Dass China mittlerweile zu den weltweit größten Importeuren von Robotertechnik und Automatisierungssystemen gehört, wurde hier in der Vergangenheit des Öfteren zum Thema gemacht. Nachdem der Auftragsfertiger Foxconn im vergangenen Jahr die Substitution von 60.000 Mitarbeitern in Asien durch Roboter bekannt gegeben hatte, geht in der Region eine wachsende Furcht vor noch größerem Lohndumping und potenziellen Entlassungen um. Dabei kann sich Chinas kommunistische Partei derlei Experimente und Entwicklungen im Angesicht der sozialpolitischen Lage im Land keineswegs leisten. Wie schnell die Arbeiter in China auf die Barrikaden gehen, wenn diese ihre Jobs und Zukunftsaussichten bedroht sehen, hatte jüngst erst wieder eine massive Streikwelle in Chinas Stahl- und Kohlesektor gezeigt.

Neuer Produktionsstandort: Made in the USA

Wie Bloomberg vor kurzem berichtete, wird Tianyuan Garments, eine der weltweit größten Textilfirmen aus China, demnächst eine Produktionsverlagerung in die Vereinigten Staaten vornehmen. Und zwar sollen im beschaulichen Little Rock im US-Bundesstaat Arkansas ab 2018 23 Millionen T-Shirts pro Jahr gefertigt werden.

Halleluja, mögen manche Anhänger Trumps nun rufen. Kehrt das innerhalb der letzten zwei Dekaden ins überseeische Ausland ausgelagerte Manufakturwesen doch tatsächlich in die amerikanische Heimat zurück. Doch die ganze Sache hat einen Haken, was sich auf eben jene Weise voraussehen ließ. Es dürfte zwar hier und dort wieder zu "Made in America" kommen.

Ausschließlich Roboter in der Produktion

Doch Arbeiter und Angestellte werden dafür im Zeitalter der Technologisierung, der Welle 4.0 sowie der mit Siebenmeilenstiefeln voranschreitenden Digitalisierung kaum bis überhaupt nicht mehr benötigt. Zwar wird Tianyuan Garments insgesamt $22 Millionen in den Bau der neuen Fabrik in Little Rock investieren.

Doch arbeiten werden dort in der Zukunft letztendlich 330 Textilroboter, welche für eine jährliche T-Shirtproduktion von 23 Millionen Einheiten verantwortlich zeichnen werden.  Roboter als auch Robotersoftware werden seitens der im Bundesstaat Georgia ansässigen Firma Softwear Automation geliefert.

Kosten: 33 Cent pro Stück

Wie Pete Santora, Vorstandsmitglied bei Softwear Automation, bekannt gab, werden sich die Produktionskosten pro T-Shirt gerade einmal auf 33 Cents pro Stück belaufen. Bei der Firma Tianyuan Garments hieß es unter Bezugnahme auf die Tageszeitung China Daily zu diesen überaus verlockenden Aussichten, dass selbst „der billigste Arbeitsmarkt in der Welt dabei nicht mehr mithalten“ könne.

Tianyuan Garments könnte die globale Textilzulieferbranche durchaus aufmischen. Denn schließlich zählt das chinesische Unternehmen Großkonzerne wie Adidas, Reebok, Armani und andere Markenproduzenten zu seinen Stammkunden.

Bislang hielt sich die Textilindustrie mit einer Automatisierung und Roboterisierung – wie sie beispielsweise in den Bereichen Elektronik oder Fahrzeugbau längst schon stattgefunden hat – noch ein wenig zurück.

China bleibt die Nummer 1

Dies lag vor allem an der in der Näharbeit zu leistenden Feintechnik, die sich bislang nur eingeschränkt durch Roboter bewerkstelligen ließ. Doch bei Softwear Automation gibt man sich „siegesbewusst“. Neue Robotermodelle samt deren Softwareausstattungen würden immer leistungsfähiger, weshalb es schon bald zur Marktreife von solchen „Prozessbienen“ kommen werde. Trotz allem dürfte China mit Blick auf die nächsten Jahre auch weiterhin Produktionsstandort Nummer 1 in der globalen Textilindustrie bleiben. Jahr um Jahr belaufen sich die seitens Chinas exportierten Textilprodukte in alle Welt auf einen Gesamtbetrag in Höhe von umgerechnet US$ 175 Milliarden. In der Zukunft könnte sich daran jedoch etwas ändern. Sollte Tianyuan Garments erfolgreich vor Ort in den USA produzieren, könnten Wettbewerber des Unternehmens nachfolgen. Denn nach Abzug von Zöllen, Gebühren und Transportkosten erwecke die Verlagerung einer durch Roboter betriebenen Produktion im Hauptkonsumland USA einen höchst lukrativen Eindruck, so Analysten.

Bedrohung für Schwellenländer?

Gleichzeitig wird davor gewarnt, dass Schwellenländer, die bis dato lediglich aufgrund von massiven Kostenvorteilen prosperierten, sich im Angesicht des rapiden Fortschritts im Sektor der Künstlichen Intelligenz und einer damit verbundenen Roboterisierung von Fabrikhallen in der Zukunft neue Geschäftsmodelle zulegen müssten.

Andererseits sähen sich die USA im Angesicht einer solchen Entwicklung einer anhaltenden und sich intensivierenden Deflation ausgesetzt. Für die Kunden ist das gewiss nicht schlecht und gewiss auch vorteilhaft, doch wie wird man derlei Entwicklungen bei der Federal Reserve betrachten?

Alle 26 Sekunden wird in Little Rock schon bald ein T-Shirt vom Band laufen, das gerade einmal 33 Cents pro Stück kostet.  Wenn diese Entwicklung in den USA demnächst Schule machen wird, dürfte es mit dem Erreichen des Fed-Inflationsziels auf noch bedeutend längere Zeit nichts werden…

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"