Europa: Angebot scheint wenig attraktiv

Zumindest auf dem europäischen Kontinent sehen sich einige Anbieter dazu in der Lage, Kreuzfahrtschiffe wieder in See stechen zu lassen, wobei Passagiere auf begehrte Landgänge in verschiedenen Destinationen allerdings nach wie vor verzichten müssen.

Was von einem solchen Ausflug an Erinnerungen bleibt, ist eine gedrehte Runde in der Nordsee, der Ostsee oder dem Mittelmeer, während die im Zuge einer solchen Kreuzfahrt für gewöhnlich aufgesuchten Seehäfen, von denen aus Landgänge angeboten werden, in der Ferne vorüberschweifen und den Passagieren nur ein wehleidiges Zuwinken entlocken.

Dass ein solches „Programmangebot“ momentan nicht wirklich attraktiv aus Perspektive vieler potenzieller Passagiere wirkt und deshalb kaum jemand hinter dem Ofen hervorgelockt wird, ist selbstredend.

Nordamerika: Verbot der Aktivitätswiederaufnahme bis Ende Oktober verlängert

Im Vergleich zum europäischen Kontinent sieht die aktuelle Lage in Nordamerika hingegen noch düsterer aus. Denn nahezu alle wichtigen und am häufigsten frequentierten Seehäfen bleiben dort für Kreuzfahrtschiffe noch immer geschlossen.

Die amerikanische Seuchenschutzbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) hat das Verbot für die Wiederaufnahme von Kreuzfahrttouren unter jenen in den Vereinigten Staaten ansässigen Anbietern erst kürzlich bis zum 31. Oktober verlängert.

Ob es ab Anfang November dann tatsächlich zu einer Wiederaufnahme der Aktivitäten unter Kreuzfahrtanbietern wird kommen können, dürfte zu diesem Zeitpunkt wesentlich von dem gegen Ende Oktober registrierten Infektionsgeschehen in den USA abhängen.

Unter Experten und Branchenbeobachtern herrschen momentan eher Pessimismus und Skepsis vor, da sich die Anzahl der positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Personen in den USA seit dem über die Sommermonate erreichten Hoch zwar abgeschwächt hat, landesweit jedoch noch immer zwischen vierzig- und fünfzigtausend positive Testergebnisse pro Tag eingehen.

NYC: Nach Teillockdown drohen auch wieder Schulschließungen

Wer nach New York City blickt, beobachtet, dass neue Infektionscluster in der Metropole am Hudson River entstanden zu sein scheinen, weshalb einigen Stadtvierteln schon wieder eine Verhängung von neuen und zeitlich möglicherweise ausgedehnten Lockdowns samt einer Schließung von Schulen drohen könnte, wenn Aussagen des Gouverneurs des Bundesstaats New York, Andrew Cuomo, berücksichtigt werden.

Ob eine solche Gefahr über die kommenden Herbst- und Wintermonate einzig und allein New York City drohen wird, bleibt aus jetziger Sicht abzuwarten. Dr. Anthony Fauci, hochrangiges Mitglied der Coronavirus-Task-Force des Weißen Hauses, teilte zu den aktuellen Vorfällen und Geschehnissen Mitte September mit, dass die aktuelle Entwicklung bezüglich des Infektionsgeschehens in den Vereinigten Staaten nicht sonderlich positiv sei, weshalb dem Land „ein problematischer Herbst und Winter drohen könnte“.

Flottenreduzierung: Abwrackgeschäft alter Kreuzfahrtschiffe boomt

Kreuzfahrtunternehmen haben diese Aussagen mit flauem Magen zur Kenntnis genommen, während die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass das Abwrackgeschäft einer in der Westtürkei beheimateten Werft, die sich auf einen Rückbau und eine Ausschlachtung von Kreuzfahrtschiffen spezialisiert habe, momentan regelrecht boome.

