzustellen, dass sich das Coronavirus auf diese Weise nicht noch weitläufiger ausbreitet. Wie dem auch sei, erste Anzeichen für aufziehende Folgeprobleme machen sich bereits in den Vereinigten Staaten und in Kanada breit.

Unter Bezugnahme auf eine Prognose der Firma Everstream Analytics werden Automobil- und Fahrzeugproduzenten in den USA und in Kanada schon recht bald unter der Verzögerung von wichtigen Teilelieferungen leiden.

Diese sich abzeichnenden Lieferunterbrechungen werden sich einmal mehr negativ auf die eigenen Betriebsaktivitäten auswirken, womit es zu Unterbrechungen in der eigenen Produktion oder sogar bis hin zu einem kompletten Stillstand der Fahrzeugbänder kommen könnte. Hiervon betroffen sähen sich allen voran die Bereiche Autoreifen, Fahrzeugsitze, Motoren, Gehäuseteile sowie Bremsausrüstung.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht auf der Seite freightwaves.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Die Ausführungen zu diesem Thema werden morgen fortgesetzt. Allenthalben soll an dieser Stelle nochmals auf den nachfolgenden und bereits im vergangenen Jahr publizierten Bericht mit dem Titel Lockdowns als Waffe? Unterbrochene Lieferketten treffen Autobauer sichtlich aufmerksam gemacht werden. Tja, wer weiß?

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