Denn eine baldige Wiederaufnahme der Geschäftsaktivitäten in dieser Branche erweise sich unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen in der westlichen Welt inzwischen als immer unwahrscheinlicher. Im Bericht von Reuters wird darauf eingegangen, wie momentan fünf große Kreuzfahrtschiffe in der Werft des Städtchens Aliaga ausgeschlachtet werden.  

Hauptgrund hierfür sei, dass die großen Kreuzfahrtanbieter aufgrund eines massiv rückläufigen Geschäfts längst schon die Entscheidung getroffen hätten, ihre Flotten zu reduzieren. Schon in Kürze werde in Aliaga mit einer Verbringung von drei weiteren Schiffen zur Ausmusterung gerechnet.

Reuters nimmt Bezug auf in der Türkei ansässige Brancheninsider, die darauf hinweisen, dass türkische Werften vor dem Ausbruch der globalen Pandemie hauptsächlich im Geschäft mit Fracht- und Containerschiffen aktiv gewesen seien.

Ein unverhofftes Geschäft für türkische Werften

Der steile Absturz der Aktivitäten in der Kreuzfahrtindustrie habe türkischen Werften nun jedoch ein unverhofftes, jedoch finanziell lukratives Geschäft eröffnet. Danach belaufe sich der Zeitraum, den es benötige, um ein komplettes Kreuzfahrtschiff zu dekonstruieren und dieses in zum Teil wiederverwendbare Einzelteile zu zerlegen, auf rund sechs Monate. Die meisten der in die Türkei mit dem Ziel einer Dekonstruktion verbrachten Kreuzfahrtschiffe stammten aus Großbritannien, den Vereinigten Staaten und Italien.

Obwohl Experten und Brancheninsider auf eine baldige Wiederaufnahme der Aktivitäten in der globalen Kreuzfahrtindustrie hoffen, um darauf hinzuweisen, dass neben minimierten Passagierkapazitäten und schnelleren Testverfahren auch deutlich verbesserte Konzepte im Hygienebereich Hoffnungen dieser Art rechtfertigen würden, könnte sich die Leidenszeit im gesamten Sektor noch länger hinziehen, bevor Passagiere wie einst vor dem Ausbruch der Pandemie wieder zahlreich Gefallen an dieser Art des Reisens finden könnten.

Und so verwundert es auch kaum, dass die Aktien der großen Kreuzfahrtanbieter nach einem dramatischen Absturz im Frühjahr des laufenden Jahres nach moderaten Erholungen über die Sommermonate nun auf niedrigen Niveaus seitwärts tendieren. Je länger sich eine Wiederaufnahme der Geschäftsaktivitäten in dieser Branche in die Zukunft verzögert, desto wahrscheinlicher wird es, dass noch mehr Schiffe zum Zweck einer Dekonstruktion in türkischen Werften landen werden.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Angemerkt sei an dieser Stelle abschließend, dass aus einer jüngsten Pflichtmitteilung des Anbieters Carnival Corporation an die Securities and Exchange Commission (SEC) in den USA hervorgegangen ist, dass das Unternehmen Pläne zu einem Verkauf von mindestens weiteren achtzehn Schiffen aus der eigens betriebenen Flotte verfolge.

Andere Anbieter könnten dem Beispiel von Carnival Corporation folgen, da sich eine echte Erholung an diesem Markt momentan nirgendwo abzeichnet. Anhaltend hohe Abschreibungen auf die eigenen Schiffsbestände nebst einer zügigen Verbrennung von Cash-Beständen könnten dazu führen, dass die Aktien von Kreuzfahrtanbietern trotz der aktuell erreichten Niveaus noch immer anfällig für zusätzliche Rückschläge sein könnten.

Ganz davon abgesehen, welche wirtschaftlichen Schäden die nach wie vor brachliegende Kreuzfahrtindustrie in jenen Regionen wie beispielsweise dem US-Bundesstaat Florida hervorruft, in denen die Beschäftigung und das Dienstleistungsgeschäft in den durch Kreuzfahrtschiffe angesteuerten Seehäfen Schlagseite genommen hat.  

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"